I want to save you von Saedy ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Yuichiro saß vor dem alten Haus, in das er und seine Freunde nach ihrer Flucht eingezogen waren, auf einem Stein, stützte scheinbar gelangweilt den Kopf auf der Hand ab und beobachtete seinen Freund Mikaela Hyakuya beim Training mit dem Schwert. Dabei bewegte sich der Vampir so schnell wie der Wind. Manche dieser Bewegungen konnte Yuu nicht mal sehen. „Verdammt“, fluchte er. „So schnell werde ich nie und wenn ich noch so viel trainiere. Hat doch nicht nur Nachteile, ein Blutsauger zu sein.“ Dabei hasste er Vampire über alles, nur sein alter Freund aus Kindertagen, Mikaela, stellte eine Ausnahme dar. Ihn liebte er wie einen Bruder, auch wenn er nun seit fast fünf Jahren ein Vampir war. „Und dabei sieht er auch noch gut aus, eher wie ein Engel“, seufzte er leise. „Ah, was hast du gesagt?“, tauchte hinter ihm plötzlich Shinoa auf und rief ihm mit ungewöhnlich lauter Stimme fröhlich ins Ohr, was Yuu beinahe das Herz stehen bleiben ließ. Den Schreck ließ er sich aber natürlich nicht anmerken. Zumindest glaubte er das. „Ach ja, er ist schon ein hübscher, unser Mika, was? Mit den langen, blonden Locken, der blassen Haut und den engelhaften Gesichtszügen. Der verdreht jedem Mädchen den Kopf... und unserem lieben Yuu“, lachte sie schelmisch. „W-was? Was redest du da für einen Quatsch?“, rief Yuu aufgebracht und fuhr herum. „Ach, Mika, mein bester Freund seit ewigen Zeiten, meine Familie, mein Bruder, die Liebe meines Lebens“, spielte Shinoa und faltete in einer theatralischen Geste die Hände unter dem Kinn. „Er ist ein Vampir, wie tragisch, aber ich liebe ihn trotzdem und er ist so wunderschön wie ein Engel. Hach, wie romantisch. Aber wie sollte ich, ein armer unerfahrener Junge, eine Jungfrau, ihm das sagen?“, amüsierte sich Shinoa über Yuu. Yuichiro war mittlerweile rot angelaufen, sprang aber nun auf und platzte heraus: „Was redest du da für einen ausgemachten Blödsinn, häh? So denke ich doch nicht von Mika!“, empörte er sich und drohte ihr mit der Faust. „Bei dir sitzen doch ein paar Schrauben locker!“ Shinoa ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und grinste nur, mit hinter dem Rücken verschränkten Händen. „Oh, Yuu, du bist so ein offenes Buch. Jeder kann es dir doch ansehen, wie du für Mika empfindest. Ich glaube, alle haben das inzwischen bemerkt, außer deinem Angebeteten selbst, der scheint genauso auf dem Schlauch zu stehen, wie du. Tja,“ breitete sie die Arme aus, „wenn zwei unerfahrene Jungfrauen aufeinandertreffen, dann...“ „Wen nennst du hier eine unerfahrene Jungfrau?“, packte Yuu sie wütend am Kragen. „Macht dir dieser Mensch Schwierigkeiten?“, erkundigte sich Mika, der sein Training unterbrochen hatte und ganz plötzlich neben ihnen stand. „Äh, nein“, Yuu, dem es auf einmal heiß und kalt den Rücken herunterlief, in Anbetracht des eben angesprochenen Themas, ließ leicht panisch Shinoas Kragen los. „Ach, ja, Yuu und ich haben uns nur über die Liebe unterhalten, es ist ja so romantisch, aber das... Na ja, man sieht sich, habt viel Spaß!“, winkte sie grinsend und spazierte davon. „W-was meint sie denn?“, erkundigte sich Mika und guckte ihr perplex hinterher. „B- bist du etwa... verliebt?“, schaute er nun zu Yuu. Dieser lief wiederum nur rot an und kratze sich verlegen am Hinterkopf. „Man, ist das peinlich“, flüsterte er vor sich hin und erwiderte lauter: „Nein, ich bin nicht verliebt, nur die blöde Kuh denkt das und macht sich über mich lustig, weil ich ja noch eine Jungfrau bin.