Heilloser Romantiker von Pansy ================================================================================ Kapitel 23: Kapitel 23 ---------------------- Kapitel 23: Silbriger Mondschein legte sich über die Dächer und tauchte die Stadt in ein heimeliges Licht. Die Sterne wachten über zwei friedlich schlafende junge Männer, die im Land der Träume den jeweils anderen im Arm hielten und zärtlich berührten. Die Nacht zog dahin und gab bis zum Morgengrauen ein wunderschönes Himmelszelt preis… Gähnend schlug Joe die Augen auf und barg ein sanftes Lächeln auf den Lippen. Noch immer glaubte er Ricks Hand auf seiner Wange zu spüren, was ihm unendlich angenehm war. Er blinzelte und wünschte sich zurück in den Traum, doch nur solange, bis er realisierte, dass er dies auch in der Wirklichkeit fühlen könnte. Sogleich dachte er an den gestrigen Kuss, nein, eigentlich sogar an den vorgestrigen, denn das war der, der seine wahren Gefühle offenbart hatte. Als er Ricks Lippen förmlich schmecken konnte, wuchs in ihm eine Begierde, die ihm ein wenig Angst bereitete. Ein solches Verlangen nach einer Person hatte er in seinem bisherigen Leben nie verspürt, bis zu diesem Tag… Nicht einmal ein Mädchen hatte diese Leidenschaft in ihm wecken können, was ihn durchaus irritierte. Vorsichtig legte er eine Hand auf seine Brust und wog sie im Gleichklang mit seinem Herzen auf und ab. Kurz hielt er die Luft an und stieß sie dann kräftig aus. /Selbst wenn es nur ein Traum wäre, würde ich denken müssen, er sei real. Solche Sehnsucht habe ich noch nie nach einem Menschen verspürt und sie wird von Minute zu Minute nachdrücklicher… alles in mir sehnt sich nach dir, mein kleiner Romantiker.../ Joe schob die Bettdecke von sich und stand auf. Langsam schritt er ins Bad und stellte sich unter die heiße Dusche. Mit beiden Händen stützte er sich an den blauen Fließen ab und ließ das Wasser über seinen Kopf rauschen. Das Blau erinnerte ihn sogleich an die Augen seines Freundes und er begann zu lächeln. /Den Namen habe ich dir schon vor einer Ewigkeit gegeben. Ständig meintest du zu Filmen, die wir im Fernsehen gesehen haben, zu Szenen, die sich draußen vor unseren Augen abgespielt haben, zu prächtigen Naturkulissen, dass sie romantisch seien und dabei trugst du einen verträumten Ausdruck in deinem Gesicht… Nun möchte ich diesen sehen, wenn du mich vor dir siehst… schon irgendwie seltsam. Solange kenne ich dich schon und nun genügt mir unsere zwar besondere, aber dennoch rein platonische, Beziehung nicht mehr… Ich will mehr!... viel mehr…/ Feine Tropfen liefen ihm über die Wangen, sammelten sich am Kinn und flossen von dort gen Boden. Mit einem ganz sanften Blick schaute er auf die quadratischen Fließen und wog sich im blauen Meer Ricks Augen, die er vor der Wand sich abzeichnen sah. Ricks Wecker klingelte, den er am liebsten genommen und zum Fenster hinaus geschmissen hätte, denn er hatte seinem Traum nicht entschwinden wollen. Seufzend ließ er sich zurück ins Kissen sinken und schaute an die weiße Decke, die seine Blicke nur allzu gut kannte. Gerade eben noch hatte er Joes Wange unter seinen Lippen gespürt und nun stob ihm die kühle Luft entgegen, die durch das gekippte Fenster hereindrang. Die Wärme, die der Traum innegehabt hatte, war mit einem Mal weg und kam anscheinend auch nicht mehr zurück. Warum nur musste sein Urlaub vorüber sein? Grummelnd drehte er sich auf die Seite und spielte mit dem Gedanken, sich krank zu melden. Liebeskrank… Er runzelte die Stirn und wünschte sich, dass die Nacht zurückkäme und ihre Arme sachte über seine Augen legte. Sehr zu seinem Leidwesen drang