Callboys von Stoechbiene (ZoxRo (LyxKa, SaxNa)) ================================================================================ Kapitel 31: Wetterfühlig ------------------------ Ich glaube, mein Sadismus ist zurück. Ich hoffe, es gefällt euch ;) LG 31. Nami Wetterfühlig Sanfter Westwind, gerade richtig, um sich ein wenig von der schwülen Hitze des heutigen Tages zu erholen und vor allem, um ein Gläschen trockenen Rotwein auf der Dachterrasse zu genießen. Gemütlich lehne ich mich in meinem Liegestuhl zurück, strecke die nackten Füße aus, um es mir so angenehm wie möglich zu machen. Ich greife nach meinem Weinglas, schwenke ein wenig die rote Flüssigkeit darin, nur um in den vollen Genuss des duftenden Bouquets dieses herrlichen Merlots zu kommen. Hmm...perfekt. Vorsichtig nippe ich an dem rassigen Franzosen, schließlich soll mir kein Tröpfchen unprobiert entkommen. Ich merke schon, unter drei Gläsern Wein gehe ich heute Abend nicht ins Bett. Egal, morgen muss ich erst gegen Nachmittag im Fernsehsender sein. Mal sehen, ob die anderen auch ohne mich zurecht kommen. Nein, am besten gar nicht erst daran denken, das geht nun wirklich zu weit, schließlich habe ich Feierabend! Den ich mir wohlbemerkt mehr als verdient habe. Demonstrativ richte ich meinen Blick nach vorne, sehe über das Geländer hinüber zu den anderen Häusern. Zum Glück ist es heute Abend relativ ruhig, nicht wie in den letzten beiden Tagen, als in die Wohnung unter mir neue Mieter eingezogen sind. Zwar habe ich Verständnis dafür, wenn bei einem Umzug etwas mehr Lärm als üblich verursacht wird, aber dennoch bin ich froh, dass nun wieder Ruhe eingekehrt ist. Bohrmaschinengesänge und Hammerschläge gehören nun mal nicht gerade zu meiner Lieblingsmusik. Es klingelt. So viel zum Thema Ruhe. Einen Moment spiele ich sogar mit dem Gedanken einfach so zu tun als sei ich gar nicht zu Hause, aber da ich im Grunde meines Herzens ein neugieriger Mensch bin und es mir zudem nie verzeihen könnte, wenn ich jemandem die Tür nicht geöffnet hätte der ein dringendes Anliegen an mich hat, entschließe ich mich doch dazu nachzusehen. So stelle ich mein Weinglas zur Seite, ebenso die Aussicht auf einen Abend allein mit meinem Merlot und begebe mich zurück in meine Wohnung. Mit dem Gedanken hoffentlich keinen Vertreter vor der Haustür stehen zu haben, nehme ich den Hörer der Sprechanlage ab und frage gleichgültig: „Ja, bitte?“ „Ich bin es, Robin.“ Robin? Verdutzt blinzle ich die weiße Wand vor meinen Augen an, während ich weiter der Stimme meiner besten Freundin lausche: „Ich war zufällig in der Gegend und…hast du einen Moment Zeit für mich?“ „Klar, komm rauf!“, rufe ich in den Hörer und drücke beinahe gleichzeitig den Knopf, damit Robin den Hausflur betreten kann. Warum sie wohl vorbeigekommen ist? Sie sagte zwar sie sei zufällig hier, aber das kann ich mir aus verschiedenen Gründen nicht vorstellen. Zum einen ist sie ein Mensch der gerne die Dinge plant, die er unternimmt, d.h. sie ist eher wenig spontan und zum anderen, was sollte sie schon in dieser Gegend zufällig gewollt haben? Sie wird sich ja wohl kaum die Betonbauten angesehen haben, um dort nach verborgenen Kunstschätzen zu graben. Ich werde wohl einfach abwarten müssen, vielleicht ist sie ja doch aus einem ganz bestimmten Grund hier und nicht bloß zufällig. Es lebe meine Neugier! Das untrügliche Quietschen der Fahrstuhltür kündigt mir an, dass Robin auf meiner Etage angekommen sein müsste, dennoch werfe ich zuerst einen prüfenden Blick durch den Spion, ehe ich ihr die Tür öffne. Und wie ich sie da so stehen sehe wird mir klar, dass sie ganz sicherlich nicht rein zufällig hier ist. Ich umarme sie kurz zur Begrüßung bevor ich ein Stück zur Seite trete, um sie in meine Wohnung zu bitten. „Ich störe dich doch hoffentlich nicht.