“ Im nächsten Moment wurde ihm klar, was er da gerade gesagt hatte und er stammelte: „Ich meine, äh, wer denkt schon an die Liebe, im Krieg, da ist für so was doch kein Platz und überhaupt, die hat doch keine Ahnung. Na gut, ich hab keine Erfahrungen, aber das ist doch nicht so wichtig. O-oder denkst du, ich sollte in meinem Alter schon mehr Erfahrungen haben? I-ich meine, ich bin doch kein Kind mehr und …, nicht dass du denkst, ich wäre nicht reif dafür, ich bin schon bereit dafür, aber bis jetzt habe ich noch kein Mädchen getroffen, dass ich so toll fand und, argh, was rede ich da eigentlich für einen Blödsinn?“, raufte sich Yuu die Haare. „Ähm, vergiss einfach, was ich gesagt habe!“ „Oh, äh, das macht doch nichts Yuu, du hast Recht, wer von uns hatte schon Zeit, sich über so etwas Gedanken zu machen? Ich halte dich deswegen nicht für unreif. Aber sag mal...“ blickte Mika nachdenklich zu der Stelle an der Shinoa verschwunden war, „warum denkt sie, dass du verliebt bist?“ „Keine Ahnung, die hat einfach nur ein paar Schrauben locker, das ist alles!“ Am nächsten Morgen beim Frühstück, saßen alle außer Mika, der ja nur Blut zu sich nahm, zusammen und redeten fröhlich darüber, was sie als nächstes an dem großen, alten Haus, in das sie beschlossen hatten, einzuziehen, instandsetzen wollten. „Also, ich finde, das Wichtigste ist das Dach!“, erklärte Mitsuba entschieden mit erhobenem Zeigefinger. „Überall, wo ich versucht habe, zu schlafen, regnet es rein! Das ist wirklich lästig und unerträglich!“ Die anderen stimmten ihr zu. Also wurde ausgemacht, dass sie, Kimizuki und Yoichi in der Umgebung erst mal nach Material suchen und dann das Dach reparieren sollten. Shinoa und Yuichiro würden sich auf die Jagd nach etwas Essbarem machen. Mikaela würde wahrscheinlich wie immer die Umgebung überwachen, um sie vor eventuellen Angriffen zu warnen, da er als Vampir die schärfsten Sinne besaß und zuerst bemerken würde, wenn sich jemand näherte. Nachdem Shinoa und Yuichiro ein paar Hasen, die hier wundersamerweise zu Hauf herum hüpften, erlegt hatten, und Kimizuki, der einfach am besten kochen konnte, die Viecher zubereitet hatte, halfen auch die beiden beim Dach mit. Es stellte sich schnell heraus, dass das wohl eine größere Aktion werden würde. Abends waren sie dann alle völlig fertig. „Willst du nicht auch mal baden?“ fragte Shinoa an Yuichiro gewandt. „Was, wieso?“, wunderte der sich, vor Erschöpfung halb auf dem Tisch liegend. „Na, du stinkst wie ein Iltis und wenn jetzt Mika zurückkommt um von dir Blut zu trinken, wird er sich bestimmt angeekelt abwenden. Das willst du doch nicht, oder?“, meinte sie, scheinbar ganz ernsthaft. „Häh, was, so schlimm?“, regte sich Yuu auf und roch probehalber an sich. „Hey, ich glaube, du hast Recht. Ich sollte mal ein Bad nehmen. Dabei hasse ich Wasser“, schimpfte er vor sich hin und verließ das Haus. Shinoa kicherte hinter ihm her, was er aber schon nicht mehr mitbekam. Yuu machte sich auf zum nahen Fluss, da die Badewanne im Haus undicht war und sie sowieso kein fließendes Wasser hatten. Mittlerweile war es schon dunkel und man konnte nur durch den Mond und die Sterne noch sehen. Aber bei weitem nicht genug. Deshalb nahm Yuichiro sicherheitshalber sein Schwert mit. Das steckte er am Flussufer in den Boden, zog schnell seine Klamotten aus und nahm die Seife – auch so ein Mitbringsel aus einem der verlassenen Häuser – mit. Er hoffte, das er hier so schnell wie möglich fertig würde – nicht nur, weil er Wasser hasste, sondern weil er es ganz besonders hasste, nachts in diesem Fluss zu baden und es außerdem arschkalt war. Aber Shinoa hatte Recht: es ging ja überhaupt nicht an, dass er Mika zumutete, von ihm zu trinken, wenn er schmutzig war und stank. Denn immerhin war heute wieder der dritte Tag – der dritte Tag, an dem Mika wieder Blut von ihm brauchen