Evolition von Charly89 (Hoenn und Tiefen) ================================================================================ Kapitel 14: Klärungsbedarf -------------------------- Der Abstand zwischen dem Rest der Gruppe und uns vergrößert sich, schließlich bleibt Chief stehen und sieht mich an. Sein Blick und seine Haltung verraten mir zwar, dass er nicht mehr wütend ist, aber sauer ist er allemal noch … und enttäuscht, glaube ich. Das Flamara holt tief Luft und atmet bewusst aus, als ob es versucht, sich noch mehr zu beruhigen. „Ich bin enttäuscht.“ Kurz und knapp – und direkt in die Magengrube. „Ich weiß …“, flüstere ich seufzend und fühle, wie mir die Tränen kommen. Bloß nicht losheulen! Chief kämpft offensichtlich ebenfalls, aber nicht mit den Tränen, sondern mit der aufkeimenden Frustration. „Ich meine es ernst. Du hast mir erzählt, dass du meinst, dass du ein Kind hast oder hattest und dann lässt du zu, dass dein Bruder – dein Bruder, im hier und jetzt – sich derart in Lebensgefahr bringt.“ Er brummt unzufrieden und wendet kurz den Blick von mir ab. Ich sehe ihm an, dass er mit sich ringt – wahrscheinlich würde er mir lieber einige deftigere Worte an den Kopf werfen. Das Schlimme ist, ich verstehe ihn. Tränen quellen aus meinen Augenwinkeln und ich fange an zu schluchzen. „Ich verstehe das selber nicht … ich …“ Hektisch hole ich kurz Luft und versuche mich zu beruhigen. „Es fühlt sich alles so merkwürdig an … als wäre ich nicht ich und trotzdem ich. Also ich, Charly, das Evoli was nichts von der Welt weiß und gleichzeitig ich, als Mensch, erwachsen und …“ Ich heule los – und ich hasse mich dafür – aber ich kann nicht anders. Alles, wirklich alles, fühlt sich plötzlich anders an; falsch und richtig zu gleich. Ich empfinde Liebe für meine Brüder, weil sie meine Brüder sind, weil wir zusammen aufgewachsen sind und bis zu dem Punkt hier, alles zusammen durchgestanden haben. Gleichzeitig spüre ich eine innere Distanz zu ihnen, weil sie eigentlich nicht meine Brüder sind, weil wir eigentlich nicht mal derselben Rasse angehören. Ich selbst fühle mich gleichzeitig fremd und vertraut an … es ist so schwierig das in Einklang zu bringen, oder in Worte zu fassen. „Ich fühle mich so verloren …“, schluchze ich schließlich nach einiger Zeit, als ich mich endlich etwas beruhigt habe. Chief brummt und stupst mich leicht mit der Nase. „Du bist nicht allein. Deine Brüder sind da und Chilli und ich sind auch da. Deine Mutter und deine Tante sind auch immer noch da. Auch wenn du …“ Das Flamara ringt um die richtigen Worte und runzelt einen Moment die Stirn. „Auch, wenn du vielleicht nicht Charly, das Evoli, bist, oder schon immer warst, oder …“ Chief gerät ins Stocken und ich muss kurz freudlos Grinsen, weil ich merke wie ihm wohl bewusstwird, wie verworren das Ganze ist, wenn man erst einmal anfängt darüber nachzudenken. Er schüttelt demonstrativ den Kopf, bevor er weiterspricht, „Es ist egal - das hier ist echt, oder denkst du anders darüber?“ Ich schüttle den Kopf und langsam wird mir klar, was er meint. Das hier ist echt, egal was davor war. Meine Brüder, meine Familie sind meine Brüder und Familie, egal, ob wir die selbe Rasse sind, oder ob ich eigentlich viel eher eine Mutter, wie eine Schwester bin … Mir fällt die Situation mit Scharte wieder ein, wie ich ihm über den Kopf geleckt habe … „Ich glaube dir, dass du dich erstmal sortieren und damit arrangieren musst, aber nicht auf Kosten deiner Brüder.“ Chiefs Blick bohrt sich geradezu in mich. Irgendwie bekomme ich das Gefühl, dass sein Verhalten persönliche Gründe hat. „Ich werde auf deine Brüder und dich aufpassen, hier und, wenn wir endlich angekommen sind, aber ihr müsst auch auf euch selbst und euch gegenseitig achtgeben, verstanden?