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Best Friend Zone

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Willkommen bei einer neuen Takari ^^
ich hoffe, sie gefällt euch ;) Komplett anzeigen

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Kapitel 1

Es war ruhig im Wohnzimmer von Yagamis. Die einzigen Geräusche die man vernahm waren das Rascheln, wenn die Papierblätter bewegt wurden, das Deckel abziehen und wieder aufsetzen der Textmarker und ab und an das Kratzen eines Stiftes auf einem Blatt Papier. Es waren wenige Worte, die die beiden Jugendlichen miteinander wechselten, die sich hier breit gemacht hatten. Hikari saß an dem niedrigen Couchtisch, vor sich einen Block, auf den sie ab und an etwas aufschrieb, daneben ein Blatt Papier, auf dem mit einem grünen Textmarker etwas angestrichen war. Hinter ihr lag Takeru bäuchlings auf dem Sofa, vor sich ebenfalls ein Blatt Papier, auf dem er immer mal wieder etwas mit einem grünen Textmarker markierte. Schließlich schloss er diesen wieder und streckte das Blatt zur Seite, neben Hikaris Kopf, wo diese danach griff.

“Fertig. Kannst du …?”

Noch ehe er aussprechen konnte, nahm Hikari ein Blatt, das schon grüne Markierungen aufwies und reichte es ihm nach hinten.

“Und auch noch …”

Wieder musste der Junge den Satz nicht beenden, da hielt sie ihm schon einen orangenen Textmarker nach hinten.