würde. Da freute er sich schon drauf und pfiff fröhlich vor sich hin, während er sich einseifte. Häh, er freute sich darauf, Blut abgezapft zu bekommen? Hatte er das wirklich gerade gedacht? Nein! Eigentlich war es ja gar nicht das, worauf er sich freute, sondern einfach, das Mika dann wieder beim ihm sein würde. Denn tagsüber hatten sie immer so viel zu tun, dass sie kaum dazu kamen, sich einfach mal so zu unterhalten oder Spaß zu haben. Und Abends waren sie meist total platt, so wie jetzt. Mika natürlich nicht, es sei denn, er bekam nicht genug Blut. Und es war immer so ein schönes, warmes Gefühl, wenn Mika ihn in seine Arme schloss und … okay, wenn er seine Zähne in Yuus Hals versenkte, tat das schon ganz schön weh, aber es war auszuhalten. Trotzdem, in diesen Augenblicken durchströmte ihn immer so ein schönes, warmes Gefühl. Dann fühlte er sich geborgen und wäre am liebsten für immer so in Mikas Armen geblieben. Und dann, wenn dieser ihm abschließend die letzten Blutstropfen vom Hals leckte, ergab das immer so eine schöne Gänsehaut und ein warmes Gefühl im Magen und im Herzen. Dann würde er Mika am liebsten noch näher an sich ziehen und nie mehr loslassen. Die Finger in die weichen, wirren Haare stecken und darin herumstrubbeln. Ihm tief in die wunderschönen, roten Augen blicken, ihn an sich ziehen und küssen. „Wah!“, schrie Yuu auf und spritze Wasser in alle Richtungen. Was hatte er da gerade gedacht? Er wollte Mika küssen? Yuu lief knallrot an, zum Glück konnte das niemand sehen. Hatte Shinoa etwa doch recht, mit ihren Hänseleien? „Mist!“, Yuu hatte die Seife fallen gelassen und jetzt war sie irgendwo da im Fluss! Und die Strömung konnte sie jeden Moment wegbefördern. Er beugte sich runter, und begann, danach zu suchen. Aber das Wasser war zu tief. „Mist, Mist, Mist!“, fluchte er. Wie sollte er die kostbare Seife jetzt wiederbekommen? Er konnte doch so schlecht schwimmen! Und wenn er tauchte, würde er in der Dunkelheit eh nichts sehen. „Was ist los, Yuu-chan?“, rief es plötzlich hinter ihm. Bei der Stimme lief ihm eine Gänsehaut den Rücken herunter, als er sich daran erinnerte, was er eben noch gedacht hatte. Denn es war niemand anderes als Mikaela. „Hat dich jemand angegriffen?“, und die Stimme klang besorgt. „Nein, nein! I- ich hab nur die Seife fallen gelassen. Wie ungeschickt von mir“, lachte er, sich verlegen den Hinterkopf reibend. „Da finde ich sie doch nie wieder, ich kann überhaupt nichts sehen.“ „Ah“, erwiderte Mika verstehend. „Lass mich mal sehen.“ Mit diesen Worten kam er ans Ufer, sprang ins Wasser und tauchte unter. Das ging so schnell, dass Yuu wieder einmal nur staunte. Wie ein Blitz war sein Freund. Und es dauerte nur ein paar Sekunden länger, bis er mit der Seife wieder auftauchte. „Ah! Wie hast du die so schnell gefunden? Du bist ja der Hammer!“, freute sich Yuu. „Ach, das merkst du erst jetzt?“, grinste Mika. „Hey, was soll denn das heißen?“, rief Yuu empört und stupste seinem Freund mit dem Ellenbogen in die Seite. „Das ich schon immer derjenige war, der darauf aufpassen musste, dass du keinen Unsinn anstellst“, stellte Mika fest. „Du kannst dich ja nicht mal richtig waschen. Verlierst deine Seife... und was kommt als nächstes? Lässt dich vielleicht von einem Flussmonster fressen? Ich muss wohl hierbleiben und auf dich aufpassen.“ „W- was für ein Flussmonster? So was gibt es doch gar nicht!“, protestierte Yuu und schaute sich besorgt um. „Doch“, erwiderte Mika und versuchte, ernst zu bleiben. Er legte seine Arme um Yuus Schultern und musste nun doch grinsen. „Und wenn du nicht vorsichtig bist“, kam er dessen Gesicht immer näher, „dann packen sie dich und trinken dein Blut.