Passed Memory von bl_and_ld (Puzzleshipping) ================================================================================ Kapitel 10: Ägyptische Sonne und Träume, die der Realität nicht standhalten können ---------------------------------------------------------------------------------- #"blablabla"# ist mal wieder Ägyptisch ********************************************************************************* Kapitel 10: Ägyptische Sonne und Träume, die der Realität nicht standhalten können Endlich! Endlich bin ich wieder in Ägypten. Die letzte Woche war schon fast eine Qual und das obwohl mir eine riesige Poollandschaft und eine Sauna in dem Wellness – Bereich des Fünf – Sterne – Hotels in Griechenland zur Verfügung stand. Ich konnte es vor Erwartung und Vorfreude einfach kaum noch aushalten. Für manche Dinge im Leben fehlt mir einfach die Geduld. Mein Großvater hatte dieses Hotel extra gebucht, um mich von meiner Ungeduld abzulenken. Er kannte mich ja schon ziemlich gut in dieser Hinsicht. Außerdem hatte Opa wortwörtlich gemeint: „Wir verbringen die nächsten vier Wochen in einem Zelt, mit nichts weiter außer einem wackeligen Klapptisch, einem Feldbett und einer Kiste, um darauf zu sitzen. Wohl gemerkt unter der heißen Sonne der östlichen Wüste. Da ist ein bisschen Luxus vorher erlaubt.“ Diesen Luxus hatten wir uns wirklich verdient. Gleich an dem Tag nach meinem Vortrag – dem Wochenende vor dem richtigen Beginn der Ferien – flogen mein Großvater und ich nach Griechenland. Der Flug war mörderisch. Trotz Direktflug waren wir über achtzehn Stunden unterwegs. Dies war der Pflichtbesuch bei meinen Eltern, bevor der Teil der Ferien beginnen würde, auf den ich mich wirklich freute. Es hatte mir schon fast körperlich wehgetan Japan zu verlassen, denn so konnte ich Yami ganze sechs Wochen lang nicht sehen. Auch wenn die Chance gering war, hätten wir uns doch zumindest mal auf der Straße begegnen können, doch ich war noch nicht einmal im gleichen Land wie er. Für mich kam es einem Weltuntergang gleich. Doch dann auch noch eine Woche warten zu müssen, bis ich nach Ägypten durfte? Mich so auf die Folter spannen war unfair! Ich konnte es kaum erwarten die Ausgrabungsfortschritte an dem Palast zu sehen. Den Palast an sich überhaupt wiederzusehen. Ich wollte den Ort wiedersehen, an dem ich vor tausenden von Jahren so glücklich gewesen bin. Dies war allerdings nicht der einzige Grund, aus dem ich mich so sehr auf dieses Land freute. Ich hatte es meinem Großvater nie erzählt, aber immer wenn ich in Ägypten war – egal ob im Hotel oder an einer Ausgrabungsstätte – waren meine Träume um so vieles klarer. Ich sah Einzelheiten in diesen Erinnerungsbruchstücken, die mir in Japan nie aufgefallen waren. Zum Beispiel konnte ich den Duft der Blumen im Palastgarten wahrnehmen oder ich erinnerte mich an das Gefühl, wenn die erste warme Brise des neuen Morgens mich geweckt hatte. Die Bilder waren nicht mehr trübe und matt, sondern in den sattesten Farben. Keine vergilbten Erinnerungen, sondern so als wären die Ereignisse gerade wirklich passiert. Manchmal kamen auch neue Erinnerungen hinzu. Ich hatte zwar fast mein damaliges Leben fast vollständig zusammen, doch es waren einige Lücken vor meinem Tod, die ich einfach nicht aus eigener Kraft füllen konnte. Da war etwas – seltsamerweise etwas von dem ich glaube, dass es nach meinem Ableben passiert war – an das ich mich unbedingt zurückerinnern musste. Es war etwas sehr wichtiges, denn mein gesamtes Innerstes schien danach zu schreien es zu erfahren. Es machte mich fast wahnsinnig, dass ich nicht darauf kam, was es war. Eine Art Blockade schien mein Bewusstsein von diesem Teil meines Lebens – oder auch Todes – zu trennen. Ich hatte sehr gehofft, der Aufenthalt in Ägypten würde mir auf die Sprünge helfen. Diese eine Woche in Griechenland. Sie zögerte einfach alles hinaus. Sie störte mich. Sicher, ich freute mich darauf meine Eltern endlich wiederzusehen. Schließlich hatte ich sie jetzt fast ein halbes Jahr lang nicht mehr gesehen. Sogar länger. Waren es jetzt nicht fast genau acht Monate? Die Sache mit meinen Eltern hat nur einen Haken: Egal wie sehr ich sie liebe und vermisse, die Treffen mit ihnen sind immer sehr frustrierend. Auf der einen Seite wollen sie nicht, dass ich ihnen bei ihren Ausgrabungen und Recherchen irgendwie in die Quere komme, auf der anderen Seite scheinen sie richtig beleidigt darüber zu sein, dass mein Interesse an der griechischen Antike und der sonstigen Historie – allgemein an ihrer Arbeit –verschwinden gering ist. Fast schon gar nicht vorhanden. Nicht einmal die Mythologie macht es spannend für mich, aber daran sind meine Eltern selbst mit ihrer Einstellung Schuld. Was soll ich denn machen? Es fällt mir schwer Interesse für etwas zu entwickeln – oder auch nur zu heucheln – zu dem ich weder einen persönlichen, noch einen praktischen Bezug habe. So gesehen bin ich wohl eine ziemliche Enttäuschung für meine Eltern. Wir haben überhaupt nichts, außer den familiären Banden, dass uns verbindet. Sicher, ich weiß dass sie mich lieben und ich liebe sie auch, aber manchmal ist es so, als würden wir verschiedene Sprachen sprechen. Trotz der Faszinierenden Geschichte, mit all den Mythen und Legenden, den versunkenen Städten und sagenhaften Königen, sehen sie ihren archäologischen Auftrag nur in den Daten und Fakten. Sie erforschen die Geschichte eines Landes, ohne