Callboys von Stoechbiene (ZoxRo (LyxKa, SaxNa)) ================================================================================ Kapitel 19: Erinnerungen: Unfreiwillige Entscheidung ---------------------------------------------------- 19. Zorro Erinnerungen: Unfreiwillige Entscheidung Seit Stunden sitzen wir nun schon in diesem trostlosen Raum, wissen weder ein noch aus. Kahle Betonwände starren uns an, bieten uns keinerlei Fluchtmöglichkeit, denn an der Stahltür brauen wir unser Glück erst gar nicht zu versuchen. Wenn wir wenigstens wüssten, was man mit uns vorhat. Außerdem quält mich die Frage, wo sich Diego im Augenblick aufhalten könnte und ob es ihm gut geht. Die Sorge um den Kleinen bringt mich noch um den Verstand! Erst das leise Quietschen der schweren Tür reißt uns aus unserer Lethargie, ebenso der Anblick dreier Gestalten. Zwei Männer, die je eine Pistole auf uns gerichtet halten und eine Frau. Doch obwohl sie unbewaffnet zu sein scheint, wirkt sie auf mich wesentlich bedrohlicher als ihre Begleiter. „Wünsche wohl geruht zu haben, meine Herren.“ Der Spott in ihrer Stimme ist kaum zu überhören. „Wer sind sie? Was wollen sie überhaupt von uns?“ Sanji zeigt sich wie so oft unbeeindruckt, auch wenn ich das leichte Zittern in seiner Stimme gehört habe. Ich kenne ihn gut, wahrscheinlich weiß ich deshalb schon instinktiv, dass er nur den Coolen spielt. „Nicht so stürmisch, mein Süßer, eins nach dem anderen. Fest steht allerdings, dass ihr zwei ein hübscher Fang seid.“ Ratlos sehen Sanji und ich uns an, haben wir doch absolut keine Ahnung davon, was man eigentlich von uns will. Natürlich quält mich die Frage nach Diego, seinem Verbleib, aber im Gegensatz zu Sanji ziehe ich es vor zu schweigen, um nicht angreifbar zu sein, man weiß schließlich nie, was in den Köpfen anderer vor sich geht. „Eigentlich ist die Sache ganz einfach, Jungs. Ihr zahlt eure Schulden, dann seid ihr wieder frei.“ „Was für Schulden?“, stellt Sanji die berechtigte Gegenfrage, ein wissendes Lächeln ist die Antwort darauf. „Eine schöne Eigentumswohnung in Downtown, wenn auch klein, ist nicht gerade billig und als Koch nur schwer finanzierbar. Oder welcher Collegestudent kann schon die Beerdigung seiner Frau plus Schwiegervater bezahlen? Und was ist mit den Kosten, die durch den Unfall verursacht wurden? Eine Menge Geld.“ Hart schlucke ich, bevor mir noch eine bissige Bemerkung rausrutscht. Woher zum Teufel hat dieses Weib ihre Informationen? „Da sie offenbar so gut über uns Bescheid zu wissen scheinen, wird ihnen auch nicht entgangen sein, dass es bei uns nicht viel zu holen gibt.“ „Deshalb werdet ihr auch für mich arbeiten, als Gegenleistung dafür, dass ich euch eure Gläubiger vom Hals geschafft habe.“ „Und wenn nicht? Wir haben sie schließlich nicht darum gebeten.“ „Du Blondie, hast gar keine andere Wahl, während ich deinem Kumpel einen Deal vorzuschlagen hätte.“ Ihr Grinsen wird breiter, hinterhältiger, so dass das ungute Gefühl in meinem Magen nur noch schlimmer wird. „Er kann gehen, wenn er will. Allerdings muss er mir dazu seinen Jungen als Gegenleistung überlassen.“ „Wo ist er?!“ Meine Selbstbeherrschung ist dahin. Wütend will ich dieses Weib am Kragen packen, notfalls aus ihr herauspressen wo sich mein Sohn befindet, doch das Klicken, als ihre beiden Begleiter ihre Waffen entsichern, lässt mich innehalten. „Sieh es ein, Jungchen, entweder du arbeitest für mich oder du verkaufst das Kind.“ Zornig balle ich meine Hände zu Fäusten, um nicht die Kontrolle über mich zu verlieren, denn diesen Gefallen will ich ihr nicht tun. „Nein. Entweder ihr gebt mir meinen Jungen, oder ihr könnt mich auf der Stelle über den Haufen schießen.“ Entschlossen blicke ich ihr in die Augen, spüre aber im nächsten Moment den kalten Stahl einer Handfeuerwaffe an meiner Schläfe. Ich habe keine Angst vor dem Tod, nur davor, nicht mehr für meinen Sohn da sein zu können, wenn er mich braucht. „Zorro, sei kein Narr!