“ „Ah, ha, ha, ha, sehr witzig“, erwiderte Yuu in einer Mischung aus Verärgerung und Belustigung. Er erwartete, dass Mika sich von ihm lösen würde, doch stattdessen blieb er stehen und schaute ihm in die Augen. „Oh“, machte Yuu und erinnerte sich, dass ja heute der dritte Tag war. „Du brauchst wirklich wieder Blut, oder?“, stellte er, verlegen werdend, fest. „N-nein, ich...“, zuckte Mika zurück. „Das war doch nur Spaß. I- ich meine, ich halte es noch eine Weile ohne aus.“ „Aber, was...? Heute ist doch der dritte Tag, da brauchst du doch wieder Blut? Eigentlich bräuchtest du es jeden Tag, du siehst in letzter Zeit immer so schlapp aus.“ „Was? Das stimmt nicht, ich bin topfit!“, protestierte Mika. „Außerdem nehme ich dir sowieso schon zu viel Blut ab. Was ist, wenn du irgendwann stirbst? Und ich tue dir jedes Mal weh...Ach, ich hätte nicht damit scherzen sollen, das tut mir leid“, ließ er den Kopf hängen. „Hm, weißt du was? Wir fragen die anderen, ob sie dir nicht auch was von ihrem Blut abgeben können. Ich bin sicher, das würden sie tun.“ „Nein!“, rief Mika entsetzt. „Das kann ich doch nicht machen! Ich kann sie doch nicht auch noch beißen!“ „Hm, stimmt, das wäre ekelhaft. Aber sie könnten etwas abzapfen und in ein Glas, oder so, abfüllen.“ „Nein“, zitterte Mika vor Entsetzen. „Wie kannst du so einfach darüber reden, als ginge es um etwa ganz normales zu Essen?“ „Oh? Aber ich dachte das wäre klar“, schaute Yuu liebevoll zu seinem Freund. „Für dich ist das jetzt normal. Und ich dachte, wir hätten klargestellt, dass du dich deswegen nicht zu schämen brauchst.“ Mika schaute auf diese Worte hin etwas erleichtert, aber dennoch skeptisch und richtete sich aus seiner zusammenkrümmten Haltung wieder auf. Ihm wurde wieder einmal bewusst, warum Yuu sein bester Freund war. Er war es gar nicht wert, dass dieser sich so um ihn sorgte. Und dennoch tat er es. Er war einfach zu gut für diese Welt. „Yuu-chan....“ „Oh, aber du bist ja mit allen Klamotten ins Wasser gesprungen!“, stellte der fest. „Du bist ganz durchnässt. Ist dir nicht kalt?“ „Das sollte ich eher dich fragen, schließlich stehst du da schon die ganze Zeit im kalten Wasser und verträgst das als Mensch eher weniger als ich. Du hast auch schon eine richtige Gänsehaut“, stellte Mika fest. „Uh, jetzt wo du es sagst... Mir ist wirklich arschkalt.“ „Dann lass uns rausgehen“, wandte Mika sich um. „Nein, warte, ich muss nur noch..., schaute Yuu die Seife an, die dieser immer noch ganz vergessen in der Hand hielt. „Oh, ja, na klar“, erwiderte der und reichte ihm die Seife. Yuu begann sich schnell einzuseifen. Dabei wandte er sich etwas um und als er sich wieder zu Mika drehte, bemerkte er, dass dieser ihn anstarrte. „Hah, erwischt!“, rief Yuu. Mika zuckte zusammen und lief rot an. „D-das ist nicht, wa... ich meine, ich war nur in Gedanken...“ „Ach, ich versteh schon“, kicherte Yuu. „Du brauchst eben doch wieder Blut.“ „Äh, ja, du hast mich ertappt“, lachte Mika verlegen, aber auch erleichtert. Zusammen saßen sie auf Yuichiros Bett, das man nicht wirklich als Bett bezeichnen konnte, sondern eher als „Provisorium“, optimistisch ausgedrückt, denn es handelte sich lediglich um eine halbverrotete Matratze, auf der ein Haufen alter Decken gestapelt war, die sich in der Umgebung gefunden hatten. Aber das spielte in diesem Moment keine Rolle. Hauptsache sie waren weg von den Intrigen und dem Hass der anderen Menschen und Vampire und dem Krieg und dem Leid. Mikaela beugte sich über Yuichiro und drückte ihn ins Kissen, während er ihn mit gebanntem Blick anstarrte. „Äh“, machte Yuichiro. Normalerweise lief das etwas anders ab, sonst saß Mika neben ihm, um sein Blut zu trinken. Aber in diesem Moment schien er nicht ganz bei sich zu sein. „Du musst ja wirklich...