“ „Du doch nicht. Ich saß eh bloß auf der Terrasse und hab den Wind genossen.“ Sie nickt wissend. „Komm, setzen wir uns nach draußen. Möchtest du auch ein Gläschen Rotwein?“ Sie schüttelt aber lediglich leicht den Kopf. Ich kenne Robin nun schon seit der Highschool, als sie damals Schulsprecherin war und ich wie alle anderen Schüler sie für ihre Leistungen bewunderte. Und auch wenn sie ganze sechs Jahre älter ist als ich, haben wir uns damals schon gut verstanden. Sie half mir in der Schule, weil ich während meiner Pubertät lieber andere Dinge im Kopf hatte als zu Lernen. Aber, oh Wunder, sie hat das Wissen dennoch in meinen sturen Schädel bekommen, so dass es wohl nicht untertrieben wäre zu sagen, dass ich ihr zu verdanken habe was heute aus mir geworden ist; eine zugegebenermaßen recht erfolgreiche Wetterfee, wie mich meine Kollegen gerne nennen. Ich weiß auch nicht, weshalb ich mich damals von Nojiko breitschlagen ließ, ausgerechnet von der Schulsprecherin Nachhilfeunterricht anzunehmen. Vielleicht auch deshalb, weil Robin schon immer mehr wusste als man in einem einfachen Schulbuch finden konnte und es sich dabei auch um die wesentlich interessanteren Fakten handelte. Und auch jetzt, als Dozentin für Archäologie und Völkerkunde weiß sie ihre Studenten zu begeistern, so dass ihre Vorlesungen stets gut besucht sind. „Stör dich bitte nicht an meiner Unordnung, hatte leider weder Zeit noch Lust aufzuräumen.“ Entschuldigend lächle ich sie an, während ich sie gleichzeitig Richtung Dachterrasse schiebe, vorbei an meinen Karten und Zeichenutensilien. Dass ich aber auch einfach keine Ordnung halten kann. Eine Sache, die mir bis jetzt noch keiner beibringen konnte. Gemeinsam gehen wir nach draußen, denn wenigstens hier regiert das Chaos nur stellenweise und ich muss mich nicht ganz so für meinen Saustall schämen. Es wird allmählich doch unumgänglich sein, dass ich einmal gründlich aufräumen muss, so dass wenigstens für ein paar Tage wieder Ordnung herrscht. „Tee, Kaffee, Wasser?“ Doch Robin reagiert gar nicht auf mein Angebot, lässt sich stattdessen auf einem der Plastikstühle nieder, zusammengesunken wie ein Häufchen Elend. Und wenn mich meine Menschenkenntnis nicht trübt, zumal ich Robin auch schon etwas länger kenne, dann würde ich fast sagen, dass sie im Moment schwer mit sich kämpft nicht augenblicklich in Tränen auszubrechen. Ein seltenes Bild. Was mag wohl passiert sein? Immerhin ist normalerweise ein mittleres Erdbeben notwendig, um sie einzuschüchtern oder aber Zero! „Ist der Fettsack wieder bei dir aufgetaucht?“ Augenblicklich spüre ich einen kalten Luftzug im Nacken, so wie früher, als Nojiko mir stets einen kleinen Hieb auf den Hinterkopf gegeben hat, wenn mein Mund mal wieder schneller als jede Form des guten Benehmens war. Zum Glück kennt Robin mich gut genug um zu wissen, dass stets die Sorge um meine Freunde bzw. Familie Auslöser für derartige verbale Ausrutscher sind. Entschuldigend lächle ich sie an, merke aber schnell, dass sie mit ihren Gedanken woanders zu sein scheint. Unnatürlich groß wirken ihre traurigen Augen in ihrem müden Gesicht, als hätte sie tagelang nicht geschlafen. Vermutlich hat sie das auch nicht, nehme ich an, so dass unweigerlich die Wut wieder in mir aufsteigt. Sollte es Zero wagen sie je wieder zu belästigen…ich glaube, diesmal würde ich mich nicht beherrschen können und würde ihm sein dämliches Grinsen aus seiner Visage kratzen! Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern als Robin sich tagelang nicht blicken ließ, sich vergrub und ich schon dachte, ich hätte etwas falsches getan, sie beleidigt, bis ich dahinterkam, dass er sie geschlagen hatte und sie sich nicht auf die Straße traute. Zum Glück gehört sie nicht zu den Frauen, die sich das lange bieten lassen. Sie warf ihn raus, besonders da sie auch dahinter kam, dass er noch andere Frauen neben ihr…na ja, beglücken kann man nicht sagen, schließlich muss er dafür diese blauen Pillen nehmen. Oh, was bin ich heute wieder garstig! „Nami?“ „Ja?“ „Warst du schon mal verliebt? Ich meine wirklich verliebt, keine Schwärmerei.“ „Klar!“ Ich lache, schließlich bin ich dann meist noch chaotischer als sonst! „Du etwa nicht?“, frage ich sie und lasse mich in meinen Liegestuhl fallen. „Ich glaube nicht.“ Zum Glück sitze ich bereits, andernfalls wäre ich umgefallen. „Wie, du glaubst nicht? Du wirst doch schon mal in deiner Pubertät in irgend so einen Neandertaler zwei Klassen über dir verschossen gewesen sein!“ Sie schüttelt den Kopf und entgegnet mir: „Natürlich fand ich schon mal den ein oder anderen Mann…attraktiv, aber es war nie so stark, dass es mir den Boden unter den Füßen weggerissen hat. Weißt du, was ich meine?“ Ich fass es nicht! Das ist doch das normalste auf der Welt, direkt nach Essen und Trinken! Schlafen vielleicht noch, aber sonst? „Was war mit Zero? Ich für meine Bedürfnisse habe mich eh immer gefragt, wie du den heiraten konntest, wollte dir sogar schon eine Brille zur Hochzeit schenken. Liebe war es ja nun offensichtlich nicht.“ „Nein, es war…ich denke Einsamkeit.“ „Als ob nicht genügend andere Männer an dir interessiert gewesen wären.“ „Aber gezeigt hat es mir sonst keiner.“ Sie hat recht. Robin übersprang im Laufe ihrer Schullaufbahn mehrere Klassen, in der Grundschule angefangen! Sie promovierte mit Anfang zwanzig und war Ende zwanzig die jüngste Professorin im ganzen Bundesstaat, wenn nicht sogar in den ganzen Staaten. Aber Erfolg macht eben auch einsam. Sie hatte viele Neider und nicht selten wurde erzählt sie hätte ihren Erfolg durch Gefälligkeiten erlangt. Wer sie wirklich kennt weiß, dass das nicht wahr ist. Frauen, die sich hochgeschlafen haben, glänzen auch nicht vor ihren Studenten mit Wissen, eher mit einem tief ausgeschnittenen Dekolleté. Sie könnte sogar beides. „Und wie ist es jetzt?“ Ich traue mich kaum sie das zu fragen, sieht sie doch noch immer recht unglücklich aus. Dennoch scheint sie ja gerade deshalb zu mir gekommen zu sein, weil sie meinen Rat sucht. „Ich habe mich noch nie so leer gefühlt. Alles wirkt bedeutungslos, als würde ich nicht leben, sondern lediglich meine Zeit verschwenden. Das ist doch verrückt! Ich habe so viel erreicht, habe Erfolg der endlich auch anerkannt wird, aber… Verstehst du mich?“ „Du weißt doch, Männer und Wetter, das sind meine Spezialgebiete. Und jetzt komm her.“ Ich richte mich auf, schaffe Platz auf der Liege und bedeute ihr sich neben mich zu setzen. Heute werde ich für sie da sein. „Besser nicht, sonst fange ich noch an zu weinen.“ „Na und? Heute darfst du dich mal ausheulen. Na komm schon.“ Einen Moment zögert sie noch, aber die Last auf ihren Schultern scheint für sie allein zu groß zu sein, weshalb sie sich dennoch dazu durchringt sich neben mich zu setzen, um von mir in den Arm genommen zu werden. „Ich nehme nicht an, dass es sich bei dem Glücklichen um einen deiner Kollegen von der Uni handelt?“ Als ob ich die Antwort darauf nicht wüsste. Sie schüttelt den Kopf. „Es ist-“ „Nein, sag es nicht, ich weiß es auch so.“ Überrascht blinzelt sie mich an, dass ich schon wieder leicht grinsen muss. Es mag ja sein, dass sie älter und klüger ist als ich, aber in manchen Dingen mangelt es ihr einfach an Lebenserfahrung. „Weißt du, seit Wochen erzählst du mir bei unseren Mittwochstreffs von nichts anderem mehr als von Ryo. Ryo hat dies gesagt, Ryo hat das gesagt und so weiter und so fort. Und da du keinen anderen Mann mehr auch nur in die Nähe deines Herzens gelassen hast, war es nur eine Frage der Zeit, bis du erkennen würdest, dass du bis über beide Ohren in diesen Callboy verknallt bist.