das zu berücksichtigen, was diese Geschichte geprägt hat. Sie arbeiten ohne auf die Seele und den Charakter des Landes einzugehen. Es ist diese Einstellung, die jeglichen auflodernden Flammen des Interesses im Keim erstickt. Doch jetzt – jetzt bin ich in Ägypten. Wir haben einen Tag in einem Hotel in Kairo verbracht. Alleine die Luft hier ist so anders als in Japan oder Griechenland. Ich habe das Gefühl die Geschichte hier einatmen zu können. Gut, nicht unbedingt in diesem Touristenparadies aus Glas und Beton, aber gestern Abend auf der Fahrt durch die Stadt ins Hotel. Der Jeep, der Großvater und mich abholen soll, steht schon vor unserer noblen Unterkunft. Ich schnappe mir meinen Rucksack und laufe so schnell wie ich nur kann die Treppen hinab und vor das Hotel. Meine Güte, wie ich mich freue Odion wiederzusehen. Er erinnert mich immer an einen gutmütigen Riesen aus den europäischen Märchen. Odion ist bestimmt doppelt so alt wie ich – vielleicht sogar noch älter – aber er lässt sich trotzdem noch auf die unmöglichsten Scherze und Streiche ein. Er sieht etwas grummelig – manche sagen auch angsteinflößend – aus, aber in Wahrheit hat er ein Herz aus Gold und einen einmaligen Humor. Als ich vor ihm zum Stehen komme, grinst er mich sofort an und wuschelt mir durchs Haar. Diese Angewohnheit von ihm mag ich nicht besonders. Ich komme mir dann immer vor, als wäre ich ein flauschiges Haustier, das man unbedingt streicheln muss oder wie ein kleines Kind. Beides kann ich nicht ausstehen. „Na Kurzer“, begrüßt er mich fröhlich, „auch wieder im Land? Arthur kann es kaum noch erwarten, seinen Schwiegersohn in spe wiederzusehen. Deine Verlobte ist aber nicht da. Sie verbringt diesen Sommer bei ihrer Mutter.“ „Ja, ja. Den Ruf als Schwiegersohn in spe und ‚Teddybärretter’ werde ich auch nie wieder los“, grummle ich ihm entgegen. Es ist wahr, die Geschichte, wie ich Rebeccas Teddy vor dem Kamel gerettet habe, hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet und hält sich noch bis heute. Auch dass die Enkelin des Ausgrabungsleiters mich als ihren Verlobten ansieht, ist unter den festen Mitgliedern des Ausgrabungsteams verbreitet. Obwohl es nichts ist wofür man sich schämen muss, ist es mir peinlich, dass alle so darauf herumreiten. „Ach komm Yugi, nimm es nicht so persönlich. Wir allen haben nichts dagegen, dass du die kleine Rebecca abkriegst. Wir gönnen dir diese Liebe. Sie redet immer nur von dir“, neckt er mich weiter mit einem breitem Grinsen im Gesicht. Dann dreht er sich zu meinem Großvater, der bereits im Wagen auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat und ruft ihm zu: „Hey Sogoroku, glaubst du nicht auch, dass junge Liebe schön sein muss?“ Mein Großvater lacht nur. Er weiß ja, dass aus Rebecca und mir nichts werden wird. Er kennt ja meine Vergangenheit. Er weiß, dass meine Träume einmal Wirklichkeit waren. Während ich hinten in den Jeep klettere, bemerke ich, dass Odion mich mustert und die Stirn runzelt. „Habe ich irgendwas am Rücken oder an der Hose kleben? Oder warum starrst du so?“, frage ich ihn. „Es sind deine Haare…“ Er schweigt und das macht mich nervös. „Was? Was ist mit meinen Haaren? Hängt ein totes Tier darin oder was ist los?“ „Nein“, sagt Odion und ich höre das tiefe Lachen, das er zu unterdrücken versucht. „Ich dachte nur, dass deine Frisur ziemlich beliebt sein muss in Japan, denn wir haben einen Landsmann von dir da, dessen Haare auch versuchen ein explodiertes Sofakissen nachzuahmen. Von ganz alleine, genau wie bei dir.“ „Ach echt?“, frage ich interessiert. Das ist etwas komplett Neues. Bisher war noch kein einziger Japaner im Ausgrabungsteam von Arthur beschäftigt…außer mir und Großvater natürlich. Ich bin gespannt wie der Neue so ist. „Echt. Der Typ ist erst seit einer Woche da, aber er macht sich ganz gut. Ich glaube, du würdest ihn mögen. Er ist fast so besessen von dieser Ausgrabung, wie du, seit dem du erfahren hast, um was es sich bei den Ruinen handelt“, antwortet er mir und steigt ins Auto. Odion macht mich wirklich neugierig. Mal sehen, wie der unbekannte Landsmann so ist. Bevor der aufröhrende Motor mit seinem Krach alles übertönt, höre ich wie mein guter Freund zu mir sagt: „Es ist gut das du wieder da bist Yugi. Ich habe dich und deine Kochkünste echt vermisst. Ich habe diesen Linseneintopf so satt.“ Na klar, so war es schon immer, seit dem das Team herausgefunden hat, dass ich in der Küche ganz gut bin. Ich werde immer zum Kochen verdonnert, so lange ich da bin. Klar kann ich auch bei den Ausgrabungen mithelfen, aber meine Hauptaufgabe wird die Verpflegung von etwa dreißig bis vierzig hungrigen Ausgrabungshelfern sein, deren Appetit mit dem von ausgewachsenen Löwen zu vergleichen ist. ********** Kaum habe ich den Fuß aus dem Jeep gemacht, sehe ich schon Arthur auf uns zukommen. Mein Großvater und Odion waren schon schneller und sind ihm auf halben Weg entgegengekommen. Arthur begrüßt meinen Opa mit einem kurzen Handschlag und einer dafür umso längeren Umarmung. Als sie sich trennen, geht Arthur etwas in die Hocke und breitet seine Arme aus. Ich lasse meinen Rucksack fallen und laufe lachend auf ihn zu. Er schließt mich sofort in die Arme und wirbelt mich einmal herum. Das ist unser Ritual. So heißt er mich immer willkommen, seitdem ich ein kleiner Junge war. Er wirbelt mich noch ein Mal herum und ich lache wieder. Ich fühle mich so ausgelassen und frei. Wer