Ein Leben ohne ein Herz von NithrilMusic (Sind Gefühle bedeutungslos?) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Prolog Ein sanfter Faustschlag auf den Kopf und der Ruf der wohl bekannten Stimme des alten Mannes weckten ihn mal wieder aus den Gedanken. „Hör auf zu träumen, Deak!“ Der rothaarige junge Mann auf der Couch hob den Blick. Sein fast kahlköpfiger, kleinwüchsiger Meister stand vor ihm mit der Miene im Gesicht, die er immer hatte, wenn es ernst wurde. „Was gibt’s denn, Väterchen?“, fragte Deak mit noch leicht verschlafener Stimme. „Wir werden uns mal etwas tiefer ins das Geschehen begeben. Ich möchte dir etwas sehr wichtiges beibringen.“ Deak hob fragend eine Augenbraue. „Der Schwarze Orden ist unser Ziel. Und sollten wir auf Innocence ansprechen, werden wir eine Weile als Exorzisten dort dienen.“ Die Hände hinter dem Rücken verschränkt stand Senior Bookman vor seinem Schüler und blickte ihn streng an. Dieser seufzte leise, gähnte und reckte sich. „Einverstanden!“, erwiderte er nur und schob seine Augenklappe zurecht, welche sein rechtes Auge verdeckte. Vor zehn Jahren war er lebensgefährlich verwundet worden und verdeckte seither die leere rechte Augenhöhle. Es war ein schwerer Schlag gewesen damals und er hatte sich von diesem Schock nie vollkommen erholen können, was er seinem Meister allerdings noch nie gesagt hatte. Senior Bookman wandte sich zufrieden um und sagte während er mit Deak das Zimmer verließ: „Wir werden zu aller erst zum Hauptquartier des Ordens in Großbritannien gehen. - Ich bin wirklich gespannt, was das Innocence zu dir sagt!“ Der Achtzehnjährige schwieg. Was hätte er auch schon groß darauf antworten sollen. Er wusste nur zu genau in welche Gefilde sie sich jetzt begaben. Er wusste alles über den Millennium Grafen, die Noah, das Innocence und die Exorzisten. Zumindest alles, was ihm sein Meister erzählt hatte. Doch er war sich sicher, dass das, was sie wussten, nicht alles sein konnte. Er war sich sicher, dass es unmöglich war alles zu wissen. Seit achtzehn Jahren lernte er alles in sich aufzusaugen. So winzig und unwichtig eine Information auch erscheinen mochte, so bekam sie mit der Zeit doch eine immer wichtigere Rolle im Gesamten. Er hatte gelernt zwischen anscheinend unzusammenhängenden Fakten Zusammenhänge zu erkennen und die einzelnen Puzzleteile zu einem Ganzen zusammen zu fügen. Selbstverständlich freute er sich auf das neue Abenteuer, doch er wusste auch, dass es wieder mit viel Krieg und Schmerz zu gehen würde. Wie jedes Mal, wenn verhärtete Fronten aufeinander trafen. Er hasste Krieg. Und er hasste es auch, wenn Menschen deshalb litten. Dennoch konnte er nie etwas tun. Er war nur dazu da, um die Geschehnisse zu dokumentieren. Mehr nicht. Sich jedoch nun auf eine Seite zu stellen und vorn dort aus zu beobachten, fand er von seinem Meister etwas merkwürdig. Es war noch nie seine Art gewesen so etwas zu tun. Was mochte er ihm nur damit beibringen? Er musste es selber herausfinden. Wenn er danach fragen würde, käme sowieso wieder eine Antwort wie: „Es ist deine Aufgabe zu lernen, was du lernen musst!“ Solche weisen Sprüche hörte er nur zu oft. Oftmals hasste er seinen Meister dafür, doch mittlerweile verstand er es besser, wieso er solche Dinge sagte. Dennoch wollte es ihm immer noch nicht so geläufig werden. Auf dem Weg nach Großbritannien redeten sie über den Krieg zwischen den Exorzisten und dem Millennium Grafen. Wenig neues ging daraus für Deak hervor. Und etwa eine Stunde nachdem sich dieses Gespräch gelegt hatte, eröffnete sein Meister ihm einen neuen Decknamen. Lavi sollte er jetzt heißen. Wieso gerade dieser Name, wollte ihm das Väterchen wie so oft nicht sagen. Mittlerweile war es ihm aber auch egal geworden. Es war jetzt der 49. Name den er bekommen hatte. Und nach einer so langen Zeit gewöhnte man sich daran. Im Hauptquartier des Schwarzen Ordens angekommen, wurden sie schon erwartet. Schnell wurde klar, dass sie beide Wirte von Innocence waren. Lavi bekam einen Hammer, den er nach belieben vergrößern und verlängern konnte und mit welchem er verschiedene elementare Siegel aktivieren konnte. Es dauerte allerdings einige Tage, bis er sich mit der Antidämonenwaffe zurecht fand. Nach der Registrierung als offizielle Exorzisten, gingen sie wieder ihre eigenen Wege. Kapitel 1: Die Aufgabe ---------------------- Plötzlich klingelte das Telefon. Lavi sprang auf und nahm den Hörer in die Hand. „Bookman?“, meldete er sich knapp. „Ah, Lavi, gut, dass ich euch erreiche!“, ertönte Komuis Stimme am anderen Ende der Leitung. Der Leiter der Hauptstelle des Schwarzen Ordens schien sehr besorgt zu sein, denn er fügte hastig hinzu: „Allen und Lenalee wurden während einer Mission schwer verwundet. Und ich bräuchte einige Informationen. Wir treffen uns im Krankenhaus in Kyritz.“ „Wir sind gleich unterwegs!“, antwortete Lavi freundlich und verabschiedete sich von Komui. „Väterchen!“, rief er während er in den angrenzenden Raum lief. Hohe Regale, voll gestopft mit Büchern, säumten die Wände und bildeten Gänge, welche durch das riesige Zimmer führten. Man kam sich vor, wie in einem großen Archiv. Und eigentlich war das auch nichts andres. Senior Bookman saß auf dem Boden inmitten von vielen aufgeschlagenen Büchern. „Es scheint wohl so, dass die Noah endlich auf die Bühne treten!“, murmelte er. Dann blickte er zu seinem verwirrt drein blickenden Schüler hinauf. „Und Komui Lee möchte Informationen über sie, richtig?“ „Eh – Ja! Und Allen und Lenalee sind schwer verletzt worden. Sie waren auf einer Mission in Kyritz. Wir sollen ihn dort treffen.“ „Dann lass uns keine Zeit verlieren!“, sagte Senior und stand auf. Schnell sammelten sie alle nötigen Aufzeichnungen, packten ihre Sachen und machten sich auf den Weg. Wenige Stunden später kamen sie in Kyritz an. Ein Sucher erwartete sie bereits am Stadttor und ohne viele Worte zu verlieren führte er sie in den zweiten Stock eines Hauses. Die Tür stand offen und sie eilten hinein. Sogleich rannte eine Frau aufgelöst auf sie zu. „Da sind sie ja endlich! - Schnell, kommen sie!“, rief sie mit weinerlicher Stimme und zog Senior Bookman in das Wohnzimmer. Lavi folgte. Das Bild welches sich ihm bot, löste ein eigenartiges Gefühl in ihm aus. Das Zimmer war spärlich möbliert. An der rechten Wand stand eine alte Kommode, am Fenster ein einfaches Bett. Links davon ein Schrank und daneben eine alte Uhr. Doch was seine Aufmerksamkeit am meisten anzog, waren die beiden bewusstlosen Exorzisten, welche auf dem Boden in der Mitte des Raumes lagen. Der eine offensichtlich ein Mädchen mit langen schwarz-grünen Haaren, der andere schien ein Junge zu sein. Er hatte schneeweißes, schulterlanges Haar und sehr feminine Züge, weshalb Lavi auch erst zweifelte, ob er nicht doch ein Mädchen war. Beide waren mit Wunden übersät und man hätte sie für Tod gehalten, wenn man die flache Atmung nicht erkannte. Ein kurzer Blick zu seinem Meister sagte ihm, dass beide schnell behandelt werden mussten. „Wir müssen sie schnell ins Krankenhaus bringen! - Lavi, du trägst den Jungen. Und du Sucher bitte das Mädchen“, dann wandte der alte Mann sich zu der Frau, „Sie sind nicht verletzt, nehme ich an? - Machen sie sich keine Sorgen, wir kümmern uns um die beiden!“ „Nein, mir geht es gut! Vielen Dank, dass sie so schnell gekommen sind.“ Lavi ging zu dem Weißhaarigen, beugte sich hinab und hob ihn vorsichtig hoch. Er war sehr leicht und als sein Kopf zur Seite fiel und seine Haare den Blick auf sein linkes Auge freigaben, bekam der junge Bookman fast einen Schock. Horizontal über das Auge verlief eine eigenartige Narbe, ausgehend von einem Pentagramm an der Stirn. Der Weißhaarige war infiziert? Nein, erinnerte sich Lavi, das war ein verfluchtes Auge. Doch es war äußerst selten. Er erinnerte sich nicht daran schon mal von einem lebenden Beispiel gehört zu haben. Was war passiert, dass der Junge so etwas bekommen hatte? In seinen jungen Jahren. Hatte er seine Familie verloren? Was für ein Schicksal hatte der Junge, der in seinen Armen lag. All dies interessierte ihn brennend. Einfach weil sein Meister ihm aufgetragen hatte den Jungen zu beobachten, der dazu bestimmt war der Zerstörer der Zeit zu werden. „Lavi“, riss ihn die durchdringende Stimme des alten Mannes aus den Gedanken. „Komm jetzt!“ Der junge Bookman wandte sich um und sie verließen das Haus. Im Krankenhaus angekommen trafen sie schon Komui an. Die Wunden der zwei Exorzisten wurden versorgt und Senior Bookman begann gleich damit sich um das Mädchen, welches Lavi als Lenalee Lee kannte, zu kümmern, während Komui genau wusste, wie er Allen behandeln musste. Lavi stand im Zimmer, in welches der junge Exorzist gebracht worden war, an der Wand und beobachtete wie der Leiter des Hauptquartiers einige unliebsame Geräte hervor holte. „Lavi, bitte pass auf, dass keiner rein kommt, ja?“, bat dieser ihn. „Sicher!“, antwortete er und war gerade dabei die Tür zu schließen, als Komui Lee seine Geräte an machte und Allen behandeln wollte. Doch dieser war wach geworden und versuchte auf Abstand zu gehen. „Schön, dass du wach bist!“, meinte Komui nur. „Komui?“, rief der Weißhaarige und fügte hinzu: „Wo bin ich?“ „Im Krankenhaus. Mach dir keine Sorgen, es ist vom Orden aufgebaut worden.“ „A-aber wieso bist du hier?“ Der Junge war wohl etwas verwirrt. Komui grinste breit. „Um dich zu heilen, natürlich!“ „Sicher!?“ Allen wollte ihm nicht so ganz glauben. „Nun ja, ihr wart sehr schwer verwundet und wir konnten euch nicht einfach so zurück zum Hauptquartier mitnehmen“, erklärte der Schwarzhaarige. „Was ist mit Lenalee?“, fragte Allen gleich nach. Er schien sich Sorgen um sie zu machen. „Sie hat einige Nervenschäden und wird so schnell nicht wieder aufwachen.“ „Verstehe...“ Der junge Exorzist schien sich wirklich Sorgen zu machen. Lavi war in der Tür stehen geblieben und hatte die kurze Szene schweigend beobachtet. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sie wird von meinem Alten behandelt und wird bald wieder fit sein“, mischte er sich dann doch ein. Ein Lächeln auf den Lippen und die Arme vor der Brust verschränkt blickte er freundlich und zuversichtlich zu Allen. Dieser erwiderte seinen Blick nur verwundert. „Ich bin Lavi! - Freut mich dich kennen zu lernen, Allen Walker!“, stellte er sich dann selber vor. „Freut mich auch“, erwiderte der Kleine dann nur zögernd. „Ach ja“, erinnerte sich Lavi dann, „ich habe einen Brief von jemandem bekommen, der euch besuchen war.“ Er kramte einen kleinen Brief aus seiner Jackentasche hervor. „Öhm, Miranda Lotto!“ Allens Gesicht erhellte sich augenblicklich. „Lass mich sehen!“ Er wollte doch tatsächlich schon aufstehen, fiel aber gleich wieder hin. „Eh? Du solltest lieber noch liegen bleiben“, sagte Lavi, ging zu dem Weißhaarigen und gab ihm den Brief. Dieser nahm ihn freudig entgegen. „Hat jemand eine Schere? Ich brauch eine Schere!“ „Immer mit der Ruhe, Allen“, versuchte Komui ihn zu beruhigen und reichte ihm einen kleinen Brieföffner. „Dann musst du dich aber behandeln lassen. Weil so werde ich dich garantiert nicht gehen lassen.“ „Komui!“, murrte Allen nur leise und las dann den Brief. Lavi sah einen zufriedenen Ausdruck auf seinem Gesicht erscheinen. Auf sein eigenes schlich sich ebenfalls ein zufriedenes Lächeln. Zumindest schien dieser Allen Walker kein dauer-verärgerter Mürrischer zu sein wie Yu. Es würde sicher interessant werden mit ihm. Später am Tag, Allen hatte sich nach Komuis Behandlung etwas ausgeruht und war gegen Abend wieder wach geworden, hatte sich Lavi heimlich in das Zimmer begeben und hatte dem Gespräch der beiden gelauscht. Allen hatte wissen gewollt, wieso Komui wirklich hergekommen war und da kam die Frage über die Noah auf. Der junge Bookman konnte sich nur schlecht zurück halten und mischte sich in das Gespräch ein. Doch sobald er auf die Aufgabe der Bookman zu sprechen kam, war sein Alter wieder zur Stelle und wollte ihn zum Schweigen bringen. Was ihm nicht so recht gelang. Immer wieder mischte Lavi sich in das Gespräch ein und sagte Dinge die er nicht sollte. Wie ein kleines Kind. Doch das war eben seine Art. Was für einen Eindruck er bei Allen machte, interessierte ihn weniger. Er wollte lediglich, dass dieser wusste, wer und was ein Bookman war. Aber sein Meister machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Er und Komui wurden hinaus geschickt, da Senior Bookman den Exorzisten alleine unter die Lupe nehmen wollte. Lavi hatte draußen vor der Tür gewartet und dem Gespräch gelauscht. Das linke Auge von Allen war also tatsächlich ein verfluchtes, womit er Menschen von Dämonen unterscheiden konnte. Soweit Lavi es mitbekommen hatte, hatte er als Kind seinen Ziehvater in einen Dämon verwandelt und dieser hatte ihn verflucht. Wodurch Allen das besondere Auge bekommen hatte. Als dieser nach der Behandlung aus dem Zimmer kam, fragte Lavi ob er Lust hätte einen kleinen Spaziergang zu machen. Frische Luft tat dem anderen sicher auch gut. Draußen auf der Straße hörten sie Musik vom Marktplatz. Die Bewohner schienen wohl ein Fest zu veranstalten. „Wie alt bist du eigentlich?“, fragte Lavi den Kleineren. „Um die fünfzehn“, antwortete Allen. „Und du?“ „Ich bin achtzehn. Also älter. - Ich hatte dich fast für älter gehalten, durch deine Haarfarbe.