It was only a kiss. von natsuka-chan ([Wait...maybe it was not.]) ================================================================================ Kapitel 1: One. --------------- Kapitel 1. „Scheiße, scheiße, scheiße…“, fluchte ich, als ich in den Bus einstieg, dem Busfahrer mit mürrischem Gesicht meine Fahrkarte zeigte und mich auf einen der freien Sitze fallen ließ. Dabei hinterließ ich eine nasse Spur, wobei man sagen musste, dass ich mehr aussah als käme ich gerade frisch aus der Waschmaschine. Meine schwarzen Haare klebten an meinem Kopf, von einer Frisur war nicht einmal mehr ansatzweise zu reden. Mein Gesicht war ebenfalls nass, sogar an meinen Wimpern hingen Wassertropfen. Meine Sweatjacke, meine schwarze Hose und meine Schuhe waren durchweicht, genauso wie meine Socken. Ich steckte mir die Stöpsel meines MP3players in die Ohren und fragte mich, was ich falsch gemacht hatte. Dieser Tag war einfach schrecklich. Zuerst hatte ich Schule gehabt, dann diese bekloppte KunstAG, nach der ich immer ein paar Schritte zu einer anderen Bushaltestelle laufen musste. Als wäre ich damit nicht gestraft genug gewesen, hatte es plötzlich angefangen zu regnen. Und wie. Innerhalb von zwei Minuten war ich von Kopf bis Fuß nass gewesen. Oh ja, so liebte ich mein Leben. Zehn Minuten später stieg ich aus, ignorierte den Regen so gut es ging. Jetzt war ich eh schon nass, also wozu sich unnötig beeilen. Als ich vor meiner Haustür stand, suchte ich in meinen durchgeweichten Hosentaschen nach dem Schlüssel. Tja, ich suchte vergeblich, stieß einen nicht jugendfreien Fluch aus und setzte mich auf die Treppe. So ein Scheiß. Naja, irgendwann würde meine Mutter schon von der Arbeit nach Hause kommen. Und ich hoffte für sie, dass dieses ‚irgendwann’ nicht allzu lange dauerte. Exakt eine Stunde, 36 Minuten und 21 Sekunden später stand meine Mutter vor mir. „Joshi, was machst du denn hier? Und wie siehst du überhaupt aus? Ist was passiert? Geht’s dir nicht gut?“, fing sie auch direkt an auf mich einzureden. Meine Fresse, war das nervig. „Schlüssel vergessen. Hat geregnet.“, entgegnete ich knapp. „Wärst du dann so freundlich, mich reinzulassen? Ich würde gern raus aus den nassen Sachen.“ Das erinnerte meine Mutter wieder an ihr ursprüngliches Vorhaben, sie schloss die Tür auf und während ich die Treppe hoch schlurfte, begleiteten mich ihre tollen Ratschläge – „Geh schön warm duschen, zieh’ dich warm an, ich mach’ dir einen Tee, nicht dass du krank wirst…“. Oh ja, danke. Sehr hilfreich. Grummelnd verzog ich mich unter die warme Dusche. Gerade hatte ich mir die Haare geföhnt und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer, hörte ich mein Handy klingeln. Na super. Wer störte denn jetzt schon wieder? „Ja?“ – „Josh, alte Schlaftablette! Ein bisschen mehr Enthusiasmus bitte! Ich wollte dich nur an die Party heute Abend erinnern, wo wir zusammen hinwollten. Ich sag’s dir, ich steh’ in 15 Minuten bei dir auf der Matte und dann bist du fertig. Und wehe du trödelst.“, tönte mir die immerfröhliche Stimme meines besten Freundes Max, auch Mäx genannt, entgegen. Scheiße, verdammte. Die Party. Die ich erfolgreich aus meinem Hirn verdrängt hatte. Aber naja. Ich hatte Max versprochen, mit ihm dahin zu gehen, und dieses Versprechen würde ich wohl oder übel halten müssen. „Jaja.“, murrte ich also nur. „Gut. Bis gleich dann!