Verborgene Liebe von MariLuna ================================================================================ Kapitel 17: ------------ 17. Kapitel   Er erwacht aus tiefster Dunkelheit. Er hasst es, wenn das geschieht, denn für seinen Geschmack ist diese Art von Schlaf zu nahe am Tod. Nicht, dass er da auf Erfahrungswerte zurückgreifen könnte, aber er hasst es trotzdem. Krang hat ihn wohl mal wieder mit seinen speziellen Schlafmitteln ausgeknockt. Eigentlich sollte er sich darüber aufregen, doch er fühlt sich immer noch leicht angeschlagen. Ihm fehlt schlichtweg die Energie für so etwas. Außerdem spürt er, dass April mit ihm im Raum ist. Etwas peinlich berührt und mit der Sorge, wie furchtbar zerzaust er wirken muss, dreht er sich von der Seite auf den Rücken, um sich schließlich in eine annähernd sitzende Position hoch zu stemmen. Als er bemerkt, dass er voll bekleidet eingeschlafen ist, weiß er nicht, ob er sich darüber schämen oder doch lieber froh sein sollte. Man legt sich nicht mit Jeans ins Bett - aber man zeigt sich vor einer Frau auch nicht nur in seiner Unterwäsche. Außerdem fühlt er sich verschwitzt und riecht bestimmt wie ein nasser Hund. Jetzt ist es ihm wirklich peinlich, denn so, wie sie da mit untergeschlagenen Beinen in seinem Papasansessel sitzt, in einem gelben, fast knielangen Shirt und dazu eine dunkle Leggings, wirkt sie so zart und elegant wie eine Elfe. Sie ist nichts davon, er kennt sie, aber er weiß auch, dass Menschen viele Seiten haben, von denen sie die wirklich persönlichen niemandem zeigen. Jetzt diese Seite an ihr zu sehen, dieses ruhige, entspannte, jenseits allem Kämpferischen ... Dass er das zu sehen bekommt, dass sie ihm das zeigt, erfüllt ihn mit Dankbarkeit und Stolz. Dass sie ihn im Schlaf beobachtet hat, diesen unangenehmen Gedanken schiebt er lieber ganz weit weg. „Oh, April", um seine Lippen zuckt ein verlegenes Lächeln. „Du bist hier?" Sie lächelt zurück, streicht sich eine rotbraune Haarsträhne aus den Augen und lässt sich vorsichtig aus dem Papasansessel gleiten. Barfuß tapst sie zu ihm hinüber. Erst jetzt bemerkt er das Tablet in ihrer Hand und sofort keimt in ihm ein schrecklicher Verdacht. X-Zone. Sie haben ihr doch bitte nicht die X-Zone gezeigt, oder? „Hallo, Schlafmütze. Geht's dir besser?" Er nickt einmal und versucht, sie nicht allzu sehr anzustarren. Trägt sie keinen BH? Ihre Brüste schwingen so hypnotisch und unter dem dünnen Stoff zeichnen sich ihre Brustwarzen ab. Shredder schluckt einmal schwer. „Hast du die ganze Zeit hier gesessen?" erkundigt er sich im Bemühen, sich nichts anmerken zu lassen. Sie gibt nur ein bestätigendes Brummen von sich. Inzwischen steht sie neben seinem Futonbett und beugt sich zu ihm hinüber und etwas hinunter, um ihm prüfend eine Hand auf die Stirn zu legen. Ihm stockt fast der Atem, als ihr T-Shirt dadurch dem Gesetz der Schwerkraft folgt und ihm ein großzügiger Blick in ihren Ausschnitt gewährt wird. Ihre Brüste sind kleiner als er immer glaubte, ganz offensichtlich trägt sie immer einen Push-up-BH, aber verdammt - sie sind wunderschön! Wieder schluckt er einmal schwer und ruft sich gedanklich zur Ordnung. Nur, weil er seit Ewigkeiten mit keiner Frau mehr zusammen war, bedeutet das nicht, dass er hier herumsabbern darf wie ein alter Lustmolch. Auch wenn das sehr schwer ist, so tief, wie sie ihm jetzt in die Augen sieht. „Du bist immer noch ziemlich warm." Er kann sie über das Klopfen seines Herzens fast nicht verstehen. Aber dann steigt ihm ihr Duft in die Nase. Sie riecht frisch geduscht. Nach Wasser, Seife und Kräutershampoo und ihr Atem riecht nach Minz-Zahnpasta. Unwillkürlich dreht er das Gesicht beiseite. April, die ihn gerade küssen wollte, stockt irritiert. „Was ist los?" Siedendheiß wird ihm bewusst, wie ablehnend das eben auf sie wirkte. „Entschuldige. Ich müffel bestimmt furchtbar. Ich brauche dringend