“ Er konnte nicht mehr weitersprechen, da plötzlich wieder dieser bekannte Schmerz an seinem Hals war. „..durstig sein“, fügte er leise hinzu und schloss halb die Augen. Er spürte nur allzu deutlich Mikas Gewicht auf sich. Und wie ihm das Blut ausgesaugt wurde. Es war eine solch gegensätzliche Mischung aus Wärme, Geborgenheit und Schmerz, dass es Yuu lähmte. Überhaupt fühlte er sich immer wie gelähmt, wenn Mika sein Blut trank. Ob es normal war, dass man sich nicht mehr bewegen konnte, wenn ein Vampir einen biss? Er wusste es nicht, denn damals in der Vampirstadt, hatten sie ihnen das Blut immer nur mit Spritzen abgesaugt. Schließlich löste sich Mika von ihm. „Yuu?“, flüsterte er ihm entgegen, denn sein Freund hatte noch immer die Augen geschlossen. „Geht es dir gut?“ „Häh?“, öffnete Yuu die Augen. „Ist es schon vorbei?“ „Alles gut? Habe ich zu viel genommen?“, fragte Mika besorgt. „Nein, schon gut, bin nur etwas müde“, schaute er ihm in die seltsamen, aber wunderschönen, roten Augen. „E-entschuldige, Yuu-chan. I-ich, es war wohl doch zu viel“, bemerkte er und schaute schuldbewusst zu Boden. „Nein, nein, das war nur der ganze Tag, der mich so geschlaucht hat. Alles okay, Mika“, versicherte er seinem Freund und strich ihm durch die Haare. „Sag mal, warum liegst du eigentlich auf mir?“, grinste er schelmisch. „Was?“, sprang Mika auf, als wäre ihm das erst jetzt bewusst geworden. „T-tut mir leid.“ „Schon gut, ist ja nichts passiert. Du warst wohl etwas weggetreten.“ Worauf hin ihn Mika entsetzt anschaute. „Nein, nein, das ist nicht gut, Yuu, gar nicht gut. Ich... wenn ich irgendwann die Kontrolle verliere und dich... Ich darf kein Blut mehr von dir trinken.“ „Was redest du denn da? Ohne das, kannst du doch nicht leben! Das hatten wir doch geklärt! Außerdem hast du mich nicht leergesaugt, also, ich vertraue dir. Und das solltest du auch!“ „Nein, wenn du mir weiterhin helfen willst, solltest du das Blut besser in einem Behälter auffangen, das ist sicherer.“ „Tja, wenn du meinst.“ Yuu konnte ihm ja schlecht sagen, wie sehr er es mochte, wenn Mika ihn in seine Arme schloss. Das war doch echt peinlich. Und ohne das Blut trinken, hatte er keinen Vorwand mehr dafür, das zu tun. „Alles gut?“, erkundigte sich Mika, wie immer besorgt, da ihm der traurige Blick seines Freundes aufgefallen war. „Ja, alles klar“, versuchte der sich ein Lachen abzuringen, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen. „Du kannst es mir ruhig sagen, wenn ich dich verletzt habe. Und auch sonst alles, das weißt du, Yuu-chan, nicht wahr?“ Yuichiro nickte. „Das weiß ich und es geht mir gut, ich bin glücklich, das wir jetzt hier sind. Weißt du, ich wollte immer kämpfen, die verdammten Vampire töten, von denen ich dachte, sie hätten dich getötet. Und ich wollte unbedingt mehr Kraft, um mich zu rächen und später, um meine Freunde zu beschützen. Aber seit ich weiß, wie sinnlos dieser Krieg ist, dass nicht nur die Vampire und dieser Virus schuld sind, dass die Welt fast ausgelöscht wurde, sondern auch die Menschen, will ich nicht mehr kämpfen. Jedenfalls nicht so. Ich will lieber dafür kämpfen, dass wir ein glückliches Leben haben. Und dass noch mehr Menschen einsehen, dass es nur darauf ankommt, glücklich zu werden und nicht, Macht zu haben oder die Welt zu beherrschen. Dass Freunde viel wichtiger sind, als alles andere. Findest du nicht?