“ Der junge Bookman grinste breit. „Ah“, erwiderte der Jüngere nur etwas verwirrt. „Manche nennen mich Junior, aber du kannst mich gerne Lavi nennen“, bot er diesem an. „Ah, gern!“ „Darf ich dich Bohnenstange nennen?“ Allen riss geschockt die Augen auf. „Was? Wie kommst du denn darauf?“ Lavi lachte. „Yu nennt dich doch so.“ „Yu?“ „Ach, weißt du das nicht? Das ist Kandas Vorname. Du musst ihn auch so nennen, dann freut er sich bestimmt.“ Lavi kicherte. „Eh, lieber nicht“, murmelte Allen unsicher. Das Gespräch wandte sich und sie kamen auf den Millennium Grafen und wieder die Noah zu sprechen. Allen reagierte etwas seltsam. „Was hast du denn?“, fragte Lavi etwas besorgt nach. „Ich bin Exorzist geworden, um Dämonen zu vernichten, nicht um Menschen zu töten.“ Er hatte sich seine linke Hand gehalten. Die, welche seine Antidämonenwaffe war. Dann war er einfach weiter gegangen. „Hey, warte, Bohnenstange!“, rief Lavi ihm hinterher. „Mein Name ist Allen“, fuhr ihn der Jüngere an. „Ich gehe spazieren. Geh ohne mich zurück!“ Etwas bedröppelt blieb der junge Bookman stehen und blickte dem Anderen hinterher. Wieso hatte er so reagiert? War er etwa so jemand, der keiner Fliege etwas zuleide tun konnte? Was ging in dem anderen vor? Er wollte es wissen. Was ihn dazu brachte, beziehungsweise ihm das Gefühl gab, es unbedingt wissen zu wollen, verstehen zu wollen, wie Allen war, wusste er nicht. Es interessiert ihn auch nicht, wieso Allen ihn so interessierte. Aber der Jüngere war immer noch verwundet und nicht fit genug. Und bei einem solchen Fest war die Möglichkeit sehr hoch, dass Dämonen auftauchen würden. Hastigen Schrittes folgte Lavi dem anderen Exorzisten auf den Marktplatz. Erst war er überwältigt von der Masse an Menschen. Er hatte nicht gedacht, dass eine so kleine Stadt so viele Menschen beherbergen konnte. Doch schon schnell hatte er Allen gefunden und reagierte schnell. Sein Hammer glitt ihm mit einer eingeübten Bewegung in die Finger, vergrößerte sich nach seinem Willen und Lavi schleuderte ihn auf den Dämon, der gerade Allen bedroht hatte. „Was machst du denn?“, fragte er diesen. Er sah nur zu genau den leicht ängstlichen, geschockten Ausdruck auf dessen Gesicht. Er blickte zu ihm hoch. „Danke“, bekam der Jüngere nur trocken hervor. Aus dem Augenwinkel gewahrte Lavi noch einen Dämon. „Kopf runter!“, rief er und schleuderte seinen erneut größer gewordenen Hammer. Der Dämon ging zu Grunde, doch unter ihm auch noch ein Haus zu Bruch. „Es ist nicht gut inmitten einer Stadt zu kämpfen. Komm, Allen, lass uns von hier verschwinden“, sagte er und deutete dem Weißhaarigen an sich an seinem Hammerstiel fest zu halten. Sobald er dies tat brachte Lavi den Stiel dazu sich zu verlängern und somit wurden sie in den angrenzenden Wald gebracht. „Alles in Ordnung bei dir, Bohnenstange?“, fragte Lavi, als sie wieder sicher auf dem Boden gelandet waren. „Mein Name ist Allen!“, fuhr der Andere ihn wieder an. „Es ist sehr praktisch, dass dein Hammer so etwas kann. Aber ist er nicht schwer wenn er so groß wird? „Ja, praktisch ist das. Und nein, für mich wiegt er immer gleich viel. - Aber was ist mit dir los? Der Dämon auf dem Marktplatz hätte nicht gezögert dich zu töten!“ Er fragte sich wirklich, wieso der Kleine seine Antidämonenwaffe nicht ausgepackt hatte, um den Dämon zu beseitigen.Was hatte er nur? „Es... tut mir Leid“, entschuldigte sich Allen. „Ist es wegen deinem linken Auge? Du kannst es im Moment nicht benutzen, richtig? Du solltest davon ausgehen, dass jeder ein Dämon ist, dem du begegnest. Zumindest so lange bis dein Auge wieder heile ist.“ „Das kann ich nicht!“, rief der Weißhaarige. „Nicht jeder kann ein Dämon sein!“ „Da hast du recht. Aber was denkst du wie wir kämpfen? Wir sind leider nicht mit einer so glücklichen Fähigkeit ausgestattet, wie du mit deinem linken Auge“, begann Lavi in ernstem Tonfall zu erklären. „Wir müssen davon ausgehen, dass jeder ein Dämon ist und sobald uns einer angreift, dazu bereit sein zu kämpfen.“ „A-aber... ich kann doch nicht einfach jeden auf meinem Weg töten!“, fuhr Allen ihm dazwischen. „Das stimmt. Und deswegen tragen wir ja auch diese Uniform. Damit die Dämonen wissen, dass sie uns folgen müssen.“ Nach diesen Worten schien Allen für einen Moment abwesend. Erinnerte er sich an etwas? An was? „Was ist los?“, fragte Lavi nach. Und nach kurzem Zögern antwortete Allen: „Lavi, hast du nicht Angst ein Köder zu sein?“ „Nicht wirklich. Ich habe mehr Angst vor den Menschen. Jemand der heute noch einer ist, könnte morgen schon ein Dämon sein. Am schlimmsten ist es, wenn jemand nett zu dir ist und du ihn wirklich magst und in Wirklichkeit ist er ein Dämon. Das kann einen wirklich verrückt machen. Aber wie auch immer. Ich werde jeden Dämon, der mir begegnet vernichten. Es ist schließlich meine Aufgabe als Exorzist.“ „Verstehe...“, murmelte Allen nur. Plötzlich hörten sie Schritte und Stimmen. Menschen kamen den Weg von der Stadt herauf. Angeführt von drei Polizisten. „Dort! Dort drüben sind sie. Die zwei Kinder in den schwarzen Mänteln!“, riefen die Leute. Irgendetwas störte Lavi daran. „Hey! Stehen bleiben ihr zwei! Ihr seid verhaftet!“, riefen die Polizisten und kamen auf sie zu. „Warten sie!“, rief Allen. Doch Lavi hob nur seinen Hammer und versuchte einen der Polizisten zurück zu drängen. Da mutierten sie. Er hatte es geahnt: Dämonen! Hastig vergrößerte er seinen Hammer und vernichtete die drei Polizisten. „Da kommen noch mehr!“, rief er Allen zu. All die Menschen, welche aus der Stadt zu ihnen gekommen waren, kamen auf sie zu und die vordersten mutierten schon. Zu Waffen, die dem Willen ihres Erschaffers folgten, dem Millennium Grafen. Nun blieb ihnen nichts andres übrig, als zu kämpfen. Doch Lavi merkte, wie Allen immer noch mit sich haderte. Er hatte zwar seine Antidämonenwaffe aktiviert, aber er verteidigte sich nur. „Allen! Was ist nur los? Das sind Dämonen!“, mahnte Lavi ihn mit strenger Stimme. Er war zwar kein schlechter Kämpfer, aber im Alleingang schaffte er selbst die einfachen Level 1 Dämonen nicht. Allen musste ihm helfen. Und als er sich von mehreren umzingelt sah, durchbrachen mehrere Geschosse die Reihen. Der Kleine hatte es endlich geschafft sich zu überwinden. Gemeinsam erledigten sie den Rest und verbrannten die Überreste des Kampfes. Sie standen vor dem Feuer und blickten in die Flammen. „Du bist gar nicht so schlecht, Allen!“, sagte Lavi mit einem Lächeln im Gesicht. „Danke“, murmelte dieser. Und auf einmal löste sich das Pflaster von dessen Auge. „Ah, dein Auge! Es scheint wieder gesund zu sein!“ „Ja, sieht so aus.“ Und plötzlich begann es zu schneien. Der junge Bookman blickte hinauf in den wolkenverhangenen Himmel. Er mochte den kleinen Exorzisten, der dazu bestimmt war der Zerstörer der Zeit zu werden, jetzt schon. Er war sich sicher, dass sie eine schöne Zeit miteinander verbringen würden. Doch er musste aufpassen. Er durfte nicht zu lassen, dass er zu tiefe emotionale Bindungen mit jemandem einging. Ein Bookman durfte sich nicht auf eine Seite stellen. Er musste objektiv bleiben und Gefühle störten eine unparteiische Haltung. Trotzdem! Er mochte ihn. Fast fühlte er sich wie ein großer Bruder ihm gegenüber. Kapitel 2: Der Krieg -------------------- Zurück im Hauptquartier steuerten sie zu erst auf die Kantine zu. Sie hatten allesamt Hunger. Doch anscheinend keiner so großen wie Allen. Er bestellte sich Essen für zehn. Und aß dann auch für zehn. „Wow! Du hast aber einen Appetit“, murmelte Lavi verwundert. Trotz des eigenen großen Hungers, hatte er nur eine Portion gegessen. Aber er war satt. „Das liegt wohl am Parasiten-Typ, nicht wahr?“, warf Senior Bookman ein. Allen nickte. „Ja, mein Innocence verbraucht viel Energie. Deshalb esse ich immer sehr viel.“ „Das ist interessant“, sagte Lavi nachdenklich. Als sie fertig waren machten sie sich auf den Weg zu ihren Schlafräumen. Allen und Lenalee, welche immer noch nicht wach war und schon längst im Krankenflügel lag, brauchten immer noch Ruhe, bis sie sich völlig erholt hatten. Es stellte sich heraus, dass Lavis Zimmer genau neben Allens war. Doch der alte Bookman pfiff seinen Schüler zu sich. „Lavi! - Ich sage dir noch einmal: Pass auf, dass du von der ganzen Sache nicht zu sehr mitgenommen wirst. Vergiss ja nicht deine Aufgabe!“ Der strenge Ton ließ keine Widerrede zu. Seufzend nickte Lavi brav, wie es von ihm verlangt wurde. Er würde schon aufpassen. „Mach dir keine Sorgen, Väterchen. Ich vergesse meine Aufgabe nicht. Und wenn, dann bist du ja da, um mich daran zu erinnern!“ Er grinste seinen Meister an. Doch für seine Worte wurde er sogleich mit einem Faustschlag auf den Kopf zur Rechenschaft gezogen. „Ich bin nicht dazu da, dich an deine Aufgabe zu erinnern. Ich bin dazu da, dir beizubringen, dass du deine Aufgabe nicht vergisst, Idiot!“ „Au! Verdammter Panda!“, murrte Lavi und rieb sich den Kopf. Doch für den Spitznamen bekam er gleich noch einen Schlag auf den Kopf. Dann wandte Senior Bookman sich ab und verschwand. Lavi blickte ihm nach und seufzte schwer. Er würde seine Aufgabe sicher nicht vergessen. Und er war sich sicher, eines Tages würde er der erfolgreiche Nachfolger von Bookman werden. Am nächsten Morgen, Lavi hatte sich gut ausgeruht, bekam er von Komui eine neue Mission. Er und sein Meister sollten mit Kanda und Allen ein Innocence-Fragment sicherstellen. Sie mussten nach Skandinavien und es war Winterzeit. Er mochte Kälte nicht sonderlich. Dennoch schafften sie es irgendwie die Mission erfolgreich abzuschließen. Zwar hatten ihnen ein paar Dämonen das Leben schwer machen wollen. Doch mit Kandas Hilfe, waren diese ein leichtes Spiel gewesen. Aber ehrlich gesagt hätte Lavi auf dessen Anwesenheit verzichten können. Denn Yu verbreitete schlechte Laune wo er nur war. Zumindest versuchte er es. Und durch Allen wurde das nicht besser. Die beiden zusammen waren ewige Streithähne. Sie konnten sich einfach nicht in Ruhe lassen. Lavi hatte sich ein wenig Sorgen um Allen gemacht, da dieser ja kurz zuvor noch schwer verwundet gewesen war und nur vierundzwanzig Stunden gehabt hatte, um sich etwas auszuruhen. Der Mangel an Ruhe war auch während der Mission sichtbar gewesen. Er war nach einem kurzen Kampf einfach so ohnmächtig umgefallen und hatte danach hohes Fieber bekommen. Und trotzdem war er weiter gegangen ohne zu zögern. Es war schon beachtlich, wie selbstlos er war. Einerseits bewunderte Lavi diese Selbstaufopferung. Andererseits machte sie ihm ein wenig Sorgen. Was, wenn Allen gar nicht an sich selbst dachte und eines Tages starb, nur weil er sich zu sehr auf andere konzentrierte? Nachdem sie das Innocence-Fragment zum Hauptquartier gebracht hatten, hatte Lavi etwas Zeit und sein Meister erteilte ihm eine kleine neue Lektion. Doch es langweilte ihn irgendwie dem Alten zu zuhören. Er wäre lieber dort draußen und würde Allen helfen seinen Meister zu finden, anstatt in diesem Turm fest zu sitzen und sich langweilige Geschichten eines alten Mannes anzuhören. Der kleine Exorzisten hatte es bisher immer geschafft, dass Lavi die Missionen für sehr unterhaltsam und spannend fand. Es war doch auch nicht schlecht etwas bewegen zu können, anstatt sich nur anzusehen, welche Dummheiten die Menschen machten. „Hey! Lavi! Hörst du mir überhaupt zu?“, mal wieder riss die strenge Stimme seines Meisterst ihn aus den Gedanken. „Sag bloß du hast gerade etwas verbotenes gedacht!