eine Dusche." Er macht Anstalten, das Bett zu verlassen. „Warte." Ihre Hand auf seiner Schulter hält ihn auf. „Warte", wiederholt sie etwas leiser, lehnt sich noch weiter vor und gibt ihm einen Kuss direkt auf den Mund. Er entgegnet ihn nur zögernd, darauf bedacht, den Mund geschlossen zu halten und sie nicht seinem stinkenden Atem auszusetzen. „Es stört mich nicht", murmelt sie gegen seine Lippen und dann schmunzelt sie. „Aber du darfst gerne duschen gehen, wenn du willst." Lächelnd streichelt sie mit ihren Fingern durch sein verschwitztes Haar, was ihm einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lässt. Er räuspert sich einmal. „Du bist zu gütig", meint er ironisch, während er an ihr vorbei aus dem Bett steigt. „Mach's dir ruhig gemütlich", erlaubt er ihr dann noch. Sie zwinkert ihm nur zu, schwingt sich vollends auf sein Bett und macht es sich dort im Schneidersitz bequem. Als er sich auf der Schwelle zum Bad noch einmal zu ihr umdreht, strahlt sie ihn an und wirft ihm einen Luftkuss zu. Im ersten Moment starrt Shredder sie nur verdattert an, doch er fängt sich schnell und schickt ihr auch einen. Aprils leises, klares Lachen begleitet ihn bis ins Bad hinein und sorgt für wohliges Herzklopfen.     Nachdem er geduscht, sich umgezogen und die Zähne geputzt hat, fühlt er sich zwar nicht wirklich wacher oder fitter, dafür aber wesentlich frischer. So kann er April wieder unter die Augen treten. Eigentlich ist er froh darüber, wie unnatürlich ruhig es in seinem Geist durch Krangs Medikamente geworden ist, denn sonst käme er jetzt nur unnötig ins Grübeln. Als allererstes würde er ihren ersten Kuss zu Tode analysieren und dadurch bestimmt alles ruinieren. So hat er gar nicht die Energie dazu. Da ist ein leichtes Gefühl der Beklemmung in seiner Brust, als er wieder das Zimmer betritt, aber er weiß nicht, ob das an seiner Bronchitis liegt oder an dem Anblick, der sich ihm bietet: April, wie sie seitlich auf seinem Bett liegt, auf den rechten Ellbogen gestützt und mit ihren eleganten Fingern über das Tablet vor sich wischend. Der Ausschnitt ihres Shirts ist schon wieder verrutscht und zeigt sehr offenherzig – aber nicht vulgär - was sie zu bieten hat. Als sie ihn hört, blickt sie sofort auf, schenkt ihm ein strahlendes Lächeln und richtet sich in einer unglaublich fließenden Bewegung in eine sitzende Position auf. Sie sagt nichts. Sie strahlt ihn nur an. Zögernd bleibt Shredder auf halben Wege zum Bett stehen. Ihm wird plötzlich bewusst, dass er sich anschickt, sich mit dieser wunderschönen Frau ein Bett zu teilen. Seine gute Erziehung ist der Ansicht, dass sie sich mal wieder melden und Bedenken von sich geben kann. „Ich ...", beginnt er daher nervös, „habe nur ein Bett." Er hat irgendwo in den Tiefen eines Wandschranks noch einen zusammengerollten Futon und könnte auf dem Boden schlafen, wenn sie es verlangt. Sie hebt die linke Augenbraue, schmunzelt und klopft dann vielsagend neben sich auf die Matratze. „Ich sehe da kein Problem." Er zaudert kurz, doch dann zuckt er betont cool mit den Schultern. „Gut. Wenn es für dich okay ist, ist es auch für mich okay." Er überbrückt die letzten paar Meter und setzt sich dann zu ihr auf sein Bett. Etwas seltsam fühlt sich das schon an. Um seine beginnende Verlegenheit zu überspielen, zeigt er großes Interesse an ihrem Tablet. „Was hast du denn da?" Und als sie das Display so dreht, dass er auch einen Blick hinein werfen kann, sieht er seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. „Oh, X-Zone. Das hab ich befürchtet. Haben Rock und Beeps dir das gezeigt?" „Ja, aber ich hab noch keinen Account. Ich weiß nicht, ob ich mit ihnen chatten will. Was ich lesen kann, reicht mir." „Ja, das ist alles sehr irritierend, wenn man es genau bedenkt." Sie schneidet eine Grimasse. „Ich würde niemals was mit Casey anfangen!" Sie ist einfach nur entzückend