“, trällerte Max und legte auf. Erwähnte ich schon, wie wunderbar mein Leben heute wieder war? Jetzt durfte ich mich auch noch hetzen und den ganzen Abend einen auf gute Laune machen. Goodbye Internetspiel, goodbye Lieblingsbuch. Nun denn. Ich durchwühlte meinen Schrank nach einem passenden Outfit, vielleicht gab es wenigstens das ein oder andere hübsche Mädchen dort. Letzten Endes entschied ich mich aber doch nur wieder für eine schwarze, enge Hose und mein ebenso schwarzes Lieblings-T-Shirt. Man, war ich wieder kreativ heute. Schnell noch den Nietengürtel unter dem Bett hervorgekramt, ein Paar fingerlose Handschuhe an und schon war ich fertig. Warum dachte Max denn, ich würde trödeln? Die ganze Aktion hatte nicht mehr als zehn Minuten gedauert. Achso. Ja, stimmt. Ich wollte noch etwas essen. Also ging ich in die Küche, wo ich mit Bedauern feststellte, dass meine Mutter nichts gekocht hatte. Der Blick in den Kühlschrank war ebenfalls nicht sonderlich erfreulich, da sich dort nicht wirklich viel befand. Missmutig schlug ich die Kühlschranktür wieder zu. Und – oh du perfektes Timing – genau in dieser Sekunde klingelte es an der Tür. Ich schnappte mir Schlüssel, Handy und Jacke, schlüpfte in meine Schuhe und rief meiner Mutter ein einfaches ‚Bin weg’ zu. Schon als unsere reizende Gastgeberin die Tür öffnete, wollte ich am Liebsten wieder umdrehen. Laute Musik tönte uns entgegen und obwohl ich nicht viel sah, waren augenscheinlich schon viele Leute da. Laura strahlte uns an, begrüßte uns mit einer kurzen Umarmung und ließ uns dann eintreten. Wow. Wunderbar war es hier. „Josh!“, quietschte irgendetwas von irgendwoher, als wir den Partyraum betraten, den man bei der Stadt mieten konnte, und zwei Sekunden später klebte eine äußerst aufdringliche Klassenkameradin an mir. Ich atmete tief ein, dann setzte ich ein hoffentlich überzeugendes Lächeln auf und tat so, als würde ich ihrem unglaublichen Redefluss zuhören. Eine halbe Stunde und zwei Bier später saß ich auf einem Sofa, Cora immer noch neben mir. Mein Gott, ging mir das Mädchen auf den Wecker! Das war ja nicht zu fassen. Endlich stand sie auf um sich was zu trinken zu holen, und nachdem ich ihre Frage, ob sie mir etwas mitbringen könne, dankend verneint hatte, sah ich zu, dass ich mich irgendwo versteckte. In einer der Nischen fand ich schließlich Schutz, der Platz war nicht direkt zu sehen, doch er war schon besetzt. Ein Kerl, ungefähr in meinem Alter, lehnte dort an der Wand, eine Augenbraue hochgezogen, mit einem leichten Lächeln auf den Lippen und einer Bierflasche in der Hand. „Versteck’ mich!“, flehte ich ihn an. Er lachte leicht, strich sich sein hellbraunes Pony von den Augen und hielt mir die Hand entgegen. „Hey, ich bin Jules. Du darfst gern diese wunderbare, äußerst komfortable Ecke mit mir teilen.“ Ich grinste, dann erwiderte ich: „Joshua. Aber Josh wäre mir lieber. Für mich ist diese Ecke wirklich etwas Wunderbares. Hier gibt es wenigstens keine Cora.“ „Nun, ob die nun schlimmer ist als ich, wirst du wohl herausfinden müssen.“, meinte Jules fröhlich. Ich hatte ihn noch nie zuvor gesehen. Wenn er auf meine Schule ginge, wäre er mir sicher aufgefallen – sein Lippenpiercing war, genauso wie seine klaren, grünen Augen, nicht gerade unauffällig. „Ich hab’ dich noch nie gesehen, also gehst du wahrscheinlich nicht auf meine Schule.“, erklärte ich ihm auch direkt. „Woher kennst du Mila denn?“ „Das ist eine recht banale Sache. Ich bin ihr Cousin. Und du bist, wenn ich das richtig sehe, der weltberühmte Josh.“ Er grinste. Weltberühmt? Ich sah ihn fragend an. „Mila redet ständig von dir. Sie wäre sicherlich Präsidentin deines Fanclubs, wenn du einen hättest.“ WAS? Das war mir neu. „Wusste ich zwar noch nichts von, aber okay.“, meinte ich also nur. Er lachte wieder leise. „Hey, Jules. Was machst du eigentlich hier ganz allein in der Ecke? Also bis ich kam.“, fragte ich irgendwann. „Hm, ganz einfach. Erstens kenne ich hier nicht so viele, und zweitens verpestet mein Exfreund hier irgendwo die Luft.“ „Achso, na dann.“, meinte ich leichthin. Es dauerte ein paar Sekunden bis die Information in meinem Hirn verarbeitet war. Dann: „Häh? Moment. Exfreund?“ Hatte er Exfreund gesagt? „Jap. Ich bin schwul. Stört dich das?“, fragte er mich geradeheraus. Hatte ich ein Problem damit? „Nein, eigentlich nicht. Ich hab’ nichts gegen Schwule.