Das Blut der Lasair von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 71: Unbemerktes Verschwinden ------------------------------------ Unbemerktes Verschwinden Catherine wartete geduldig und unauffällig in der Bibliothek auf Lea, da von dort aus am besten zu hören war, wenn die Halle betreten wurde. Vor ihr lagen die Unterlagen über die Runen, doch sie arbeitete nicht konzentriert an ihnen, sondern tat nur so, kritzelte vereinzelt eine Bemerkung an den Rand und schaute sich immer wieder um, ob die drei Mädchen, die aus irgendwelchen Gründen nicht in der Schule waren, sie beobachteten, doch niemand interessierte sich für Catherine oder ihre Anwesenheit. Ab und zu horchte sie auf, doch stellte dann fest, dass unter den Stimmen der Mädchen, die miteinander redend und lachend aus der Schule zurückkamen, Leas Stimme nicht dabei war. Sie gingen die Treppe nach oben in ihre Zimmer und es wurde wieder still. Eigentlich war es seltsam, dass die Bibliothek in einem Winkel des Schlosses so dicht der Eingangshalle lag… andererseits bestand diese Bibliothek bestimmt schon länger und die Tatsache, dass hier so viele Leute ein- und ausgingen. Catherine schüttelte leicht den Kopf und wartete weiter. Gegen Abend traten Lilly und Sandy in die Bibliothek und suchten sich einen freien Platz an der Fensterfront. Catherine hob den Blick und nickte ihnen freundlich zu, als sie die Hand zum Gruß hoben. Wahrscheinlich würden sie sich jetzt um ihre ‚überirdische’ Ausbildung kümmern, nachdem sie mit den weltlichen und sachlichen Schulaufgaben fertig waren. Allmählich kamen weitere Mädchen, die ebenfalls die Regale durchsuchten und sich mit dicken Büchern auf die Tische verteilten, um zu lernen. Catherine schüttelte leicht den Kopf. Kannten die Mädchen etwas anderes als Bücher? Wahrscheinlich nicht. Nach Leas Aussage, war ja auch sie noch zu jung, um wirklich praktisch unterrichtet zu werden. Wann setzte dieser Teil der Ausbildung ein? Ob die Volljährigkeit dabei eine Rolle spielte oder die seelische Reife? Wahrscheinlich wurde das nach demselben Kriterium entschieden, wie der Termin der offiziellen Namensgebung. Bei Catherine hatte Elizabeth nicht lange gewartet, doch es war zu Zwischenfällen gekommen, und sie hatte ihren Namen doch erst später erhalten. Wieder einmal schoss Catherine der Gedanke durch den Kopf, dass sie in irgendeiner Weise wichtig für Elizabeth sein musste, doch schob ihn vehement beiseite. Das spielte keine Rolle für die kommenden Entscheidungen, die sie treffen musste und würde. Bevor die Bibliothek allzu voll wurde, erhob sich Catherine und ging hinüber zu Lilly und Sandy, zu denen sich vor einer guten halben Stunde Jessy gesellt hatte. Die Mädchen blickten hoch, als sie sich zu ihnen über den Tisch beugte, und fixierten sie. „Hallo.“ flüsterte Catherine und wartete auf ein begrüßendes Nicken, das auch nicht lange auf sich warten ließ. Sie hatte wenig mit den Mädchen zu tun – sie hatte mit niemandem außer Lea wirklich viel zu tun. Das lag höchstwahrscheinlich am Altersunterschied und bei Lea war das etwas anderes. Lea war allein schon durch ihr Wissen reifer und in die gesamte Sache integriert. Und es hatte sich so ergeben. Catherine zögerte einen Moment, dann fragte sie: „Wisst ihr, wo Lea ist?“ Die Mädchen blickten sich an, dann schüttelten sie stumm den Kopf. Catherine zog eine Augenbraue hoch und wartete. „Sie war nicht in der Schule.“ erklärte Sandy flüsternd. „Sie war nicht in der Schule?“ fragte Catherine noch einmal nach. Die Mädchen schüttelten wieder den Kopf. „Das ist überhaupt nicht ihre Art. Sie schwänzt nicht, auch wenn sie sich noch so sehr über unsere bescheuerten Lehrer, unnötige Hausaufgaben und unfaire Klassenarbeiten aufregt. Das tut sie nicht.