Moon and the Memories von Kiru (Wer verwaltet seinen Nachlass - seine Lover? Seine Freunde? Oder alle zusammen?) ================================================================================ Your funeral, my Trial ---------------------- FF-Titel: Lied von D’erlanger (aus der alten Periode) Kapiteltitel: dito ^^ Wörterzahl: 5.251 Beta'd: von meiner Beta-Queen selbstverständlich! Rating: PG-ish |-|=|-| Überall langweilige schwarze Kleidung. Jacketts, Anzüge, Hemden, Blusen, Jacken, und alles schwarz oder dunkelblau oder sonst irgendeine sehr gedeckte Farbe. Dazu passende Hosen in allen möglichen Ausführungen – Leinen, Cord, Flanell, Jeans, selbst Leder war vorhanden. Und dazu die passenden langweiligen Leute. Kamijo hoffte, dass er in seinem Nadelstreifenjackett, dem blutroten Hemd und der schwarzen Hose, die er in seine großen Stiefel gesteckt hatte, nicht zu overdressed aussah. Er hatte sogar seine Haare nicht allzu sehr hochgestylt – aber schließlich wollte er nicht auffallen, sondern gut aussehen. Es gab zwei Gelegenheiten, bei denen er schon immer hatte gut aussehen wollen – bei seinen Auftritten und bei seinen Treffen mit Lay. Nun, das hier war nicht gerade ein ‚Treffen’ mit ihm, aber schließlich lag er dort, vor Kamijo, die Augen geschlossen, der Gesichtsausdruck friedlich. Er sah so fremd aus, sie hatten ihm seine Piercings abgenommen, ihn nicht so geschminkt, wie er es gerne gehabt hätte und auch seine Haare waren langweilig. Aber so war die gesamte Veranstaltung: Langweilig. Ein ganz normales Begräbnis eben. Kamijo hatte Bestattungen schon immer gehasst. Er war auf dem Begräbnis seines Vaters gewesen, seiner Großeltern, seiner Cousine, eines Arbeitskollegen, eines Chefs, eines entfernten Verwandten, eines ehemaligen Freundes. Und immer hatte er sich gelangweilt. Nun allerdings war es das Begräbnis seines vorherigen Lovers. Er kam nicht umhin, einen leichten Druck auf seinem Brustkorb zu spüren. Leicht? Nein, das war nicht leicht. Manchmal fiel ihm das Atmen schwer, aber er bekam sich immer wieder unter Kontrolle. Er hatte bereits getrauert, vor fünf Tagen, als er die Nachricht bekommen hatte. Er hatte heulen müssen, wie ein kleines Kind, hatte sich vor den Spiegel gestellt und war für den Rest des Tages stehen geblieben, alles das aussprechend, was ihm durch den Kopf ging. Hauptsächlich waren es Zitate gewesen, wie „Sieger bleibt letzten Endes der Tod“ von Stalin, „Ach, wie glücklich sind die Toten!“ von Schiller und „Die Glocken klingen, klingen viel anders denn sonst, wenn einer einen Toten weiß, den er lieb hat“ von Luther. Es hatte geholfen, aber hinterher hatte er sich so leer gefühlt, als hätte Lay seine Lebensfreunde auch noch mitgenommen. Kamijo hatte ihn gemocht. Er hatte ihn nicht unsterblich geliebt, das konnte er sich bei seinem Beruf nicht erlauben. Aber er hatte ihn sehr gern gehabt, war gerne mit ihm zusammen gewesen. Oft hatten sie einfach nur irgendwo herumgesessen und sich über die Bedeutung von alltäglichen Dingen Gedanken gemacht, oder aber über viel höhere Themen geredet. Sie hatten ähnliche Interessen gehabt, schließlich war Lay dabei gewesen, Literatur zu studieren. Das hatte Kamijo so sehr an ihm geschätzt – mit ihm hatte er das Gefühl, jemanden gefunden zu haben, der lustig war, nett, hübsch und auch noch intelligent. Meist fehlte eine dieser Eigenschaften. Kamijos frühere Freunde hatten entweder nichts verstanden, was er von sich gab, waren arrogant gewesen, vollkommen humorlos oder hässlich wie gerade der Gosse entstammend. Aber Lay... Ein leises Seufzen entkam Kamijos Lippen. Er war sich jetzt schon sicher, dass er Lay nicht vergessen würde. Sein Leben würde weitergehen, keine Frage, aber irgendwo in seinem Herzen würde dieser grinsende Student immer vorhanden sein. Es gab Menschen, die man bilanzlos und ohne Weiteres aus seinem Leben streichen konnte. Lay war nicht so jemand. Dafür war er zu abgedreht gewesen. Und genau das war es, was Kamijo so störte: Er hatte nicht das Gefühl, auf Lays Begräbnis zu sein. Die Personen um ihn herum waren alle normal, 08/15-Menschen, der Durchschnitt Japans. Hausfrauen, Geschäftsleute, Spießer, trauernde Verwandte – nichts Besonderes. Kamijo hatte Ungewöhnlicheres erwartet, viel mehr Studenten, die etwas ... ‚anders’ waren, die