hätte gedacht, dass ein Mann in seinem Alter noch über so viel Kraft verfügt? Als er stoppt schwirrt mein Kopf und meine sicht ist etwas verschwommen, aber ich glaube einen dreifarbigen Stachelkopf zu erkennen, der in einiger Entfernung zu uns steht. Das muss der Neue sein, der gleichzeitig ein Landsmann ist. Als ich meine Augen verenge, um die Person im Hintergrund zu erkennen, glaube ich, mich trifft der Schlag. Da steht tatsächlich Yami! Und…und er starrt zurück! Was hat er denn in Ägypten verloren? Sollte er nicht Urlaub machen und sich von seinen Schülern erholen? Yami schaut zurück auf eine Steintafel – oder mehr ein Fragment von einer. Er hält sie in den Händen und schüttelt den Kopf. Ich glaube er hat auch mich hier nicht erwartet. Ein leises Räuspern lenkt meine Aufmerksamkeit wieder auf Arthur. Stimmt. Einen kleinen Teil unseres Begrüßungsrituals habe ich vergessen. Ich glaube zwar, ich bin zu alt dafür, aber er besteht immer darauf. Es macht keinen Sinn mit einem Menschen, der etwa fünf Mal so alt war, wie man selbst, also drücke ich ihm einen schnellen Kuss auf die Wange. Dann ist mein Blick wieder bei Yami, der irgendwie seltsam wirkt. Er macht einen kleinen Schritt vorwärts und schwankt. Erschrocken keuche ich auf und erreiche so, dass mein Großvater und Arthur ihren Blick zu meinem Referendar wenden. Gerade rechtzeitig, denn in der nächsten Sekunde fällt er einfach so um. ********** Kreislaufzusammenbruch. So hieß die Diagnose des Arztes, der zum Ausgrabungsteam gehört. So ein kleines Medizinzelt ist immer von Vorteil, schließlich passieren auf solchen Expeditionen manchmal Unfalle und meistens ist die nächste Stadt hunderte von Kilometern entfernt. So wie jetzt. Ich bin verdammt erleichtert, dass es nur sein Kreislauf war und stinksauer, weil Yami nicht auf sich aufgepasst hat. Arthur hat mir erzählt, dass er heute und auch die letzten Tage ungeschützt in der heißen Sonne gearbeitet hat. Dieser…dieser Volltrottel hat nicht einmal ein Kappy aufgesetzt und sogar vergessen Wasser zu sich zu nehmen. Wie konnte er nur so unvorsichtig sein? Das hier ist schließlich eine Ausgrabung in der Wüste, da muss man auf die Signale seines Körpers hören, sonst bringt man sich in Lebensgefahr. Das ist doch das erste, was man lernt, wenn man ein Neuling ist. Außer meiner Wut, die hundertprozentig von der Sorge herrührt, und der Erleichterung, weil es nichts Ernstes ist, spüre ich auch noch etwas anderes…etwas, was mir absolut peinlich ist. Es ist mir nicht so wirklich aufgefallen, als ich Yami entdeckt hatte, weil ich mir nicht sicher war, ob er es tatsächlich war und als er dann umgekippt ist und Odion und ich ihn ins Medizinzelt geschleppt haben, war ich zu aufgewühlt um darauf zu achten…aber jetzt sitze ich hier ganz alleine und passe auf ihn auf und es springt mir förmlich ins Auge, dass er kein Hemd oder Shirt an hat! Gott, warum nur immer ich und warum in so ungünstigen Situationen? Das letzte Mal war es in dieser wichtigen Konferenz, wegen meiner Noten und jetzt das hier. Damals war es schon nicht so leicht gewesen, mich auf das zu konzentrieren was wichtig war und da habe ich nur den Ansatz seines Brustkorbes gesehen. Jetzt…jetzt liegt er vor mir und ich kann seinen komplett unverhüllten Oberkörper sehen. Mein Mund wird trocken und ich schlucke mehrfach hintereinander. Die Woche, die Yami bereits hier in Ägypten verbracht hat, hat bereits ihre Spuren hinterlassen. Nicht im negativen Sinn. Ganz und gar nicht. Die Haare sind etwas ausgebleicht, aber nicht stark. Yamis Haut ist gebräunt. Nicht zu stark, aber doch sehr deutlich zu unterscheiden, von seinem vorherigen Teint. Es steht ihm, aber ich kann mich nicht entscheiden, ob ich die etwas heller Hautfarbe oder diese sanfte, ebenmäßige Bräune an ihm mehr mag. Ich lasse meinen Blick über die Haut seines Oberkörpers wandern. Sie sieht so zart aus. Ich frage mich wie sie sich anfühlen würde Oh mein Gott…er hat Bauchmuskeln! Und was für welche! Richtig definiert und sie sehen fest aus. Es passt so gut zu seiner drahtigen Figur. Gerade jetzt sieht er dem Mann, der er in seinem früheren Leben war so ähnlich. Ich würde mich so gerne zu ihm herunterbeugen und ihn küssen. Das kann ich aber nicht tun. Yami ist schließlich ohnmächtig…das wäre doch sexuelle Belästigung! Oder? Vielleicht, wenn ich ihn nur ein bisschen berühre? Nur um zu fühlen, ob seine Haut wirklich so weich ist, wie sie aussieht und seine Bauchmuskeln wirklich so fest? Nur ein Mal ganz kurz? Ich schlucke wieder. Warum verdammt noch mal ist mein Mund so trocken? Und warum verdammt lässt man mich – einen Teenager mit hyperaktiven Hormonen – mit meiner großen Liebe allein. Verdammt, warum ist Großvater nur so schnell verschwunden? Er hätte doch wissen müssen, was diese Nähe zu Yami bei mir anrichtet! Er war doch auch mal jung und verliebt! Noch bevor ich wirklich merke, was ich da tue, strecke ich meine Hand aus und berühre sein Schlüsselbein. Meine Augen habe ich fest zusammengekniffen. Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass etwas Schlimmes passiert, sobald ich ihn berühre. Wie zum Beispiel das er genau in dem Moment aufwacht. Doch Yamis Atmung ist immer noch gleichmäßig und seine Augen geschlossen. Gut für mich. Seine Haut ist noch viel weicher und so warm. Einfach nur unwiderstehlich! Meine Fingerspitzen fahren von einem Schlüsselbein zum anderen. Das Gefühl seiner Haut unter meinen Fingern ist so vertraut. Es ist wie ein Deja vue. Natürlich ist es das. Dich gleichzeitig ist es so neu. Es ist anders, als in meinen Träumen, aber deswegen nicht schlechter. Nein, ganz und gar nicht. Ich bin unfähig meiner Hand Einhalt zu gebieten und so wandern meine Fingerspitzen weiter. Zurück zum Brustbein. Ich beobachte, wie sich die Brust beim Einatmen hebt und beim Ausatmen senkt. Meine Finger fahren das Brustbein entlang. Jetzt, da ich weiß, wie zart Yamis Haut sich anfühlt, kann ich ja auch gleich feststellen, ob die Muskeln auch so fest sind wie sie scheinen…wenn ich schon mal die Möglichkeit habe. Meine Finger gleiten weiter nach unten. Über den gut definierten Abdomen zum Bauchnabel. Alleine an der geraden Linie, die ich entlangfahre, kann ich die harten Muskeln spüren. Ich gebe einem inneren Drang nach und fahre eine der Muskelpartien dieses Six Packs nach, bevor ich wieder meinen Weg zum Bachnabel aufnehme. Gerade als meine Fingerspitzen ihr Ziel erreicht haben, zieht Yami seinen Bauch ein. Ich wimmere kurz auf und ziehe meine Hand zurück, als hätte ich mich verbrannt. Panisch drehe ich meinen Kopf, um sein Gesicht zu sehen. Yamis Augen sind noch geschlossen. Er murmelt etwas vor sich hin, das sich wie ‚Himbeeren’ anhört, aber sicher bin ich mir da nicht. Seine roten Augen öffnen sich und er sieht mich an. Der Glanz dieser strahlenden, rubinroten Seelenspiegel ist dahin. Sie wirken matt und müde, aber da ist ein Funkeln. Ein sehr kleines. Ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat. Für eine Weile starren wir uns nur an. In meinem Hinterkopf ist eine Stimme, die etwas zu mir sagt, aber ich bin viel zu abgelenkt von diesen Augen, die mich nun, da ihr Besitzer wieder vollkommen wach ist, so intensiv ansehen, wie noch nie zuvor. „Du bist…bist doch keine Halluzination?“, fragt Yami verwundert. Zu meiner absoluten Überraschung, streckt er seine Hand aus und kneift mich in den Arm. „AU!“ Was war das? Die Strafe dafür, dass ich ihn betatscht habe, während er ohnmächtig war? Verdient habe ich es zwar, aber trotzdem schaue ich ihn beleidigt an und – ich kann es selbst nicht fassen – ziehe einen Schmollmund. Ich fühle mich noch mehr beleidigt, als Yami flüstert: „Du bist tatsächlich echt. Ich fass es nicht.“ „Na klar bin ich echt! Was sollte denn das? Es tut doch weh!“ Und genau dieser letzte Satz, zeigt mir genau, wie blöd ich bin. Es tut weh und ich bin froh darüber, dass wir im Krankenzelt sind und da erst fällt mir ein, warum wir überhaupt hier sind! Die Stimme in meinem Hinterkopf ist plötzlich ohrenbetäubend laut und schreit mich an, ich soll die anderen und den Arzt holen, weil Yami ja wieder bei Bewusstsein ist. „Ähm…tut mir Leid. Ich hole den Doktor und Arthur. Sie hatten einen Kreislaufzusammenbruch Herr Athem. Sie sollten wirklich mehr auf sich Acht geben“, murmle ich und eile zum Zeltausgang. Odion steht zum Glück wenige Meter entfernt und erklärt gerade einem der Helfer, welchen Abschnitt, des abgesteckten Areals er sich vornehmen kann. Er sieht mich zum Glück sofort und scheint auch gleich zu wissen, warum ich aus dem Zelt gekommen bin. Odion deutet mir an ich soll zurückgehen und nach dem Patienten sehen. Ich kann mich darauf verlassen, dass er den Arzt holt. Gerade, als ich mich umdrehe um wieder nach Yami zusehen, stelle ich mit Entsetzen fest, dass er aufgestanden ist und versucht einige Schritte zu gehen. Er schwankt ganz schön und ich beeile mich wieder zu ihm zu kommen, um ihn zu stützen. Ich bin gerade rechtzeitig da, denn eine Sekunde später und er wäre wieder zusammengesackt. Behutsam aber doch bestimmt, dränge ich ihn zurück auf die Liege und lasse ihn setzen. Yami schaut mich an und ich kann so etwas wie Wut in seinen Augen funkeln sehen. Vielleicht nicht ganz so stark, aber eine Emotion, die in die Richtung geht. Unzufriedenheit vielleicht. „Lass mich los Yugi. Ich muss wieder zu meinem Areal. Die Steintafel, die ich gefunden habe…“ „Du gehst nirgendwo hin Yami!“, meine ich fest. Mir fällt erst auf, dass ich ihn mit seinem Vornamen angesprochen habe, als der Satz bereits meine Lippen verlassen hat. Ich ignoriere es einfach. Für Formalitäten und Höfflichkeit haben wir auch später noch Zeit. „Du wirst hier sitzen bleiben und warten bis der Arzt da ist. Erst wenn der dir etwas gegen die Mangelerscheinungen wegen deiner Dehydration gegeben hat und sagt, dass du gehen kannst, wirst du wieder rausgehen. Du hast deine Gesundheit da draußen gefährdet. Glaub mal nicht, dass Arthur darüber so einfach hinwegsieht“, sage ich bestimmt. Yami soll mal kapieren, wie unvorsichtig er war! Ich setze mich auf den Klappstuhl, auf dem ich schon vorher gesessen habe. #“Jetzt werde ich auch noch von einem Kind bemuttert. Ist das zu fassen?“# Diese zwei Sätze auf ägyptisch lassen mich aufhorchen. Es macht mich furchtbar wütend, dass Yami noch nicht einmal zu begreifen scheint, dass ich ihn nur zu seinem Besten zurückhalte. Sich dann darüber zu beschweren – und auch noch in einer anderen Sprache – kommt mir einfach so undankbar vor. Es ist einfach nur eine Beleidigung. Vergessen ist meine vorherige Schwärmerei und meine Begeisterung darüber ihn wiederzusehen. #“Würdest du nicht so sorglos mit deiner Gesundheit umgehen, wie ein kleines Kind, müsste ich dich auch nicht bemuttern!