in ihrem Abscheu. Auch, wenn ihn das jetzt überrascht. Casey Jones und April O'Neil? Echt jetzt? Vielleicht hätte er doch weniger egoistisch sein und sich nicht nur mit seinen eigenen, sondern auch mit den Accounts der anderen Aprils auseinandersetzen sollen. „Na ja, vielleicht sind diese Caseys aus den anderen Universen ja ganz vernünftig." Was er damit noch sagen will, ist: ich bin auch nicht so wie meine Gegenstücke. Da er seine Mutanten und Aprils Neugier nämlich kennt, glaubt er zu wissen, dass sie, nachdem diese beiden Deppen ihr seine Doppelgänger gezeigt haben, sie selbst bestimmt noch intensiver recherchiert hat. „Vielleicht sind diese anderen Aprils auch nur dämlich", erwidert sie schnaubend und mit so viel Verachtung in der Stimme, dass er unwillkürlich lachen muss. In diesem Moment erinnert sie ihn so sehr an sich selbst, wie er damals auf seine Doppelgänger reagiert hat, dass er ihr unwillkürlich einen Arm um die Schultern legt und sie an sich drückt. „Falls es dich tröstet: ich habe nie geglaubt, dass dieser Kindskopf Casey irgend wann mal bei dir landen könnte. Der ist so gar nicht deine Liga." „Charmeur." Sie legt das Tablet beiseite, kuschelt sich an ihn und sieht dabei unter ihren rotbraunen Locken auf eine Art und Weise zu ihm hoch, dass sein Herz wie wild zu pochen beginnt. Oder liegt das an ihren warmen, weichen Brüsten, die sich da so frech an ihn pressen? Aber dann rutscht sie noch etwas näher zu ihm heran, bis sich auch ihre Oberschenkel berühren. Als sie jedoch mit ihrer linken Hand beginnt, an seinem Jinbeioberteil herum zu nesteln, fühlt er sich doch verpflichtet, etwas zu unternehmen. Vorsichtig legt er seine Hand auf ihre und hält sie fest. „Ich bin groggy, tut mir leid. Also, ich sag das nur, falls du was erwartest..." „Einfach nur kuscheln ist okay", beruhigt sie ihn. Sie liegt mit dem Kopf auf seiner Schulter und kann ganz deutlich das leichte Rasseln in seinem Brustkorb hören. Auch wenn er nicht hustet und einen gesunden Eindruck macht - er ist es noch nicht. Er braucht Ruhe. Also ja, kuscheln ist für die erste gemeinsame Nacht völlig ausreichend. Ohne sich von ihrem gemütlichen Platz zu bewegen, ertastet sie die Bettdecke neben sich und breitet sie über ihnen beiden aus. Shredder murmelt einen Befehl, woraufhin sich das Licht zu einem schwachen Schein herunterdimmt. Und dann landet seine Hand in ihrem Haar und als er beginnt, darin herum zu kraulen, gibt sie einen tonlosen, zufriedenen Seufzer von sich und schmiegt sich noch enger an ihn. Er ist warm und solide und selbst mit angeschlagener Gesundheit wie jetzt strahlt er so viel Stärke - mental wie physisch - aus, dass sie sich bei ihm so geborgen fühlt wie in Abrahams Schoß. Es fühlt sich an, als habe sie ihren Platz gefunden - und der ist an seiner Seite. Eine Zeitlang liegen die einfach nur so beisammen und genießen dieses neue Gefühl der Nähe. „Ich war das letzte Mal vor sechs Jahren mit einem Mann zusammen", gibt April irgendwann leise murmelnd zu. Sie will, dass er das weiß und versteht, woran es liegt, wenn sie sich irgendwo irgendwann ungeschickt benimmt. „Dachte, er sei meine große Liebe. Aber dann fand ich heraus, dass er mich mit meiner besten Freundin betrog. Ich hab beide zum Teufel gejagt und mir geschworen, nie wieder auf schöne Worte herein zu fallen." Das hat sie noch nie jemanden erzählt. Vielleicht liegt es an der Stimmung und den heimeligen Lichtverhältnissen hier, schließlich sind Geheimnisse die Kinder der Nacht und wollen vor allem bei Dunkelheit erzählt werden. „Nur, damit du mich nicht für ein leichtes Mädchen hältst", ergänzt sie betont locker-schelmisch. Und doch meint sie es bitterernst. Sie ist keine Partymaus, nie gewesen. „Käme mir nie in den Sinn", beruhigt er sie sofort und drückt ihr einen Kuss aufs Haar. Woraufhin sie ihren Kopf hebt und sich zu ihm emporreckt, um einen