herausstachen, Zufallsbekanntschaften. Aber wahrscheinlich hatte er sich nur nicht genau genug umgeschaut. Er durfte nicht suchen, er musste finden. Genau in dem Moment, in dem er das dachte, bemerkte er jemanden, der ihm vorher noch nicht aufgefallen war: Es schien eine Frau zu sein, sie hatte etwa schulter- bis kinnlange schwarze Haare, sehr lange Wimpern, war um die Augen dunkel und ansonsten hell geschminkt und trug ein taillenbetontes und darunter sehr bauschiges schwarzes Kleid. Ja, dachte Kamijo, Das sieht schon eher nach Lay aus. Vielleicht war sie auch eine Studentin, das richtige Alter schien sie zumindest zu haben. Sie hatte den Blick gesenkt und einen traurigen Gesichtsausdruck und lauschte offenbar den Worten des Priesters. Als die Frau das nächste Mal aufsah, musste sie wohl Kamijos Blick bemerkt haben, denn sie drehte ihm den Kopf zu und schenkte ihm ein kurzes Lächeln. Er erwiderte es schwach und wandte sich anschließend ab. Am Besten sprach er sie nach dem Gottesdienst an. Wenigstes bekam Lay ein westliches Begräbnis, wie er es sich gewünscht hätte. Er glaubte zwar nicht an irgendeine höhere Macht, aber das Christentum war ihm wesentlich sympathischer gewesen als die asiatischen Glaubensrichtungen. Darüber hatten er und Kamijo ebenfalls lange Gespräche geführt. Dafür musste sich jetzt allerdings die versammelte Trauergemeinde eine Predigt nach der anderen anhören. Nach einer weiteren halben Stunde hatte Kamijo auch das überstanden, stand auf und folgte Lays Verwandten vor die massive Kirchentür, während sich noch jemand mit strahlend blonden Haaren und merklich verweinten Augen an ihm vorbei drängelte, in Richtung Sarg. Kamijo blickte ihm einen Augenblick hinterher und schüttelte dann leicht den Kopf. Wahrscheinlich ein anderer Freund von Lay. Allerdings hätte er vom Alter her alles zwischen achtzehn und achtunddreißig sein können. Kurz, nachdem Kamijo auf den Vorplatz der Kirche getreten war, sah er bereits die Frau wieder, die ein wenig unschlüssig herumstand und sich umschaute. Aber irgendetwas... Er ging zu ihr hin, ein freundliches Lächeln auf den Lippen, das sie sofort erwiderte, als sie ihn erkannte. „Guten Morgen“, begrüßte er sie höflich. „Guten Morgen!“, erwiderte sie und klang definitiv NICHT sehr weiblich dabei. Doch, weiblich schon, aber man erkannte, dass es eine Männerstimme war, die weiblich klang und nicht anders herum. Aha, dachte Kamijo, Interessant. So jemanden kannte Lay anscheinend auch. „Kannten Sie ihn gut?“, wollte er wissen und runzelte sofort darauf die Stirn. „Verzeihung, das ist eigentlich eine sinnlose Frage, wenn man darüber nachdenkt – Sie müssen ihn gekannt haben, sonst wären Sie jetzt nicht hier.“ Der Mann, der sich offensichtlich oben herum etwas ausgestattet hatte, bis er sein Kleid auch perfekt füllen konnte, kicherte leise und extrem mädchenhaft. „Normalerweise hätten Sie Recht, aber bei mir macht es durchaus Sinn, wenn Sie fragen. Nein, ich kannte ihn nicht gut, zumindest nicht so gut wie Sie, nehme ich an. Ich habe ihn einige Male getroffen, wir haben uns unterhalten, nichts Tiefergehendes. Kennen Sie dieses kleine Atelier... davon haben Sie bestimmt schon mal gehört, es heißt Millefleurs und ist an diesem einen Abzweig der Hauptstraße, wenn Sie... sehen Sie, ich sagte ja, Sie kennen es! Nun, ich führe es seit...“ Er schürzte die Lippen, während er nachdachte, eine feste Angewohnheit, wie Kamijo im Laufe des Gesprächs feststellte. „...seit etwa sechs Jahren, und er ist zum ersten Mal vor zwei Jahren bei mir aufgetaucht, um mir zu sagen, dass er die Bilder, die ich gerade ausstelle, ganz schrecklich findet und die davor viel tiefgreifender waren.“ Er kicherte erneut, wobei Kamijo zugeben musste, dass es bei ihm nicht gekünstelt wirkte. Er war einfach so mädchenhaft, so weiblich. „Und ab dann ist er regelmäßig zu mir gekommen, er war sehr an Kunst interessiert, und manchmal hat er auch einige Bilder gekauft. Ich möchte nicht sagen, dass wir Freunde waren, eher flüchtige Bekannte, aber ich fand ihn einfach sehr sympathisch, deshalb war ich ziemlich geschockt, als ich von seinem Tod erfuhr. Es ist eine Schande! Wie viele vernünftige junge Männer findet man denn heutzutage?