zunehmend Tageslicht in sein Zimmer, ebenso reger Vogelgesang, der bald für den Rest des Jahres ausbleiben würde. Wie so oft biss er sich auf die Unterlippe und schloss krampfhaft die Lider wieder. Dann verlor er eben seinen Job! Ein bitteres Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. /Dann verlier ich die Wohnung und finde hier vielleicht keine Stelle mehr, so dass ich von Joe getrennt werde…/ Wehmütig entfloh er dem kuschlig warmen Bett und lief eilig ins Bad, um der Kälte der Jahreszeit zu entkommen. Er besah kurz sein Spiegelbild und warf sich einen verdrießlichen Blick zu. Er hoffte so sehr, dass Joe ihn nicht einfach fallen lasse, denn das könnte er niemals verschmerzen. Eben noch hatte er sich in seinen Armen wiedergefunden, doch es war nur ein Traum gewesen. Er vermochte nicht zu sagen, was sein Freund heute fühlte und was die Zukunft für sie beide parat hielt. Befallen von leichter Melancholie stieg er unter die Dusche und genoss das warme Wasser, das sich auf seine Haut legte und ihm einen Teil der Wärme des Traumes zurückbrachte. Genießerisch schloss er die Lider und rief sich ein Bild von Joe vor Augen, das ihn laut ausatmen ließ. Nach einer ganzen Weile erst stellte Joe das Wasser ab und wischte mit seiner Rechten über die blauen Fließen. Gedankenverloren sah er dabei zu, wie sich der feine feuchte Film auf ihnen immer mehr zusammenzog und am Ende eine glänzende Stelle hinterließ. Langsam band er sich ein Handtuch um die Hüften und ein weiteres hängte er sich über die Schultern. Anschließend stieg er aus der Dusche und ging barfuß ins Schlafzimmer zurück, wo er sich aufs Bett legte und die Arme hinterm Kopf verschränkte. Die Szene, wie Rick mit seiner Zunge über sein Ohr gestrichen hatte, spielte sich immer und immer wieder vor seinem inneren Auge ab, ebenso wie er sich danach von ihm zurückgezogen hatte. /Ich kann froh sein, dass du so verständnisvoll bist… Julia hingegen wäre total wütend geworden, wenn ich bei einer intimen Berührung derart zurückgeschreckt wäre… Nun ist sie wirklich aufgebracht und daran trage ich allein die Schuld. Sie wird mir das vielleicht nie verzeihen können… Vermutlich habe ich es auch nicht anders verdient, schließlich habe ich ihre Gefühle verletzt./ Leicht öffnete er seinen Mund und atmete leise und lange aus. „Wie konnte ich denn ahnen, dass mir mein Herz keinen Streich spielte?“, hauchte er in die Luft, die seine Worte mitnahm und das Zimmer wieder zum Verstummen brachte. Lange hielt Rick sein Handy in den Händen, besah es sich von oben bis unten und legte es letzenendes doch wieder auf den Schreibtisch, ohne es benutzt zu haben. Seit drei Stunden hatte er seine Arbeit wieder aufgenommen und hatte sich dabei nicht einmal annähernd in sie zurückgefunden. All seine Gedanken verweilten bei seinem Freund. Er konnte einfach keine Konzentration auf für ihn momentan belanglose Mails verwenden. Sollten seine Kunden doch ihre Präsentationen selbst entwerfen. Wer brauchte ihn schon, wenn man selbst ein wenig Kreativität in sich trug? Seufzend schweifte sein Blick abermals vom Monitor ab und haftete sich auf das schwarze Gerät, das verlockend dalag und förmlich seinen Namen schrie. Alles in ihm wollte Joe eine Nachricht zukommen lassen, doch so sehr er das auch begehrte, ließ er es sein. Er konnte seinen Freund jetzt doch nicht mit Liebesnachrichten bombardieren, das würde nur verkehrt sein. Schon das kleinste Liebesgeständnis könnte Joe in die entgegengesetzte Richtung drängen. Leise seufzte Rick. Die Minuten dehnten sich verzweifelt lange und gaben das Ende des Achtstundentages einfach nicht