“ Etwas verbotenes? Der Blick des Schülers wurde finster. Ja, das hatte er. Er hatte sich tatsächlich zu solchen Gedanken verleiten lassen. Zu Gedanken, die einem Bookman untersagt waren. Er war nicht dazu bestimmt einzugreifen. Er musste nur beobachten und aufzeichnen war passierte. Alles andere brächte seine unparteiische Haltung zum schwanken. Was schon passiert war. Nun musste er sich darauf konzentrieren, sein Gleichgewicht wieder zu finden. Auch wusste er, dass es seinem Meister bewusst war, wie schwer es ihm fiel objektiv zu bleiben. Doch noch bevor Senior strafende Maßnahmen ergreifen konnte, wurden sie zu Komui bestellt. Sie sollten in Transylvanien ein Innocence-Fragment sicherstellen. Zufälligerweise war Allen in dieser Region und sollte eigentlich Marian Cross, seinen Meister, finden. Doch dieser war nicht mehr dort und hatte nur einen Vampir und verängstigte Bürger hinterlassen. Es stellte sich allerdings heraus, dass dieser Vampir kein echter Vampir war, sondern ein Wirt eines Innocence. Nachdem sie ihn dazu überredet hatten mit zu kommen und einen Dämon beseitigt hatten, kehrten sie heim. Beim Hauptquartier wartete eine kleine Überraschung auf sie: Komui war mal wieder überheblich geworden und hatte einen neuen Roboter gebaut, welcher sie unnötigerweise angegriffen hatte. Doch sie waren letztendlich gut davon gekommen. Auch wenn Lavi sich erstmal unter die Dusche stellen musste. Denn dank Komui war er über und über mit Tomatensauce bekleckst. Keine zwei Tage später traf eine beunruhigende Nachricht ein. Marschall Yeegar war angegriffen worden. Von zwei Noah und mehreren Akuma. Alle Exorzisten in der Nähe bekamen den Auftrag ihm zur Hilfe zu eilen. Doch sie kamen zu spät. Die Noah hatten dem alten Mann seine Innocence und seinen Verstand geraubt. Er war eine Hülle, die einzig und allein eine Nachricht des Millennium Grafen in sich hielt. Es war eine Warnung an alle Exorzisten. Es konnte nur eines bedeuten: Der Graf begann mit seinem letzten Zug! Angespornt davon, wurden die Exorzisten in vier verschiedene Gruppen aufgeteilt, um den vier verbliebenen Marschällen zu helfen. Lavi wurde mit Crowley Marschall Sokaro Winters zugeteilt. Lange brauchten sie nicht, um diesen zu finden, denn er behielt, im Gegensatz zu Cross Marian, dem Meister von Allen, stetigen Kontakt zum Orden. Auf dem Weg zurück zum Hauptquartier wurden die beiden jungen Exorzisten jedoch zur Verstärkung dem Team Cross zugeteilt. Es dauerte einige Tage bis sie die Stadt erreichen, wo sie Allen und Lenalee treffen sollten. Immer wieder wurden sie von schlechten Nachrichten beunruhigt. Der Graf schien wirklich auf alles zu setzen. Überall auf der Welt trieben Noah und Dämonen ihr Wesen und Ordensleute sowie Exorzisten fielen. Der Krieg machte sich nur all zu deutlich in den letzten Tagen. Doch, wenn das erst der Anfang war, was kam dann zum Schluss? Lavi wollte es sich nicht vorstellen. Es war schon grausam genug das alles mit anzusehen. So sehr er auch versuchte, sich von all dem Leid zu distanzieren, es konnte ihn unmöglich kalt lassen, wie viele grausam zugerichtete Leute der Orden verlor. Kapitel 3: Die Rosen -------------------- Manchmal fühlte er sich sogar mitschuldig, auch wenn er genau wusste, ihn traf keine Schuld. Dennoch, konnte er ein schlechtes Gewissen nicht unterdrücken. All die Zeit versuchte er immer stärker seine Gefühle in den Griff zu bekommen und es schien ihm immer besser zu gelingen. Aber hin und wieder bekam die Mauer, die er am aufbauen war, Risse und fiel zur Hälfte in sich zusammen. Wie im Moment. Er saß mit Crowley im Zug. Sie waren auf dem Weg Allen und Lenalee zu treffen, um ihnen bei der Suche nach Cross Marian zu helfen. Den Blick nach draußen gerichtet, den Kopf auf der Hand abgestützt nahmen seine Gedanken ihren Lauf. Irgendwie freute er sich sehr Allen wieder zu sehen. Er spürte, dass er ihn die Tage, die sie sich nicht gesehen hatten, vermisst hatte. Der Jüngere schien nach dem Tod von Marschall Yeegar sehr traurig gewesen zu sein. Gerne wäre Lavi noch etwas an seiner Seite geblieben, um ihn aufzuheitern. Aber Komui hatte da einen Strich durch seine Rechnung gemacht. Nämlich ihn und Corwley zu Sokaro Winters geschickt. Doch der konnte zum Glück gut auf sich selber aufpassen. Jetzt würde er bald Allen wieder sehen. Seine Gesichtszüge verfinsterten sich. Wieso hatte sich der fünfzehnjährige Exorzist nur so in seinen Kopf gebrannt? Er konnte es nur schwer vermeiden an ihn zu denken, wenn er gerade nichts zu tun hatte. Aber er konnte einfach nicht herausfinden was der Grund dafür war. War es doch tatsächlich dazu gekommen, dass er Freundschaft für Allen empfand? Wenn, dann musste er das Gefühl so schnell es ging los werden. Seine unparteiische Haltung war sowieso schon nicht mehr vorhanden. Und wenn er wirklich ein erfolgreicher Nachkomme von Bookman werden wollte, und das war sein Ziel, dann musste er dafür Sorgen, dass sein Herz von anderen unangetastet blieb. Vielleicht wäre es das Beste es einfach auszuschalten. Wenn das so einfach wäre... Er seufzte leise und schloss für einen Moment die Augen. „Ah, wir sind gleich da! - Lavi, schau. Die Landschaft. Wie wunderschön. Und so viele Rosen!“ Crowleys Stimme weckte ihn aus seinen Gedanken und er hob den Blick, um aus dem Fenster zu sehen. Und tatsächlich. Die Felder draußen waren nicht voller Getreide oder ähnlichem, sondern voller wunderschöner roter Rosen. Es machte ihn traurig. Diese Blume hatte einen sehr eigenartigen Effekt auf ihn. Ja, er wurde immer irgendwie traurig, wenn er Rosen sah. Doch wieso, das wusste er eben so wenig, wie, wieso Allen ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Sein Gegenüber schien bemerkt zu haben, dass ihn etwas bedrückte. „Ist alles in Ordnung bei dir, Lavi?“, fragte Crowley und sah den Rotschopf besorgt an. Dieser blickte ihn an und seufzte. „Danke, der Nachfrage. Ich habe nur nachgedacht.“ Wenige Minuten später hielt der Zug in der Stadt und sie stiegen aus. Es waren sehr viele Menschen unterwegs und als sie in die Innenstadt kamen, war diese festlich geschmückt. Nachdem sie sich bei einigen Einwohnern umgehört hatten, wussten sie, dass an diesem Abend das Rosenfestival begann. Und wieder spürte Lavi in sich diese Trauer, von der er nicht wusste, was sie bedeutete. Doch schnell wurde er von Crowley abgelenkt, der sich mutig ins Getümmel stürzte und anfing jeden Stand zu besichtigen. Sie standen an einem Verkaufsstand, welcher Kerzen verkaufte und er sollte Crowley beraten, welches die schönste war. Plötzlich hörte er eine bekannte Stimme, die erfreut seinen und Crowleys Namen rief. Sogleich wandte er sich um und sah Lenalee und Allen auf sich zu kommen. Ein Grinsen legte sich auf seine Lippen und er grüßte sie. „Hey!“ „Schön euch hier zu treffen!“, sagte Allen erfreut. „Was meint ihr: Sollen wir uns erst eine Herberge für heute Nacht suchen?“, schlug Lenalee vor. Die andren nickten alle. Auch Lavi stimmte zu. Doch sein Blick wurde wieder finster. Die beiden wussten sicher noch nichts von dem Massaker, welches sich in den letzten Tagen auf der ganzen Welt ereignet hatte. Eigentlich hatte er sich auf ein freudiges Wiedersehen gefreut. Aber diese Nachricht würde es sicher überschatten. Wenig später hatten sie, trotz des großen Aufkommens durch das Rosenfestival, eine Herberge gefunden. Sie gingen zu erst auf ihre Zimmer, um ihr Gepäck dort abzulegen. Erschöpft hatte Lenalee sich sogleich auf den Sessel gesetzt. Crowley saß auf einem Bett und blickte Lavi kurz erwartend an. Er wusste, was der andere meinte und lehnte sich an die Wand. „Der Graf beginnt seinen letzten Zug. Der Orden hat hundertachtundvierzig Tote zu beklagen“, begann er ernst. Allen und Lenalee rissen erschrocken ihre Augen auf. „Es gab noch andere Kämpfe außer dem in Spanien. Die Kapelle des Ordens was überflutet mit Särgen. Alle Toten wurden verbrannt und ihren Familien nichts erzählt, damit keiner von ihnen als Dämon zurück kommt. So läuft dieser Krieg.“ „Hundertachtundvierzig... So viele in so einer kurzen Zeit“, murmelte Allen und senkte bedrückt den Kopf. Lenalee begann zu weinen. Er wusste, dass sie alle im Orden zu ihrer Familie zählte und es war sicher nicht leicht, so viele auf einmal zu verlieren. Es herrschte eine ganze Weile bedrücktes Schweigen. Keiner konnte dazu noch etwas sagen. Lavi schloss sein Auge. Er hatte genau gewusst, dass diese Nachricht die anderen runter ziehen würde. Aber es zu verschweigen wäre das Falsche gewesen. Dennoch wollte er, dass die anderen, vor allem Allen, fröhlich waren und lachen konnten. Und da er die schlechte Stimmung erzeugt hatte, musste er sich jetzt etwas einfallen lassen, um die Drei wieder aufzuheitern. Mit weit ausgreifenden Schritten ging er zum Balkon und öffnete die Tür. Er atmete die frische Luft ein und die Geräusche des Festivals drangen in das Zimmer. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. „Also gut! Lasst uns gehen!“, sagte er mit gut gelaunter Stimme und wandte sich zu Crowley, Lenalee und Allen um. „Wohin denn?“, fragte letzterer verwundert nach. „Auf das Rosenfestival natürlich. Und ihr kommt alle mit!“ Er legte eine Hand aufmunternd auf Allens Schulter und schob ihn ein Stück Richtung Tür. Doch dieser wehrte sich ein wenig. „Lavi, Lenalee und ich sind nicht so in der Stimmung dafür“, erwiderte der Weißhaarige. „Blödmann, denkst du das weiß ich nicht?“, er packte den Jüngeren wieder bei der Schulter. „Denk doch mal nach. Bei solch einer Menschenmenge ist es sehr wahrscheinlich, dass Dämonen auftauchen!“ Es war eine Ausrede. Doch es schien zu helfen. Die drei Anderen waren plötzlich hell wach und bereit mit auf das Festival zu gehen. Lavi empfand es für richtig das zu tun. Auch wenn er mit seiner Ausrede Recht hatte. Sein Ziel war es Allen und Lenalee aufzuheitern und von den düsteren Gedanken abzulenken. Wirklich nur die beiden? Nein, sich selber auch. Trotz, dass er sich wohl fühlte Allen um sich zu haben, pochten diese düsteren Gedanken in seinem Hinterkopf. All die Warnungen, welche sein Meister ihm gegenüber ausgesprochen hatte, seine Aufgabe betreffend, ließen ihn die Momente nicht wirklich genießen. Immer wieder musste er sich am Riemen reissen und sich sagen, dass er sich da raus halten sollte. Und er wusste auch genau wieso die Warnungen durch seinen Kopf schwirrten. Sie waren nötig. Er war so nahe dran es sich einzugestehen, dass die Exorzisten, mit welchen er am meisten Kontakt hatte, seine Freunde waren und sie in sein Herz zu lassen. Das, was Allen, Lenalee und Crowley auf dem Festival von ihm sahen, war eine Maske. Eine Maske welche er sich wieder aufgesetzt hatte, um seine wahre Gefühlslage für sich zu behalten. Erst spät in der Nacht gingen sie zu Bett. Lenalee hatte eihr eigenes Zimmer, während die drei Jungs sich eines teilten. Crowley war schnell eingeschlafen und murmelte irgendwelche Worte vor sich hin. Lavi, welcher das Bett am nächsten am Balkon bezogen hatte, lag immer noch wach, mit dem Rücken zu den anderen beiden, und dachte nach. Immer wieder die selben Gedanken schwirrten in seinem Kopf umher. Seufzend drehte er sich auf die andere Seite. Sein Blick streifte Allen, welcher in dem Bett leben ihm lag. Dieser war wach. Einen Arm über seine Stirn gelegt, blickte er nachdenklich an die Decke. Er würde am liebsten zu ihm gehen und ihn in den Arm nehmen. Er war sich sicher, dass Allen an all die Toten dachte. Doch er blieb liegen. „Ich bin erleichtert, dass heute keine Dämonen aufgetaucht sind“, sagte er dann leise zu Allen, um Crowley nicht zu wecken. Ersterer wandte sich verwundert zu ihm. „Kannst du auch nicht schlafen?“, fragte dieser ihn. Lavi lächelte ihm entgegen. „Richtig. - Komm lass uns noch etwas Luft schnappen!“ Und mit diesen Worten stand er auf, öffnete die Balkontür und trat in die Nacht hinaus. Allen folgte ihm leise und lehnte sich niedergeschlagen an das Geländer. „Ich habe immer mit dem Ziel gekämpft so viel Leben und Seelen wie möglich zu retten. Ich möchte jemanden retten, auch wenn ich zerstöre. Gerade dann! - Aber ich bin einfach nicht stark genug! Ich habe versagt, so viele zu retten! Wenn ich mich doch einfach nur mehr bemüht hätte! Es zerreisst mich innerlich!“ Der weißhaarige Exorzist wurde immer lauter. Er schien sehr wütend auf sich selber zu sein. Schien sich selbst für den Tod von all den Andren verantwortlich zu machen. Er machte solch einen deprimierten Eindruck auf Lavi, dass auch ihm schwer ums Herz wurde. Wieso dachte der andere so? Mit betrübtem Blick legte er seine Arme auf das Geländer und bettete den Kopf darauf. Allen schien zu denken, dass er der einzige sei. Der Einzige, der die verfluchten Seelen der Dämonen rettete, der gegen den Millennium Grafen kämpfte. Sah er all die andren Exorzisten gar nicht? Oder wieso dachte er, er müsse alles alleine schaffen? Wieso sah er ihn nicht? Er war traurig darüber. Wieso nur? „Alles was du tun kannst ist also dich immer weiter zu bemühen? Denkst du wirklich du kannst jeden auf der Welt retten, Allen? Du kämpfst nicht alleine. - Jeder fühlt sich irgendwann mal so wie du jetzt. Jeder fühlt sich irgendwann traurig und frustriert. Aber wir sind Freunde und wir kämpfen den gleichen Krieg.“ Es kam einfach so aus ihm heraus. Diese Worte. Und dieses eine bestimmte Wort, was er nie gebrauchen sollte. Doch jetzt war es gesagt. Er hatte sie alle 'Freunde' genannt. Mit einem Lächeln sah er zu Allen hoch. Und nur wer wusste, dass es ihm selbst nur noch schlechter nach diesem Gespräch ging, sah, dass es ein sehr bitteres Lächeln war. Auf dem Balkon neben ihnen war Lenalee heraus getreten und blickte in den Sternenhimmel. Dann sah sie die beiden Jungs an und lächelte. Sie schien wohl gelauscht zu haben. „Lavi hat Recht, Allen. Du solltest dich nicht für all das verantwortlich machen. Wir sind alle Freunde und halten in diesem Krieg eng zusammen, damit wir ihn gemeinsam gewinnen!