“ Ich nicke, während ich dem Flamara in die Augen sehe. Sein Blick ist besorgt und trotzdem warm. Ich weiß nicht warum, aber die Leere die ich stellenweise in mir fühle, scheint ein bisschen weniger geworden zu sein und ich lächle leicht. „Nun gut, wir sollten zu sehen, dass wir wieder zu den Anderen kommen.“ Chief zwinkert mir kurz zu, wahrscheinlich um mich aufzumuntern, und geht dann schnellen Schrittes los. Eilig laufe ich ihm nach und wir schließen zügig zum Rest auf. Wir folgen dem Fluss und schlagen uns dann kurzzeitig wieder in die Büsche. „Wir müssen diese Anhöhe hinauf“, erklärt Chief und deutet auf den Wall vor uns, der etwa zwei oder drei Meter hoch ist. „Oben Sammeln wir uns am Rande des Unterholzes und dann sage ich euch, wie es weitergeht.“ Chilli klettert als erstes hoch, nein, sie springt – tapp, tapp – und schon ist sie oben. Nicht nur, dass sie das so problemlos geschafft hat, es auch noch sehr elegant aus, als wäre sie geübt darin. Ich sehe zu Scharte, der neben mir steht. Schnuff ebenso; er grinst, sagt aber nichts. „Pff“, kommentiert unser Bruder und verzieht das Gesicht. Natürlich weiß er, worauf wir hinauswollen. Klettern ist nicht seine Stärke und das hier wird alles andere als leicht für ihn. „Chief?“, frage ich vorsichtig und ernte einen „Halt-bloß-die-Klappe-Blick“ von Scharte, den ich ignoriere. „Ich glaube nicht, dass Scharte das schafft.“ Es brummt ärgerlich neben mir, aber auch das ignoriere ich. Plötzlich habe ich eine Idee. „Ich meine, nach seinem Fluss-Abenteuer fehlt ihm bestimmt die Kraft dafür“, erkläre ich hastig. Mein Bruder sieht mich verblüfft an. Wir wissen beide, dass es nicht um seinen Badeausflug geht, selbst ohne den, würde er es kaum alleine da hoch schaffen. Das Flamara sieht mich an und dann Scharte. Geräuschvoll und genervt atmet er aus. „Nun gut, das wird wohl schon stimmen.“ Chief geht auf Scharte zu und bleibt stehen. Verschwörerisch senkt er den Kopf und sieht uns alle der Reihe nach an. „Das bleibt aber unter uns“, flüstert er und wir nicken alle drei, ohne dass wir wissen, was genau er meint. Blitzschnell packt er Scharte im Nacken und springt mit ihm den Wall hoch. Schnuff und ich sehen uns an. Langsam bildet sich ein Grinsen auf meinem Gesicht und mein Bruder kichert los. „Auf die Plätze … fertig … los!“, zählen wir zusammen runter und klettern dann um die Wette die Anhöhe hinauf. Oben angekommen werden wir mit einem „Psst!“, von Chilli ermahnt. Wir sammeln uns am Rand des Unterholzes. Ich höre lautes Rauschen und recke neugierig den Kopf. In einiger Entfernung sehe ich die besagte Brücke und einen Wasserfall dahinter. Er ist nicht ausgesprochen hoch, aber trotzdem ziemlich beeindruckend. Sanfter Nebel stiebt und man erkennt einen blassen Regenbogen. „Hört zu!“, spricht Chief uns an und wir versammeln uns um ihn. „Wenn wir die Brücke überqueren, haben wir keine Deckung – also heißt es: schnell sein. Ich gehe vor, dann Scharte, Charly, Schnuff und Chilli geht zuletzt. Auf der anderen Seite gehen wir im hohen Gras in Deckung und verhalten uns ruhig und warten.“ Wir gehen in Position, Chief streckt den Kopf vorsichtig heraus und sondiert die Lage. Alle scheinen die Luft anzuhalten und zu warten … „Los!