preis. Immer wieder wurde der Dunkelhaarige von einem Arbeitskollegen angestupst, holte ihn immer wieder aufs Neue zurück in die Realität, in der er aber gerade nicht sein wollte. Der Traum der Nacht war einfach anreizender, so schwer er ihm auch auf dem Herzen lastete. Rick gestand Joe die Zeit, die er brauchte, zu, das stand außer Frage, doch dass es dermaßen schwer sein würde, hätte er nicht erwartet. Warum konnte sich die Welt nicht schneller drehen und ihm verkünden, dass sich Joe für ihn entschieden hatte? Kläglich lächelte Rick den Computer vor ihm an, der gerade einen warmen orangenen Hintergrund zeigte, auf dem ein prachtvolles Schloss zu sehen war. All die kleinen Türme ragten in Erhabenheit empor zum Himmel und verliehen dem Gemäuer ein edles und würdevolles Aussehen. „Ein tolles Bild“, meinte eine Frauenstimme hinter ihm. Rick schrak auf und sah seine Chefin freundlich an. Es war ihm unangenehm, dass sie plötzlich hinter ihm stand, zumal er seine Arbeit heute nicht gewissenhaft erledigte. Unsicher besah er sich das Layout der Seite und ein großer Stein fiel ihm vom Herzen, dass alles irgendwie zueinander passte und sich keine schweren Fehler hineingeschlichen hatten. „Erstaunlich was die Menschen früher ohne die heutigen Hilfsmittel errichtet haben“, sprach Rick und vermied, sich erneut zu der großen schwarzhaarigen Frau umzudrehen, obwohl sie ihm von Anfang an sehr sympathisch gewesen war und ihre Angestellten sehr kollegial behandelte. „Es ist beinahe unmöglich, sich vorzustellen, wie man solch Werke allein mit Körperkraft und den Einsatz von Tieren geschaffen hat.“ Rick nickte zustimmend und begutachtete die aufwendigen Verzierungen um die Fenster. Die maßgefertigte Handarbeit hatte ihn schon von klein auf sehr beeindruckt. „Heute werden allein schon beim Bau einer Garage Bagger und Mischmaschinen eingesetzt“, meinte Rick ohne recht zu wissen, was er überhaupt von sich gab. Dann spürte er eine Hand auf seine Schulter klopfen. „Machen Sie weiter so.“ Er hörte das laute Klacken der hohen Schuhe seiner Chefin, wie sie sich allmählich in der Weite des Raumes verloren. Erneut griff er nach seinem Handy, steckte es dann aber in seine Tasche, die unterm Schreibtisch lag. Während Joe durch die Straßen lief, dachte er darüber nach, ob er noch einmal zu Julia sollte. Vielleicht konnte er sie tatsächlich dazu bringen, dass sie Freunde blieben. Als er ganz in der Nähe ihrer Wohnung war, mied er es dann doch zu ihr zu gehen, denn er hatte ihr wütendes Gesicht vor Augen. Seichter Schmerz legte sich auf sein Herz und er konnte nicht verhindern, dass sein Blick ein wenig mehr an Heiterkeit verlor. Hatte Ricks Nähe am Vortag sie noch hervorgerufen, war sie bald nur noch ein Schatten ihrer selbst. Warum musste das Leben auch dermaßen kompliziert sein? Mit langsamen Schritten steuerte er auf ein neues Geschäft zu, das er nach kurzem Zögern betrat. Die Glocke über ihm ließ seine Ankunft verlauten, doch trotz aller elenden Erwartungen, dass sofort eine Verkäuferin oder ein Verkäufer auf ihn zugestürmt käme, trat dies nicht ein. Der Laden war ziemlich gefüllt mit strahlenden Leuten, die eifrig von den Ständern ein Kleidungsstück nach dem anderen entnahmen, sie entweder zurückhingen oder sie über einen schon voll beladenen Arm legten. Ein wenig verloren sah Joe hin und her und wusste nicht recht, warum er überhaupt hineingegangen war. Irgendwie hatte ihn plötzlich das Gefühl übermannt, er könne Rick eine Kleinigkeit kaufen, doch nun kam ihm diese Idee absurd vor. Vor nicht einmal zwei Tagen hatten sich ihre Lippen das erste Mal berührt und nun wollte er ihn