“#, rufe ich beleidigt aus und springe von meinem Stuhl auf. Ich habe ihm extra auf ägyptisch geantwortet, damit er auch weiß, dass ich ihn verstehen kann. Yami soll sich mal nichts darauf einbilden eine Fremdsprache zu beherrschen. Ich spreche vier! Wütend stapfe ich aus dem Zelt und würdige diesen undankbaren Kerl mit keinem einzigen Blick. Das hat man nun davon, wenn man sich Sorgen macht. ********** Mir dreht sich der Magen um. Nicht wegen dem Essen. Dafür bin ich ja selbst verantwortlich und ich kann von mir behaupten, dass ich ziemlich gut kochen kann. Es ist mein Traum von dieser Nacht. Ich weiß nicht warum. Ich habe nicht viel gesehen, aber das Gefühl, dass mich den ganzen Traum über verfolgt hat war immer noch da. Es ist ein tiefes Brennen in meiner Brust. Mein Körper fühlt sich an als hätte ich einen riesigen Klumpen von Yamis unverdaulichem ‚Essen’ im Bauch. Ach ja, Yami. Ich bin noch immer sauer auf ihn, aber irgendwie ist meine Enttäuschung größer. Ich weiß, dass dieses Gefühl von meinem Traum herrührt. Es ging mir schon öfters so, wenn ich an einige glückliche Momente erinnert wurde, dann herrschte dieses Gefühl des Glücks und der Zufriedenheit auch über die Nacht hinaus in mir vor. Doch das hier ist irgendwie anders. Ich fühle mich mies und klein und seltsam unbeutend. Ich habe das Gefühl, jeden Moment in Trennen auszubrechen und ich weiß, dass Yami – oder der Pharao, der er in seinem frühren Leben war – die Ursache für diesen Schmerz ist. Ich wünschte nur, ich wüsste was dieser Traum bedeutete. In meiner Erinnerung stand ich im Schatten mehrerer Säulen. Ich konnte genau erkennen, wie Atemu seine Gemächer verlies. Diese Räume und die Halle davor kannte ich nur zu gut, um sie nicht wieder zu erkennen. Schon bevor ich ihn sah, spürte ich diese herbe Enttäuschung in mir. Ein leiser Schmerz, weil etwas passiert war, von dem ich gehofft hatte, es würde nicht passieren und Wut auf mich selbst, weil ich so selbstsüchtig und so naiv war, an einen Traum zu glauben. Ich wusste nicht, was diese wirren Gefühle und Gedanken zu bedeuten hatten. Vielleicht würde ich sie verstehen, wenn ich die Erinnerung an das vorherige Geschehen zurückerlangen würde. Ich sah meinen Pharao lächeln. Zufrieden und in freudiger Erwartung auf etwas. Dieses Lächeln schnitt mir ins Herz. Leise folgte ich Atemu. Er schritt durch eine prunkvoll verzierte Tür. Die Symbole, die in das Holz geritzt waren, huldigten der Göttin Hathor. #“Hinter dieser Tür verbirgt sich die Liebe“#, lautete die Inschrift. Minutenlang stand mein früheres Ich da und starrte auf diese Tür. Ich…er…doch ich?...wir fühlten uns wertlos. Ungenügend und nutzlos. Unser Herz zerbrach beim Anblick dieser Tür und mir war nicht klar warum. Wir spürten so viele Emotionen in uns. Trauer, Verlust, Verrat. Alles um uns herum wurde trübe und matt. Die Farben. Die Geräusche. Das ganze Leben war grau. Auf den Weg in die Ställe verstand ich…er – ja er – dass etwas passiert war, was auf jeden Fall hätte passieren müssen. Früher oder später. Es war schon ein Wunder, dass es so lange gedauert hatte. Ein bitteres Lächeln, spielte um seine Lippen. Es tat uns beiden zwar weh, aber irgendwo tief in unserem Inneren wussten wir – oder viel mehr hörte ich es durch seine Gedanken – dass es richtig war. Nicht für uns, aber für Atemu. Wir setzten uns aufs Pferd. Mein früheres Ich hatte vorgehabt seine Mutter zu besuchen. Er wusste, sie würde ihn Trösten. Morgen. Morgen würde er wieder stark sein, aber heute wollte er einfach nur ein Kind mit gebrochenem Herzen sein, das von seiner Mutter getröstet wurde. Nur diesen einen Tag. Wir ritten los und die Umgebung um uns…um mich herum veränderte sich. Es war so, als würde man ein Video im Schnellspulverfahren sehen. Die Wüste raste unter und über mir hinweg. Ich sah das Haus, hörte die Rufe meines früheren Ichs nach seiner Mutter. Die Soldaten in der Tür, das Blut auf dem Boden des Hauses, alles raste an mir vorbei. Ich verstand nicht was die bewaffneten Männer zu mir sagten. Sah nur das Blut. Ich spürte den heftigen Schmerz, als eine von der Sonne gewärmte Bronzeklinge meine Brust durchbohrt und dann wurde alles noch schneller und schneller. Alles flog nur so dahin. Mit einer Geschwindigkeit, die mich gerade mal Farbblitze erkennen ließ. Die plötzliche Dunkelheit, die mich umfing war wie eine Explosion. Ich fühlte mich zerfetzt und trotzdem ganz. Mein Körper schwebt. Ich fühle mich vollkommen. All der Schmerz, den ich vorher gefühlt hatte war verschwunden. Alles was blieb war ein Gefühl der Zufriedenheit und des Glücks. Ich war schon sehr weit entfernt von der Welt der Lebenden. Alles um mich herum war weich und fließend, auch wenn es nur Dunkelheit war, die mich umgab. Die Stimme der Frau, die mir und meinem Liebsten eine zweite Chance versprochen hatte drang an mein Ohr. „Hany, du weißt die Götter haben dich allein für den Pharao erschaffen. Du erwärmst sein Herz und ergänzt ihn. Ihr seid perfekt zusammen. Doch merke dir mein Lieber, manchmal ist ‚perfekt‘ einfach nicht genug. Manchmal lohnt sich nicht jeder Schmerz für die Perfektion.