“ „Ich glaube, Sie sind der Erste, der seinen Tod als eine ‚Schande’ bezeichnet“, bemerkte Kamijo ruhig und lächelte wieder. „Aber das trifft es wahrscheinlich auf den Punkt.“ „Vielen Dank.“ Der Mann erwiderte das Lächeln, offensichtlich erleichtert, dass der andere ihm seine Bemerkung nicht übel nahm. „Aber ich werde ihn vermissen. Kannten Sie ihn denn gut?“ „Wie gut, das kann ich schlecht einschätzen, ich hoffe doch, ziemlich“, antwortete Kamijo. „Ich war sein Freund.“ Falls er gehofft hatte, den anderen mit dieser Nachricht zu überraschen, lag er falsch. „Ja, dann kann es sogar sein, dass er Sie mir gegenüber schon einmal erwähnt hat. Wie heißen Sie denn, wenn ich fragen darf?“ „Ich bin Kamijo Yuuji. Und Sie?“ „Nennen Sie mich einfach Kaya.“ Der Sprecher blinzelte kokett. Er flirtet, stellte Kamijo fest. „Angenehm. Gehen Sie auch gleich auf die Begräbnisfeier?“ Kaya spitzte die Lippen erneut. „Ich bin mir nicht sicher. Schließlich wird sie von seinen Eltern veranstaltet, mit denen ich noch nie in meinem Leben gesprochen habe, und ich bezweifle, dass ich dort willkommen bin.“ „Was meinen Sie, warum ich mich dort blicken lasse?“ Kamijo zwinkerte ihm zu, woraufhin er leicht rot anlief. „Er hat mir einmal erzählt, dass seine Eltern schauspielern nicht für einen angemessenen Beruf halten, deshalb wollte ich mich vergewissern, was denn dann ein ‚angemessener Beruf’ sei.“ „Also ein Atelier führen dann ganz bestimmt auch nicht!“, kicherte Kaya. „Aber dass Sie Schauspieler sind, hätte ich nicht gedacht. Spielen Sie denn im Theater oder...?“ „Hauptsächlich, ja. Ich hatte bereits einige kleinere Rollen in verschiedenen Filmen, nur sagt mir das nicht so zu. Auf der Bühne ist es so, dass ich das spielen kann, was ich fühle, und beim Film habe ich wenig Möglichkeit, mich in die Rolle einzufinden, da ich die Szenen meist nicht chronologisch spielen konnte und oft dieselbe Szene zigmal hintereinander gedreht wurde. Das ist zwar bei den Theaterproben genauso, nur kann man hinterher das ganze Stück durch spielen und stolz darauf sein. Beim Film probt man quasi nur, und daraus wird dann eine zusammenhängende Geschichte geschnitten. Damit kann man höchstwahrscheinlich mehr Leute erreichen, aber ich fühle mich nicht wohl dabei. Und da ich am Theater sehr gut verdiene, sehe ich auch keinen Grund, weshalb ich mich auf Filme konzentrieren sollte.“ Kaya hatte ihm mit einer Mischung aus Erstaunen und Faszination zugehört und nickte schließlich vehement. „Das kann ich vollkommen nachvollziehen. Ich kannte mal einen Künstler, der immer nur an öffentlichen Gebäuden gemalt hat. Niemand konnte ihn davon überzeugen, dass es ihm mehr Reichtum und mehr Ruhm bringen würde, wenn er seine Werke einfach auf Leinwand malen und veröffentlichen würde, da er der Ansicht war, dass seine Bilder mehr Eindruck machten, wenn sie sich an Stellen befanden, wo sich auch ungebildete und nicht an Kunst interessierte Menschen aufhielten.“ „Hört sich plausibel an“, nickte Kamijo anerkennend. „Entschuldigung, wenn ich das Thema nun wieder wechseln muss, aber begleiten Sie mich nun auf die Feier? Ich bin sicher, Sie wären eine Bereicherung.“ Und vor allem sind Sie nicht so langweilig wie die anderen hier, fügte er in Gedanken hinzu. „Wenn Sie mich schon SO fragen...“ Kaya kicherte zum wiederholten Mal. „Da kann ich ja gar nicht nein sagen. Sind Sie mit dem Auto hier? Könnte ich Sie dann noch bitten, mich mitzunehmen? Ich habe mich herfahren lassen, und deshalb...“ „Natürlich, kein Problem.“ Als Kamijo zusammen mit Kaya, der während der Fahrt noch weiter aufgetaut war und sich angeregt mit ihm unterhalten und dabei weiterhin heftig mit ihm geflirtet hatte, am Haus von Lays Eltern ankam, bemerkte er gerade noch, wie eine schlanke Gestalt mit wasserstoffblond gefärbten Haaren das Haus betrat. Es war offenbar der junge Mann, der auch am Ende des Gottesdienstes an Kamijo vorbei gehuscht war. Er nahm sich vor, sich auch mit ihm zu unterhalten. „Es hat mich schon überrascht, dass es eine Bestattung war wie alle anderen auch“, antwortete Kaya gerade nachdenklich auf eine Frage und schürzte die Lippen. „Das stimmt, er hätte eigentlich etwas Ausgefalleneres verdient. Aber ich bin nicht in der Position, so etwas zu sagen oder gar zu fordern, nicht wahr?“ Kamijo lächelte. „Nein, wahrscheinlich nicht. Dann gehen wir mal rein.