“ Sanji packt mich am Arm, doch ich schiebe ihn von mir. Es ist allein meine Entscheidung. „Meinst du nicht, dass du etwas zu vorlaut bist?“, entgegnet mir die Fremde wenig beeindruckt. „Ich sagte entweder oder, etwas anderes kommt für mich nicht in Frage.“ „Na schön. Dann wirst du mir auch sicherlich verraten können, weshalb ich dich nicht auf der Stelle sterben lassen sollte?“ „Tut mir leid, aber das kann ich nicht. Hier und jetzt entscheidet sich mein Schicksal. Leben oder Tod.“ Sie lacht amüsiert auf, aber zum ersten Mal habe ich den Eindruck, dass es ein ehrliches Lachen ist. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, du bist der Zwilling von einem meiner Jungs. Weißt du, daß mir ein kinderloses Ehepaar fünfzigtausend für den kleinen Hosenscheißer geboten hat? Eine Menge Geld, wie ich finde. Sie würden ihn mitnehmen nach Brasilien und niemanden würde es interessieren, woher sie ihn haben. Beruhigend, wenn man im Geld schwimmt, nicht wahr?“ Sie legt ihre Hand auf den Arm des Kerls, der mir noch immer seine Waffe and den Kopf hält und schickt ihn nach draußen. „Ihr werdet für mich arbeiten, ist das klar?! Ich will mein Geld wieder, jeden Cent und die Zinsen natürlich auch.“ „Welche Art von Arbeit soll das sein?“, mischt sich nun auch wieder Sanji in das Gespräch mit ein, dem doch ein wenig die Farbe aus seinem ohnehin schon blassen Gesicht gewichen ist. „Ihr werdet als Callboys arbeiten.“ „Was?!“ Ist das Ihr Ernst? „Welcher Status?“ Wie kann Sanji nur so ruhig bleiben?! „Second natürlich.“ Wovon reden die beiden überhaupt? Doch mein Gedankengang wird jäh unterbrochen, als dieser Typ von eben wieder zurückkommt, doch diesmal in Begleitung eines weiteren Mannes, dessen Anwesenheit mich in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Ich kenne ihn nur zu gut und weiß, dass er mit allen Wassern gewaschen ist. Falkenauge! Doch das schlimmste an der Situation ist sicherlich, dass er Diego auf dem Arm hält. Der Kleine hat geweint, das erkenne ich sofort! „Als wir uns das letzte Mal begegnet sind, lagst du blutend am Boden, aber ich wusste, dass dich das nicht von deinem Weg, einer der besten Straßenkämpfer zu werden, abbringen würde, Zorro. Jetzt bist du ein junger Vater und als solcher steht für dich das Wohl deines Kindes an erster Stelle, so wie es sein sollte. Also überleg dir gut, was du nun gedenkst zu tun.“ Ich hätte eigentlich nicht gedacht, dass sich Falkenauge noch an mich erinnert, schließlich liegt unser Kampf etwa zwei Jahre zurück und ich war nur einer von vielen, die ihn damals herausforderten. Eine alte, wenn auch verbotene Leidenschaft von Kuina und mir war es an Duellen teilzunehmen, die mit echten Waffen ausgetragen wurden. Ihr Vater hätte uns umgebracht, wenn er je dahintergekommen wäre! Aber eben bei einem dieser Turniere trat ich im Endkampf gegen Falkenauge an und verlor auf schmerzliche Art und Weise gegen ihn. Die Narbe auf meinem Oberkörper zeugt noch heute davon. Danach verschwand er spurlos, doch ich glaubte nicht den Gerüchten um ihn, dass er umgekommen sei. Er ist in meinen Augen einfach nicht der Typ, der so schnell unterzukriegen ist. Und wie es scheint, hatte ich mich nicht getäuscht. „Gib mir meinen Jungen!“, knurre ich wütend. „Wirst du tun, was man von dir verlangt?“ Ein abfälliges Schnauben meinerseits, ehe ich mich zu einer Antwort durchringen kann: „Wie du selbst gesagt hast, steht für mich das Wohl meines Kindes an oberster Stelle, folglich habe ich keine andere Wahl.“ „Versprich es.“ „Ich verspreche es dir und du weißt, dass ich mein Wort halten werde.“ Er nickt. Für Diego würde ich sogar durch die Hölle gehen, sollte man es je von mir verlangen. Trotzdem, im Moment gibt es wenigstens einen kleinen Lichtblick, darf ich meinen Sohn doch endlich wiederhaben. Behutsam drücke ich den Grashüpfer, wie Sanji ihn nennt, an mich, der daraufhin fröhlich mir entgegenlacht. Was würde ich nur ohne den Kleinen tun? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)