“Danke.” Und schon machte Takeru sich daran weitere Stellen auf dem Blatt anzustreichen, nun aber in einer anderen Farbe.
 

~~~
 

“Bin wieder da!”, erklang ein lauter Ruf, kaum dass sich die Wohnungstüre geöffnet hatte.

“Wir sind im Wohnzimmer”, antwortete Hikari und kaum dass sie aufsah, kam ihr Bruder bereits zu ihnen, über seiner Schulter noch seine Sporttasche hängend, die er gleich darauf auf den Boden fallen ließ. Ein breites Grinsen lag auf Taichis Zügen und er fuhr sich durch die wild vom Kopf abstehenden Haaren.

“Ach, ich hätte doch gleich davon ausgehen sollen, dass mit dem Wort Wir nicht du und Mama und oder Papa gemeint war sondern Takeru.”

Schon hab seine Schwester ihre Augenbrauen. “Ah ja?”

“Natürlich, immerhin ist er da, wenn du da bist. Und wenn er nicht hier ist, bist du auch nicht da.”

“Was sollte ich auch ohne Hika hier?”, fragte Takeru und setzte sich auf dem Sofa auf.

“Was tust du mit ihr hier?” Taichi ließ sich neben den Jüngeren auf das Sofa fallen.

“Boah, du stinkst”, gab dieser sofort von sich und rutschte zur Seite, um etwas Abstand zwischen sie zu bringen.

“Das kann ich nur bestätigen.” Hikari rümpfte ihre Nase.

“Tja, Eau de Sport!” Taichi hob einen Arm und wedelte mit der anderen Hand unter seiner Achsel in Richtung der beiden Jüngeren.

“Ih, du bist wirklich widerlich!”, beschwerte sich Hikari sofort, während Takeru nur lachen musste.

“Aber um zurück zu meiner Frage zu kommen. Was macht ihr hier? Und wo ist Mama?”

“Mama ist einkaufen und wir beide”, Hikari hob ein Blatt Papier hoch, das mit verschiedenen Textmarker-Farben bemalt war, “machen gerade Hausaufgaben.”

“Ih, das ist widerlich.” Nun war es Taichi, der sein Gesicht verzog, ehe er seufzend den Kopf nach hinten auf die Lehne fallen ließ. “Da fällt mir ein, dass ich auch noch eine Hausarbeit für die Uni schreiben muss …”

“Vielleicht solltest du das auch noch machen?” Hikari stieß ihren Bruder gegen das Knie woraufhin dieser sein Gesicht verzog.

“Ich hasse Hausarbeiten aber … Noch mehr als die Hausaufgaben in der Schule!”

“Sie dich sicher auch, großer Bruder, aber wenn du die Uni gut und auch nicht in allzu ferner Zukunft abschließen willst, dann solltest du deine Hausarbeiten trotzdem machen und lernen.”

“Und du bist zu jung, um schon so ernst zu sein.” Taichi lehnte sich wieder nach vorne, die Ellenbogen auf seinen Knien abgestützt, sein Kinn auf seinen Händen. Er blickte seiner Schwester noch einen Augenblick in die Augen, ehe er seinen Kopf zur Seite drehte. “Du sagtest, Mama ist noch nicht da?” Ein Nicken folgte als Antwort. “Dann sollten wir die Kunst der Stunde noch nutzen, oder?” Wieder ein Nicken. “Hmm, ich sollte eigentlich erst noch duschen, ich meine, ihr habt doch gerade beide gesagt, dass ich ein wenig rieche.”

“Wir haben gesagt, du stinkst”, korrigierte Takeru sofort.

“Genau, ein wenig rieche, ich denke, eine Dusche wäre sinnvoll.”

“Und notwendig.”

“Ruhe auf den billigen Plätzen, Matt-Kopie.”

Takerus Augenbrauen hoben sich auf diese Aussage. “Mein Bruder ist cool, eine Kopie von ihm zu sein ist ein Lob.”

“Ich will aber keine Kopie deines Bruders, Keru. Du bist so perfekt, wie du bist, als Individuum.” Das Mädchen, das auf dem Boden saß, blickte ihren besten Freund ernst an.

“Ich glaube, ich muss bei dem Geschleime gleich kotzen.” Taichi gab passende Geräusche zu seiner Aussage von sich.

“Gott, Tai, du bist so ekelhaft”, stöhnte Hikari und lehnte sich nach hinten, an Takerus Beinen an, während sie ihren Blick kopfschüttelnd auf ihren Bruder gerichtet hatte.

“Ach, das findest du ekelhaft? Dann warte erstmal ab, bis …”

“Tai, geh duschen. Hika und ich kochen etwas”, unterbrach Takeru den Älteren, der ihn sofort mit leuchtenden Augen ansah.

“Wirklich? Oh, das ist ja toll, dein Essen ist immer der Hammer.”

“Danke dir.” Ein Lächeln erschien bei dem Lob auf den Zügen des Jüngeren.

“Ach, das ist einfach eine Tatsache und da die Alternative das Essen meiner Mutter ist, kann es nur besser werden.” Taichi winkte ab.

Nun lachte Takeru. “Ach, ich mache das ja irgendwie so gesehen nur für mich. Ich habe schon früh herausgefunden, dass wenn ich hier überleben will, ich selbst für meine Verpflegung sorgen muss.”

“Was gut für uns ist. Aber es gäbe ja noch eine andere Möglichkeit, von der ich dir abraten will, mit dem Hintergrund, dass ich ja auch mehr davon habe, wenn ich von deinem Essen was abbekomme.”

“Und was wäre das für eine Möglichkeit?” Takeru sah seinen Nebensitzer fragend an.

“Du bist einfach nicht ständig hier.”

“Hmm … das würde im Umkehrschluss halt bedeuten …”

“Dass wir bei Keru Zuhause wären und nicht hier”, beendete Hikari den Satz ihres besten Freundes sofort.

“Eben. Und das würde wiederum bedeuten, dass ich kein Essen von T.K. bekomme sondern von Mama vergiftet werden, da nehme ich seine Anwesenheit gerne auf mich.” Taichi grinste breit.

“Und dass du nicht vergiftet wirst, dafür sorge ich doch gerne”, erklärte der Jüngere und neigte seinen Kopf.

“Sehr schön, so klingt das doch gut. Und jetzt gehe ich duschen.” Damit stand Taichi auf.

“Und ich werde erst einmal lüften, um den Schweißgestank aus dem Zimmer zu bekommen.” Hikari stand ebenfalls auf.

“Du bist viel zu frech! Hab gefälligst endlich mal Respekt vor den Älteren.” Ihr Bruder deutete mit einem Finger auf sie.

“Habe ich. Aber du bist acht Jahre alt geworden und dann nur noch gewachsen”, erklärte sie zwinkernd, was ihren besten Freund zu einem lauten Lachen brachte.

“Die Jugend von heute”, murmelte Taichi kopfschüttelnd, während er nach seiner Sporttasche griff. “Ich bin duschen.”

“Und werf deine Sportsachen gleich in die Waschmaschine”, rief Hikari ihm hinterher.

“Klar, Mama!”

Wieder lachte Takeru, während seine beste Freundin nur schmunzelte. Sie trat zur Balkontüre und zog diese auf, ehe sie zum Couchtisch zurückging und ihre Sachen zusammen suchte, die noch auf dort lagen.

“Wir sind fertig, oder?”, richtete sie über ihre Schulter nach hinten.

“Ja, ich denke auch. Dann können wir ja gleich anfangen zu kochen, damit vermeiden wir, dass deine Mutter überhaupt erst anfangen will, wenn sie vom Einkaufen zurückkommt, oder?”

“Du kennst sie, Keru.” Hikari kicherte ein wenig, ehe sie nickte. “Gut, dann räumen wir hier kurz noch auf.

“Das machen wir.”

Und schon befand sich Takeru neben ihr und tat, wie sie besprochen hatten.
 