richtigen Kuss zu ergattern. Ihre Lippen haben kaum einander berührt, da kommen schon ihre Zungen ins Spiel. Sehr viel Zunge. Und sehr viel Speichel. Jeder von ihnen findet, dass der andere köstlich schmeckt und so kämpfen sie beinahe darum, wer von ihnen seine Zunge dem anderen tiefer in den Rachen schiebt und mehr vom unglaublich süchtig machenden Geschmack des anderen erhascht. Sie trennen sich nur voneinander, weil Shredder einmal kurz hüsteln muss. Schuldbewusst schlingt April ihre Arme um ihn und vergräbt ihren Kopf an seiner Halsbeuge. Sie murmelt eine Entschuldigung, doch er schüttelt nur den Kopf. Eine Minute lang ist nichts zu hören außer ihren Atemzügen - seine etwas lauter als ihre, aber auch sie hat dieser Kuss ziemlich atemlos gemacht. „Fünf Jahre", flüstert Shredder dann mit vor Verlegenheit und vom vorherigen Husten noch ganz belegter Stimme. Er muss das nicht zugeben, aber sie war ja auch ehrlich zu ihm. „Ich gestehe, ich hatte mir eine Escort-Dame gegönnt. Und mich danach noch schlechter gefühlt. Für Sex ohne ... hm, Liebe bin ich nicht geschaffen. Und irgendwie fehlte mir für etwas Richtiges die Zeit." Er kann ihr Kopfnicken an seiner Schulter spüren. „Ich weiß, was du meinst", seufzt sie leise. Er zögert einen Moment. „Die Zeit dazu fehlt mir eigentlich immer noch", erklärt er, und das kommt jetzt schroffer heraus als geplant. Zum Glück kann man April nicht so schnell beleidigen. „Nicht, wenn ich hierbleibe." Sie spürt, wie er erstarrt. „Das verlange ich nicht von dir", stößt er dann so heftig hervor, dass dieser Satz in einem Hustenanfall endet. Oje. Mitleidig verzieht April das Gesicht, richtet sich etwas auf, um ihn nicht unnötig mit ihrem Gewicht zu belasten und reibt sanft mit ihrer Hand über seine Brust. Unter dem Jinbei-Oberteil. Sie hat gar nicht bemerkt, wie sich ihre Hand dort hineingeschlichen hat. Seine Brust fühlt sich warm an und sehr muskulös. Und richtig samtig. Und keine Brustbehaarung. Okay, das hatte sie sich auch genauso vorgestellt, schließlich verbirgt sein Kampfdress nicht allzu viel. Er ist der einzige Mann, den sie kennt, der sich unter den Achseln rasiert – das hat sie schon bei vielen japanischen Kampfsportlern gesehen. Und bei Bodybuildern. Die Frage ist jetzt nur: besitzt er generell keine störende Brustbehaarung oder rasiert er sich nur? Ah, so viele süße kleine Geheimnisse, denen sie hoffentlich auf die Spur kommt. Doch dann ruft sie sich zur Ordnung. Dass sie aber auch immer so abschweifen muss! „Das mache ich freiwillig“, erklärt sie, als sein Husten verebbt ist. Sie könnte jetzt damit aufhören, seine Brust zu massieren, aber sie macht weiter – auch, wenn jetzt ein Streicheln daraus wird. Sie sucht seinen Blick und hält ihn fest. Im Zwielicht wirken seine Augen unendlich schwarz. „Hör zu“, sanft streicht sie ihm mit ihrer anderen Hand eine Haarsträhne aus der Stirn, „das ist für mich kein Opfer. Ich weiß, dass du Verpflichtungen hier hast. Krang und die beiden Deppen sind deine Familie, das weiß ich nicht erst seit heute. Das ist für jeden offensichtlich, der euch schon mal zusammen erlebt hat. Ich würde nie von dir verlangen, dass du sie im Stich lässt.“ Sie holt einmal tief Luft und setzt sich gerade hin. Das, was sie jetzt sagen will, fällt ihr unheimlich schwer. Aber sie will, dass er es weiß. Weil sie will, dass die Fronten geklärt sind. Und weil sie will, dass das hier eine Zukunft hat. Sie will sich zumindest nicht vorwerfen, nicht wenigstens alles in ihrer Macht stehende getan zu haben. „Weißt du“, beginnt sie daher, ihre Hand immer noch auf seiner Brust, „ich habe darüber nachgedacht, seit ich weiß, was du mir bedeutest. Und bis heute waren es nur die dummen Träumereien eines einsamen, blöden Pressehuhns...“ „Du bist kein blödes...