“ Sie stiegen aus dem Auto und betraten den Eingangsbereich. Lays Eltern wohnten in einem offenbar sehr großen, dafür aber mehr gemütlichen als luxuriösen Haus und so war die Stimmung etwas lockerer als vor und nach dem Gottesdienst. Die Gäste unterhielten sich, einige lächelten, andere teilten ihre melancholische Miene großzügig mit anderen, wieder andere schienen nicht so ganz zu wissen, was von ihnen erwartet wurde. Die meisten scharten sich um ein älteres Ehepaar, offensichtlich die Hausherren, die beide ziemlich bedrückt wirkten. „Er war ein wundervoller Sohn“, äußerte Lays Mutter sich in dem Moment mit schwacher Stimme. „Wir hätten uns keinen besseren wünschen können...“ „Man lobt im Tode manchen Mann, der Lob im Leben nie gewann“, murmelte Kamijo leise und lächelte leicht, als er Kayas fragenden Blick bemerkte. „Er hat sich mit seinen Eltern nie gut verstanden, deshalb habe ich sie auch nicht kennen gelernt. Statt Blumen zu spenden, bitten wir, den Verstorbenen vor seinem Tod besser behandelt zu haben“, fügte er noch hinzu und seufzte leise. „Schlaue Worte“, bemerkte jemand. Kamijo drehte sich um. Hinter ihm stand ein recht großer Mann mit schwarzen und an den Spitzen blond gefärbten Haaren, einigen Tattoos an den Händen und einer getönten Sonnenbrille auf. Er wirkte ein wenig mitgenommen, aber nicht so schwermütig wie Lays Eltern. „Kennen Sie noch mehr solcher Sprüche?“ „Ein ewig Rätsel ist das Leben, und ein Geheimnis bleibt der Tod“, gab Kamijo zurück, sich herausgefordert fühlend. „Kennen Sie denn auch welche?“ „Natürlich. Es ist ein Schnitter, der heißt Tod, Er mäht das Korn, wenn’s Gott gebot; Schon wetzt er die Sense, Dass schneidend sie glänze, Bald wird er dich schneiden, Du musst es nur leiden“, zitierte der andere Mann mit einem angedeuteten Lächeln, woraufhin Kaya unwillkürlich wieder kichern musste. „Ich habe keine Angst vor dem Tod, ich möchte nur nicht dabei sein, wenn’s passiert“, erwiderte Kamijo mit einer hochgezogenen Augenbraue. Der andere schaute sich kurz um, beugte sich dann etwas vor und murmelte: „Der Tod ist der Orgasmus des Lebens.“ Das brachte den Schauspieler zum Grinsen. „Originell“, meinte er anerkennend. „Wer sind Sie?“ „Sie haben wahrscheinlich schon von mir gehört, ich bin Hakuei.“ „Der Sänger?“ „Ja, genau.“ Kamijo hob die Augenbrauen. „Ihr Name sagt mir was, aber Ihr Gesicht kann ich mit nichts verbinden. Was tun Sie hier?“ Der Angesprochene lächelte säuerlich. „Ich war gut mit Lay befreundet. Und wer sind Sie?“ „Ich bin Kamijo Yuuji.“ „Der Schauspieler?“ „Sie kennen mich?“, fragte er überrascht. „Ich hab mal ein paar Theaterstücke mit Ihnen gesehen. Ich wusste, Sie kamen mir irgendwie bekannt vor. Lay war ein sehr großer Fan von Ihnen.“ „Wir waren zusammen“, entgegnete Kamijo knapp. „Oh. Ach so. Natürlich, sonst wären SIE jetzt auch nicht hier. Verzeihung, ich bin ein bisschen neben der Spur. Sein Tod hat mich... Sie wissen schon. Etwas aus der Bahn geworfen. Wir waren sehr eng befreundet.“ „Wie kommt es denn dann, dass Sie nicht gewusst haben, dass Lay und ich...“ „Er hat seine Freunde schön für sich behalten. Ist Ihnen das nicht aufgefallen? Hat er Sie je mit irgendwelchen seiner Freunde bekannt gemacht?“, wollte Hakuei schulterzuckend wissen. „Nein, das stimmt“, musste Kamijo zugeben. „Aber wir waren auch nicht das klassische Liebespaar. Wir haben uns nicht allzu oft gesehen und weniger über persönliche Beziehungen geredet als über unsere Meinungen zu verschiedenen Themen.“ „Ja, so war er...“ Der Sänger senkte kurz den Blick. „Ich kenne... kannte ihn jetzt etwa viereinhalb Jahre, und am Anfang war er auch nur daran interessiert, mehr über meinen Beruf herauszufinden als über mich persönlich. Dann haben wir angefangen, manchmal miteinander zu spielen, er Bass, ich Gitarre, und irgendwann haben wir uns richtig angefreundet.“ Es passte Kamijo nicht, dass dieser Typ sich einbildete, Lay so viel besser zu kennen und eine viel engere Beziehung mit ihm gehabt zu haben als er, Kamijo. Sie hatten doch wohl über alles geredet, was wichtig im Leben war – die Liebe, den Tod, Freundschaften, Fantasie, Inspiration, die Musik der Worte, Sprache überhaupt, bedeutende Persönlichkeiten, Politik... „Wer ist das überhaupt?