~~~
 

“Oh, hier riecht es ja himmlisch”, rief Yuuko laut, kaum dass sie in die Wohnung eingetreten war.

“Ach, Takeru hat den Kochlöffel geschwungen”, erklärte Hikari sofort und ging ihrer Mutter entgegen, um dieser die gefüllten Einkaufstaschen abzunehmen und diese in die offenen Küche der Yagamis zu tragen, wo sie sogleich begann, diese auszuräumen.

“Takeru, du musst doch nicht immer kochen, wenn du hier bist”, richtete Yuuko an den Jungen, der vor dem Herd stand.

“Yuuko”, er erwiderte das Lächeln der Mutter seiner besten Freundin, “das mache ich wirklich gerne.” Und um die Worte von Taichi zu verwenden, ohne sie laut auszusprechen, das kam ihm schließlich auch zugute. Er mochte Hikaris Familie, er liebte sie alle und sie waren nach so vielen Jahren auch eine Familie für ihn, er durfte jederzeit hierher kommen, er wurde immer mit offenen Armen empfangen, es war sein zweites Zuhause. Wie oft hatte er schon hier gewohnt, wenn seine Mutter auf Geschäftsreisen gewesen war? Aber eines konnte er nicht verleugnen: Yuuko Yagami war die miserabelste Köchin die er je kennengelernt hatte. Und das war noch dazu falsch ausgedrückt - sie war überhaupt keine Köchin, denn dazu sollte man doch etwas zum Essen auf den Tisch bringen und das was Yuuko da so meist fabrizierte, das konnte man nicht wirklich Essen nennen. Er verstand auch, weshalb Susumo Yagami, der hinter seiner Ehefrau in den Raum kam, erleichtert aussah und seine Augen regelrecht zu leuchten schienen. Ja, auch Hikaris Vater freute sich immer, wenn deren bester Freund da war und keiner konnte es ihm verübeln, immerhin konnte man so garantieren, dass es keine komischen Zusammenmischungen von ehemaligen Lebensmitteln gab. Doch, Takeru war in der Familie Yagami sehr beliebt.
 

~~~
 

“Takeru, dein Essen ist wie immer sehr gut.” Yuuko lächelte den besten Freund ihrer Tochter an, während sie ihrem Ehemann eine Schüssel reichte, aus der sich dieser sofort einen Nachschlag auf den Teller tat. “Wie sieht es aus, übernachtest du heute hier?”

Der Angesprochene und Hikari wechselten einen Blick miteinander, ehe er seinen Kopf schüttelte. “Nein, ich habe meine Schulsachen, die ich morgen brauche, nicht hier, daher muss ich nach Hause. Und meine Mutter erwartet mich auch.”

“Nächste Woche bist du ja komplett hier.”

Auf Susumos Aussage nickte Takeru. “Ja. Meine Mutter ist mal wieder auf Geschäftsreise und daher die ganze Woche nicht da.”

“Ach, fällt gar nicht auf, ob sie da ist oder nicht”, erklärte Taichi und nahm sich ebenfalls einen, erneuten, Nachschlag.

“Wie meinst du das?”, fragte Hikari sofort leicht angesäuert.

Ihr Bruder zuckte mit seinen Schultern. “Ach, Takeru gehört hier ja eigentlich schon zum Inventar, daher fällt es doch gar nicht auf, wenn er eine ganze Woche am Stück hier ist.”

“Hmm …” Die Jüngere sah ihn immer noch misstrauisch an, woraufhin Taichi breit grinste.

“Schwesterchen, genieße es einfach, ihn 24/7 um dich zu haben und das wirst du, wie ich dich kenne, auf jeden Fall machen.”

“Das hoffe ich doch!”, mischte sich Takeru ein, woraufhin Hikari schmunzelnd ihren Kopf schüttelte.

Yuuko und Susumo beobachteten die drei schmunzelnd. Taichi hatte schon ein wenig recht: es machte keinen Unterschied, ob Takeru hier übernachtete oder nicht, irgendwie war er doch auch ein Teil ihrer Familie, was sie alle sehr schön fanden.

Kapitel 2

“Takeru, stelle nichts an, ja? Sei lieb und mache Yagamis keinen Ärger.” Natsuko Takaishi blickte ihren Sohn an, der ernst nickte.

“Natürlich, Mom.”

“Mach dir keine Sorgen, Natsuko. Du weißt doch, Takeru gehört zur Familie, wir haben mit ihm nie Probleme, im Gegensatz zu meinen eigenen Kindern.” Yuukos Blick fiel auf Taichi und Hikari, die hinter ihr im Flur standen.

“Siehst du Kari? Du musst dich wirklich mehr zusammenreißen”, erklärte der Ältere, während er seiner Schwester den Ellenbogen in die Rippen stieß.

