Living In A Toy Box von cleo-- ================================================================================ Kapitel 17: Regenbogen ---------------------- Es war finster, wie so oft. Nicht einen Lichtstrahl, nicht einen Funken Helligkeit konnte man in der Dunkelheit erblicken. Hier war alles tot. Weder ein Luftzug noch ein Geräusch bahnte sich einen Weg durch die bedrückende Atmosphäre. Kein Lebewesen käme hierher freiwillig, um zu leben oder zumindest nicht zum sterben. Doch es war fast unmöglich. Die Kälte fraß ein Loch in Jazmins Herz, schien ihr die Luft abzuschnüren, ihre Gedanken zu fesseln und wieder dahin zurück sperren wo sie hier einst gehaust haben. Die Erinnerungen an diesen tristen Ort, an dem sie fast 2 Jahre ihres wertlosen Lebens verbracht hatte, stieg in enormer Geschwindigkeit in ihr empor. Doch diesmal würde sie nicht bleiben, nicht lange. Ihre Gedanken würden nicht gefangen genommen werden, sie würde sie eher noch befreien. Das einzige, was sie hierher führte, war der Auftrag, noch den Rest ihrer Identität zu vernichten. Sie hatten nicht viel Zeit. Gleich nachdem der Joker und sie aus dem alten Appartementgebäude vor diesem merkwürdigen schwarzen Ritter geflohen sind, haben sie sich auf den Weg in die Psychiatrie gemacht, in der Jazmin einst Patientin war. Der Joker hatte gesagt, niemand dürfte erfahren, wer sie sei, wo sie herkam geschweige denn das sie überhaupt noch existiere...als Mensch. Anscheinend sollte sie eine Art Geist werden, unsichtbar, unberechenbar. Sie hatte nichts dagegen. Warum auch? Sie wollte nie sein, wer sie war. Sie kam ihrem Ziel Schritt für Schritt näher. Sie verlor ihr Sein. Nun schlich sie durch die dunklen Flure, auf denen sie in solchen trüben Nächten, wie es heute eine war, ihr Unwesen trieb. Es war merkwürdig, diesen Ort wiederzusehen, sie hatte nicht damit gerechnet, diese erinnerungsträchtigen Gänge je wieder zu betreten. Sie trauerte den „alten Zeiten“ nicht eine Sekunde nach. Nun war es ihre Aufgabe, das Alarmsystem auszuschalten. Der Joker würde in der Zeit ihre Akten holen. Wahrscheinlich traute er ihr das Besorgen dieser Dokumente nicht zu, was sie verwunderte. Denn für sie war es schwieriger einen Stromkasten außer Gefecht zu setzten als ein paar Blätter Papier zu stibitzen. Idiotensicher hatte er ihr erklärt, dass sie nur die ersten 5 blauen Kabel zerschneiden müsste. Ganz. Einfach. Dabei hatte sie schon Probleme sich die Farbe zu merken. Etwas unbeholfen tapste sie nun durch die Dunkelheit, auf der Suche nach dem kleinen grauen Kasten, der irgendwo in diesem verdammten Gang hängen musste. Am liebsten hätte sie das Licht angeschaltet, doch das wäre ja nicht der Sinn der Sache. Logisch. Warum mussten illegale Sachen immer so kompliziert sein? Sie fuhr mit der Hand an der Raufasertapete entlang, bis sie den Widerstand ertastete. Sie strich mit der Handfläche über die Tür und fand schließlich das Schloss...das Schloss. Davon wurde sie nicht unterrichtet. Wie solle sie jetzt den blöden Kasten aufbekommen? Mit den Fingerspitzen versuchte das Blech aufzubiegen, doch als ihr der erste Nagel abbrach, war die Idee werworfen. Sie wollte dagegen hämmern, doch das wäre zu laut gewesen. Schließlich fiel ihr wieder das Messer ein, das sie seither mit sich herum trug. Jazmin hob ihr Röckchen hoch, um das Taschenmesser aus ihrem Strumpfband zu holen. Mit aller lautlosen Gewalt stach sie auf das Metall ein, bis das Schloss widerstandslos nachgab. Die Tür öffnete sich mit einem leisen Quietschen und offenbarte ihr die Kabel in den schönsten Regenbogenfarben. So weit so gut. Sie zückte schon das Messer erneut, bis sie ins Stocken geriet. Rote Kabel, grüne Kabel, blaue Kabel, gelbe Kabel. Rot? Nein, nicht rot. Grün? Auf keinen Fall. Wie konnte sie nur so dumm sein? Natürlich war es gelb! Gelb. Gelb. Gelb. „Ja. Gelb“, sagte sie zu sich selbst, setzte die Klinge an und schnitt das Kabel durch. Puff! Mit einem mehr oder weniger lauten Knall wurde sie von der Miniexplosion zurück geworfen und landete unsanft auf ihrem Po. Dies lag weniger am kaum vorhandenen Druck, mehr an Jazmins Schreckhaftigkeit. „Ok. Gelb war's nicht...“ Und als hätte die Explosion auch ihrem Kurzzeitgedächtnis auf die Sprünge geholfen, rappelte sie sich wieder auf und wendete sich nun endlichen den himmelblauen Kabeln, die schön aneinander gereiht im Elektrokasten hingen. Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf. Gut. Das war's. Endlich... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)