“ Am nächsten Morgen brachen sie schon früh auf. Und sie waren noch nicht weit gekommen als am Horizont eine ganze Schar Dämonen auf sie zu kamen. Gemeinsam retteten sie all die verfluchten Seelen und setzten ihre Reise fort. Kapitel 4: Die Falle 1 ---------------------- Sie schafften es in wenigen Tagen bis an den Bosporus, wo sie ein Schiff weiter nach Asien nehmen wollten. Aber das Wetter machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Es stürmte und regnete stark, weshalb alle Fähren auf die andere Uferseite im Hafen blieben. Sie hatten keine andere Wahl, als sich eine Herberge zu suchen und die Nacht in der Stadt zu verbringen. Doch das stellte sich auch als sehr schwer heraus. Um schneller voran zu kommen, hatten sie sich getrennt und klapperten jedes Gasthaus nach dem anderen ab. Aber alles war voll. Nirgends gab es auch nur ansatzweise Platz, denn all die anderen Passagiere, die auf die andere Seite wollten und die die letzte Fähre verpasst hatten, waren vor ihnen dort gewesen. Niedergeschlagen standen sie mitten im Regen und waren ratlos. Plötzlich zog eine Katze, die durch die Straßen strich ihre Aufmerksamkeit auf sich. Lenalee ging zu ihr hin und wollte sie streicheln. Doch das schwarze Tier sprang einige Meter weit weg, wandte sich wieder zu den Vieren um und miaute. Es kam Lavi etwas seltsam vor. Wollte die Katze etwa, dass sie ihr folgten? Wenn ja, wieso? Sicher gab es keine Katze, die solch eine logische Denkweise besaß. Dennoch, wenn sie vielleicht ein geheimes Gasthaus kannte, dann würde sie sie vielleicht dorthin führen. Und ihm war eine kleine Herberge lieber, als draußen im Regen zu übernachten. Hastig zog er seine Mitstreiter hinter der Katze her, welche auch schon voraus eilte. Plötzlich verschwand sie. Wieder bekam er ein eigenartiges Gefühl, das ihn warnen wollte. Aber wieder überhörte er es. Denn sie standen tatsächlich vor einer kleinen Herberge. Schnell gingen sie hinein. Eine junge Frau, die sich als Lulubell vorstellte, stellte ihnen eine spärliche Unterkunft zur Verfügung. Der Service war wirklich sehr spärlich, denn als Abendessen bekamen sie gerade mal einen Teller voller kalter Milch. Nicht wirklich viel, wenn man Allens immer hungrigen Magen bedachte. Doch immerhin waren die Betten einigermaßen bequem. An schlafen war aber weniger zu denken. Da auch Crowleys Innocence ein Parasitentyp war, knurrte dessen und Allens Magen die ganze Nacht durch. Lenalee hatte es gut, sie hatte mal wieder ein eigenes Zimmer. Doch nach einer Weile wurde es ruhig und jeder schlief ein. Allerdings nur für einen kurzen Moment. Erneut wurden sie durch ein Geräusch geweckt. Aber es war kein knurrender Magen. Dämonen griffen sie an und zerstörten fast das ganze Haus. Selbstverständlich machten sie sich dran, ihre Gegner zu zerstören. Und wenige Minuten später hatten sie die kleine Horde Dämonen besiegt. Da fiel ihnen die Inhaberin der Herberge ein, die sich ja nicht wehren konnte. Hastig durchsuchten sie das Haus. Fanden Lulubell aber nirgends. Das war seltsam. Und in Lavi stieg wieder das eigenartige Gefühl auf, dass sie nicht die war, die sie zu sein schien. Es verstärkte sich, als die schwarze Katze wieder auftauchte. Er hätte es nicht für all zu wichtig empfunden Lulubell zu suchen. Doch Allen bestand darauf. Und so teilten sie sich auf und durchkämmten die Stadt. Der junge Bookman eilte durch die Straßen und sah sich immer wieder um. Das schlechte Gefühl breitete sich in ihm aus. Es war doch nicht normal, dass sie von einer Katze zu einer solch heruntergekommenen Herberge geführt, dort von Dämonen angegriffen wurden und die Inhaberin verschwand und nichts als eine Katze zurück ließ. Er war stehen geblieben und dachte nach. Wenn Lulubell ein Dämon wäre, hätte Allens linkes Auge darauf reagiert. Also blieb nur eine Möglichkeit. Plötzlich hörte er Kampflärm hinter sich und er wollte schon los eilen, als sich ihm ebenfalls Dämonen in den Weg stellten. Ihm keine andere Wahl als sich erst um diese zu kümmern, bevor er Allen und den anderen zur Hilfe eilten. Allerdings musste er sich beeilen, wenn er das Schlimmste verhindern wollte. Also nutze er seine Siegel, um sich den Weg zu Allen zu bahnen. Als er dort ankam, stand Lenalee neben dem Weißhaarigen. Beide starrten die Noah vor sich an. Endlich zeigte sich Lulubell in ihrer wahren Gestalt. Doch weitere Dämonen kamen näher. Lavi entschied sich, alle auf einmal auszuschalten und nutze ein stärkeres Siegel, wodurch die ihre Feinde einer nach dem anderen von dem großen Feuerzyklon verbrannt wurden. Dann standen sie der Noah gegenüber, welche sich daraufhin abwandte und um die Ecke bog. Hastig folgten sie ihr. Doch sie sahen nur noch eine schwarze Katze davon springen. Der junge Bookman wurde das Gefühl nicht los, dass die Katze etwas mit der Noah zu tun hatte. Wieso war er nicht gleich darauf gekommen? Aber sicher wäre es einerlei gewesen, wenn sie sich nicht von der Katze hätten führen lassen. Lulubell hätte sicher eine andere Chance genutzt sie anzugreifen. Den Rest der Nacht verbrachten sie in dem halb zerfallenen Haus und als am nächsten Morgen sich das Wetter gebessert hatte, begaben sie sich zu Hafen, wo schon die Fähren warteten. Auf der anderen Seite des Ufers angekommen gönnten sie sich ein ausgedehntes Frühstück, denn sie alle waren äußerst hungrig und hatten noch einen weiten Weg vor sich. Timcanpy, Allens Golem, welcher den Aufenthaltsort seines Erschaffers spüren konnte, hatte ihnen mitgeteilt, dass Marschall Cross sich noch weiter östlich aufhielt. Während sie sich über ihre weitere Reise unterhielten und frühstückten, spürte Lavi einen Blick auf sich ruhen. Wurden sie beobachtet? Möglicherweise war ihnen die Noah gefolgt. Sicher hatte sie es auf die Vier und ihre Innocence abgesehen. Ganz beiläufig wandte er den Kopf und blickte die Häuserwand hinter ihm hinauf. Eine Fensterreihe war mit einem Vorhang verdeckt. Doch mehr konnte er nicht sehen. Dennoch wurde er das Gefühl nicht los. Gegen Mittag setzten sie ihre Reise fort und kamen abends in die nächste Stadt, in welcher Komui ihnen schon ihre Hotelzimmer reserviert hatte. Gerade wollten sie diese beziehen, als ihnen auffiel, dass Crowley fehlte. Dass der Vampir mal wieder verschwand war nichts neues. Oft ging er in großen Städten verloren. Es wunderte Lavi nicht mehr besonders. Was nicht hießt, dass er sich keine Sorgen um Crowley machte. Das Älteste von ihnen hatte wohl die geringste Erfahrung in der großen weiten Welt. Schließlich war dieser so ziemlich alleine in seinem einsamen Schloss aufgewachsen und war als Monster beschimpft worden. Es war bestimmt immer noch nicht einfach für ihn in dieser Welt zu recht zu kommen. Sicher hatte Crowley Angst eines Tages wieder alleine da zu stehen und von der Allgemeinheit ausgeschlossen zu werden. Wie er selbst! Dem jungen Bookman wurde immer deutlicher bewusste, was es bedeutete die Aufgabe zu übernehmen. Eines Tages würde auch er alleine da stehen und ein Außenseiter sein. Da all die andren Menschen mit ihren Leben an ihm vorüber zögen und nichts als Tinte auf Papier von ihnen übrig bliebe. Er spürte eine undefinierbare Furcht, oder Angst, davor ganz alleine mit seiner Aufgabe zu sein. Nichts zu haben, an das er sich lehnen konnte, das ihn trug, wenn die Einfallslosigkeit der Menschheit unerträglich wurde. Aber möglicherweise würde er so stark, dass er eine Stütze nicht mehr bräuchte. „Lavi!“, ertönte Lenalees Stimme hinter ihm. Er war in Gedanken versunken stehen geblieben und hatte Löcher in die Luft gestarrt. Jetzt wandte er sich um, sah Allen und Lenalee auf sich zu eilen und erinnerte sich daran, was er eigentlich hatte tun wollen: Crowley suchen! Er erfuhr, dass dieser mit jemandem, der wie Lenalee aussah, aus der Stadt gegangen war. Hastig machten sie sich auf den Weg und rannten aus dem östlichen Stadttor auf eine wüsten ähnliche Ebene hinaus. Und plötzlich hörten sie einen Schrei. Es war unverkennbar die Stimme des Vampirs. Sie erhöhten ihr Tempo und sahen schon von weitem zwei Dämonen, die ihren Kameraden zu bedrohen schienen. Ihre Antidämonenwaffen aktivierend sprangen sie auf die Störenfriede zu und mit gewandten Bewegungen schleuderten sie diese ein Stück weit in die Steppe hinaus. Da erschraken sie und starrten das schwarzhaarige Mädchen vor ihnen an. Sie war das genaue Ebenbild von Lenalee. Crowley blickte erst verdutzt, dann beschämt zwischen den beiden jungen Frauen hin und her. Allen fand heraus, dass die Doppelgängerin kein Dämon war. Hatte Lenalee etwa eine Zwillingsschwester? Doch sie verneinte sogleich verärgert. Wer war die mysteriöse Gestalt? Konnte es sein … ? Nein, das war unmöglich! Weiter konnte Lavi seine Gedanken nicht fortsetzen, denn die falsche griff die echte Lenalee bei den Armen und drückte sie gegen den Felsen. Die drei jungen Männer schrien erschrocken auf. Die sich bis aufs Haar gleichenden Mädchen begannen miteinander zu ringen und nach einer Weile war es unmöglich zu sagen, welches die echte war. Als plötzlich die zwei Dämonen wieder eingriffen. Jeder von ihnen schnappte sich ein Lenalee-Exemplar und sie eilten in verschiedene Himmelsrichtungen davon. Kurz blieben die drei Kameraden verwirrt stehen. „Wir teilen uns auf!“, rief der Weißhaarige dann und stürmte schon der Spinne hinterher. Lavi wies Crowley an mit Allen zu gehen, setzte sich auf den Stiel seines Hammers und folgte dem Skorpions-Dämonen durch die Luft. Schnell hatte er ihn eingeholt und schlug das erste Mal zu. Und obwohl der Dämon in der Wüste keinen Schutz fand, verfehlte er ihn immer wieder. Langsam war er es Leid Katz und Maus zu spielen, landete auf einem hohen Felsen und traf den Dämon mit seinem Feuersiegel. Sein Feind spuckte eine Lenalee aus und im Sprung fing Lavi sie. Ein weiterer Feuerzyklon machte dem Skorpion den Gar aus. Als er auf dem Boden landete bemerkte er, dass das Mädchen in seinen Armen ohnmächtig war. Er würde wohl erst warten müssen, bis sie wieder aufwachte, ehe er wusste ob es die Echte oder Falsche war. Also machte Lavi sich auf den Weg zurück in die Stadt und machte bei dem ersten schattigen Plätzchen Halt. Er legte Lenalee vorsichtig auf den Boden und setzte sich neben sie. Er wartete. Sicher waren Allen und Crowley mit dem Spinnendämon zurecht gekommen und er hoffte, dass Lenalees Doppelgängerin keine all zu großen Schwierigkeiten machen würde. Eine leichte Nervosität machte sich in ihm breit. Zu zweit konnte man die Falsche, welche offensichtlich ihr Feind war, sicher besser außer Gefecht setzen, als er alleine. Er rechnete mit dem Schlimmsten. Er war nicht viel Zeit vergangen als Lenalee die Augen aufschlug und sich vorsichtig umsah. Lavi schwieg einen Moment. „Lenalee?“, fragte er dann vorsichtig und beugte sich leicht über sie. Ihre Blicke trafen sich. „Wo sind Allen und Crowley?“, fragte das schwarzhaarige Mädchen mit leider Stimme. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. Wenn sie zu aller erst an ihre Freunde dachte, musste es die Echte sein. Was allerdings bedeutete, dass Allen und Crowley es mit der Falschen zu tun hatten. Sein Gesicht verfinsterte sich wieder. „Lavi, wir müssen ihnen helfen!“, rief das schwarzhaarige Mädchen, welches sich an das Geschehene erinnerte und wollte aufstehen. Doch sie zuckte zusammen und krümmte sich vor Schmerz. Er fing sie auf und fragte mit besorgter Stimme: „Hat dich der Skorpion verletzt?“ „Es ist nur ein Kratzer. Mir geht es gut!“ Und erneut versuchte sie auf die Beine zu kommen. Doch die kleinste Bewegung schien ihr starke Schmerzen zu verursachen, denn sie zuckte erneut zusammen. „Von wegen! Das ist sicher mehr als nur ein Kratzer! Das Beste ist, wenn wir zurück zum Hotel gehen, ich deine Wunde versorge und du dich erholst.“ So gern er auch Allen zu Hilfe geeilt wäre er wusste, dass er sich erst um Lenalee kümmern musste. Schließlich hatte er schon die Grundlagen zur Erste-Hilfe von seinem Meister gelernt. Und wenn es tatsächlich keine schwere Verletzung war, wäre sie schnell wieder auf den Beinen. Vorsichtig halt er ihr auf und stützte sie auf dem Weg zurück in die Stadt. Im Hotel angekommen versorgte Lavi ihre Wunde sorgfältig und ließ sie dann sich in Ruhe erholen. Er selber lief eine Weile durch das Hotel, ohne ein bestimmtes Ziel, bevor er auf einen Balkon trat und über die Stadt hinweg in die Abendsonne blickte. Mit seinen Gedanken hing er bei Allen und Crowley. Er machte sich Sorgen. Sie waren immer noch nicht wieder zurück. Hoffentlich war ihnen nichts schlimmes passiert. So bald es Lenalee wieder besser ging wollte er sich auf die Suche nach den beiden begeben. Es würde ihm sonst keine Ruhe lassen. Aber sollte es ihm nicht egal sein? War es nicht die eigene Sache der Beiden was sie taten? Er sollte sich nicht einmischen. Eigentlich dürfte er doch gar nicht kämpfen. Eigentlich, eigentlich, eigentlich! Er war es satt sich ständig an seine Regeln und Richtlinien zu halten Er wollte auch endlich mal einfach aus seinem Instinkt heraus reagieren können, ohne drüber nachdenken zu müssen, inwieweit seine eigene Handlung die Geschichte beeinflusste. Wollte endlich, dass er seine Gefühle zulassen durfte und die Menschen im ihn herum zu seinen Freunden machen. Langsam konnte er es nicht mehr abstreiten, dass gewisse von ihnen ihm wichtig geworden waren. Doch er versuchte es immer noch. Er gab noch nicht auf. Schließlich hatte sein Meister ihm von Anfang an gesagt, dass es nicht leicht würde, sein Nachfolger zu werden. Aber damals hatte er es noch nicht wirklich begreifen können, was für eine Schwierigkeit er meinte. Etwas niedergeschlagen legte er den Kopf auf die Hände, welche er auf das Geländer gelegt hatte, und starrte in die untergehende Sonne. Kapitel 5: Die Falle 2 ---------------------- Am nächsten Morgen, Lavi hatte sich in der Nacht hin und wieder aufgerafft, um nach ihr zu sehen, ging es Lenalee anstatt besser sogar schlechter. Doch immerhin schien sie die Nacht durch geschlafen zu haben. Trotzdem entschied er sich, sie zu seinem Meister zu bringen. Er hatte noch nicht genug gelernt, um ihr weiter helfen zu können. Also mietete er einen Pferdewagen mit einem erfahrenen Kutscher, um mit der Verletzten weiter zu reisen. So müde er auch war, konnte er selbst während der Fahrt nicht schlafen. Die ganze Nacht über hatte er sich im Bett herum gewälzt und war nur hin und wieder etwas ein gedöst. Doch vor lauter Sorge um die anderen hatte er keinen Schlaf finden können. Er wusste noch nicht mal, wieso er sich überhaupt Sorgen machte. Es sollte ihm egal sein. Seine Aufgabe war es die Geschichte aufzuzeichnen und Allen Walker zu beobachten. Er durfte sich nicht um jene kümmern, die die Geschichte verursachten. Sie konnten das auch ohne ihn. Er musste sich nur all das was geschah merken und irgendwann aufzeichnen. Und dennoch! Er machte sich Gedanken und Sorgen um jene, die um ihn herum waren. Und nicht nur das. Etwas Eigenartiges, Fremdes, ging in letzter Zeit in ihm vor, von dem er nur wusste, dass es für ihn nicht gut war. Weiter konnte er es noch nicht definieren. Gegen Mittag erwachte Lenalee endlich. Sogleich bot er ihr Essen und Trinken an, was sie dankend entgegen nahm. Derweil erklärte er ihr sein Vorhaben. Sie willigte etwas widerstrebend ein und er wusste, dass auch sie sich um Allen und Crowley sehr sorgte. Sie waren beide nicht bester Laune. Doch er wollte nicht, dass sie etwas von seinen Gedanken mitbekam. Denn dann würde sie sich sicher noch mehr Sorgen machen. Er riss ein paar Witze, um die Stimmung zu heben, was ihm auch gelang. Am Abend kamen sie in die nächste Stadt. Und da es Lenalee immer noch nicht besser ging, brachte er sie in das dortige Krankenhaus, um die Ärzte um Rat zu fragen. Doch auch die konnten nicht viel ausrichten. Also rief er erneut seinen Meister an und erklärte ihm die Umstände. „Ji-Ji, sie braucht wirklich dringend deine Hilfe. Und in dem Zustand mit ihr weiter zu reisen wäre kontraproduktiv.