“ Plötzlich war da ein gleißender Blitz und ich wachte auf. Was soll ich denn von diesem Traum halten? Ich grüble schon den ganzen Morgen darüber nach. Das Schlimme sind diese Gefühle, die mein Herz zu erdrücken scheinen und meinen Magen zu einem harten Klumpen verwandeln. Ich verstehe all diese Emotionen nicht einmal und doch beherrschen sie jetzt meinen Körper und mein Denken. Wie kann zum Beispiel etwas richtig sein, das mir das Herz bricht? Na ‚richtig’ ist vielleicht nicht das passende Wort dafür. Für mich – oder für mein früheres Ich – war es nicht richtig. Aus emotionaler Sicht war es absolut falsch. Alles in mir – in ihm – hatte sich dagegen gewehrt und doch hatte mein früheres Ich gewusst, dass dieser Schmerz irgendwo seine Richtigkeit hatte. Macht das überhaupt Sinn? Das etwas richtig und falsch ist zugleich? „Na Yugi? Was gibt es denn zu essen? Du siehst so verträumt aus…nicht dass das Essen noch anbrennt“, zieht mich Arthur auf. Ich bin im ersten Moment total verwirrt. Ich habe ihn nicht kommen gehört. Auch meinen Großvater nicht. Der steht hinter seinem alten Freund und grinst von einem Ohr zum anderen. „Och Arthur. Lass den Jungen doch mal. Er hat allen Grund zum Träumen, meinst du nicht?“ Beide sehen sich an und kichern los, wie Schulkinder. Ich runzle die Stirn. So sind die schon seit gestern. Seit dem sie aus dem Medizinzelt herausgekommen sind. Beide grinsen mich ständig an. Ich fühle mich, als würden sie heimlich Witze auf meine Kosten reißen. Das Verhalten der beiden macht mich schon neugierig. Was wohl hinter diesem ständigen Kichern und den bedeutsamen Blicken, in meine Richtung, steckt? Arthur und mein Großvater scheinen sich sehr darüber zu amüsieren. Da stellt sich mir doch nur die Frage: Will ich überhaupt wissen, was hinter ihren merkwürdigen verhalten steckt? Die Antwort darauf ist ganz klar: Nein, will ich ganz bestimmt nicht. Ich beschließe, dass es besser für mein Seelenheil ist, wenn ich im Dunkeln tappe und rühre in dem riesigen Topf mit Kartoffelsuppe herum. Es ist nicht einfach für knapp vierzig Personen zu kochen – vor allem nicht mit den wenigen halbwegs frischen Zutaten, die sich noch im Lager befanden – aber ich hatte ein Wunder vollbracht und einen Eintopf aus den Resten gekocht. Wer auch immer vorher für die Verpflegung zuständig war, hat wohl gedacht, man kann sich monatelang nur von Linsensuppe ernähren. Kein Wunder das Odion so froh war, dass ich jetzt für das Kochen zuständig war. Ich muss daran denken, ihm die Einkaufliste mit allen erforderlichen Lebensmitteln mitzugeben, wenn er in die Stadt fährt. Solche Einkauftouren werden nur ein Mal die Woche gemacht, um das Nötigste zu besorgen, also muss ich darauf achten, an alles zu denken, was ich an Lebensmitteln für die Woche brauche. Es ist ziemlich viel, denn außer den Dosensuppen gibt das Lager nicht viel her. Obwohl ich es schaffe, meine Gedanken mit der Einkaufsliste und dem seltsamen Verhalten von Arthur und meinem Großvater auf Trab zu halten, kehre ich immer wieder zu den Emotionen aus meinem Traum zurück. Die Aussage dieser Erinnerung von letzter Nacht war klar und deutlich: Mir wurde das Herz gebrochen…und es war mein Liebster, mein Pharao, der es mir gebrochen hat. Dieser Schmerz war nur der Bruchteil eines Erinnerungsfragments und doch war dieses Gefühl – auch im wachen Zustand – so stark, dass ich mir wünschte nie die Qualen eines gebrochenen Herzens erleiden zu müssen. ********** Es ist brütend heiß. Die Sonne scheint erbarmungslos vom Himmel und ich Trottel laufe über eine Wüstenebne. Sicher, es sind nur knapp zwanzig oder dreißig Meter von dem Nomadenlager bis zu der Palastruine, aber bei der Hitze könnte es auch gleich ein Kilometer sein, so anstrengend ist es. Man könnte meinen ich sei an die Sonne gewöhnt, schließlich fahre ich jeden Sommer nach Ägypten und bin jetzt auch schon einige Tage hier, aber es ist schon ein Unterschied, ob man sich im Zeltlager aufhält, wo man immer mal ein schattiges Plätzchen findet oder ob man über eine kahle Ebene läuft, die sich verdammt schnell aufheizt. Bisher war ich immer mit kochen, katalogisieren und säubern der Fundstücke beschäftigt gewesen. Ich half auch als Laufbursche etwas aus, in dem ich neue Pinsel oder Wasserflaschen zu den Helfern brachte, die am Rande dieser Ruinen, die sich in der Nähe des Zeltlagers befanden, arbeiteten. Ich sorgte auch zusammen mit Odion und dem Arzt des Teams dafür, dass es an nichts in den Lagern fehlte. Das war ich: Mädchen für alles und Laufbursche. Heute war es jedoch anders. Heute konnte ich den bereits ausgegrabenen Teil der Ruinen besichtigen. Es war etwas, was ich schon von Anfang an machen wollte. Arthur hatte mich vor etwa fünfzehn Minuten damit beauftragt, einige der Helfer zusammenzusuchen, damit er mit denen den weiteren Verlauf der Ausgrabung koordinieren konnte. Genau die Gruppe, die noch fehlte befand sich in den Ruinen und machte dort Fotos, um alles zu dokumentieren. Zu den fünf Helfern gehörte auch Yami und ich muss ganz ehrlich gestehen, mir ist nicht ganz wohl dabei, ihm zu begegnen. Unseren Streit von vor einer Woche haben wir zwar bereinigt – Yami hatte sich am nächsten Abend bei mir entschuldigt – aber trotzdem war die Stimmung zwischen uns etwas eisig. Das lag aber an mir. Ich versuchte fast krampfhaft etwas Distanz zu ihm zu halten…und weiß Gott, das war nicht einfach! Zum einem sehnte sich alles in mir danach in seiner Nähe zu sein und die Chance, die ich durch dieses unverhoffte Zusammentreffen hatte zu nutzen, um ihn an unsere Vergangenheit zu erinnern und zum anderen versuchte Yami auch irgendwie, so etwas wie ein kollegiales Verhältnis zu mir aufzubauen. Ich weiß nicht ob es daran lag, dass er ein schlechtes Gewissen hatte, wegen seiner Bemerkung im Krankenzelt oder ob er