“, fragte Hakuei gerade und deutete mit dem Kinn in Kayas Richtung. Der Schwarzhaarige war offensichtlich gerade dabei, mit einem halbwegs gutaussehenden Mittvierziger zu flirten, er kicherte, stupste den anderen am Arm an und war sich dabei ganz offensichtlich des hingerissenen Blicks des anderen voll bewusst. „Er heißt Kaya“, antwortete Kamijo und musste gegen seinen Willen lächeln. „Führt ein kleines Kunstatelier in der Stadt hier, hat sich mit Lay über Kunst unterhalten, kannte ihn aber nicht wirklich gut. Er scheint sehr nett zu sein.“ „Ja, genau die Sorte Mensch, die Lay bevorzugen würde“, bemerkte Hakuei mit einem Schau-mal-wie-viel-ich-über-ihn-weiß-Tonfall. (Oder vielleicht bildete Kamijo sich den auch nur ein.) „Ziemlich extravagant, um es so auszudrücken. Genauso wie Sie.“ Kamijo wusste nicht, ob dieser Kommentar als Kompliment, Feststellung oder Beleidigung gemeint war, und überging ihn deshalb kurzerhand. „Ich habe Sie beim Gottesdienst überhaupt nicht bemerkt“, meinte er. „Ich war auch nicht da“, bestätigte Hakuei die Vermutung des anderen. „Einmal, weil ich es wahrscheinlich nicht hätte ertragen können, und zweitens, weil ich kein Mensch für Bestattungen bin. Hinterher bin ich meist zu nichts mehr zu gebrauchen.“ Er lächelte leicht. „Aber Kaede – das ist seine Mutter – hat mich dazu überredet, wenigstens jetzt hier zu sein.“ Schau-mal-wie-toll-ich-mich-mit-seiner-Familie-verstehe-ich-wurde-sogar-eingeladen. Kamijo verengte seine Augen leicht und sah sich anschließend kurz im Raum um. Keine blonden Haare zu finden. „Haben Sie jemanden mit hellblonden Haaren hier herumlaufen sehen?“ „Wissen Sie, wer das ist?“, fragte Hakuei zurück. „Noch nicht.“ „Schade, ich dachte, Sie könnten es mir vielleicht sagen. Wollen Sie sich jetzt mit jedem hier anfreunden, der etwas auffälliger ist?“ Schau-mal-ich-hab-dich-schon-durchschaut-du-halbe-Portion. „Nein, er interessiert mich einfach“, entgegnete Kamijo distanziert. „Haben Sie ihn jetzt gesehen oder nicht?“ „Er ist auf die Terrasse gegangen“, antwortete Hakuei mit einem nachsichtigen Lächeln. „Durch das Wohnzimmer, hinten rechts.“ Kamijo bedankte sich knapp und war froh, dem Sänger entgehen zu können. Am Anfang hatte er ja noch recht nett gewirkt, aber mit der Zeit war er ziemlich nervig geworden. Der Braunhaarige bahnte sich seinen Weg durch die Trauergäste, bekundete Lays Eltern noch kurz sein Mitgefühl und stellte sich als ‚ein Freund’ vor, ehe er auf die Terrasse trat. Außer ihm und dem jungen Mann mit den blonden Haaren war sonst keiner draußen. Kamijo fielen die Ringe um die rotgeweinten Augen des anderen auf, überhaupt machte er einen sehr fragilen und instabilen Eindruck. Trotz allem war er stylish gekleidet, trug eine schwarze Designerjacke, darunter ein Shirt derselben Farbe, woran eine Sonnenbrille hing. Erst einmal wortlos zog der Schauspieler eine Zigarettenpackung hervor und gesellte sich zu dem Blonden. Er zündete sich eine Zigarette an und hielt seinem Nebenmann die Packung hin. Der musterte diese erst, dann denjenigen, der sie ihm hinhielt, nahm sich eine und ließ sich Feuer geben. „Danke“, murmelte der junge Mann und schniefte einmal leise. Kamijo betrachtete ihn von der Seite. „Alles okay?“ „Ein verdammter MENSCH ist gestorben, NICHTS ist okay!“, fauchte der ihn gereizt an und fuhr sich anschließend durch die Haare. „Entschuldigung. Wirklich, tut mir leid. Ich bin fertig. Entschuldige.“ Der Braunhaarige schüttelte kurz den Kopf. „Schon okay.“ „Weißt du, ich frag mich nur... warum MACHT er so’ne Scheiße?!“ Der Blonde nahm einen Zug von seiner Zigarette. Seine Hände zitterten, fiel Kamijo auf. „Ich meine, er hat gerne getrunken, meinetwegen, er hat sich ja auch nicht die Birne weggesoffen, aber...“ Er brach ab und schniefte erneut. „Und dann so was! Ich meine... das ist nicht richtig! Warum macht er so was? Was soll das? Wollte er...“ Erneut verstummte er und wischte sich diesmal kurz über die Augen, warf anschließend seine Zigarette auf den Boden und trat sie aus. „Scheiße...“ Kamijo berührte ihn kurz am Arm, sagte aber nichts. Die Fragen ließen auch ihn nicht kalt, er hatte sie sich auch schon etliche Male gestellt. „Das ist so... er war... ach, Scheiße!