“, verneinte ich. „Das ist gut. Ich hätte auch nicht damit gerechnet, aber man weiß ja nie.“, lächelte Jules. Zu reichlich fortgeschrittener Stunde saßen wir schließlich immer noch in unserer Ecke, mittlerweile mit einer Flasche Hochprozentigem, und unterhielten uns blendend, auch wenn zumindest ich leicht beduselt war. Scheiß’ nüchterner Magen. Trotzdem waren meine Sätze klar verständlich und ich war noch voll funktionsfähig. Mir fiel ein, dass ich Max, der ja immerhin mein bester Freund war, den ganzen Abend schon nicht gesehen hatte, aber er war sicher irgendwo mit seiner Freundin beschäftigt. Ich musste mir also keine Sorgen machen, dass ich ihn hier so vernachlässigte. „Josh? Du bist echt ein netter Kerl.“, grinste mich Jules an und riss mich somit aus meinen Gedanken. „Ich mag dich auch.“, grinste ich zurück. „Gut, dass uns diese wunderbare Ecke hier heute zusammengeführt hat.“ Er lachte sein leises Jules-Lachen. Irgendwie fand ich es… süß, schob den Gedanken allerdings zur Seite, denn er nahm wieder einen Schluck aus der Flasche und reichte sie mir rüber. Ich wusste nicht einmal mehr, worüber wir bis jetzt alles geredet hatten, aber ich hatte Spaß. Jules war ausgesprochen witzig und nachdem wir jetzt anfingen, über sämtliche Partygäste, die in unser Blickfeld kamen, zu lästern, waren wir eigentlich ständig am Lachen. Auf einmal horchte ich auf. Wow – ein Lied von Panic at the disco! Nicht zu fassen. Begeistert blickte ich zu Jules: „Das erste gute Lied heute Abend. Ich bin geschockt. Und erleichtert. Ich dachte schon, ich müsste die ganze Nacht dieses schreckliche Technozeug hören…“ Er nickte. „Ich dachte ich bekomm’ einen Ohrenschaden oder so davon. Aber so lässt’s sich aushalten.“ Ich lächelte, konzentrierte mich auf das Lied. Dann bewegte sich Jules so plötzlich auf mich zu, dass ich es erst registrierte, als seine Lippen schon auf meinen lagen. Was machte der denn da? Dumme Frage. Warum küsste er mich? Ich wollte das doch gar nicht! Wir waren beide Kerle, und ich war nicht schwul. Ich wollte ihn zurückstoßen, doch bewegte ich mich keinen Millimeter. Als ich mich doch endlich bewegte, war das Einzige was ich tat, meine Augen zu schließen, meine Arme um seinen Hals zu schlingen und den Kuss zu erwidern. Verdammt, küsste der gut! Ich ließ mich regelrecht in den Kuss fallen, spürte seine Zunge an meinen Lippen und öffnete meinen Mund leicht. Nach einer gefühlten Ewigkeit ließen wir voneinander ab, und mit dem Verschwinden seiner Lippen kehrte auch mein Verstand zurück. Ich sprang auf, geschockt, erschrocken über mich selbst, über den Kuss, dass es mir gefallen hatte. Was zur Hölle war nur in mich gefahren? Fluchtartig verließ ich den Partyraum, schnappte mir meine Jacke und rannte soweit ich konnte, einfach nur weg. Irgendwann blieb ich stehen, keuchend, die kalte Nachluft hatte den Alkohol in meinem Kopf vertrieben. Ich fror, zog meine Jacke über und machte mich auf den Heimweg. Meine Gedanken drehten sich im Kreis, ich war völlig aus der Bahn geworfen. Jules, Jules, Jules. Alles an das ich dachte war Jules. Wie konnte ich ihn küssen? Naja, eigentlich hatte er mich geküsst. Aber ich war auch noch drauf eingegangen, ich Idiot. Wäre ich nur bei Cora geblieben. Die war wenigstens ein Mädchen. Auch wenn sie sicher nicht so gut küsste wie Jules. Argh! Schon wieder. Sauer auf mich selbst und mit wankendem Weltbild latschte ich durch die Dunkelheit Richtung Zuhause, in meinem Kopf spielte ironischerweise die ganze Zeit „Kiss me“ von New Found Glory und ich hasste mein Leben mehr denn je. Was hatte ich da nur wieder für einen Mist gebaut? _______________ Ende Part 1/2. Ich hoffe, es hat euch ein bisschen gefallen. ._. Kommentare, inklusive konstruktiver Kritik, sind äußerst gern gesehen. [: Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)