“ fügte Jessy hinzu. Die drei Mädchen schienen sich Sorgen zu machen, doch das konnte Catherine nicht mit Sicherheit sagen. Sie konnte sich auch irren, da sie die Mädchen nicht so gut kannte. „Habt ihr sie heute schon gesehen?“ ergriff Catherine wieder das Wort. Sie bemerkte, dass ihre Stimme leicht zitterte, überspielte es aber mit einem leisen Räuspern. Jessy schüttelte gleich den Kopf. Sandy und Lilly zögerten erst, dann meinten auch sie, Lea an diesem Tag noch nicht gesehen zu haben. „Sie isst ja immer alleine… Und wir gehen auch nicht immer gemeinsam zur Schule. Lea war in der letzten Zeit eher verschlossen und wir haben sie nicht mit Fragen bedrängt, aber es konnte doch keiner ahnen, dass sie…“ „Halt, halt, halt!“ unterbrach Catherine Lilly und schüttelte den Kopf. Lilly schaute sie verstört an und biss sich auf die Lippen. „Was glaubst du, wo sie ist? Hast du einen Vorschlag?“ raunte Sandy Catherine zu und erhob sich. Catherine schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht… Was machst du?“ fragte sie verwundert, als Sandy ihre Sachen zusammen packte. „Wir sollten uns draußen weiter unterhalten, sonst bekommen wir noch mit sämtlichen Büchern auf den Kopf geschlagen.“ meinte sie und räumte ihre Bücher zurück in das Regal, aus dem sie diese geholt hatte. Catherine blickte sich um. Obwohl sie die gesamte Zeit des Gesprächs geflüstert hatten, begegnete sie wütenden und abweisenden Augenpaaren, die nur allzu deutlich machten, dass sie verschwinden sollten, wenn sie sich schon unterhalten mussten. Catherine nickte, ging zu ihrem Tisch, packte ebenfalls ihre Sachen zusammen und verließ mit den drei Mädchen die Bibliothek. „Kommt, wir gehen auf mein Zimmer.“ meinte Catherine und ging voran. Die Mädchen folgten ihr willig und wenig später saßen sie auf der Fensterbank und dem Schreibtischstuhl, während Catherine langsam im Zimmer auf und ab wanderte und sich schließlich doch hinsetzte. „Und sonst hat niemand eine Ahnung, wo sie jetzt sein könnte?“ fragte sie und blickte von einer zur nächsten, doch alle schüttelten den Kopf. „Wir waren in unserem Lieblingscafé, im Park und sogar im Einkaufszentrum.“ meinte Lilly, worauf Sandy fortfuhr: „Und in der Kirche.“ „In der Kirche?“ „Ja, in der verfallenen Kirche am Waldrand. Dort haben wir uns immer getroffen, wenn uns Saerlaith oder jemand anderes auf die Nerven gegangen ist.“ erklärte Jessy. Catherine hatte nicht für möglich gehalten, dass sich alle vier Mädchen des Öfteren hier nicht wohl gefühlt hatten, doch darüber konnte sie jetzt auch nicht nachdenken. Wo konnte Lea sein? Catherine brauchte die Mädchen überhaupt nicht fragen, wer Lea zum letzten Mal wo gesehen hatte, denn mit sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit war das sie selbst gewesen, als sie mit ihr in Elizabeths Büro eingebrochen war, den Tresor durchsucht und sich gestritten hatten… Sie biss sich auf die Lippen. „Was denkst du?“ fragte Sandy unsicher. Catherines Gesichtsausdruck gefiel ihr überhaupt nicht. „Denkst du, ihr ist etwas zugestoßen?!“ fragte Lilly und sprang vom Fensterbrett hinab, eilte zur Tür, hielt dann aber inne, da ihr bewusst wurde, dass Catherine weder ‚ja’ noch ‚nein’ gesagt hatte. „Wir müssen ruhig bleiben…“ begann Catherine. „Das beantwortet meine Frage nicht!“ rief Lilly und fuchtelte verzweifelt mit beiden Händen herum, ehe sie diese wieder sinken ließ und sich beruhigte. „Ich weiß nicht, ob ihr etwas passiert ist. Sie ist vielleicht weggelaufen und kommt noch heute Abend zurück.“ „Glaubst du das wirklich? Ich kann mir das bei Lea so schlecht vorstellen… genauso wenig wie das Schwänzen.