“ „Du musst aber! - Lavi, ihr seid angegriffen worden und wurdet dadurch getrennt. Glaub ja nicht, dass das ein Zufall ist. Und ein Dämon wäre nicht intelligent genug, um sich so etwas auszudenken. Da steckt jemand andres dahinter!“ Plötzlich schoss ihm Lulubell in den Kopf. Wieso war er nicht schon früher darauf gekommen? Die Noah hatte sich sicher, irgendwie, als Lenalee ausgegeben und den Dämonen dann befohlen in verschiedene Richtungen zu rennen. „Wir treffen uns in einem Tag in der nächsten Stadt!“, sagte der alte Panda noch und legte dann auf. Etwas missmutig blickte der Rotschopf auf das Telefon. Mit der kampfunfähigen Lenalee im Gepäck würde die Noah sich sicher erst um sie beide kümmern. Er sollte sich beeilen, um Bookman zu treffen, damit dieser Lenalee heilen konnte. Am nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg. Zu erst flogen sie auf seinem Hammerstiel und als ihnen ein Canyon den Luftweg nahm, gingen sie zu Fuß weiter. Es war nicht sehr gut für Lenalee, denn er merkte, wie es ihr von Stunde zu Stunde schlechter ging, aber ändern konnte er, so Gott wollte, nichts. Gegen Mittag hörten sie einen Schrei. Lavi eilte einer jungen Dienerin zu Hilfe, die von einem Dämon bedroht worden war. Irgendetwas störte ihn an ihrer Erscheinung, doch er konnte nicht sagen was. Falls es die Noah war, musste er sich in Acht nehmen. Die Dienerin, welche sich als Mimi vorstellte, wollte sie unbedingt begleiten und da er ihren Zorn nicht auf sich ziehen wollte, ließ er sie mit kommen. Wenig später, Mimi war sehr fürsorglich, kamen sie an einen kleinen Teich, an welchem sie Rast machten. Vor allem Lenalee brauchte eine Pause. Während er dabei war einen Lappen für diese kühl und feucht zu machen, wollte sich die Dienerin tatsächlich an seiner Antidämonenwaffe, seinem Hammer, vergreifen. Das stärkte sein Misstrauen ihr gegenüber. Aber er konnte sie nicht abweisen oder sie weg schicken. War sie einfach zu niedlich dafür? Nein! Das war nicht der Grund. Er war einfach zu gutmütig. Auch wenn Mimi immer wieder durch einfallslose Aktionen seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie war einfach in den Teich gefallen und als Lavi ihr raus helfen wollte zog sie ihn sogar mit sich hinein und fing einen Fisch, den sie am Feuer briet, dann durch die Luft warf und selber zu Boden knallte. Ein anderes Mal war sie an einem Felsen hoch geklettert, um eine Blume für ihn zu pflücken und er musste ihr dann wieder runter helfen. Eigentlich war sie ja doch ganz süß. Und eigentlich war sie fast sein Typ. Aber eben doch nicht ganz. Irgendetwas war anders. Mit ihm. Sonst hatte er sich immer gleich an süße Mädchen ran gemacht. Aber in letzter Zeit zog es ihn gar nicht mehr zu diesen. Er war ein wenig verwirrt. Etwas in ihm hatte sich deutlich verändert. Nur was? Er wollte es unbedingt heraus finden. Denn sollte er sich doch tatsächlich verliebt haben, musste er seine Gefühle auf dem schnellsten Weg in den Griff bekommen. Sie rasteten bis zum späten Nachmittag. Trotzdem ging es der schwarzhaarigen Exorzistin immer schlechter und Lavi sah ein, dass er sie schnellst möglich zu seinem Meister bringen musste. Also setzten sie ihre Reise fort. Es wurde allmählich dunkler in dem Canyon, obwohl es noch nicht spät genug, für den Sonnenuntergang war. Der junge Bookman blickte auf und da fiel schon der erste Tropfen auf seine Nase. Die Wolken am Himmel verursachten einen plötzlichen und heftigen Regen, der den Weg matschig werden ließ und Steine und Schutt rieselten von den Felswänden. Gerade noch konnten sie einer Steinlawine ausweichen. Sie beeilten sich. Doch kurz darauf hörten sie ein grollendes Rauschen hinter sich. Lavi konnte sich gerade noch umdrehen und Lenalee fest halten, bevor sie von einer Flutwelle erfasst wurden. Einen kurzen Moment wurde er umher gewirbelt und er spürte, wie das Mädchen seinem Griff entglitt, dann wurde er von den verschwindenden Wassermassen zu Boden geworfen. Doch eilig raffte er sich nach Luft schnappend wieder auf und rannte zu Lenalee, welche keuchend und halb ohnmächtig auf dem Boden lag. Er beugte sich zu ihr hinunter und wollte sie gerade hoch heben, als er eine Bewegung hinter sich wahr nahm und plötzlich spürte, dass ihm etwas fehlte. Sogleich wirbelte er herum und starrte Mimi mit weit aufgerissenen Augen an. Sie stand grinsend vor ihm und wedelte ihm mit seinem Hammer entgegen. Sie war also doch ein Feind. Aber ohne Waffe war es für ihn unmöglich zu kämpfen. Und nachdem er mit ansehen musste, wie sein Hammer in den Händen eines Dämons verschwand und Mimi ihm prophezeite, dass dieser von Lulubell zerstört werden würde, schnappte er sich Lenalee und rannte. Er hörte noch Mimis Rufe und dann ein Sausen. Etwas bohrte sich in seine linke Schulter und er fiel vorne über. Der Schmerz durchzuckte ihn wie ein elektrischer Blitz. Aber er gab noch nicht auf. Nachdem er sich den metallenen Stab aus dem Rücken gezogen hatte, schnappte er sich erneut Lenalee und rannte weiter. Er hörte Explosionen und konnte gerade noch einem Stein ausweichen, als ihnen der Weg versperrt wurde. Eine Lawine türmte sich vor ihm auf. Er wirbelte zu seinem Feind herum und sah einen eisernen Fächer auf sich zu fliegen. Dann hört er, wie Lenalee etwas murmelte und befand sich kurz darauf hoch oben in der Luft. Kurz blickte er sich verwirrt um, doch dann begriff er, dass Lenalee ihre letzte Kraft genutzt hatte, um ihr Innocence zu aktivieren, um sie vorerst vor dem sicheren Tod zu bewahren. Schnell schaltete er, packte den Metallstab fester und warf ihn auf seine Gegnerin. Dann landete er wenige Meter vor ihr mit der bewusstlosen Lenalee in den Armen. Sein Angriff schien nicht so viel bewirkt zu haben. Im Gegenteil. Mimi wirkte noch wütender und sie rief drei Dämonen zu sich. Gegen solch eine Überzahl konnte er nicht im Geringsten ankommen. Das war das Ende! Konnte es das wirklich sein? Nein, so konnte es doch nicht enden. Er konnte es so nicht enden lassen. Doch er wurde gnadenlos angegriffen, als plötzlich schwarze Nadeln auf die Dämonen prasselten. Lavi kannte sie. Kannte sie nur zu gut und sah sich um. Sein Meister kam herbei geeilt. Seinen unversehrten Hammer in der Hand. Es war also doch nicht das Ende! Neuen Mut gefasst nahm er seine Waffe dankend entgegen und wollte seiner Gegnerin den Gar aus machen. Doch Mimi entkam. Gerade wollte er ihr hinterher eilen, als seine Beine einfach unter ihm nachgaben. Dann wurde ihm schwarz vor Augen. Das nächste Mal, als er erwachte, war es Nacht. Zumindest musste es draußen dunkel sein, denn das Zimmer, in dem in einem weichen Bett lag, war ebenfalls dunkel. Immer noch etwas mitgenommen und müde setzte er sich auf. Sein Meister hatte sich um seine Wunde gekümmert, denn seine linke Schulter war bandagiert. Aber er wollte wissen, wie es Lenalee ging. Also stand er auf und fand nach kurzer Suche diese im Nebenzimmer. Der alte Panda hatte die Behandlung gerade abgeschlossen und die Blicke der Beiden legte sich fragend auf ihn, als er so plötzlich, wie ein Schlafwandler, in der Tür stand. „Verzeihung, ich wollte nur nach sehen, wie es Lenalee geht!“, stammelte er leise. „Mir wird es, dank Bookmans Hilfe, schnell wieder besser gehen! - Lavi! Danke, dass du mich bis zum Schluss beschützt hast!“, antwortete sie. Er schüttelte leicht den Kopf. „Nichts zu danken! War doch selbstverständlich! - Ich geh mich wieder hin legen!“ Mit diesen Worten wandte er sich um und verließ das Zimmer wieder. Leise schloss er die Tür hinter sich und ging in sein Zimmer zurück. Ohne Hast legte er sich in das Bett und starrte im Dunklen an die Decke. Er dachte an das zuletzt Geschehene zurück. Durch ihrer aller Unaufmerksamkeit hatten sie Crowley verloren, der daraufhin mit einer falschen Lenalee gegangen war. Als sie die Beiden und zwei Dämonen gefunden hatten, wurden sie im Kampf getrennt. Er selbst hatte die echte Lenalee gerettet, während Allen und Crowley der falschen hinterher gerannt waren. Wegen Lenalees Gesundheitszustand hatte er sich mit seinem Meister treffen müssen und sie waren Mimi begegnet. Und nur weil der alte Panda ihnen entgegen gekommen war, waren sie dem sicheren Tod entgangen. Er hoffte, dass das auch bei Allen und Crowley der Fall war. Hoffte, dass es ihnen gut ging und sie sich schnell wieder trafen. Irgendwie war er ja schon ein Dummkopf gewesen. Hätte er Mimis Falle gleich erkannt, wäre sie nicht entkommen und ihnen würde es sicher um einiges besser gehen, vor allem ihm selbst. Hätten sie die falsche Lenalee gleich angegriffen und mit den Dämonen unschädlich gemacht. Wäre er von Anfang an aufmerksamer gewesen, damit sie Crowley nicht verloren hätten, dann wäre all das nicht passiert und sie wären Marian Cross schon längst näher und immer noch zusammen. Es schmerzte ihn. Aber wieso? Was machte er sich eigentlich für Gedanken? Er war ein Bookman. Es sollte ihm egal sein was warum geschah. Der einzige Sinn, wieso er diesem ihm verhassten Krieg beigetreten war, war doch nur, dass er das Geschehen aufzeichnen sollte. Mehr nicht! Lavi biss sich ein wenig verbittert auf die Unterlippe und rollte sich auf der Seite zusammen. Auch wenn er es nicht durfte; er machte sich Sorgen um Allen und Crowley. Was wenn ersterem jetzt etwas wichtiges passierte? Er wäre nicht an Ort und stelle, um es wahrheitsgetreu aufzeichnen zu können. Seine letzten Gedanken galten seiner Aufgabe Allen Walker betreffend, bevor er vor Erschöpfung wieder einschlief. Am späten Vormittag des Folgetages wachte er wieder auf. Er fühlte sich um einiges besser und nahm zu aller erst ein ausgedehntes Frühstück zu sich, bevor er sich ein heißes Bad gönnte. Dann besuchte er Lenalee, welche ebenfalls wach war. Sein Meister war im Zimmer und blickte ihm freundlich entgegen. „Guten Morgen du Langschläfer!“, sagte dieser. Er erwiderte nur mit einem leicht verärgerten Blick. „Lavi, Allen hat angerufen. Ihnen geht es gut und wir treffen sie Morgen Mittag in der Hauptstadt von Tibet wieder!“, sagte Lenalee sogleich erfreut. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er spürte Erleichterung in sich aufsteigen. Der Rotschopf war froh zu hören, dass es den anderen Beiden gut ging. Ja, er freute sich wirklich sehr darüber. Nachdem sie sich noch ein wenig ausgeruht hatten, reisten sie am Nachmittag in die Hauptstadt von Tibet. Lenalee und er selber waren wieder fit wie zwei Turnschuhe und sie kamen gut voran, sodass sie am späten Abend ankamen, sich eine Herberge suchten und die Nacht dort verbrachten. Der nächste Vormittag wollte nicht vergehen, während sie auf Allen und Crowley warteten. Doch auch am Nachmittag fehlte jede Spur von ihnen. Erneut breitete sich Sorge in Lavi aus. Hoffentlich war ihnen nichts schlimmes zugestoßen. Während er auf einem Balkon stand und der untergehenden Sonne entgegen sah, dachte er über Allen Walker nach. Der bisher jüngste Exorzist war irgendwie etwas besonderes. Nicht nur wegen seinem Auge, das Dämonen von Menschen unterscheiden konnte. Auch nicht sein Innocence. Nein, etwas anderes war an ihm, das ihn von all den anderen abgrenzte. Nur was war es? Was genau machte ihn so besonders? Lavi wusste es nicht. Noch nicht mal eine leise Ahnung hatte er. Und dennoch, etwas sagte ihm, dass es nicht nur an Allen alleine lag. Doch plötzlich wurde seine Aufmerksamkeit von einem goldenen Punkt über der Stadt angezogen. Er war kaum zu sehen, da die Sonne blendete. Doch Lavi sah ihn und erkannte, dass er in großer Geschwindigkeit näher kam. Sein Gefühl sagte ihm, dass er etwas mit Allen zu tun hatte. Und wenig später erkannte er ihn: Es war Timcanpy, der Golem von dem weißhaarigen Exorzisten, der angeflitzt kam und Alarm schlug. Sie wurden von ihm in die Berge geführt, wo sie Allen und Crowley bewusstlos im Schnee liegend fanden. Sogleich nahmen sie sie mit in die Stadt und Bookman versorgte die Beiden. Lavi war erleichtert, dass es sie nicht allzu schlimm erwischt hatte. Denn schon am nächsten Morgen waren beide wieder wach und nach einem ausgedehnten Frühstück wieder putzmunter. Es tat gut alle wieder wohlbehalten um sich zu haben. Und er fühlte sich wohl dabei. Er war froh, dass es bis hierhin doch gut aus gegangen war. Für den Moment vergaß er seine Regeln und Pflichten als Bookman und erfreute sich an der fröhlichen Stimmung in der Gruppe. Kapitel 6: Das Verschwinden --------------------------- Kleine Notiz am Rande: Ich habe absichtlich die Folgen mit Meylin ausgelassen, da ich persönlich sie nicht als wichtig für Lavis Entwicklung empfand. Genauso wie die Folge, in welcher Timcanpy wieder von einer Katze gefangen wurde. Des Weiteren entschuldige ich mich für die Verspätung des Kapitels. Allerdings hatte ich nicht die Zeit es rechtzeitig fertig zu machen. Und ich werde auch bis zum Sommer eher unregelmäßig weiter schreiben, da Abschlussarbeiten und -prüfungen anstehen. Ich hoffe, ihr könnt mir verzeihen. Jetzt aber viel Spaß mit Kapitel 6! Nachdem sie sich alle gestärkt hatten, setzten sie ihre Reise fort. Timcanpy führte sie nach China. In eine Stadt direkt am Meer. Es war unmöglich zu sagen, dass sie ohne Zwischenfälle voran kamen. Mehrere Male trafen sie auf Dämonen, welche sie aber mit Leichtigkeit besiegen konnten, da sie alle nur auf Level 1 oder 2 waren. Am Abend des siebten Tages kamen sie in die gut besuchte Stadt. Und um die Effektivität ihrer Suche zu heben, teilten sie sich auf und fingen erst mal an Inhaber von Kneipen, Hotels und Restaurants nach Marian Cross zu befragen. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden trafen sie sich wieder. Viele hatten den Marschall gesehen, doch nur Allen hatte einen brauchbaren Hinweis erhalten: Ein prunkvolles Hotel, dessen Besitzerin die Frau von Cross sein sollte. Doch schon an der Tür wurden sie von einer sehr männlichen Aufseherin abgepasst, die ihnen leise zu flüsterte, dass sie zum Hintereingang gehen sollten. Sie erfuhren, dass die Besitzerin des Hotels, Anita, aus einer reichen Seefahrerfamilie kam und sie und ihre Untertanen Helfer des Schwarzen Ordens waren. Die schlechte Nachricht war, dass der Marschall die Stadt bereits verlassen hatte, das Schiff allerdings, welches in Richtung Japan aufgebrochen war, wie vom Erdboden verschluckt worden wäre. Doch keiner von ihnen konnte glauben, dass der Marschall einfach so starb. Und so bot Anita ihnen an, sie nach Japan über zu setzen. Die Nacht durften sie in dem Hotel verbringen. Lenalee hatte wie immer ein Einzelzimmer, sowie der alte Bookman, während sich Lavi, Allen und Crowley eines teilten. Zweiter schlief schnell ein, nachdem sie zu Abend gegessen und ihre Zimmer bezogen hatten. Lavi war gerade am Einschlafen, als Crowleys Stimme ihn wieder weckte. „Lavi, kommst du noch ein paar Minuten mit auf den Balkon?“ Verwirrt blinzelte der Angesprochene in der Dunkelheit den Vampir an. „Ähm, ja, klar“, erwiderte er leise, stand auf und folgte Crowley nach draußen. Dieser lehnte die Tür vorsichtig an. „Um was geht es denn?“, fragte Lavi, als der Andere schwieg. Er merkte, dass diesem etwas auf dem Herzen lag. Die Arme vor der Brust verschränkt, ein wenig fröstelnd von dem kühlen Wind, stand er an das Geländer gelehnt da und sah Crowley erwartungsvoll an. Dieser schien etwas unsicher, denn er druckste erst herum, bevor er auf den Punkt kam. „Es geht um Allen! - Er hat mir, während wir in einem Schneesturm fest saßen etwas anvertraut.“ Der Rotschopf wurde von seinem Gesprächspartner ernst angesehen. Aufmerksam hörte er zu. „Wir sind ihm alle sehr wichtig, das weißt du sicher bereits. Aber wir sind mehr als nur Freunde für ihn. Er nennt uns seine Familie. Schließlich hat er außer Marian Cross auch niemanden sonst. Und der scheint ja kein so guter Meister gewesen zu sein. Allerdings empfindet er nicht für jeden gleich, wie es den Anschein macht. Manche mag er mehr.“ Er machte eine Pause und zog die Stirn kraus. „Was mich nachdenklich gestimmt hat, ist, dass er in der Zeit, in welcher wir getrennt waren, ständig von dir geredet hat, Lavi. Und seine Sorgen galten in erster Linie mehr dir, als Lenalee-chan.“ Bei den letzten Worten weitete er erstaunt die Augen. Mit so etwas hatte er nicht gerechnet. Und im ersten Moment konnte er nicht anders als sein Gegenüber an zu starren. Dann zog er grübelnd die Augenbrauen zusammen und biss sich auf die Unterlippe, während er den Blick von Crowley abwandte. „Verstehe“, murmelte er nur leise. Auf einmal wurde er an den Schultern gepackt und der Vampir blickte ihm ernst in die Augen. „Solltest du Allen unglücklich machen, bring ich dich um, Lavi!“, raunte er und zeigte seine Zähne. „Eh... !“, erst war Lavi verwirrt. Doch dann hob er abwehrend die Hände und verzog die Lippen zu einem leichten Grinsen. „Nicht doch, Crow-chan! Ich hab nicht die Absicht, ihn unglücklich zu machen!“, sagte er zu seiner Verteidigung. Der Andere ließ, wohl beruhigt, wieder von ihm ab. „Gut! Dann schlaf gut, Lavi!“ Der Rotschopf blickte ihm immer noch verwirrt hinterher. Sein Blick verfinsterte sich. An Schlaf war jetzt nicht mehr zu denken. Zu viele Gedanken schwirrten ihm im Kopf umher. Der junge weißhaarige Exorzist mochte ihn anscheinend besonders gern. Es war ihm noch nicht aufgefallen; aber er hatte ja auch nicht auf so etwas geachtet. Sein Herz hatte schneller geschlagen, als Crowley es ihm gesagt hatte und er war für einen kurzen Moment nervös geworden. Nur wieso? Vielleicht weil es das erste Mal war, dass ein Junge ihm gegenüber so empfand. Aber war Allen wirklich in ihn verliebt, oder mochte er ihn nur sehr? Er wusste es nicht und konnte es auch aus Crowleys Worten nicht schließen. Und was bedeutete das eigentlich für ihn selber? Wie sollte er jetzt damit umgehen? Allen danach ausfragen wäre vielleicht nicht richtig. Hätte er überhaupt gewollt, dass er es erfuhr? Er fasste sich an die Stirn und schloss die Augen. All diese Gedanken bereiteten ihm krampfhafte Kopfschmerzen und ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Und obwohl er wusste, dass er nicht schlafen konnte, legte er sich hin, damit sein Körper sich noch ein wenig ausruhen konnte. Die Nacht erschien ihm viel zu kurz, als sie noch vor Sonnenaufgang geweckt wurden. Gerädert und noch genau so müde wie am Vorabend rappelte er sich mit den anderen auf. Im Gegensatz zu ihm schien Allen hellwach und ausgeruht zu sein. Er musterte ihn, während sie sich anzogen. Wie stand der Kleine wirklich zu ihm? Ein kurzer Blick zu Crowley sagte ihm, dass dieser ihr Gespräch vergessen zu haben schien, oder sich zumindest nicht daran erinnern wollte. Denn der Vampir verhielt sich wie immer, wie auch all die Anderen. Mit einem energischen Kopfschütteln verdrängte er seine Gedanken und folgte ihnen zum Frühstück. Danach wurden sie dazu beordert zu helfen, das Schiff zu beladen. Doch seine Gedanken pochten in seinem Hinterkopf. So sehr er auch versuchte sie ganz zu verdrängen. Als sie mit dem Beladen fertig waren, ließ Lavi sich erschöpft gegen ein paar Kisten sinken. Allen und Crowley standen ebenfalls geschafft neben ihm und letzterer murrte: „Wir werden hier wie Sklaven behandelt!“ „Ja, und das obwohl wir Exorzisten sind!“, pflichtete der Rotschopf ihm keuchend bei. „Hört auf euch zu beschweren! Dank eurer Hilfe können wir schneller ablegen!“, ertönte die strenge Stimme von Senior Bookman neben ihnen. „Du hast gut Reden, Ji-Ji! Du konntest länger schlafen und musstest keine Kisten schleppen!“, rief Lavi aufgebracht. Er hatte selbst kaum Schlaf bekommen, war nur hin und wieder ein gedöst nach dem Gespräch mit Crowley und deshalb auch leicht reizbar und körperlich nicht in Bestform. Sein Blick richtete sich auf Allen, der die Hände auf die Knie gestützt hatte und ebenfalls erschöpft aussah. Er sah an ihm herab und versank erneut in seinen Gedanken. Ihm entging nicht, dass dessen linke Hand zitterte. Ein Anflug von Sorge stieg in ihm auf und er wollte den Weißhaarigen gerade danach fragen, als Lenalee lächelnd an kam. „Danke, dass ihr geholfen habt.“ Sie ging auf Allen zu. „Zeigst du mir bitte deinen Arm, Allen?“ Alle Blicke richtete sich auf den Angesprochenen. Ohne auf dessen Reaktion zu warten, nahm Lenalee seine linke Hand und schob den Ärmel hoch. Die Antidämonenwaffe des Jüngsten in ihrer Runde erschien schuppig und es sah so aus, als hätte sie sich an einigen Stellen aufgelöst. Hastig zog der Kleine seinen Arm zurück und winkte lächelnd ab. „Es geht mir gut. Es tut nicht weh oder so. Ich denke mein Arm ist einfach nur etwas müde, weil wir in letzter Zeit so viele Dämonen bekämpfen müssen.“ „Ich habe noch nie von einer Waffe gehört, die müde wird“, sagte Lavi besorgt. Es war schon seltsam, dass Allens Innocence sich aufzulösen schien. „Vielleicht weil es ein Parasitentyp ist?“, erwiderte der Weißhaarige unsicher. „Das ist Schwachsinn! Du solltest -“, er wurde unterbrochen. „Möglicherweise; dein Auge bringt dich dazu zwei mal so viel zu kämpfen wie einer von uns“, warf der alte Bookman ein. Und auch Lenalee mischte sich wieder ein. Sie schien sich sehr große Sorgen zu machen, denn sie war bedrückt; das sah man ihr deutlich an. „Ich habe darüber nach gedacht. Dein Arm ist sehr zerbrechlich, stimmt's Allen?“, gab sie leise von sich und senkte den Kopf. Ihre Schultern begannen zu beben. „Lenalee?“, fragte der Weißhaarige besorgt nach. Hatte er sie zum Weinen gebracht? Nein, sie schien nur sehr besorgt zu sein. Sie wurden unterbrochen, als Anita das Zeichen um Aufbruch gab. Allen entfernte sich von ihnen und begab sich auf den Mast. Der Blick des Rothaarigen folgte ihm. Es bereitete ihm Sorgen, dass dessen Arm so seltsam reagierte. Er sorgte sich darum, dass dieser sich übernahm und als Exorzist versagen könnte. Lavi entfernte sich dann ebenfalls und trat an die Reling. Den Kopf auf die Arme gebettet, welche auf dem Geländer lagen, blickte er auf das Meer hinaus. Seine Gedanken verweilten jedoch bei dem Fünfzehnjährigen. Bis jetzt war ihm noch nicht aufgefallen, dass dieser sich ihm gegenüber besonders verhielt. Aber ihm fiel auf, dass er selber sich diesen Morgen anders verhalten hatte. Zurückhaltender, schweigsamer. Allen, Crowley und Lenalee schien es nicht aufgefallen zu sein, oder sie wollten es nur nicht zeigen, dass sie es bemerkt hatten. Doch er war sich sicher, dass es seinem Meister nicht entgangen war. Vor ihm konnte er nur selten etwas verbergen, wenn überhaupt, und er wusste, was kommen würde, wenn er noch deutlicher zeigte, was in ihm vorging. Seufzend schloss er für eine Weile die Augen und versuchte sich einzig und allein auf das Rauschen des Windes und des Wassers zu konzentrieren. Obwohl die Sonne von einem klaren Himmel schien, war es durch den frischen Wind kühl, welcher ihm durch die Haare fuhr. Hin und wieder trafen ihn Spritzer des kalten Salzwassers. Doch es störte ihn nicht. Für die Dauer von wenigen Minuten wurde er ein Teil des Windes und des Wassers, der Luft und der Sonne. Es kam ihm so vor, wie wenn er Stunden zwischen Raum und Zeit verbrachte. Er schrak auf, als Allens Stimme plötzlich die Luft durchdrang. „Achtung! Da sind Dämonen am Horizont!“ Dass sie so schnell angegriffen wurden, konnte nur bedeuten, dass der Graf wusste, sie hatten sich auf den Weg nach Edo gemacht. Auf dem Schiff herrschte plötzlich reges Treiben und sie machten sich alle bereit für den Angriff. Lavi rappelte sich mühsam auf und packte seinen Hammer. Wie er es verabscheute. Immer wieder kämpfen zu müssen. Für den Frieden. Krieg für Frieden. Und doch wurde das Ziel nie erreicht. Mit Krieg konnte man keinen Frieden schaffen. Nur durch Frieden allein konnte man Frieden erreichen. Die Dämonen kamen schnell näher und als sie da waren, waren sie alle bereit. Es waren viele. Hunderte. Mehr als ein paar Hunderte. Aber sie flogen einfach vorbei. Waren sie doch nicht gekommen, um sie aufzuhalten? Aber was wollten sie dann? Gab es etwa in den Bergen, wohin sie flogen, Innocence? Wobei es doch eine beachtliche Anzahl von Dämonen war, nur um ein Innocence-Fragment zu holen. Einen Moment driftete er wieder in seine eigene Gedankenwelt ab. Erst eine Explosion weckte ihn wieder. Die anderen Exorzisten hatten die Dämonen trotzdem angegriffen und zogen deren Aufmerksamkeit auf das Schiff und dessen Besatzung. Sie kämpften also. Immer mehr Dämonen gesellten sich zu ihnen, während die restlichen einfach weiter flogen. Lavi schwang seinen Hammer und egal wohin er zielte, er traf immer einen Feind. Doch nebenbei behielt er Allen, der auf dem Mast kämpfte, im Auge. Und er erkannte, dass er Schwierigkeiten hatte, seine Ziele zu treffen. Es schien ihm nicht sehr gut zu gehen. Aber der Rotschopf konnte sich nicht lange damit befassen, denn auch er hatte zu kämpfen. Auch wenn es nicht viel Konzentration brauchte, um einen Dämon zu treffen, so musste er doch darauf achten, dass er nicht getroffen wurde. Denn das würde für ihn selbst das Aus bedeuten. Plötzlich hörten sie einen Schrei aus der Luft. Erschrocken blickten sie alle zum Mast hinauf. Sie konnten gerade noch einen Dämon weg fliegen sehen, der sich Allen geschnappt hatte und jetzt das Weite suchte. Lavi wirbelte herum und sah Lenalee nicht weit von sich stehen. „Lenalee! Folge ihm!“, rief er durch den Kampflärm hindurch. „Aber...“, wollte sie gerade widersprechen. „Mit deinem Innocence kannst du ihn schneller einholen, als einer von uns!