“ Yuus Augen strahlten. Mika nickte ergriffen. Yuu... In solchen Momenten wie diesen, wurde er wieder einmal erinnert, warum er wie eine Familie für ihn war. Nicht, dass er es jemals vergessen würde. Er würde so gerne etwas für ihn tun, ihn noch viel glücklicher machen und den Schmerz der Vergangenheit vergessen lassen. Diese Augen strahlen sehen. Stattdessen fügte er ihm nur noch mehr Schmerzen zu, indem er immer wieder sein Blut trank. Aber seltsamerweise war doch trotzdem immer noch diese Wärme in seinen Augen, wenn er Mika anblickte. Selbst in solchen Momenten. Er war Mika nicht böse deswegen, im Gegenteil, er wollte ihm helfen. Er verstand es zwar nicht, begriff nicht, wie man ein Monster wie ihn mögen konnte, aber er war dankbar dafür und würde alles für Yuu tun. „Nun, dann, oh!“, von Yuus Magen war ein lautes Knurren zu hören und Mika kicherte. „Anscheinend bist du nicht der einzige, der hier Hunger hat. Man, ich könnte einen Bären fressen.“ Zusammen gingen sie in die Küche und Yuu machte sich über den Rest des Hasenbratens her. Bedröppelt saß er dann da und starrte den leeren Teller an. Was Mika dazu veranlasste, aufzustehen und zu verkünden: „Ich werde dir noch was besorgen!“ „Was? Nein, das musst du nicht tun, das kann ich auch selber.“ „Ich bestehe darauf! Schließlich tust du auch so viel für mich. Da ist das doch das Mindeste.“ Mit diesen Worten war er auf und davon, bevor Yuu überhaupt den Mund aufkriegen konnte, um noch mal zu protestieren. Einige Tage später war es irgendwie dazu gekommen, dass sich die beiden in Mikaelas Zimmer wiederfanden und der Vampir wieder direkt Blut von seinem Freund trank, obwohl sie eigentlich vorgehabt hatten, es in einem Gefäß aufzufangen. Mikaela wusste selbst nicht so recht, wie das passiert war. Sie hatten sich erst ganz normal unterhalten, es sich dann auf dem improvisierten Bett gemütlich gemacht und waren irgendwann in Schweigen verfallen, während sie an die Decke starrten und ihren Gedanken nachhingen. Dabei war so eine gemütliche, warme Atmosphäre entstanden, wie Mika sie immer mit dem Gefühl einer Familie, die Yuu für ihn darstellte, verband. Es war wie ein Filmriss, als er sich auf einmal über Yuu gebeugt befand, mit dessen Blut im Mund. Er riss entsetzt die Augen auf, wachte auf, wie aus einem Traum, an den er sich nicht mehr erinnerte. Yuu blickte ihn mit verschleierten Augen an. Wie viel Blut hatte er ihm gestohlen? Sein Freund hingegen dachte an etwas ganz anderes, er blickte die wunderschönen Gesichtszüge seines Freundes an, in die tiefroten Augen, schaute auf dessen blasse Lippen, die nun von rotem Blut verschmiert waren und schauderte immer noch von der Tatsache, wie Mika ihm eben über den Hals geleckt hatte, nachdem er mit dem Blut trinken fertig gewesen war. Es hatte sich so wundervoll angefühlt. Und ließ Yuu jegliche Beherrschung verlieren, als er nun seine Hände um Mikas Gesicht legte, ihn zu sich zog und auf den Mund küsste. Es war nur ein kurzer Kuss und doch so süß und wunderschön, dass Yuu vor lauter Glück zu platzen glaubte. Doch Mika schien das anders zu sehen, denn nachdem er den ersten Schock überwunden hatte, stieß er ihn von sich und war schneller am anderen Ende des Raums, als Yuu schauen konnte. „Yuu, was... Was tust du denn?“, fragte er außer sich und starrte ihn geschockt an. „W-was ich... Ich dachte, d-du... Wolltest du das etwa nicht?“, schaute Yuu entsetzt zurück. „Nachdem du mir über den Hals geleckt hattest, dachte ich, du würdest das auch mögen. Ich dachte, du würdest genauso empfinden, wie ich“, schaute er traurig seinen besten Freund an. Mika schluckte und blickte zu Boden. „Nein!“, rief er und lief aus dem Raum. „Mika, warte doch!“, rief Yuu ihm hinterher und folgte ihm. Doch der Vampir war so schnell verschwunden, dass er keine Chance mehr hatte, ihn zu finden. Von Entsetzen geschüttelt, saß Mika auf dem Dach und überlegte fieberhaft, was er jetzt tun sollte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)