Extravaganza von Sengo-sun ([HolmesxWatson]) ================================================================================ Kapitel 11: Der Hafen --------------------- Helena lachte. Ihr nackter Körper annektierte den Sessel. Der leichte Seidenmantel hatte nur noch den Nutzen einer weiteren Sitzgelegenheit. Vielleicht war sie anziehend für ihre Kunden, doch dem Baron waren all ihre weiblichen Reize egal. Nicht, dass er den Körper einer Frau nicht zu schätzen wusste, doch es war nicht die Zeit, solche Nebensächlichkeiten wie Triebe zu befriedigen. Sie lachte immer noch, während sich Haut im rötlichen Schein lasziv präsentierte. Dann brach Helenas Gelächter ab und eine Zigarette wurde genüsslich zwischen ihre Lippen drapiert. „Also ist er hier – wie hast du ihn genannt? Woyzeck? Keinen besseren Namen mehr im Repertoire gehabt?“ Der Baron ließ sich auf die Bettkante sinken, plötzlich spürte er die Enge seines Brustkorbs. Seufzend sank er leicht in sich zusammen. „Was interessiert es dich, wie ich ihn nenne?“ – „Nun, eine ganze Menge, wenn ich bedenke, welchen Detektiv du auf ihn angesetzt hast. Ich vermute, du weißt, wer er ist? Der Detektiv?“ Sie veränderte ihren Sitz und lehnte sich leicht in die Richtung des Barons. Besorgt verdunkelte sich ihr Gesicht als sie die aschfahle Miene des Barons sah. „Soweit ist es also schon?“, murmelte sie. Der Baron klammerte sich beinahe an den rauchigen Klang ihrer Stimme, ehe er eine Parodie eines Lächelns hervorbrachte. „Anscheinend. Und ja ich weiß, wer der Detektiv ist und vermutlich noch etwas mehr.“ Fragend wurden zarte Brauen gehoben. „Wie meinen?“ – „Was kannst du mir über Björn Hanson sagen?“ Der Baron keuchte leise, während er Helena mit durchdringendem Blick musterte. „Du weißt doch, er ist tot.“, sagte sie und stand auf, schlenderte auf die Gestalt des Barons zu und setzte sich bereitwillig auf seinen Schoß. „Wie äußerst zutreffend… Nein, was kannst du mir mehr über ihn sagen? All die kleinen Dinge, die nur du weißt.“ Lächelnd lehnte sie sich zurück. „Eine ganze Menge… wo soll ich nur anfangen?“ – „Am besten am Anfang.“ Helenas Lächeln wurde warm. „So kenn ich dich, alter Freund.“, sagte sie ehe sie sich vorlegte um den Baron auf die Stirn zu küssen. Er sagte nichts dazu und wartete auf die Informationen. Der Hafen erstreckte sich vor uns. Geschäftiges Treiben, Fischgeruch und die Kräne, wie sie eine Last zum nächsten Standort hievten, erfüllte diesen Ort. Auch Touristen schlenderten umher und die Themse wirkte wie ein großer Strom, der ruhig die Hektik um sich ergehen ließ, damit er endlich an sein Ziel kommen konnte: das Meer. Sherlock wirkte einerseits völlig fehl am Platz aber dann wieder doch nicht. Seine schmale Silhouette stach unter der Masse hervor. Ich stolperte wie ein willenloser Hund hinterher. Ein Punkt auf meiner Liste, der definitiv nicht dazu führte, dass ich gerne bei Sherlock bleiben wollte. Wer war schon gerne der Hund für einen anderen? „Und wohin geht es jetzt? Wir sind am Hafen, aber bei wem willst du nach dem Opfer fragen? Hast du überhaupt ein Bild von ihm?“ Ich sah mich um, wir verließen beständig den sicher aussehenden Teil des Hafens, wo noch luxuriöse Schiffe im Wasser dümpelten. Langsam wurde mir unwohl. Ich wollte instinktiv nach meiner Waffe tasten, doch da fiel mir siedend heiß ein, dass Sherlock die Waffe eingesteckt hatte. „John, ich habe bereits erwähnt, dass der Mann schwarz gearbeitet hat, ist es dann nicht logisch, dass wir uns eher an… düsteren Orten umsehen, anstatt hier, wo selbst ein Luxusschiff Besitzer von einem anderen Kahn ist? Muss ich mich eigentlich andauernd wiederholen? John, du enttäuscht mich.