“Hey!”, rief diese und rieb sich sofort über die Seite. “Du weißt, dass sie dich gemeint hat.”

“Ach, ich bin ein braver Sohn, ich bin immer sehr lieb.” Taichi grinste seine Mutter breit an. “Nicht wahr?”

Diese hob ihre Augenbrauen, ehe sie sich wieder Natsuko zuwandte, die seufzen musste.

“Und mein anderer Sohn ist derjenige, der mit deinem Chaoten oft Dinge anstellt, die bei mir für graue Haare sorgen. Takeru hingegen”, sie sah diesen lächelnd an, “bereitet mir keine Sorgen, da hast du recht.” Ihr Blick richtete sich zurück zu Yuuko. “Danke, dass er bei euch sein darf, während ich unterwegs bin.”

“Das ist doch selbstverständlich. Wir freuen uns, wenn er bei uns ist.”

“Zumindest werden wir dann nicht mit Essen vergiftet”, murmelte es hinter ihr, was Yuuko jedoch ignorierte.

“Auch Hiroaki hätte ihn zu sich genommen, so ist es ja nicht, aber er ist auch ständig arbeiten und dann wäre Yamato hauptsächlich für Takeru zuständig gewesen, da mein lieber Ex-Mann da doch etwas nachlässig ist.”

“Mom”, mischte sich Takeru leicht vorwurfsvoll ein.

Sofort wirkte es, als hätte Natsuko ein schlechtes Gewissen, sie wusste, dass ihr jüngerer Sohn es nicht mochte, wenn sie über dessen Vater schimpfte.

“Entschuldige, Takeru. Aber gut”, sie sah ihre Freundin wieder an, “ich bin euch trotzdem sehr dankbar. Und du Takeru”, erneut wandte sie sich ihrem Sohn zu, “ich rufe dich an, wenn ich angekommen bin. Melde dich, wenn etwas ist.”

“Das werde ich, Mom. Aber ich bezweifle stark, dass etwas vorfallen wird. Du weißt doch, bei Yagamis bin ich gut aufgehoben.”

“Da mache ich mir tatsächlich überhaupt keine Sorgen. Na gut, ich muss los, das Taxi ist gleich da. Bis bald mein Großer.” Und damit umarmte Natsuko ihren Sohn noch einmal, verabschiedete sich vom Rest, ehe sie die Wohnung verließ. Alle sahen ihr hinterher, bis die Wohnungstür ins Schloss fiel. Yuuko verzog sich gleich darauf ins Wohnzimmer.
 

“Ich bin mit Matt, Sora, Izzy und Mimi verabredet, wir sehen uns später wieder.” Taichi hob eine Hand, die er gleich darauf zögernd wieder sinken ließ. “Ähm, wollt ihr zwei mitkommen?”

Die Jüngeren tauschten einen Blick, ehe beide ihren Kopf schüttelten.

“Nein, schon okay”, verneinte Hikari.

“Aber sag Grüße an Matt. Natürlich auch an die anderen”, fügte Takeru hinzu.

“Klar, mache ich. Bis dann.” Und schon ließ Taichi die beiden stehen.

Hikari wandte sich ihrem besten Freund zu. “Na gut, dann gehen wir gleich in mein Zimmer, oder?”

“Klar.” Takeru griff nach seiner Reisetasche und folgte ihr in ihr Zimmer, wo sie auf den Schrank deutete.

“Magst du deine Sachen einsortieren oder eine Woche aus der Tasche leben?”

“Ich behaupte, du kennst mich, Hika”, antwortete Takeru und trat zu ihrem Kleiderschrank, den er öffnete. Er öffnete seine Reisetasche und begann sogleich, die Kleidung, die er mitgebracht hatte, in die zwei Fächer zu räumen, die Hikari für ihn frei hielt. Darin lagen sogar schon ein paar Kleidungsstücke, falls er kurzentschlossen hier übernachtete, was auch oft genug vorkam. Für ihn wartete sogar eine eigenen Zahnbürste im Bad, was genug darüber aussagte, wie oft er hier war.

Hikari setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl und beobachtete den Älteren. Als dieser seine Tasche leer geräumt hatte, warf er sie in den unteren Teil ihres Kleiderschranks, ging zu ihrem Bett und ließ sich auf dieses fallen.

“Was machen wir jetzt noch. Einen Film schauen?”, fragte er, während er seine Arme unter seinem Kopf verschränkte.

“Warum nicht. Warte kurz.” Schon drehte die Gefragte sich auf ihrem Stuhl zum Schreibtisch und nahm ihren Laptop von diesem, um ihn an Takeru weiterzureichen. “Ich gehe vorher noch ins Bad und richte mich schonmal.”

“Mach das, ich gehe dann nach dir. Bis du wieder da bist, treffe ich schonmal eine Vorauswahl.”

“Sehr gut.” Und mit einem letzten Blick auf ihren besten Freund, der bereits auf den Laptop-Bildschirm starrte, verließ Hikari ihr Zimmer.
 

