Im Schatten der Macht von Bellathea ================================================================================ Kapitel 2: Nachhilfe -------------------- Der restliche Tag verging nur langsam, zähflüssig wie Honig. Die Stunden wollten einfach nicht vergehen. Die ganze zeit fieberte Galinda dem Abend entgegen. Endlich wieder auf ihrem Zimmer zog sie sich ihren rosafarbenen Pyjama an, setzte sich aufs Bett und kramte ‚Im Schatten der Macht‘ aus ihrer Nachttischschublade und fing sofort an zu lesen. Galinda tauchte in die Geschichte zweier Frauen ein, die unterschiedlicher nicht sein konnten. Langsam aber sicher begann Galinda, sich mit Ciela, der ersten Hauptfigur, zu identifizieren. Es dauerte nicht lang, bis sie Elphaba in der Rolle der Taya sah, geheimnisvoll und unergründlich. Viel weiter, als sie im Unterricht gekommen waren, war Galinda auch nicht, als Elphaba das Zimmer betrat. „DU liest? Freiwillig?“, langsam schien Elphaba die Welt nicht mehr zu verstehen. Galinda antwortete nichts, doch als sie zu ihrer Zimmergenossin aufsah, erschrak sie. Eine lange, tiefe Wunde zog sich über Elphabas linke Wange und ihre rechte Hand war zerkratzt. „W-was ist passiert?“, Galinda sprang entsetzt auf. „Ach das… nichts besonderes, ich habe mich mit einem schlafenden Hund angelegt.“, Elphaba lächelte und aus ihrer Betonung konnte Galinda nicht entnehmen, ob sie nun von einem Hund oder einem HUND gesprochen hatte. Vielleicht meinte sie auch gar kein Tier oder TIER, vielleicht sprach sie in Metaphern… Elphaba war für Galinda immer noch ein Rätsel, so wie Taya für Ciela. „Ich- ich bin gleich wieder da.“, Elphaba verschwand im Badezimmer, während Galinda noch eine Zeit lang ihren Gedanken nachhing. „Bereit zur Nachhilfe?“, Elphaba grinste, als sie das Zimmer erneut betrat. Die Wunde war kaum noch zu erkennen. Auch Galinda begann nun zu grinsen und setzte sich bereitwillig neben Elphaba auf ihr Bett. Elphaba stopfte ein paar Kissen gegen die Rückenlehne und machte es sich bequem. Galinda saß neben ihr, wie ein kleines Kind, das darauf wartete, dass seine Mutter ihm Geschichten erzählt. „Wie weit bist du in deinem plötzlichen Anflug von Leseeifer denn gekommen?“, fragte die Grüne belustigt. Galinda schaute gespielt beleidigt, aber beantwortete Elphabas Frage letztlich mit einem knappen „Seite 31, Kapitel 4…“ Elphaba blätterte die Seite auf und las einige Sätze. Galinda wusste, dass das unnötig gewesen wäre, ihre Zimmergenossin wusste genau, worum es in dem Kapitel ging. Es war, als bräuchte sie etwas Bedenkzeit, doch wofür? „Ah ja…“, sagte Elphaba nach einer Weile, „Ciela und Taya haben sich also gerade getrennt…“ „Ja…“, erwiderte Galinda und eine Zeit lang herrschte Schweigen. „Warum?“, Galinda war die erste, die die Stille wieder durchbrach. „Was?“, fragte Elphaba verwirrt. „Warum haben sie sich getrennt? Sie waren doch Freundinnen … oder nicht?“, diese Stelle des Buches hatte Galinda am Boden zerstört. Diese innige Freundschaft zwischen den beiden Frauen konnte doch nicht einfach vorbei sein. „Ja, das waren sie ganz sicher. Allerdings fingen sie an sich auseinander zu leben, verschiedene Wege einzuschlagen… Hinzu kommt, dass Taya nicht wollte, dass Ciela in Gefahr ist… Vieles spielte bei dieser Entscheidung Tayas eine Rolle, das Wichtigste jedoch ist, dass die beiden bis dahin und auch im weiteren Verlauf der Geschichte mehr als nur eine einfache Freundschaft verbindet…“, Elphabas Blick schweifte aus dem Fenster. „Ist es Liebe?“, fragte Galinda, die verträumt Elphabas Blick folgte. Augenblicklich versteifte Elphaba sich und wurde leicht dunkelgrün, mit so einer Frage hatte sie nicht gerechnet. „I-ich weiß nicht genau…“, die Grüne schaute die Blonde, die dicht neben ihr saß, an und diese wurde im Gegenzug dunkelrot. Es ist nur ein Buch, dachte Galinda, die wie sie selbst meinte, die Handlung der Geschichte viel zu sehr auf sich selbst und ihre Lage bezog. Oder… war die Geschichte nur Mittel zum Zweck dazu, tiefere Gefühle in Galinda zu entdecken, wahre Gefühle, die einen Ausweg suchte und in diesem Buch Halt fanden? Blödsinn, welche wahren Gefühle?, schalte Galinda sich selbst, doch trotzdem machte ihr Herz einen Hüpfer, als sie Elphaba neben sich ansah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)