schon mit Geschenken überhäufen? Über sich selbst schüttelte der Blonde den Kopf und er wand den geschäftig wirkenden Menschen den Rücken zu und legte eine Hand auf die Klinke der Ladentüre. Er fühlte das kühle Metall unter seiner Hand und wollte sie drücken, zweifelte aber, ob er wirklich einfach wieder gehen sollte. Schließlich gab er sich einen Ruck und begab sich doch auf die Suche nach etwas Passendes für Rick. Nach was er Ausschau halten sollte, war ihm dabei überhaupt nicht klar, doch wenn er das Richtige sah, dann würde er es schon wissen. Schwarze, blaue und graue Jeans zogen an ihm vorüber, ebenso weiße, rote und hellblaue Hemden. Immer weiter tastete er sich nach hinten und fand sich alsbald am Ende des Ladens wieder, ohne dass ihm etwas ins Auge gestochen war. /Dann wohl doch nicht…/ Der Trubel um ihm herum schien stetig zuzunehmen und er fühlte sich allmählich eingeengt und wünschte sich zurück an die frische Luft, um dem Gemisch aus Parfum und anderen Mittelchen zu entfliehen. Rücksichtsvoll schob er sich zwischen jüngeren und älteren Menschen hindurch, hauchte hier und da ein ’Entschuldigung’ oder ’Dürfte ich bitte’, bekam dabei sogar einmal ein herzliches Lächeln einer Dame geschenkt. Als er fast an der Kasse direkt neben dem Eingang angekommen war, blieb er abrupt stehen und war gebannt von dem Anblick, der sich ihm darbot. „Kann ich Ihnen helfen?“ Ein Junge etwa in Joes Alter sah ihn freundlich an und erwartete sichtlich eine Antwort. „Ich denke schon.“ „Der hat es Ihnen wohl angetan, was?“, meinte der Angestellte spitzbübisch und bedachte Joe mit einem sehr anzüglichen Blick. Endlich wich aus dem Gesicht des Blonden die Bitterkeit und er begann überlegen zu grinsen. „Mein Freund soll für mich schließlich sexy aussehen“, hauchte er dem anderen entgegen und freute sich darüber, wie dieser ein wenig enttäuscht wirkte. „Welche Größe?“, fragte er seinen Kunden zwar immer noch mit einem Lächeln, aber nun weniger beherzt. „Ich denke S.“ Die Augen des Braunhaarigen glimmten nun wieder auf. „Ach so genau weiß es der Geliebte wohl nicht?“ „Liegt wohl daran, dass ich ihm lieber die Kleider vom Leib reiße als sie ihm anzulegen.“ „Er ist wirklich zu beneiden“, meinte der Angestellte beiläufig, während er nach dem richtigen Pullover suchte. Joe freute sich in der Tat darauf, das weiße Strick an Rick zu sehen, da es zumal recht eng anlag. „Schönen Abend“, wünschte Rick liebevoll der Putzfrau, die bereits damit begonnen hatte, den Boden des großen Büros zu kehren. Da er seine Arbeit nicht in der vorgeschriebenen Zeit erledigt hatte, musste er eine Überstunde in Kauf nehmen und konnte erst jetzt das Haus verlassen, das er seit gut zwei Jahren fast tagtäglich aufsuchte. Er hatte in Gedanken einfach zu viel bei Joe verweilt und hatte sich am Ende regelrecht dazu gezwungen, den blonden jungen Mann aus seinem Verstand zu verbannen, um überhaupt noch vor dem Schlafengehen fertig zu werden. In der Tat war er der letzte aller dreiunddreißig Mitarbeiter, der nun in die Abenddämmerung trat. Wohlwollend streckte er sich und lief die ersten Schritte, seit er am Morgen hergekommen war. Sein Rücken strafte ihn aber und er zuckte bei jedem Schritt zusammen. Hatte er sich denn so auf seinem Stuhl verkrampft gehabt? /Eine Massage wäre nun genau das Richtige…/ Er kickte einen Stein an, der an die nächste Hauswand prallte und nach einem Überschlag liegen blieb. „So abwesend heute?“ War er das oder hatte er sich das eben nur eingebildet? „Tock tock, aufwachen!“ Joe klang wie früher, so unbeschwert und heiter… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)