Kowareta Hane von MAC01 (Gebrochene Flügel) ================================================================================ Kapitel 2: Sorgen? ------------------ Als Itachi in die Garage fuhr, fiel ihm sofort auf, dass sein jüngerer Bruder noch nicht zu Hause war. Wenn er da wäre, dann wäre die Hälfte aller Lichter im Haus bereits an und würden es von innen heraus erleuchten. Das Haus stand aber in der beginnenden Dämmerung dunkel da. Der Ältere stieg aus seinem Auto aus, ging zum Kofferraum und nahm die beiden Stofftüten heraus, die mit Einkäufen gefüllt waren. Dann schloss er seinen Wagen ab und ging zur Haustür. Als er diese öffnete, bestätigte sich sein Verdacht mit dem Blick in den Genkan - dem traditionellen Eingangsbereich in Wohnungen oder Häusern. Dort fehlten Sasukes Straßenschuhe und dessen Hausschuhe standen noch ordentlich da. Also war er auch nicht schon da gewesen und noch einmal fort gegangen - was schon untypisch für seinen Bruder gewesen wäre. Die aufkommende Panik gestattete sich der Ältere nur fünf kurze Sekunden. Dann atmete er kurz durch und schob die Angst um seinen Bruder zur Seite, zog seine eigenen Schuhe aus und schlüpfte in die Hausschuhe. Nachdem er seine Schuhe ordentlich hingestellt hatte, trug er die Einkäufe in die Küche. Dort blickte er erneut auf die Wanduhr über der Tür. Es war bereits kurz nach sechs Uhr. Normalerweise kam Sasuke gegen 17.00 Uhr nach Hause, lernte bis Itachi nach Hause kam und dann kochten sie gemeinsam, bevor sie zu Abend aßen. Meist trainierte Sasuke nach dem Essen noch ein oder zwei Stündchen, bis er ins Bett ging. Also, wo war sein Bruder? Itachi stellte die Stofftüten auf die Anrichte und zog sein Handy aus der Hosentasche. Er hatte keine neuen Nachrichten. Wieder keimte die Panik auf, die er sofort zu ersticken versuchte. Sasuke war 19 Jahre alt und Student. Sicherlich konnte seine Verspätung plausibel erklärt werden. Kurz spielte der Ältere mit dem Gedanken seinen Bruder anzuschreiben, verwarf die Idee dann aber wieder. Er wollte nicht zur Glucke mutieren und Sasuke das Gefühl geben, dass eine außerplanmäßige Aktivität falsch sei oder er sich immer und ständig bei ihm zu melden hatte. Als Itachi eilige Schritte auf dem Weg zur Haustür hörte, war er bereits dabei, das Gemüse für das Abendessen zu schälen. Sein Blick richtete sich aus dem Augenwinkel zur Uhr, die ihm verriet, dass es halb sieben war. Dann hörte er, wie die Eingangstür hastig aufgeschoben und wieder geschlossen wurde. Ein dumpfes Geräusch ließ ihn vermuten, dass sein Bruder die Schuhe gewechselt und seine Straßenschuhe achtlos liegen gelassen hatte. Dann kamen eilige Schritte zum Durchgang der Küche. "Entschuldige bitte, dass ich heute so spät bin", meinte Sasuke höflich und respektvoll, bevor er neben seinen Bruder trat. Von einem nahen Haken hatte er seine Schürze genommen und band sie sich um die Hüfte, so wie es sein älterer Bruder schon vor zwanzig Minuten getan hatte. Er wusch sich noch schnell die Hände und nahm schließlich ein großes Gemüsemesser zur Hand und begann, das bereits geschälte Gemüse erst in dünne Scheiben und dann in ebenso schmale Stifte zu schneiden. "Was hat dich denn aufgehalten?", fragte Itachi interessiert nach, der erleichtert war, dass seine Vernunft Recht behalten und er seiner Angst und Panik um seinen jüngeren Bruder nicht nachgegeben hatte. "Die Lerngruppe hat länger gedauert", meinte Sasuke ruhig, während er konzentriert seine Aufgabe verrichtete. "Es überrascht mich, dass du dieses Semester in die Lerngruppen gehst", merkte Itachi an, der weiter Gemüse schälte. "Letztes Semester hast du gemeint, dass dich diese Gruppen nicht weiterbringen und nur ausbremsen würden." "Sie bringen mich auch nicht weiter. Aber einer meiner Professoren meinte, dass es nicht immer um mich geht. Wenn ich den Stoff gut verstehe, solle ich anderen helfen, die ihn vielleicht nicht so gut verstünden", erklärte Sasuke. "Achso", kam es überrascht von Itachi, der nicht damit gerechnet hätte, dass so ein Argument seinen Bruder überzeugen würde. Immerhin mied sein Bruder jeglichen sozialen Kontakt, wo auch immer es möglich war. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke. "Und ist dieser blonde Kommilitone von dir auch in dieser Lerngruppe? Dieser... Uzumaki Naruto?" Sasuke stockte kurz beim Kleinschneiden, bevor er sich besann und weiter das Messer wiegte. "Ja", war seine schlichte Antwort. Dabei versuchte er, so normal wie möglich zu klingen, um seinen Bruder nicht wieder anzuheizen, weitere Fragen zu stellen. "Wie macht er sich denn so an der Uni?", fragte Itachi dennoch. "Keine Ahnung", meinte Sasuke und zuckte mit den Schultern. Er wollte gleichgültig wirken, aber ob ihm das gelungen war, wusste er nicht einzuschätzen. Nicht gegenüber seinem Bruder. "Aber du bist doch mit ihm in einer Lerngruppe", hakte der Ältere lächelnd weiter nach. "Klar...", antwortete Sasuke und wusste, dass sich Itachi mit seinen kurzen, wortkargen Antworten nicht abspeisen lassen würde. "Er... ist faul und schlampig." "Faul und schlampig?", fragte Itachi überrascht nach. "Ja, seine Mitschriften sind, wenn überhaupt, lückenhaft. Seine Handschrift kaum zu entziffern. Er bereitet sich weder auf den Unterricht, noch auf die Lerngruppen vor und gerade heute musste ich ihm viel erklären, was er am Vormittag in der Vorlesung eigentlich hätte mitbekommen müssen", zählte Sasuke ungehalten auf. "Dafür, dass er ein Stipendium hat, scheint er nicht gerade viel dafür zu tun, es auch zu behalten." "Er hat ein Stipendium?", kam es überrascht von dem Älteren. "Ähm... ja... er war wohl das erste Semester an einem Community Collage und hat erst dann ein Stipendium ab dem zweiten Semester erhalten", erzählte Sasuke. "Das heißt, seine Eltern kommen aus der Unterschicht?", fragte Itachi. Doch Sasuke zuckte erneut nur mit den Schultern. "Keine Ahnung, hab nicht gefragt", wiegelte der Jüngere ab. "Nicht?", kam es erneut überrascht von Itachi, der seinen Bruder nun direkt lächelnd ansah. "Warum hätte ich?", kam es verwirrt von dem Studenten. "Hm... keine Ahnung. Hätte ja sein können, dass es dich interessiert...", mutmaßte Itachi, was Sasuke dazu brachte, das Messer kurz abzulegen und sich zu seinem Bruder zu wenden. "Wieso?", fragte Sasuke erneut. "Nur so... weil man sich für gewöhnlich ein klein wenig für seine Kommilitonen interessiert und solche Sachen austauscht?", stellte Itachi gespielt unwissend in den Raum. "Bringt mich sowas in meinem Studium weiter?", fragte Sasuke etwas unwirsch und zeigte deutlich seine ablehnende Haltung gegenüber dieser Thematik. Vorsichtig legte Itachi eine Hand an Sasukes Wange und sorgte dafür, dass sein Bruder ihn ansah. "An der Uni geht es nicht nur um das Studium an sich", begann Itachi und lächelte jetzt etwas sanfter. "Es geht auch darum, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften fürs Leben zu bilden." "Du klingst wie eine kaputte Schallplatte", erwiderte Sasuke leise und fast schon etwas scheu, während er den Blickkontakt zu seinem Bruder brach. "Ich hab Hunger. Hast du schon den Reis aufgesetzt?" Innerlich seufzte Itachi, nach außen behielt er sein sanftes Lächeln, löste sich aber von seinem Bruder. "Mach ich sofort", meinte Itachi und ging den Reis abmessen und gründlich waschen. Dabei blickte er zu seinem Bruder, der dabei war, das frisch gekaufte Geflügelfleisch in mundgerechte Stücke zu schneiden. Er wusste, dass sein Bruder sich nach Gesellschaft sehnte. Er hatte ihn in den letzten Jahren mehr als einmal versuchen sehen, Kontakte zu anderen zu knüpfen. Doch die scheinbar unüberwindliche Angst, die Sasuke beherrschte, ließ fast jeden dieser Versuche fehlschlagen und hielt den Jüngeren weiterhin in Einsamkeit gefangen. Aber vielleicht... würde dieser Uzumaki Naruto seinem Bruder ja helfen aus seinem Käfig auszubrechen... . Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)