“ Er könnte ihm zwar mit seinem Hammer auch folgen, doch wäre er lange nicht so schnell wie die schwarzhaarige Exorzistin. Und in diesem Falle konnte jede Sekunde zählen. Allen war allein. Er konnte nie im Leben alleine gegen so viele Dämonen kämpfen. Sie schien einzusehen, dass es die beste Möglichkeit war und machte sich gleich auf den Weg. Lavis blick folgte ihr verbissen. Er hoffte inständig, dass es gut aus ging. Dann wandte er sich wieder den Dämonen zu. Er war es satt jeden einzeln zu zertrümmern und vernichtete mit seinem Feuersiegel mehrere auf einen Schlag. Doch es kamen immer mehr. Mit seinen Gedanken bei Allen und Lenalee kämpfte er mit Crowley, seinem Meister und den Helfern des Ordens verbissen weiter. Der Mittag verging und es war noch kein Ende in Sicht. Ihm wurde immer mulmiger und er konnte auch die Anspannung und Nervosität der Anderen spüren. Irgendetwas lag in der Luft, das nichts Gutes bedeutete. Allen und Lenalee waren immer noch nicht zurück und plötzlich sah man immer wieder die Lichter von Explosionen von den Bergen. Die Luft schien zum Zerreißen gespannt. Kapitel 7: Der Neuzugang ------------------------ Notiz: Hier ist Kapitel 7 endlich. Tut mir Leid, dass es doch noch länger gedauert hat, wie erwartet. Aber nach meiner Abschlussprüfung kam mir noch der Umzug dazwischen. Ich entschuldige mich auch schon für das etwas kürzere Kapitel. Doch ich verspreche euch, dass ich ab jetzt wieder regelmäßig ein neues Kapitel online stelle und sie wieder etwas länger werden. Viel Spaß! Etwas lag in der Luft. Eine enorme Spannung, die sich nicht gut anfühlte. Jeder auf dem Schiff spürte es. Wenig Worte wurden gewechselt, doch die Blicke, die man sich zu warf, waren voll Sorge und Furcht. Sie hatten gegen Nachmittag die letzten Dämonen erledigt. Aber die Stimmung blieb angespannt. Schließlich hatten sie einiges an Verlusten zu beklagen, das Schiff war zum Weiterreisen untauglich geworden und die beiden Exorzisten fehlten immer noch. Erschöpft lehnte Lavi sich gegen die Reling. Einen so langen Kampf hatte er seit einiger Zeit nicht mehr bestritten und er war froh, dass es vorbei war. Seinen Blick über das Schiff schweifen lassend, dachte er daran, dass sie möglicherweise erst einen Bruchteil des Krieges überstanden hatten. Er wusste nicht woher das Gefühl kam, aber es war stark. Plötzlich wurde die Aufmerksamkeit von allen auf die Berge gezogen. Ein großes Licht erschien, hielt für wenige Sekunden und als es erlosch hörte man ein beißendes Geräusch. Dann war es still. Weder Licht noch irgendein anderer Laut kam von den Bergen. Gebannt blickten alle dorthin und warteten. Lavis Gedanken drehten sich nur noch um eins: Allens und Lenalees Sicherheit. Er hoffte, dass ihnen nichts passiert war. Wünschte sich, dass die beiden gleich lächelnd zurück kamen. Doch sein Gefühl sagte ihm das Gegenteil, weshalb sein Verlangen danach wuchs, beide schnell und wohlbehalten wieder zu sehen. Er hatte nicht bemerkt, wie die Schiffsbesatzung wieder an die Aufräumarbeiten gegangen war, so sehr hatte ihn die Explosion in Bann gezogen. Erst als die strenge Stimme seines Meisters hinter ihm ertönte, er solle helfen die Verwundeten unter Deck zu bringen, kam er zurück in die Realität. Eilig ging er den Anderen zur Hand. Doch seine Gedanken wollten sich nicht von den vermissten Exorzisten lösen, die noch irgendwo in den Bergen waren und hoffentlich lebten. Währenddessen wurde das Schiff zurück in den Hafen gesteuert. Als Lavi gerade wieder aufs Deck kam und an der Reling entlang zum Bug lief, um einem weiteren Verletzten zu helfen, hörte er eine weibliche Stimme vom Steg. „Lavi! Bitte hilf mir!“ Es war Lenalee. Sie machte einen müden und erschöpften Eindruck, denn sie rang nach Luft, war leicht verwundet und ihre Haare fielen ihr offen und zerzaust über die Schultern. Nach einem Moment der Überraschung, in welchem er sie nur aus weit geöffneten Augen anstarrte, sprang er hastig zu ihr herunter, nahm sie mit auf seinen Hammerstil und flog mit ihr zu den Bergen. Etwas war mit Allen passiert, dessen war er sich sicher. Er hoffte nur, dass es nicht zu schlimm war. „Allen! Wir wurden getrennt, aber ich kann ihn nirgends finden. Bitte, Lavi! Wir müssen ihn finden!“ Die schwarzhaarige Exorzistin saß hinter ihm und klammerte sich an seine Schultern. Er bedachte sie mit einem sorgenvollen Blick und erwiderte aufmunternd: „Keine Sorge, wir finden ihn schon!“ Er versuchte auch es sich selbst einzureden, doch das mulmige Gefühl in seinem Magen wollte nicht verschwinden. Ganz plötzlich zuckten sie zusammen, als sich an der Bergspitze neben ihnen eine Explosion ereignete. Wenige Sekunden später erkannte Lavi Timcanpy, welches von mehreren Dämonen verfolgt wurde. Wo war Allen? Lenalee sprang von seinem Hammerstil und flog dem goldenen Golem entgegen, während Lavi auf einem Felsen landete und die Dämonen mit seinem Feuersiegel eliminierte. Kurz darauf landete sie neben ihm und fing Timcanpy auf. „Wo ist Allen?“, fragte der Rotschopf diesen sogleich. Doch der spuckte nur ein Innocence-Fragment aus. Der Schreck stand den beiden Exorzisten ins Gesicht geschrieben, als sie es sahen. „Sein... Innocence...“ „Nein, das ist Sumans!“, erwiderte Lenalee schnell und erklärte ihm, dass sie Suman als Gefallenen angetroffen hatten. Er war ein Exorzist gewesen und hatte wohl sein Innocence betrogen, welches ihn daraufhin für sein Vergehen richtete. Allen hatte ihr versprochen, dass er versuchen würde ihn zu retten. Dann waren sie getrennt worden. Bedrückt und nachdenklich blickte Lavi einige Sekunden auf das Innocence, bevor er sich wieder an den Golem wandte. „Wo ist Allen?“, fragte er mit Nachdruck. Als Antwort flog Timcanpy in das Tal hinab und sie folgten ihm eilig. Sie kamen in einen kleinen düsteren Bambuswald und wurden zu einer kleinen Lichtung geführt. Ein großer Blutfleck war auf dem belaubten Boden zu sehen. Sonst nichts. Keine Spur von Allen. Lavi spürte einen Stich im Herzen, riss sich aber zusammen und packte Timcanpy. „Was ist passiert? Zeig es uns“, forderte er ihn knirschend auf, während er ihn schüttelte. Der goldene Ball riss sich aus der Umklammerung und öffnete sein Maul. Die Projektion zeigte ihnen die verzweifelten Versuche von Allen Suman zu retten. Er hatte immer weiter gemacht, obwohl sein Innocence und er stark angeschlagen waren. Verblüffend war das Bild, welches beide auf der Lichtung zeigte, auf welcher sie jetzt standen. Suman war also gerettet! Erschrocken weiteten sie die Augen, als der leblose Körper Sumans sich in violette Schmetterlinge auflöste und hinter Allen jemand auftauchte. Ein groß gewachsener Mann, in schwarzem Anzug und mit Zylinder, unter dem schwarze gelockte Haare bis auf seine Schultern fielen. Seine graue Hautfarbe, sowie die Kreuze auf seiner Stirn waren die eindeutigen Kennzeichen eines Noah. Geschockt sahen sie zu, wie dieser erst mit Allen spielte, nur um ihm dann seinen linken Arm ab zureissen und sein Innocence zu zerstören. Dann hatte der weißhaarige Exorzist seinen Golem mit Sumans Innocence weg geschickt. Der Schock saß ihnen noch tief in den Gliedern, als Timcanpy die Projektion beendete. Lavi konnte sich nur all zu gut vorstellen, was das bedeutete. Sowie all die anderen Exorzisten, die von einem Noah angegriffen worden waren, verweilte Allen sicher nicht mehr unter den Lebenden. Doch die Tatsache wollte er nicht gleich realisieren. Im Gegensatz zu Lenalee, die von dem Schock so mitgenommen war, dass sie die Tränen nicht mehr zurück halten konnte. Da fiel ihm etwas ins Auge und er ging einige Schritte. Eine Spielkarte lag auf dem Boden. Es war das Pik-Ass. Langsam hob er es auf und konnte es einen Moment nur ansehen. Sein Kopf war leer. Er konnte nichts denken und starrte das Ass an. So langsam sickerte die Tatsache von Allens Tod in ihn hinein und er schluckte schwer. Sein klingelnder Golem riss ihn zurück in die grausame Wirklichkeit. „Lavi?“, ertönte die Stimme seines Meisters leicht verzerrt. „Was gibt’s, Ji-Ji?“, fragte er mit gebrochener Stimme nach. „Kommt zurück. Hier ist ein Informant der Asienabteilung. Er hat eine Nachricht!“ „Eine Nachricht? - Wir kommen! Aber es wird eine Weile dauern“, erwiderte er niedergeschlagen. Nachdem er sich mit ein paar tiefen Atemzügen wieder gesammelt hatte, steckte er sich die Karte in die Brusttasche seiner Jacke und wandte sich Lenalee zu. Er half ihr wieder auf die Beine und sie begaben sich zurück zum Hafen und dem Schiff. Sie wurden bereits erwartet und von einem etwas älteren, großen Mann namens Wong begrüßt. Lenalee schien ihn von früher zu kennen. „Wir haben Allen Walker geborgen! Es tut mir Leid, aber ihr müsst ihm hier in China Lebewohl sagen!“, sagte Wong mit Bedauern in der Stimme. Obwohl er es schon geahnt hatte, versetzte es Lavi erneut einen Stich ins Herz. Lenalee klammerte sich an Wong und fragte verzweifelt nach: „Heiß das, er ist... tot?“ „Es tut mir Leid, Miss Lenalee!“, antwortete der alte Mann nur. Die schwarzhaarige Exorzistin ließ ihn los und ihre Schultern begannen zu beben. „Lenalee, du hast doch gesehen, was passiert ist. Selbst wenn er noch am Leben wäre, er könnte seine Aufgabe als Exorzist nicht weiter führen“, versuchte Lavi sie zu beruhigen und es ihr klar zu machen. Aber er sagte er mehr für sich selbst. Fühlte er nicht ähnlich wie sie? „Ihr solltet euch wieder auf den Weg machen“, forderte Wong sie auf. „Aber das Schiff ist durch den Kampf nicht mehr seetauglich und es zu reparieren dauert Wochen“, warf Anita ein. „Macht euch darum keine Sorgen. Ich habe Unterstützung für euch dabei. Frisch vom Hauptquartier. - Miranda Lotto! Sie wird euch eine große Hilfe sein.“ Wenige Sekunden später stand die neue Exorzistin lächelnd vor ihnen. „Tretet bitte einen Schritt zurück“, forderte sie alle auf. Lavi kannte sie. Er hatte sie an dem Tag kennen gelernt, an welchem er auch Allen das erste Mal gesehen hatte. Allen! Allein der Gedanken daran, ließ sein Herz sich verkrampfen. Zwar hatte er nichts davon bemerkt, dass der Kleine ihm gegenüber besonders empfunden hatte, aber sollte es doch so gewesen sein, dann hätte er nur all zu gern mehr Zeit mit ihm verbracht. Er wandte den Blick ab und beruhigte sich mit ein paar tiefen Atemzügen wieder. Erstaunte Laute erklangen auf einmal um ihn und er blickte auf. Das Schiff sah aus wie neu und Miranda lächelte ihnen entgegen. Doch plötzlich schien Unsicherheit sie zu packen, denn ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig, dann verneigte sie sich mindestens zehn Mal mit Entschuldigung und sprang dann ins Wasser, mit den Worten, man solle sie in Ruhe lassen. Dann ging alles so schnell, dass Lavi kaum realisierte, wie ihm geschah: Sein Meister sagte irgendetwas von wegen, Miranda schäme sich unnötig für ihre gute Arbeit, dann wurde er von diesem gepackt und mit der Aufforderung die neue Exorzistin zu retten ebenfalls ins Wasser geworfen. Erst als das kalte Nass ihn umgab, wusste er was passiert war. „Ji-Ji, was soll das denn?“, beschwerte er sich lautstark und er spürte ein heißes Brennen an vielen Stellen seines Körpers. „Ah, das Salzwasser dringt in meine Wunden!“ Er versuchte sich gerade noch mit strampelnden Bewegungen über der Wasseroberfläche zu halten, als diese sich schon über seinem Kopf schloss. Wenige Sekunden später packte ihn ein starker Arm und er befand sich triefend nass und keuchend auf der Reling neben einem begossenen Pudel namens Miranda wieder. „War wohl keine so gute Idee gewesen“, sagte sein Meister und half ihm wieder auf die Beine. Er schüttelte sich kurz und folgte den anderen zurück auf das reparierte Schiff. Sie verabschiedeten sich von Wong und stachen wieder in See, der untergehenden Sonne entgegen. Kapitel 8: Die Verzweiflung --------------------------- Die Exorzisten hatten sich in ihrer Kajüte versammelt und Miranda verteilte eine Runde neue Uniformen. Komui schickte sie, um sie zumindest ein bisschen zu schützen. Lavi war froh für den Moment eine Ablenkung zu haben und probierte sich die neue Uniform sogleich an. Seine Alte war schließlich auch schon sehr verschlissen und der Saum des Mantels hing in Fetzen. Die Neue saß sehr gut und gefiel ihm, auch wenn sie eng war. Er machte ein paar Testsprünge, um zu sehen wie er sich darin bewegen konnte und stellte fest, dass das Material sehr bequem und geschmeidig war. Die Anderen zogen ihre neuen Uniformen ebenfalls gleich an, bis auf Lenalee. Mit leerem Blick saß sie auf der Treppe und starrte abwesend Löcher in die Luft. Sicher bereute sie es Allen allein gelassen zu haben und gab sich selbst die Schuld für die jetzige Situation. Lavi hatte sie einen Moment betrachtet, wandte den Blick jedoch schnell wieder ab. Er konnte sie nicht so sehen, so niedergeschlagen und hoffnungslos. Der Grund dafür war, dass er gleiche Gedanken und Gefühle hegte. Wut stieg in ihm auf. Seine Hand ballte sich zur Faust und wenige Sekunden später schlug er diese gegen sie Fensterscheibe. „Genug!“, knirschte er und blickte die schwarzhaarige Exorzistin direkt an. „Es reicht jetzt! Was hätten wir denn tun können? Wir haben selbst um unser Leben gekämpft! Wir hatten keine Möglichkeit ihn zu retten! Das ist Krieg! Sieh es ein! Wir konnten eben nichts tun!