“ Der Blonde warf sich Kamijo beinahe an den Hals, weshalb er keine andere Wahl hatte, als auch die Arme um ihn zu legen und ihm beruhigend über den Rücken zu streichen. „Tut mir leid... es tut mir leid“, murmelte der andere unentwegt und schniefte zwischendurch immer wieder. „Ist okay, wirklich“, gab Kamijo ruhig zurück und drückte den Blonden noch einmal fest an sich, bevor er ihn wieder los ließ. „Danke... Ich bin übrigens Juka. Wirklich, das ist voll nett von dir, danke...“ „Kein Problem. Ich bin Kamijo Yuuji“, entgegnete der Braunhaarige kopfschüttelnd. „Du musst dich nicht immer entschuldigen. Ich weiß, dass es nicht leicht ist.“ „Ja, und vor allem...“ Juka atmete einmal tief durch und sah kurz zur Seite. „Ich hab ihn geliebt. Ich hab ihn richtig geliebt, mehr als jeden anderen vorher. Er war... wenn du ihn kennst, dann weißt du, was ich meine. Er war einfach besonders.“ Aha, dachte Kamijo und hob die Augenbrauen unmerklich. „Und, Gott, ich wollte die ganze Zeit mit ihm zusammen sein. Wahrscheinlich bin ich ihm auf die Nerven gegangen, aber... ich konnte nicht anders. Und an dem Abend wollte er mal alleine sein, und ich hab ihn so vermisst, und am nächsten Tag hat er nicht angerufen und dann... hab ich’s erfahren. Weißt du, wir waren glücklich zusammen!“ Moment mal. „Du warst mit ihm zusammen?“, wiederholte Kamijo ungläubig. „Ja, seit... ich weiß nicht... eineinhalb Jahren, glaube ich. Und-“ „Das kann nicht sein.“ Juka sah ihn verständnislos an. „Warum?“ „Weil ich vor einem Jahr mit ihm zusammen gekommen bin.“ Jetzt wurde sein Blick entgeistert. „WAS?!“ Oh, verdammt. Kamijo wollte gerade etwas erwidern, da schlug Juka zu. Obwohl er so schwächlich aussah, Kraft hatte er genug. Der Braunhaarige stolperte ein paar Schritte rückwärts. „Hey, ruhig!“ „DU LÜGST!“, schrie Juka, nun verzweifelt. „Das kann nicht sein, du erzählst hier irgendwelche Lügen!!“ „Was ist hier los?“, wollte Hakuei wissen, der gerade eben auf die Terrasse getreten war. Den Blonden interessierte das kein bisschen. „Du wagst es, so was zu sagen?! Das ist... du Arschloch!“ Und damit stürzte er sich auf Kamijo. „Lass mich los! Ich hab gesagt, du sollst mich loslassen! LASS MICH GEFÄLLIGST LOS!! Ich zeig dich an! Körperverletzung! Nötigung! LASS – MICH – LOS!!“ Trotz Jukas lautstarker Proteste und trotz der Tatsache, dass er wild um sich schlug und trat, was beides mit Erschrecken von den umherstehenden Gästen wahrgenommen wurde, schleppte Hakuei den Blonden unbeeindruckt durch das Haus nach draußen vor die Tür, wo er ihn unsanft auf den Bürgersteig schubste. „Geht’s dir noch gut?“, fragte der Sänger, selbst sichtlich verärgert, und baute sich vor Juka auf. Der Angesprochene starrte ihn erst einen Augenblick wütend an und wandte sich dann an Kamijo, der den beiden gefolgt war und seinen schmerzenden Wangenknochen betastete. „DU!“, rief er aufgebracht. „Nimm das zurück, was du grad gesagt hast!“ „Warum sollte ich?“, fragte Kamijo schulterzuckend. „Es ist die Wahrheit. Ich war mit ihm zusammen.“ „WARST DU NICHT!“ Juka wollte sich bereits wieder auf ihn stürzen, aber Hakuei packte ihn am Schlafittchen, riss ihn zurück und schnauzte ihn an. „Meinst du, es bringt irgendetwas, wenn du hier so eine Szene machst?! Reiß dich doch mal endlich zusammen und mach dir mal klar, wo du dich gerade befindest!!“ Trotzdem versuchte der Blonde immer noch, sich loszureißen und wieder auf Kamijo loszugehen, weshalb der Sänger ihm kurzerhand so in den Magen schlug, dass er hustend, nach Luft schnappend und sich den Bauch haltend zu Boden sank. „Hast du dich jetzt endlich wieder unter Kontrolle?“, fuhr Hakuei ihn an. „Lasst mich... doch alle in Ruhe!“, rief Juka mit brüchiger Stimme, bevor er in Tränen ausbrach, die Knie an seine Brust zog und seine Stirn darauf legte. Kamijo und Hakuei wechselten einen Blick. „Was ist denn überhaupt passiert?“, fragte eine helle Stimme hinter dem Schauspieler mitfühlend. „Es scheint, als wäre ich nicht Lays einziger Freund gewesen“, klärte Kamijo Kaya hilfsbereit auf. „Ich hab ihn geliebt!“, schluchzte Juka leise. Hakuei hockte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ach Gott, wie schrecklich!“, entgegnete Kaya, sichtlich geschockt. „Ja, das trifft es eigentlich ganz gut“, bemerkte der Braunhaarige leise und befühlte erneut seine Wange. „Wird das hier irgendwie rot?“, fragte er seinen Nebenmann. Kaya musterte ihn eindringlich und legte den Kopf schief. „Sie ist etwas dicker als die andere Wange“, gab er vorsichtig zurück. „Und auch ein bisschen rot, ja.