“ Wir rennen los. Mein Herz klopft wie verrückt und ich bin fürchterlich aufgeregt. Ich habe das Gefühl jeden Moment über meine eigenen Füße zu stolpern. Es geht im Eiltempo über die nicht allzu lange Brücke und auf der anderen Seite sofort ins hohe Gras. Wir rücken zusammen und ducken uns. Neugierig beobachte ich Chief. Er lauscht angestrengt nach draußen und versucht jedes Geräusch einzuordnen. Scharte neben mir schnauft ziemlich und Chilli stupst ihn an. Sie sagt nichts, aber ihr Blick ermahnt ihn, etwas leiser zu sein. Er bemüht sich, die Atemzüge etwas langsamer und vor allem leiser zu machen. Die Anspannung steht den beiden Flamara ins Gesicht geschrieben. Genau in dem Moment, wird mir tatsächlich erst bewusst, welche riesige Verantwortung die beiden eigentlich tragen, und das für „Fremde“. Der ganze Ärger den ich gemacht habe, tut mir jetzt doppelt und dreifach so leid. „Gut“, flüstert Chief irgendwann, als er sich sicher scheint, dass uns wirklich niemand entdeckt hat. Er sieht uns an und nickt. „Weiter geht es.“ Wir pirschen durch das hohe Gras, immer eng beieinander und so leise wie möglich. Als wir das Ende erreicht haben, sehen wir vorsichtig aus dem grünen Dickicht hervor. In einiger Entfernung sehe ich ein Gebäude stehen. Es ist recht hoch und hat eine Glasfront … Allgemein wirkt das Haus ein bisschen wie ein kleines Schloss oder das Anwesen eines Adligen … ich war hier schon einmal – glaube ich. „Was ist das?“, fragt Schnuff und deutet auf das Haus. Chief scheint einen Moment zu überlegen und antwortet dann, „Das ist das Klimainstitut. Die Menschen erforschen dort das Wetter.“ „Wie das?“, hakt Scharte interessiert nach. Das Flamara schüttelt den Kopf. „Das weiß ich nicht. Wir halten uns aber davon fern. Die Menschen dort erforschen zwar das Wetter, aber auch von ihnen, halten sich viele Pokémon.“ „Wir können jetzt“, meldet sich Chilli von der Seite und schnell huschen wir über den Weg und auf der anderen Seite wieder ins Gras. Klimainstitut … Nein, ich erinnere mich nicht konkret. Mir kommt es zwar bekannt vor, und ich glaube, dass es irgendetwas besonderes hier gab oder ist, aber Genaueres will mir einfach nicht einfallen. „Wir gehen blad wieder ins Unterholz“, meldet sich Chief zu Wort. Meine Brüder und ich spitzen interessiert die Ohren, was den beiden Flamara offensichtlich nicht entgeht. „Freut euch nicht zu früh!“, ermahnt uns Chilli. „Das wird anstrengend, weil wir auf einen Bergpass müssen und der Aufstieg ist ziemlich steil. Ihr müsst unterwegs unbedingt auf den Weg achten, weil er unwegsam ist und auch recht schmal.“ Wir seufzen und lassen die Köpfe hängen. Keiner von uns traut sich etwas zu sagen, aber wir sind alle ziemlich müde und erschöpft inzwischen. „Leon wird nicht ewig warten und wir müssen noch rüber zur Route 111“, brummt Chief als Antwort. „Leon?“, fragt Scharte irritiert nach. „Er wird am Fuße des Bergs auf uns warten und uns den sicherersten Weg zeigen. Es gibt manchmal Steinschläge oder kleiner Erdrutsche – ein Weg der gestern noch sicher war, kann morgen schon unpassierbar sein. Der Blitza-Clan lebt in den Bergen, sie kennen sich einfach am besten dort aus“, erklärt uns Chilli mit einem wehmütigen Ausdruck im Gesicht. Es dauert einen Moment bis ich mich erinnere. „Dein Heimat-Clan“, flüstere ich. „Ja, Leon ist ein guter Freund. Wir haben oft gespielt, als wir noch klein waren.“ Chilli lächelt zwar, aber ich sehe auch die Traurigkeit. „Wir machen hier erst Mal Pause“, erklärt Chief, an einer ruhigen Stelle, weit genug vom Klimainstitut und den Wegen der Menschen entfernt. Endlich! Kaum hat er die Worte ausgesprochen, haben meine Brüder und ich uns an Ort und Stelle fallen lassen. Wir kuscheln uns ein wenig zusammen und ich spüre, wie sich Müdigkeit in mir breitmacht. Der Tag war lang und anstrengend, sowohl körperlich als auch mental. Meine Augen fallen mir immer wieder zu und der verdächtig ruhige und gleichmäßige Atem meiner Brüder, macht es umso schwerer, mich selber wach zu halten. Ich beobachte Chief, der immer verschwommener wird und schließlich nur noch ein roter Fleck ist … und irgendwann ist es schwarz … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)