“ Schnaubend bog er zu den Containern ab. Dieser erhoben sie wie viereckige Säulen über uns, weiterhin erklang das mechanische Schaben der Kräne, wie sie Container um Container auf die nächsten Schiffe verfrachteten. „Ist ja gut! Mein Gott, es ist nicht einfach jedem deiner Sätze zu folgen, wenn du mitten drin abbrichst und losmarschierst.“, verteidigte ich mich. „Lass mich raten, zufälligerweise kennst du jemanden, der hier genau weiß wer schwarz arbeitet und wer nicht.“ Zynisch schnaubend folgte ich Sherlock weiterhin. „Es gibt keine Zufälle, nur Wahrscheinlichkeiten. Und ja, ich kenne hier einen Seemann, der diesem Themengebiet recht bewandert ist.“ Sherlock wurde schneller und abrupt hörten die abstrakten Gebilde aus Blech auf und wir verließen das Hafengebiet. Neben uns floss die Themse. Irgendetwas meldete sich in meinem Kopf. Es war ein eigenartiges Gefühl, fast schon als würde jemand uns folgen. Ich drehte den Kopf leicht nach hinten. Doch dort war nichts. „Hier ist es.“ Sherlock blieb stehen, ließ meine Hand los und ich merkte wie warm sie geworden war. Vor uns nahe am Themse Ufer erhob sich ein mit Rost überzogener Container. Obdachlose lungerten herum und starrte auf das Wasser oder sprachen miteinander. Manch einer grüßte Sherlock mit einem Kopfnicken. Kurz vor dem Container rammte mich jemand. Ich stolperte und wollte empört etwas sagen, doch da war der Mann schon zwischen den anderen Obdachlosen verschwunden. „Hast du-.“ – „John, das ist nicht relevant! Eggie weiß bestimmt etwas.“, zischte Sherlock und in seinem Gesicht stand unverhohlene Ungeduld. Ich zuckte leicht zurück. Die dunklen Flammen in seinem Blick irritierten mich ein wenig. Wir traten in den Container ein. „Verdammt!“, zischte Sherlock, während er auf die zusammengesunkene Gestalt zuschritt. Die Kehle lag aufgebrochen da. Blut verfärbte alles in einem dunklen Rot, während sein metallischer Geruch mir in die Nase stieg. Keuchend stolperte ich zurück. Hektisch stand Sherlock auf, untersuchte die Leiche, ehe er sich umsah. „John, ich…“, er wandte sich wieder mir zu. Schock und allerlei aufwühlende Gedanken hatten begonnen meinen Kopf in einem eisernen Würgegriff zu nehmen. Ich blinzelte benommen. Da sah ich Entsetzen in seinem bleichen Gesicht, welches kaum mehr zu unterscheiden war mit dem des Toten. Dunkle Augenringe hoben Sherlocks weit aufgerissenen Augen hervor. „Gott John! Deine Brust!“ Er eilte zu mir. „Wie?“ Ich starrte an mir herab und sah einen großen Fleck Blut. Dann spürte ich Sherlocks Finger, wie sie über meine Brust strichen, als suchten sie eine Öffnung, aus der das Blut floss. „Lass das! Ich hab nichts.“ Ich hielt seine Hände auf, starrte hoch und runzelte die Stirn. „Mist! Der Kerl, der mich gerammt hat! Er war‘s!“ Ein letztes Mal berührte Sherlock meine Schulter ehe er an mir vorbei hastete und loslief. Diesmal brauchte ich keinen Befehl um ihm zu folgen. Wir rannten durch die Menge der Obdachlosen, während ich suchend mich umsah. Doch nichts. Ich wusste noch nicht mal, wie der Kerl wirklich ausgesehen hatte, wie sollten wir ihn da finden? Im Hafen standen wir völlig rat- und atemlos da und sahen uns um. „Verdammt!“ Sherlock raufte sich die Lockenmähne. Ich sah mich immer noch um. Das ganze wirkte immer seltsamer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)