wirklich ein daran interessiert war, mit mir befreundet zu sein. Yami machte Witze. Er versuchte mich zum Lachen zu bringen, wenn wir uns unterhielten. Er fragte mich nach meiner Meinung, wenn er Probleme mit der Übersetzung an einigen der Steintafelfragmente hatte, die er fand und er aß sogar das Essen, das ich kochte. An einem Abend hatte er sich zwar selbst etwas in der Stadt geholt – er ist mit Odion zum Einkaufen gefahren – und hatte versucht sich eine seiner Kreationen zu zubereitet, doch aus irgendeinem Grund hat er kaum etwas davon gegessen. Es freute mich alles und ich half ihm auch gerne, gab ihm Antworten, wenn er welche brauchte, die ich ihm geben konnte, gab ihm etwas von dem Essen und lachte sogar über die Witze. Doch innerlich blieb ich distanziert und beschränkte meinen Kontakt mit ihm nur auf das Nötigste. Ich traute mich noch nicht einmal Yami in die Augen zu sehen. Warum? Alles nur wegen diesem dummen Traum! Jedes Mal, wenn ich in seine Nähe kam, war dieser Schmerz und die Enttäuschung wieder da. Mein Körper versteifte sich und in meinem Magen bildete sich dieser harte Kloß. Alles in mir schien sich darauf gefasst zu machen von einem weiteren harten Schlag getroffen zu werden. Ich machte mich unbewusst darauf gefasst, dass Yami mir genau so das Herz brechen würde, wie er es in seinem früheren Leben getan hatte. Ich konnte nicht einmal in dieses vertraute und schöne Gesicht sehen, ohne dass mir die Tränen in die Augen stiegen. Deswegen wollte ich ihm auch nie in die Augen sehen. Ich weiß, es ist dumm solche Ängste nur wegen einem Traum zu haben, aber ich fühle nun mal so. Dabei weiß ich noch nicht einmal warum ich damals so verletzt gewesen bin. Alles, was ich gesehen habe, war diese riesige Tür mit der Inschrift und genau dieser Anblick hatte mein Herz zerbrechen lassen. Bisher haben mir all meine Träume wahre Begebenheiten aus meinem früheren Leben gezeigt, doch noch nie war es so ungenau gewesen. Ich spürte, dass mir die Erinnerung daran fehlte, was vorher geschehen war. Das war nur das Ende einer Begebenheit aus meinem Leben. Die Erinnerung war unvollständig und nur mit dem richtigen Kontext – den ich nicht hatte – konnte ich sie verstehen. Vier der fünf Männer die ich suche, sehe ich sofort, als ich die Überreste des Torbogens passiere. Ich muss lächeln. Dies ist der Wohntrakt des Pharao gewesen. Die riesige – und früher einmal prachtvoll geschmückte Halle – war der Empfangsraum. Ähnlich einem Foyer in heutigen Geschäftsräumen. Von hier aus gehen zwei lange Gänge ab, einer führt zum Thronsaal, zu dem Saal, in dem die Berater ihre Konferenzen abgehalten haben du zu einem riesigen Saal, in dem die Feste und feierlichen Empfänge abgehalten wurden. Alle drei Räume befinden sich auf dieser einen Ebene. Der andere Gang führt in das obere Stockwerk, in dem sich die Gemächer des Pharao befinden. Sein Schlafgemach, die zwei Arbeitszimmer – eines, dass für ihn, seinen Cousin und alle Berater zugänglich war und eines, zu dem nur er und Seth Zugang hatten. Die vier Männer – Rishid, Michael, Robert und Ali – sind langjährige Mitglieder des Teams. Sie machen gerade Fotos von den Verzierungen des Raumes. Michael versucht etwas von einer Steintafel ab zu pauschen, um es später übersetzen zu lassen. „Hey ihr vier“, begrüße ich sie mit einem breiten Grinsen. „Hi Yugi. Was führt dich hierher?“, fragt mich Rishid. Michael schafft es gerade mal mir zu zunicken und Robert und Ali winken mir kurz zu. Sie sind eigentlich alle mit ihren Arbeiten beschäftigt. Es wundert mich zwar, dass ich Yami nirgends entdecken kann, aber ich richte erst einmal Arthurs Nachricht aus, bevor ich mich nach ihm erkundige. „Der Chef möchte, dass ihr wieder zum Lager zurückkehrt. Er will die nächsten Tage planen. Ein Paar von euch haben Anspruch auf Urlaub und wollten nach Hause fliegen. Er muss die Teams neu zusammenstellen und er will auch noch die Begehung für alle Ausgrabungshelfer klar machen. Arthur hat Angst, dass hier vielleicht etwas zu Schaden kommen könnte, wenn knapp vierzig Mann auf einmal hier durchmarschieren.“ „Ah okay, wir waren sowieso fast fertig. Nicht war Michael?“, fragt Robert in die Richtung des Blonden, der gerade den rechten, unteren Rand der Steintafel mit einem Kohlestift auf ein Blatt Papier zu bringen versucht. Der nickt nur hastig und murmelt: „Noch zwei Minuten, dann können wir.“ Gerade als ich nachfragen wollte, wo Yami steckt, fragt Ali mich: „Sag mal Yugi, würde es dir was ausmachen unseren Trainee zu holen. Der ist den Gang da lang, weil er sich etwas umschauen wollte. Er ist ja zum ersten Mal hier in den Ruinen. Ich sage auch Arthur Bescheid, dass ihr nachkommt, wenn es was länger dauert ihn zu finden.“ Er lacht auf und Rishid und Robert stimmen in das Lachen mit ein. Michael ist zu beschäftigt mit der Steintafel. „Ja, vielleicht hat er sich ja hier verlaufen oder so“, meint Robert scherzhaft. „Aber pass auf, dass du nicht auch noch verloren gehst, auf der Suche nach Yami. Nicht dass wir einen Suchtrupp nach euch losschicken müssen.“ Ich ignoriere die drei und gehe den Gang entlang, auf den Ali gezeigt hat. Die drei hatten schon immer einen seltsamen Humor gehabt, den ich nicht ganz teilen konnte. Es der Flur, der zu den Gemächern des Pharaos führ. Ab einem bestimmten Punkt, sind Stufen in die Wand geschlagen worden, die in einer sanften Steigung nach oben führen. In diesem schattigen Gang fingen meine Gedanken wieder an zu kreisen. „Hany, du weißt die Götter haben dich allein für den Pharao erschaffen. Du erwärmst sein Herz und ergänzt ihn. Ihr seid perfekt zusammen. Doch merke dir mein Lieber, manchmal ist ‚perfekt‘ einfach nicht genug. Manchmal lohnt sich nicht jeder Schmerz für die Perfektion.