“ Sie nickt. „Hast du mit ihm darüber gesprochen?“ Wieder nickt sie und nun kann sie die Tränen nicht mehr aufhalten. Weinend halte ich sie im Arm, spüre ihre Schultern beben, dass ich selbst sogar die ein oder andere Träne weinen möchte. Es ist meine Schuld. Man spendiert keiner einsamen Frau einen muskelbepackten Womanizer, das bringt nur Unglück. Das nächste Mal schenke ich ihr wieder Blumen zum Geburtstag, da kann ich wenigstens nichts falsch machen! „Männer sind eben blöd, das weißt du doch.“ versuche ich es, doch sie schüttelt den Kopf. „Das ist es nicht.“ Langsam scheint sie sich wieder zu beruhigen, zumindest sehe ich keine neuen Tränen über ihr Gesicht rollen als sie sich von mir löst. Doch in ihrem Blick liegt etwas, das ich nur schwer deuten kann oder eher will. Zögert sie etwa? Ich meine in dem Sinne, dass sie überlegt mir die Wahrheit zu erzählen. „Sondern? Was ist es dann?“, bohre ich ein wenig nach, denn die Neugier hat mich gepackt. „Na ja,…also, es ist…“ Sicherlich hat mein ganzes Gesicht inzwischen die Züge eines einzigen großen Fragezeichens angenommen, bis mir ein Verdacht wie ein Pfeil in den Sinn schießt. „Habt ihr was miteinander!?“ Erschrocken über mein eigenes Stimmvolumen schlage ich mir die Hand vor den Mund, schließlich möchte ich auch nicht, dass meine Probleme durch die ganze Nachbarschaft gebrüllt werden. „Nein, nein…nur…“ „Nur was?“ Ich platze gleich vor Neugier! „Ich…“ Kurz sieht sie sich um, ehe sie entschlossen nach meinem Weinglas greift und einen großen Schluck daraus nimmt. Muss sie sich etwa Mut antrinken? „Jetzt lass dir nicht wieder jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen, Robin! Habt ihr euch wenigstens geküsst?“ Ein wenig wiegt sie ihren Kopf hin und her, hebt erneut das Glas, ehe sie antwortet: „Nein, das nicht, aber im Grunde hätten wir beide nichts dagegen gehabt.“ Und während sie ihre Verlegenheit in meinem Merlot ertränkt, beschleicht mich langsam ein Verdacht. „Ist er etwa ein Unfreier?“ Diesmal sieht sie mir fest in die Augen, versteckt sich nicht hinter dem langstieligen Glas, ehe sie nickt. „Ich dachte immer das Wort Unfreier stamme aus dem Mittelalter, aber im Grunde scheint dieses nie geendet zu haben. Nami, sei ehrlich, was weißt du darüber.“ Jetzt bin ich diejenige die zögert, aber Robin war ehrlich zu mir, so will ich es auch zu ihr sein, selbst wenn das bedeutet sie zu verletzen. „Sicher bin ich mir nicht, aber ich weiß, dass die Jungs vom Nachrichtenmagazin mal in diese Richtung recherchiert haben. Angeblich sollen die meisten dieser Callboys nicht freiwillig diesen Job machen. Es heißt, dass verschiedene Arten von Druckmitteln gegen sie eingesetzt werden würden, meist geht es wohl um Geld oder man bedroht sie, wie auch immer.“ „Aber warum geht keiner von ihnen zur Polizei? Als ich Ryo diesen Vorschlag unterbreitete sah er mich nur zweifelnd an.“ „Na ja, sagen wir mal bei uns im Sender lief es ähnlich.“ „Wie meinst du das, Nami?“ „Angeblich wurde nicht weiter nachgeforscht, nachdem unser Chef einen Anruf von ganz oben auf der Liste der Gesetzeshüter bekommen hatte und ihn kurz darauf eine sehr attraktive Frau besuchte. Wenn du weißt, was ich meine.“ „Du meinst, das ganze zieht weite Kreise?“ „Sehr weite Kreise.“ Wieder kann ich Tränen in Robin’s blauen Augen sehen, so dass ich mich beeile sie in den Arm zu nehmen. Ich wünschte, ich könnte ihr helfen. Na ja, vielleicht könnte ich sogar… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)