“ „Exkremente“, murmelte Kamijo. „Ich muss morgen auftreten. Wenn das ein Bluterguss wird, kann ich IHN aber anzeigen!“ „Ich glaube, dass das keine so gute Idee wäre“, erwiderte Kaya zweifelnd und betrachtete das Häufchen Elend auf dem Bürgersteig. „Und vor allem – auf mich macht er nicht den Eindruck, als sei er ... zurechnungsfähig.“ „Wird ja immer besser.“ Kamijo seufzte leise. „Wahrscheinlich braucht er einfach ein bisschen Gesellschaft“, überlegte der Schwarzhaarige besorgt und gesellte sich zu den beiden anderen, hockte sich ebenfalls hin und begann, leise auf Juka einzureden. Natürlich, dachte Kamijo, Kümmert euch nur um den, der ‚nicht zurechnungsfähig’ ist und mich so verunstaltet hat, dass ich sehr viel Schminke brauchen werde, um überhaupt normal auszusehen. Kopfschüttelnd wandte er sich ab und begann, den Bürgersteig in die andere Richtung entlang zu gehen, zu seinem Auto hin. Er hatte genug – so konnte er Lay nicht angemessen verabschieden. „Kamijo!“ Er blieb stehen und drehte sich um. Kaya kam auf ihn zugelaufen, wenn man es denn so nennen konnte – er trug Plateauschuhe und war deshalb von Grund auf nicht so schnell. Er nahm Kamijos Hände und sah ihn bittend an. „Verzeihung, ich habe nicht gefragt, ob ich Kamijo sagen darf...“ „Darfst du, und duzen meinetwegen auch“, seufzte der Braunhaarige. „Was ist denn?“ „Willst du jetzt schon gehen?“ „Ich wüsste nicht, was ich hier noch verloren habe.“ „Möchtest du nicht erst einmal die ganze Sache mit Juka klären? Ich glaube, das würde ihm helfen. Bitte, du weißt, er hat es nicht so gemeint, er hat jemanden verloren, den er geliebt hat, er ist-“ „Und ich etwa nicht?“, fragte Kamijo herausfordernd und wusste im selben Moment, dass er verloren hatte – und zwar gegen sich selbst. Er hatte Lay nicht geliebt. „Doch, natürlich, entschuldige“, gab Kaya beschämt zurück und sah kurz zu Boden. „Nur bleibst du dabei ruhig, du kannst dich beherrschen, du bist deutlich vernünftiger als Juka. Und du könntest ihm dabei helfen, dass es ihm wieder etwas besser geht.“ Kamijo musterte sein Gegenüber einen Moment. „Okay. Meinetwegen. Aber nur, weil du es bist.“ Das brachte Kaya zum Grinsen. „Dankeschön! Dann komm.“ Er zog den anderen mit sich zurück zu Hakuei und Juka, die sich nebeneinander auf den Bürgersteigrand gesetzt hatten und leise miteinander redeten. Der Schauspieler überlegte kurz und setzte sich schließlich kurzerhand vor Juka auf die Straße, sich vor sich selbst damit rechtfertigend, dass seine Hose bestimmt sowieso schon dreckig war. Sobald der Blonde ihn allerdings sah, zeichnete sich wieder Wut in seinem Gesicht ab. „Sieh mich bitte nicht so an“, forderte Kamijo leise. „Ich kann genauso wenig für unsere Situation hier wie du, ja?“ „Du wusstest, dass er mit mir zusammen ist“, gab Juka leise zurück und verengte seine Augen zu schmalen Schlitzen. „Woher hätte ich das wissen sollen?“, fragte Kamijo mit hochgezogenen Brauen. „Kanntest DU irgendwelche Freunde von ihm?“ Der Blonde zögerte. „Ich auch nicht. Und Hakuei auch nicht. Und er war ziemlich eng mit ihm befreundet. Wenn er mir und dir nicht mal von seinen Freunden erzählt hat, warum sollte er mir erzählen, dass er außer mir noch einen anderen Freund hat?“ Diese Logik schien selbst Juka einzuleuchten. „Aber... ich meine... warum?!“ „Warum er neben mir noch jemand anders hatte, kann ich mir gut vorstellen“, entgegnete Kamijo und überlegte. „Ich meine... nicht, dass ich so schrecklich bin, aber wir haben uns nicht so oft sehen können, da er mit seinem Studium und ich mit meinem Beruf beschäftigt war. Und wenn ich er gewesen wäre, dann hätte mir das auch nicht gereicht. Ich habe schon vermutet, dass er neben mir noch jemand anderes hatte, aber ich habe ihn nie darauf angesprochen. Es interessierte mich auch nicht wirklich.“ „Es interessiert dich nicht?!“, wiederholte Juka fassungslos. „Wie kann’s dich nicht interessieren, wenn dein Lover mit anderen Typen vögelt??“ „Weil es mir bei ihm nicht in erster Linie darum ging, mit ihm ins Bett zu gehen“, erwiderte Kamijo pikiert. „Ich genoss seine Gesellschaft, ich war unheimlich gerne mit ihm zusammen. Aber ich wusste, dass ich nicht gierig werden durfte, sonst hätte beides darunter gelitten, meine Schauspielkunst und sein Literaturstudium, und deshalb habe ich mich damit zufrieden gegeben, was ich kriegen konnte, ohne dass es auf mein sonstiges Leben einen negativen Einfluss nahm.