“ Die Worte dieser Frau schwirrten in meinem Kopf herum. Sie ließen mich nicht mehr los. Auf der oberen Ebene des Palastes angekommen sehe ich mich um. Direkt mir gegenüber ist das private Arbeitszimmer des Pharaos. Einige Meter entfernt sehe ich den Eingang zum Schlafgemach. Ich fühle mich wie magisch davon angezogen. Bilder aus meinem Traum flackern immer wieder vor meinem inneren Auge auf und mit ihnen kehren auch die Gefühle zurück. Ich bleibe vor einer Säule stehen. Eine von denen, in dessen Schatten ich mich versteckt hatte. Ich kämpf mit den Tränen, die aufsteigen. War denn alles woran ich gedacht habe nur ein Trugbild? Ich habe unsere frühere Liebe als perfekt gesehen. Sicher, mit einigen kleinen Streitereien und einigen Anlaufschwierigkeiten, aber doch perfekt. Dieser letzte Traum jedoch sagte etwas anderes. Atemu hatte mir das Herz gebrochen und es hat ihm nichts ausgemacht. Er hat gelächelt, als ich mich bereits mies gefühlt habe. Selbst wenn er mich nicht mit Absicht verletzt hatte, hatte er es doch zumindest nicht gemerkt und ich glaube nicht, dass das passiert wäre, wenn unsere Beziehung so gewesen wäre, wie ich sie immer vor Augen hatte. War es vielleicht das, was diese sanfte Stimme mir nach meinem Tod versucht hatte mitzuteilen? Das ich mir selbst einen Traum erschaffen habe, dem die Realität nicht standhalten kann? Kann eine Beziehung mit Yami denn überhaupt in dieser Zeit funktionieren? Etwas weiter den Gang entlang würde ich diese riesige Tür mit der seltsamen Inschrift finden. Mein Kopf sagte mir ich sollte hingehen und sehen, was es für ein Raum war, der sich dahinter verbarg. Schon von meinem jetzigen Standort konnte ich erkennen, dass es ein separater Wohntrakt war, der an den des Pharaos angebaut wurde. Meine Neugier war auch fast schon so groß, dass ich mich auf den Weg dahin gemacht hätte, doch zum einem weigerten sich meine Beine sich dort hin zu bewegen und mein Herz zog sich allein bei dem Gedanken daran zusammen und zum anderen hörte ich ein Geräusch aus dem Schlafgemach vor mir. Leise betrete ich den Raum. Sobald ich einen Fuß über die Schwelle setzte, überwältigten mich die Bilder aus meinen Erinnerungen. Der Raum beginnt sich zu verändern. An den Wänden hängen auf einmal rote Wandbehänge mit königlichen Symbolen darauf. Die Wände selbst sind nicht mehr mürbe von der Zeit und den vielen Sandstürmen, die dieser Ort miterleben musste, sondern glatt und neu. Auf dem Boden liegen zahlreiche Sitzkissen und ein kleiner Arbeitstisch steht in der Mitte des Raumes. An den Wänden finden sich farbenfrohe Zeichnungen, zur Huldigung des Herrschers und auf der einen Seite steht ein riesiges, massives Bett. Als ich daran denke, was ich dort alles erlebt habe, werde ich rot. Ein leises Räuspern lenkt meine Aufmerksamkeit zu dem Balkon, von dem aus ich so gerne auf den Garten geblickt habe. Dort steht Yami, aber gerade im Moment ist er nicht Yami. Für meinen Geist, der so überwältigt ist von den Erinnerungen, ist er jetzt Atemu. Der einst so mächtige Pharao. Ich lasse meinen Blick über seinen Körper wandern. Über die starken Beine und den muskulösen Bauch, bis zu seiner Brust und den schlanken Hals. Ich fühle mich, als hätte mich jemand vor ein schmackhaftes Buffet gesetzt…das Wasser läuft mir im Mund zusammen und ich hoffe ehrlich, dass ich nicht sabbere. Zur Sicherheit schlucke ich lieber einmal. Es ist sein Gesicht, zu dem meine Augen nun wandern. Zu den weichen Lippen, der geraden Nase und den ausgeprägten Wangenknochen. Es fehlen Millimeter und ich kann ihm in die Augen sehen. Innerlich mache ich mich auf den Schmerz gefasst, der unweigerlich kommen muss, sobald ich das tue, doch er bleibt aus. Alles was stattdessen kommt, ist eine Erkenntnis, die bisher nicht zu mir hindurch dringen konnte. Egal was er damals getan hatte, egal wie sehr Yami – oder eher sein früheres ich – mich vor tausenden von Jahren verletzt hat, mein früheres Ich hatte ihn trotzdem genug geliebt, um alles zu tun, damit er ihn wiedersehen konnte. Und wenn das so war, dann konnte ich mich doch gar nicht so sehr in unserer Beziehung getäuscht haben, oder? tbc... ********************************************************************************* *Trainee = Auszubildender/Praktikant/jemand, der noch nicht so viel Erfahrung in einem Beruf hat ********************************************************************************* spoiler Er ist ständig auf der Suche nach einem neuen Abenteuer. Einem größeren Kick. Dass er dabei auch noch berühmt wird, hätte er nie gedacht. Alles in seinem Leben verändert sich, doch die Sorglosigkeit, mit der er sein Leben führt, bleibt. Bis es eines Tages zu spät für ist für Reue und sein charmantes Lächeln ihm nicht mehr aus der Patsche hilft. Es ist ein weiteres FF-Projekt in Arbeit. Es geht mal wieder um unser aller Lieblingspaar Puzzleshipping und handelt von den Widrigkeiten des Lebens, von den Gefahren einer glitzernden Trugwelt, Eifersucht und - kleine Änderung: nicht mehr Musik - Extremsport Erster Upload folgt in Kürze. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)