“ warf Jessy ein und Catherine nickte. „Wir müssen abwarten, denke ich, und…“ „Abwarten? Worauf sollen wir warten? Dass sie wieder vor der Tür steht und sagt ‚Hallo, hier bin ich wieder. Sorry, dass ihr euch Sorgen gemacht habt, aber ich hab’ das irgendwie gebraucht.’… Darauf?“ fragte Sandy und Jessy stimmte ihr zu. Catherine schüttelte den Kopf. „Nein, aber die Polizei sucht erst nach ihr, wenn sie 48 Stunden verschwunden ist. Vorerst können wir nur ihre Großmutter informieren und selbst nach ihr suchen.“ erklärte Catherine. Es gefiel ihr nicht, dass sie Elizabeth informieren sollte, doch es ging nicht anders. Sie konnte nicht ausschließen, dass Lea etwas passiert war oder sie sich in Schwierigkeiten befand. Die Mädchen nickten zögerlich, dann immer überzeugter, bis Catherine sich erhob und zur Tür ging. Sie folgten ihr mit fragenden Blicken und Catherine meinte, als sie sich in der Tür noch einmal umdrehte: „Ich gehe jetzt zu Elizabeth. Ihr könntet euch überlegen, ob es nicht doch noch einen Ort gibt, an dem Lea sich aufhalten könnte, damit wir dort mit dem Suchen anfangen können.“ Lilly nickte und Catherine verließ das Zimmer. Sie war es also noch gewohnt, Befehle zu erteilen und ruhig und überlegt zu handeln. Während sie das dachte, zog sie zweifelnd eine Augenbraue hoch. Sie wusste nicht, ob es klug gewesen war, die Möglichkeit auf Suchtrupps in Aussicht zu stellen. Vielleicht war sie erfolgreicher, wenn sie allein nach Lea suchte. Vielleicht konnte Lestat ihr etwas sagen. Vielleicht hatte er eine Spur. Vielleicht konnte er ihr dabei helfen, wenn er noch in der Nähe war… Ja, wenn er noch in der Nähe war. Elizabeth war schnell informiert. Natürlich hatte sie in ihrem Büro über irgendwelchen Unterlagen gebrütet und natürlich nahm sie die Nachricht nicht gerade gut auf. „Bist du sicher? Ich meine, kann sie nicht irgendwo hingegangen sein, weil sie… allein sein will?“ fragte sie. Catherine bemerkte, dass sie Elizabeth die entsetzte und sorgenvolle Rolle der Großmutter abnahm. Sie sollte misstrauisch bleiben, ermahnte sie sich. „Ihre Freundinnen haben schon nach ihr gesucht. Ich habe sie gebeten, noch einmal genau zu überlegen, ob ihnen nicht noch ein Ort in den Sinn kommt, an dem sie sein könnte…“ „Wieso sind die Mädchen nicht zu mir gekommen?“ fragte Elizabeth. Sie hatte sich inzwischen erhoben und kam um den Schreibtisch herum auf Catherine zu. „Ich war es, die nach Lea gesucht hat.“ erklärte sie schnell. Elizabeth nickte und schien in Gedanken mit gewissen Möglichkeiten herumzuspielen. „Ihr ist etwas zugestoßen.“ meinte sie schließlich. Catherine dachte, sich verhört zu haben, doch es schien Elizabeth durchaus ernst zu sein. „Wie kommst du darauf?“ „Gestern Nacht wurde hier eingebrochen.“ teile Elizabeth ihr mit. „Was?!“ entfuhr es Catherine heftig, bevor ihr Atem stockte und ihr Herz stehen blieb. „Ja, ich habe Lea gestern Nacht auf der Treppe gehört und dachte, sie wolle sich etwas zu trinken holen. Vielleicht hat sie die Einbrecher überrascht und… Ich wage nicht, es auszusprechen.“ entgegnete Elizabeth. „Nein, das glaube ich nicht. Das kann nicht sein. Wie kommst du darauf, dass eingebrochen wurde? Fehlt etwas?“ __________________________________________ @ Tiergesicht: Vielen Dank für deine regelmäßigen Kommentare! @ Isabelle: Schön, dass dir meine Geschichte gefällt. Hoffe, ich treffe weiterhin deinen Geschmack! @ Engel: Vielen Dank für dein Interesse, aber leg' dich nicht mit deinem Chef an *g* Euch allen noch schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins Neue Jahr! Elena. Hosted by Animexx e.V. 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