“ Man konnte Juka beim Denken zusehen, wie er versuchte, diesen Satz in seine Einzelteile aufzuspalten und zu verstehen. „Also... hattet ihr eine plastische Beziehung?“ „Plastisch?“, wiederholte der Schauspieler und hob eine Augenbraue. „Meinst du platonisch?“ „Ja, genau. Oder so ähnlich. Das ist doch das ohne Sex, oder?“ „Ehm, ja. Das ist das ohne Sex“, entgegnete Kamijo trocken. „Aber nein, hatten wir nicht. Mich hätte es allerdings nicht gestört, wenn es so gewesen wäre, ich hätte sicherlich woanders das bekommen, was ich brauchte, nur bei ihm konnte ich beides vereinen – körperliche und geistige Befriedigung.“ Juka musterte ihn befremdet. „Du hast das B-Wort gesagt“, meinte er. „Solange ich kein ‚selbst’ davor setze, befindet sich alles im grünen Bereich“, gab Kamijo genervt zurück, der aus den Augenwinkel sah, wie Kaya sich ein Kichern verkneifen musste und selbst Hakueis Mundwinkel zuckten. Der Blonde schwieg irritiert. „Soweit zu meiner Beziehung zu ihm“, seufzte Kamijo. „Wie standet ihr euch denn gegenüber?“ „Wir liebten uns“, kam es wie aus der Pistole geschossen zurück. „Und... du kannst dir absolut nicht vorstellen, warum er außer dir noch jemand anderes haben wollen würde?“, tastete der Braunhaarige sich weiter vor. „Nein.“ Ich schon, dachte Kamijo, Du bist nämlich nicht nur außen am Kopf blond. „Kannst du dir vorstellen, dass er vielleicht mit dir nicht die Gespräche führen konnte, die er gerne geführt hätte?“, wollte er vorsichtig wissen. „Kamijo...?“, schaltete Hakuei sich leise ein. Er und Kaya hatten bis dahin schweigend und offenbar interessiert gelauscht. „Was denn?“, wollte der Angesprochene abwehrend wissen. Juka sah zwischen ihnen hin und her. „Moment mal, was? Was meint ihr damit?“ „Du sollst nicht eure verschiedenen Beziehungen aufs kleinste Detail analysieren“, fügte Hakuei ernst hinzu. „Das ist nicht Sinn der Sache.“ „Was denn dann?“, fragte Kamijo und schaute Hakuei und Kaya fragend an. Die beiden erwiderten seinen Blick wortlos. Ach so, dachte er, Ich soll gerade keine Klärung schaffen, sondern irgendetwas sagen, sodass es dem Kleinen besser geht. „Worum geht’s eigentlich grad? Was meinst du damit, dass er mit mir nicht reden konnte, wie er wollte?“, bohrte Juka aufgebracht weiter nach. „Meinst du, dass er dich zum Reden und für ‚geistige Ergüsse’ haben wollte und mich nur zum Vögeln!?“ „Bitte, nicht solche Wörter!“, mahnte Kaya ihn erschrocken. „Ist es nicht so gewesen?“, verteidigte Kamijo sich, frei nach dem Motto ‚Angriff ist die beste Verteidigung’. „So war es doch, oder nicht? Du konntest ihm nicht das geben, was er wollte, und deshalb ist er zu mir gegangen!“ „DU ABER AUCH NICHT!“, rief Juka, sichtlich tief getroffen. „Du konntest ihm auch nicht das geben, was er wollte, sonst hätte er mich für dich verlassen! Aber nein, er ist bei mir geblieben, außerdem war ich VOR dir da, ist dir das klar?!? Ich kenne ihn länger als du!!“ „Bitte, beruhigt euch!“, mischte der Sänger sich nun wieder ein. „Kommt wieder runter, ihr wisst doch überhaupt nicht mehr, was ihr sagt!“ „Ja, das glaube ich auch. Aber ICH muss so was nicht haben! Ich hab schließlich auch noch meinen Stolz.“ Mit den Worten stand Kamijo auf und begab sich ein weiteres Mal in Richtung seines Autos. Nun allerdings versuchte keiner, ihn aufzuhalten. „DU HAST ZU VIEL DAVON!“, schrie Juka ihm hinterher. Kamijo war versucht, sich umzudrehen und dem Blonden nun seinerseits eine reinzuhauen, beherrschte sich allerdings. Nein, er würde sich nicht auf dieses Niveau herablassen. Er war schon derangiert genug. Unzufrieden setzte er sich ins Auto und betrachtete sich eine Weile in verschiedenen Spiegeln. Er wirkte aufgewühlt, überhaupt nicht wie er selbst. Und abgesehen davon verfärbte seine Wange sich langsam violett. Idiot, dachte Kamijo, während er nach Hause fuhr, Schwachkopf. Trottel. Depp. Vollpfosten. Und als er bei sich in der Wohnung angekommen war, ärgerte er sich noch ein bisschen mehr. |-|=|-| to be continued! Wenn's euch gefallen hat, teilt es mir mit! - Wenn nicht, dann auch =) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)