~~~
 

Etwas später befanden sich beide im Bett. Nun war es Hikari, die sich über den Laptop beugte und die Filmauswahl inspizierte, die Takeru getroffen hatte.

“Hättest du doch gerne noch mit deinem Bruder mitgehen wollen?”, fragte dieser plötzlich.

Erstaunt sah die Jüngere über ihre Schulter. “Wie kommst du denn darauf? Wärst du gerne zu deinem Bruder?”

“Nein, das jetzt nicht, aber ich wollte dich davon an sich auch nicht abhalten.”

“Du weißt schon, dass ich es auch abgelehnt habe, als Tai gefragt hat? Ich glaube, ich war sogar die erste.” Hikari drehte sich ein wenig, so dass sie Takeru ins Gesicht sehen konnte.

“Ja, das schon …”

“Und zudem”, sie tätschelte ihrem besten Freund das Knie, “ist morgen Schule, meine Eltern sind sicher froh, wenn wir nicht allzu lange wegbleiben.”

“Tai ist doch auch weg … und der muss morgen an die Uni, oder?”

“Das hat einen ganz einfachen Hintergrund, Keru. Du kennst ihn doch, er hätte sich im schlimmsten Fall vom Balkon abgeseilt, um zu Matt zu kommen, da lässt er sich von nichts abhalten und das wissen meine Eltern. Daher erlauben sie es ihm lieber, als es ihm zu verbieten. Und meistens funktioniert es ja relativ gut.”

“Da hast du natürlich auch wieder recht. Unsere Brüder sind echt eine Nummer für sich.”

“Oh ja.” Lachend stimmte Hikari zu. Die beiden Jugendlichen wechselten einen Blick und lächelten sich an. Ohne ihre älteren Brüder hätten sie sich vermutlich gar nicht kennengelernt und nun waren sie bereits seit fast acht Jahren die besten Freunde.

“Also, für was hast du dich entschieden?” Takeru lehnte sich wieder nach hinten und blickte auf den Laptop.

“Den hier?” Hikari hielt ihm den Laptop entgegen und nach Zustimmung startete sie den Film und stellte den Laptop so, dass sie beide einen guten Blick darauf hatten.