“ unterbricht er sie sofort, doch sie legt ihm vielsagend den Finger auf die Lippen. „Pst. Lass mich ausreden, bitte. Das ist mir extrem peinlich und ich will das schnell hinter mich bringen. Später kannst du mir widersprechen, aber jetzt hör zu. Bitte.“ Abermals holt sie tief Luft. Ah, das ist so peinlich! „Okay, also, wie gesagt: ich habe von dir geträumt. Von uns und unserem gemeinsamen Leben. Und natürlich stand dann immer die Frage im Raum – wer zieht zu wem. Also, du siehst“, um ihre Lippen zuckt ein verlegenes Lächeln, „ich habe gründlich darüber nachgedacht, auch als es noch gar nichts gab, worüber man ernsthaft hätte nachdenken können. Das ist teenagermäßig, ich weiß, aber ich bin in der Hinsicht wirklich ein dummes Huhn. Wie auch immer: meine Entscheidung steht schon seit langem: wenn du es ernst meinst und es möchtest, ziehe ich zu dir. Sei es das Technodrome oder Japan oder der Mond. Ich lasse nämlich nichts Wichtiges zurück. Meine Freunde und meine Verwandten – niemand davon ist mir so wichtig, dass ich sie jeden Tag sehen muß. Kontakt kann man auch anders halten. Und mein Job ist mir auch nicht wichtiger als mein Privatleben. Ich kann es ja machen wie eine dieser Aprils und einen Bildband über Grönland schreiben. Oder ich werde richtig in den Social Media aktiv – die Aussichten, sich darüber eine goldene Nase zu verdienen, sollen ja enorm sein. Letztendlich ist es egal. Es ist mir alles egal, so lange ich nur bei dir bleiben darf.“ Sie zögert und fügt dann etwas leiser, beinahe bittend hinzu: „Sofern du das möchtest.“ Er starrt sie einen Moment lang einfach nur an. „Ich möchte“, erklärt er dann ernst. Es gibt noch vieles zu klären, aber er will, dass sie zumindest das schon einmal weiß, bevor er versucht, die Stimme der Vernunft zu spielen. Denn im Grunde seines Herzens ist er das auch: ein hoffnungsloser Träumer. Er weiß aber auch, wie gefährlich es werden kann, wenn man sich davon mitreißen lässt. Er fühlt sich nicht auf der Höhe, er ist müde und es gibt bessere Momente, um so etwas zu diskutieren, aber sie hat verdient, zu wissen, dass sie bei ihm offene Türen einrennt. „Grundsätzlich will ich das“, bestätigt er daher. „Auch, wenn es noch etwas früh ist, so etwas zu entscheiden. Nur, weil wir uns zueinander hingezogen fühlen, heißt das nicht, dass wir kompatibel sind. Das wird die Zeit zeigen.“ Immerhin – sie haben noch nicht einmal miteinander geschlafen. Das muß schließlich auch passen. Sie wollen schließlich beide glücklich sein in ihrer Beziehung. Am Ende reicht es vielleicht nur für so eine on/off-Geschichte und dann sollte jeder von ihnen noch ein eigenes Leben haben. „Reiß nicht alle Brücken hinter dir ein“, kann er es sich nicht verkneifen, sie zu warnen. „Da spricht der Stratege aus dir.“ Kichernd beugt sie sich zu ihm herab, bis ihre Nasenspitzen nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind. „Saaaaaaki.“ Sein Name wurde noch nie so gehaucht, und ihre Stimme klang noch nie so herausfordernd und so absolut sexy. „April“, warnt er sie, ein wohliges Schauern tapfer unterdrückend, während seine Hände schon hoch in ihr Haar zucken, um mit ihren Locken zu spielen, „wenn du so weitermachst, kann ich für nichts mehr garantieren. Aber dann würde es schnell gehen und ich bezweifle, daß du dann auch etwas davon hättest. Und unser erstes Mal sollte doch etwas besonderes sein, oder?“ Einen Herzschlag lang starrt sie ihn einfach nur an, dann entfährt ihr ein „Saki, du bist so süß“. Sie gibt ihm einen Kuß auf die Wange und kuschelt sich dann wieder an seine Seite. „Du solltest sowieso erstmal gesund werden“, murmelt sie in den Stoff seines Jinbeis und lächelt selig mit geschlossenen Augen, als er sie, als stumme Antwort darauf, nur fester an sich drückt. Kurz bevor sie einschläft, hört sie ihn über sich flüstern – und sie geht jede Wette ein, dass er denkt, sie sei schon im Reich der Träume: „Ich liebe dich, April.“       Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)