“ Seine Stimme war immer lauter geworden und Tränen der Wut standen in seinen Augen. Doch seine Worte bewirkten das Gegenteil. Aus Lenalees Augen kullerten Tränen und sie verzog keine Miene. „Er hat Lenalee zum Weinen gebracht“, raunten Crowley und sein Meister. Lavi schluckte. „Tut mir Leid, Lenalee! Aber keine Sorge, ich werde ihn hart bestrafen!“, rief der alte Mann und schon spürte er dessen festen Griff im Nacken und wurde in eine Ecke gezogen, wo er grob zu Boden gedrückt wurde. „Beruhige dich, Idiot!“, raunte sein Meister. „Wieso, Panda? Ich hab nichts falsches gesagt!“ Eine Ohrfeige traf ihn. „Denkst du jetzt, du bist ein Auserwählter Gottes? Du bist ein Nachfolger von Bookman. Nichts weiter! Ich sagte dir, dass du immer ein Beobachter bleiben sollst. Krieg ist der Grundbaustein jeder Geschichte. Und wegen Krieg passiert Geschichte. Die Bookman sind diejenigen, die außen vor bleiben, nicht mit einbezogen werden und alles aufzeichnen was geschieht. Lass dich nicht von dem Kampf hinreißen. Wir sind nur auf der Seite der Kirche um am besten diesen Krieg aufzuzeichnen. Denk an deine Aufgabe, Lavi!“ „Tut mir Leid, Panda“, gab er kleinlaut bei und erntete für den Spitznamen erneut eine Ohrfeige. Senior Bookman ließ ihn los und wandte sich an alle. „Außerdem glaube ich nicht, dass der Junge, dem prophezeit wurde der Zerstörer der Zeit zu sein, jetzt schon stirbt!“ Sie wurden von Anita und ihrer Schutzpatronin Mahoja unterbrochen, die durch den Lärm des zersprungenen Glases aufmerksam geworden waren. Das Loch im Fenster war deutlich zu sehen. Doch es schloss sich gleich darauf wieder und Miranda erklärte, dass ihre Fähigkeit, wenn sie aktiv war, den Zustand des Schiffes immer wieder auf den besten zurück brachte, aber danach alles, was getroffen worden war, auch beschädigt ist. Allerdings musste sie wach bleiben, um ihr Innocence aktiv zu halten. Und sie brauchten mindestens fünf Tage bis nach Japan, was jedem Sorge bereitete. Doch die junge Frau versicherte ihnen, dass sie gut darin war, nicht zu schlafen. Die Situation entspannte sich und jeder ging seinen eigenen Bedürfnissen nach. Es war mittlerweile dunkel geworden und Lavi entschied sich dazu hinaus auf das Deck zu gehen. Seine Gedanken kreisten immer noch um den Verlust von Allen Walker. Jedoch auf eine andere Weise als zuvor. Er hatte sich hinreißen lassen von dem Kampf des letzten Tages und dem Verlust eines Exorzisten. Dabei sollte er mit seinen Gedanken immer distanziert bleiben. Durfte sich auf Gefühlsebene nicht zu sehr auf die anderen einlassen. Geschweige denn die Gefühle entwickeln, welche sich bei ihm gebildet hatten. Es war ihm als Bookman untersagt Freunde zu haben, da er dann nicht mehr objektiv das Geschehen beurteilen konnte. Dennoch! Etwas in ihm wehrte sich stark gegen diese Regel. Seine Hand tastete nach der Brusttasche seiner Jacke und er zog das Pik-Ass hervor. Er hatte es vorhin heimlich in seine neue Uniform gesteckt. Die Arme auf die Reling gelegt betrachtete er die Karte welche er gegen den abnehmenden Mond hielt. Er dachte zurück an die vergangenen vierundzwanzig Stunden: Crowleys Hinweis auf Allens Gefühle. Er hatte an dem Morgen versucht herauszufinden ob es stimmte, aber er wusste es immer noch nicht. Obwohl sein Innocence angeschlagen war, hatte der weißhaarige junge Exorzist mit voller Kraft gekämpft und versucht einen Gefallenen zu retten. Doch er hatte versagt. Und als ob das nicht schon schlimm genug gewesen wäre, war er in seinem kampfunfähigen Zustand vor einem Noah angegriffen und womöglich getötet worden. Sein Meister schien nicht zu glauben, dass Allen tot war. Nur wieso? Nach all dem was passiert war... Ein bitterer Geschmack bildete sich in seinem Mund. Er sollte aufhören daran zu denken. Es war nun mal passiert. Und die Worte, welche er zuvor an Lenalee gerichtet hatte, richtete er jetzt an sich selbst. Lavi wollte sein Herz nicht länger mit solchen Gefühlen quälen. Er durfte es nicht. Bookman brauchten kein Herz! Plötzlich bemerkte er eine Bewegung hinter sich. Doch er war zu langsam. Eine große Faust traf und warf ihn gegen den Mast, der von der Wucht brach und drohte auf ihn zu fallen. Hastig sprang er, leicht benommen, zur Seite und schnappte seinen Hammer. Sein Feuersiegel prallte auf den Kopf des Dämonen, der auf dem Deck erschienen war. „Was für eine unnötige Verletzung!“, knirschte er zu sich selbst. Doch seine Wunden verschwanden, beeinflusst von Mirandas Innocence. Da bemerkte er, dass die anderen Exorzisten und die Schiffsbesatzung aufs Deck gekommen waren, um zu sehen, was die Ursache des Lärms war. Lavi hatte mit aller Kraft zu geschlagen. Doch den Dämon schien es kein bisschen zu kratzen. Denn dieser schob seinen Hammer beiseite und mit nur einem Fingerschnippen verfrachtete er den Rotschopf in die Luft. Er fiel in ein Seegel und blieb kurz benommen liegen. Das war doch nicht möglich. Wie konnte sein Feuersiegel dem Dämon nichts anhaben? Er war doch nicht etwa... Doch weiter konnte er nicht denken, denn die Faust seines Feindes schoss auf ihn zu. Im letzten Moment wurde diese von schwarzen Nadeln, wenige Millimeter vor seiner Nase, abgeblockt. Er wusste, dass diese Nadeln das Innocence seines Meisters waren. Lavi hatte einen großen Schrecken bekommen und Schweiß rann ihm an der Stirn hinab. Der alte Panda hatte ihn gerettet und griff jetzt seinerseits den Dämon an. Seinem Meister zur Hilfe eilen wollend, richtete er sich im Seegel auf, aber da dieses nicht viel Halt gab rutschte er auf dem feuchten Tuch herab und wäre auf das Deck geprallt, hätte Mahoja ihn nicht aufgefangen. Er bekam gerade noch mit, wie der alte Mann von dem Dämon geschnappt und über die Wolken getragen wurde. Und als er wieder stand, schnappte er sich erneut seinen Hammer und flog an dessen Stil dem Feind hinterher. Lenalees rufen hörte er zwar noch, reagierte aber nicht drauf. Sein Meister war in Gefahr. Ohne ihn konnte er nichts tun. Also musste er ihn um jeden Preis beschützen. Und als er durch die Wolkendecke stieß bekam er erneut seinen Schrecken. Nadeln fielen ihm entgegen und wenig später der schlaffe Körper von Senior Bookman. Er fing diesen auf und rief: „Ji-Ji!“, während er ihn rüttelte. „Ji-Ji!“, rief er lauter, als er keine Antwort bekam. Da erkannte er einen Bewegung an seinem Hammerstil. Wenig später sah er Lenalee. Was hatte sie vor? Er hatte seit seinem Wutausbruch nicht mehr mit ihr geredet und bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen. Als sie in Hörreichweite war, rief sie ihm zu: „Kehr zum Schiff zurück, Lavi! Ich übernehme ab hier!“ Und schon stieß sie sich am Ende seines Hammerstils ab und flog dem Mond entgegen. „Warte, Lenalee!“, schrie er ihr hinterher. „Dieser Dämon ist ein ganz anderes Kaliber. Es ist ein Level 3!“ Doch die Schwarzhaarige reagierte nicht. „Worauf wartest du! Kehr endlich zum Schiff zurück“, krächzte eine Stimme aus seinem Arm. „Ji-Ji? Aber...“, er wurde bei seiner Widerrede unterbrochen. „Dummkopf! Du kannst hier nicht kämpfen! Und über den Wolken sind noch mehr Feinde. Wir sollten das Schiff beschützen!“ Und wie auf Kommando schossen die giftigen Patronen der Dämonen aus den Wolken auf das Schiff hinab. Zähneknirschend warf Lavi Lenalee noch einen reuevollen Blick zu und kehrte mit seinem Meister zum Schiff zurück. Nicht zuletzt, weil er außer Reichweite von Mirandas Innocence gekommen war und seine Wunden zurückkehrten. Wieder auf dem Deck verschwanden diese jedoch sogleich wieder und sie waren geheilt. Gleich darauf errichtete Senior Bookman eine schützende Kugel aus Nadeln um Mirandas aktives Innocence und Lavi, sowie der Vampir gaben ihr bestes die Schüsse der Dämonen abzuwehren. Doch das Himmelssiegel des Rotschopfes zeigte keinerlei Wirkung. Plötzlich begann das Heck des Schiffes ohne einen Grund zu sinken. Es wollte gar nicht mehr aufhören. Miranda schrie auf. Lavi warf ihr kurz einen Blick zu und sah, dass eigenartige Ketten ihr Innocence umschlossen. Schnell kombinierte er und rief Crowley zu: „Das ist die Fähigkeit des Level 3!“ Hastig hielten sie sich an Tauen fest, da das Schiff schon fast senkrecht stand. Und die Schüsse prasselten ununterbrochen auf sie nieder. Fieberhaft dachte er nach, was er tun konnte und als er dachte, eine Lösung zu haben, sah er Crowley neben sich hinab fallen. Seine Worte drangen durch den Lärm eher leise zu ihm: „Ich habe kein Dämonenblut mehr!“ In seiner Verzweiflung rannte Lavi einfach den Mast hinab und wollte irgendetwas versuchen, doch er rutsche ab und fiel. Er sah wie eine von den tödlichen Patronen der Dämonen auf ihn zu kam und spürte den kurzen Schmerz. Er war getroffen. Und er spürte, wie das Gift sich begann auszubreiten. Seine Augen schlossen sich und Wasser umgab ihn. Als er wenige Sekunden später wieder zu sich kam, fand er sich auf dem Schiff wieder. Verwirrt sah er sich um. „Aber ich bin doch getroffen worden...“, murmelte er leise und zuckte zusammen als Crowleys Stimme neben ihm ertönte. „Ach, tut das gut! - Sieht so aus, als könnte ich das Gift aussaugen bevor es sich verbreitet. - Danke für die Mahlzeit, Lavi!“ Erschrocken wich der Rotschopf vor dem Vampir zurück. Dann sah er an seinen Hals, an welchem sich eine Bisswunde abzeichnete. „Ah!“, schrie er auf und blickte seinen Mitstreiter immer noch geschockt an. Was das für eine Mahlzeit war! „Lavi! - Hört auf herum zu albern! Benutze dein Holzsiegel!“, ertönte lautstark die Stimme seines Meisters und riss ihn aus den Gedanken. Er hatte gar nicht in Erwägung gezogen dieses Siegel zu benutzen. Aber Dank des alten Pandas hatte er eine Idee, wie sie die anderen Dämonen besiegen konnten. Und noch während er Crowley etwas ins Ohr flüsterte, begann das Schiff sich wieder in seine normale Position zu begeben. Dennoch zögerten sie nicht lange. Er nutzte sein Holzsiegel, um die Wolken vom Himmel zu vertreiben, denn es erlaubte ihm temporär die Natur zu kontrollieren. Gleich darauf feuerte er den Vampir mit seinem Hammer in den Himmel. Und wenig später hörten die Schüsse auf. Sie hatten es soweit geschafft. Plötzlich ertönte ein lauter Knall und am Horizont war ein grelles Licht zu sehen. Es kam aus der Richtung in welcher Lenalee den Level 3 Dämon bekämpfte. Lavi hatte einen Schrecken bekommen und wäre am liebsten sofort los geeilt, um ihr zu helfen. Doch die Aufräumarbeiten hielten ihn davon ab. Als es anfing zu Dämmern und die Reparaturen gut voran geschritten waren, saß Lavi auf dem Deck und sah zum Horizont. Lenalee war immer noch nicht zurück gekehrt. Er hielt es nicht länger aus zu warten, stand auf und wollte mit seinem Hammer vor fliegen. Doch kräftige Hände schlossen sich um ihn und hielten ihn zurück. Die Schiffsbesatzung hatte ihn fest im Griff und wollte ihn nicht los lassen. „Lasst mich los! Ich bin schneller, wenn ich alleine fliege!“, rief er. „Wir sind schnell genug. Wir segeln mit voller Kraft!“, widersprach einer der Männer. „Lasst mich los!“, rief Lavi mit Nachdruck und griff nach seinem Hammer, welchen er gleich darauf vergrößerte, um die Männer los zu werden. Er wollte schon abheben als weibliche Arme ihn umschlossen und fest hielten. „Warte, Lavi!“, sagte Miranda voller Sorge. „Sei nicht so böse zu den Männern. Sie haben ihr Leben gelassen, um mich und das Schiff zu schützen. Bitte!“ Einen Moment ließ der Angesprochene seinen Blick über die Besatzung schweifen. Doch dann wandte er sich wieder ab. „Tut mir Leid!“ Und er wollte gehen. „Hast du wirklich keine ernsthaften Verletzungen?“ Ihre Hand griff nach seiner und sie blieben stehen. „Ja! Mir geht es gut! Macht euch keine Sorgen!“ „Dann sag mir zumindest, wo du am schlimmsten verletzt wurdest. Dann können wir dich schon mal verbinden“, bat Miranda ihn trotzdem. Sie wollte einfach nicht locker lassen. Wut stieg ihn ihm auf und der riss sich los, während er sich zu den Anderen umdrehte. „Nichts davon ist jetzt wichtig! Ihr seid doch auch um Lenalee besorgt! Sie ist doch eure Freundin“, schrie er zornig. Stille auf dem ganzen Deck folgte, während die Männer und Frauen ihn entgeistert anstarrten. Mirandas Lippen begannen zu beben und er weitete erschrocken die Augen. „Bist du nicht auch unser Kamerad? Oder versteh ich das falsch!“, sagte sie leise und mit zitternder Stimme. Geschockt starrte Lavi sie einige Sekunden an, bevor er wortlos seinen Hammer griff und davon flog. Nein, sie hatte das ganz richtig verstanden. Er war nicht ihr Kamerad. Er sollte es zumindest nicht sein. Die junge Exorzistin hatte voll ins Schwarze getroffen und damit seinen wunden Punkt. Er war wütend. Wütend auf sich selbst. Der Verlust von Allen hatte ihn mehr mitgenommen, als er je zugegeben hätte. Hinzu kam noch, dass Lenalee nicht wieder aufgetaucht war. Seine Gefühle drehten sich im Kreis, was der Grund für sein Ausraster gerade eben gewesen war. Der Grund war doch, dass er mit den Gefühlen, die er nicht haben durfte, nicht klar kam. Und deshalb war er wütend auf sich selbst. Dass er seinen Frust an den Anderen ausgelassen hatte, steigerte seinen Zorn nur noch. Wieso nahm es ihn so sehr mit? Er hatte sich doch vorgenommen distanziert zu bleiben und keine emotionalen Bindungen einzugehen. Und doch war es geschehen. Es gab kein zurück mehr. So wenig, wie er jetzt zurück zum Schiff fliegen würde. Er flog immer weiter über das Wasser verzweifelt nach Lenalee Ausschau haltend. Doch sie wollte nicht auftauchen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)