“Komm her.” Takeru streckte einen Arm aus und sofort kuschelte sich Hikari hinein, legte ihren Kopf an seiner Schulter ab, während seiner an ihrem Platz fand.
 

~~~
 

Die Uhrzeit zeigte erst halb 11 in der Nacht an, trotzdem war Hikari tief und fest eingeschlafen. Takeru unterdrückte sein Gähnen dieses Mal nicht mehr. Es war spät, er war müde, daher sollte auch er Feierabend machen. Er setzte sich auf, nahm Hikaris Laptop und fuhr diesen herunter, um ihn danach auf den Schreibtisch zu legen. Anschließend löschte er die letzten Lichter und legte sich wieder neben seine beste Freundin ins Bett.

“Schlaf gut, Hika”, hauchte er ihr ins Ohr, ehe er sich herum drehte und die Augen ebenfalls schloss.

Es dauerte nicht lange, da hörte er es hinter sich rascheln und gleich darauf schmiegte sie sich an seinen Rücken und ein Arm legte sich um seinen Bauch. Ein Lächeln erschien auf Takerus Zügen. Hikari war eine kleine Kuschlerin beim schlafen, das war eigentlich schon immer so. Als er noch jünger gewesen war, hatte er eigentlich vor allem und jedem Angst gehabt, auch, als er das erste Mal hier geschlafen hatte. Die ersten zwei Nächte waren schrecklich gewesen, in der dritten hatte sich Hikari zu ihm auf den Futon gelegt und ihn in den Arm genommen, das war die erste Nacht gewesen, in der er durchgeschlafen hatte. In der vierten Nacht hatten sie sich von Anfang an zusammen in ihr Bett gelegt. Da ihren Eltern klar geworden war, dass es wohl an Hikari lag, dass Takeru schlafen konnte, hatten sie es erlaubt. Und auch, als die beiden in die Pubertät gekommen waren, hatten sie es weiterhin zugelassen, es erlaubt. Und heute war es selbstverständlich für die beiden, dass wenn sie beieinander übernachteten, was mindestens einmal die Woche, eher öfter, vorkam, dass sie beide in einem Bett schliefen - und kuschelten, ohne dabei Hintergrundgedanken zu haben. Es gehörte einfach zu ihrer Freundschaft dazu. Er schob eine Hand auf Hikaris an seinem Bauch, seine Finger zwischen ihre. Er war so dankbar, dass sie ein Teil seines Lebens war, er wüsste nicht, was er ohne sie tun sollte. Sie war der wertvollste Mensch und er wollte sie niemals verlieren, ihre Freundschaft musste immer halten!

Kapitel 3

“Guten Morgen!”, trällerte es laut über die Straße.

“Guten Morgen”, rief Hikari und winkte den Personen, die auf der anderen Seite standen.

“Morgen”, gab auch Takeru von sich und hob eine Hand.

Ein Grummeln ertönte hinter ihnen, was den anderen beiden jedoch keinen Ton entlockte. Sie kannten ihren Freund und auch, dass dieser ein ordentlicher Morgenmuffel war.

Gleich darauf sprang die Fußgängerampel auf grün und schon rannte das Mädchen, das auf der anderen Seite der Straße gestanden hatte, über die Straße und fiel gleich darauf Hikari in die Arme. Diese erwiderte die Umarmung ihrer besten Freundin lachend. Miyako war eindeutig das Gegenteil des hinter ihr Stehenden. Die ein Jahr Ältere hatte immer gute Laune und auch morgens um 7.45 schon hellwach.

“Guten Morgen”, gab nun auch Cody, der Jüngste von ihnen und bester Freund von Takeru, von sich.

“Guten Morgen Cody. Na, kommst allein mit ihr klar?”, fragte Takeru grinsend und deutete mit dem Kinn auf Miyako, die auf Hikari einredete und dazu mit ihren Händen wild durch die Luft fuchtelte, während er seine Hände hinter seinem Kopf verschränkt hatte.

“Ach, wie immer halt, du kennst mich ja. Ich habe mich wohl inzwischen an sie gewöhnt.” Cody zuckte mit den Schultern und entlockte dem neben sich Laufenden ein Lachen. “Du wohnst mal wieder bei Yagamis? Wie lange hattest du noch gesagt?”

Takeru ließ seine Hände wieder sinken. “Insgesamt eine Woche, meine Mutter kommt am Samstag wieder, jedenfalls hat sie es so gesagt. Kann aber wie immer gut sein, dass sich das mal wieder um den ein oder anderen Tag verzögert, wäre ja nichts neues.”

“Solange Kari sich gut um dich kümmert, ist doch alles gut, oder?”, fragte Miyako, die neben Hikari vor den Jungen lief und nun zwinkernd über ihre Schulter blickte.

Hinter Takeru und Cody erklang ein lautes Schnauben und als die beiden dorthin blickten, erkannte sie nur, dass der dort Laufende auf den Boden blickte, beide Hände tief in die Hosentaschen geschoben. Die Freunde sahen sich an, ehe sie mit ihren Schultern zuckten und nach vorne blickten.

“Klar, tun sie, immer”, antwortete Takeru auf die Frage der Ältesten von ihnen fünf.

“Du meinst wohl, Yolei”, sprach Hikari ihre beste Freundin mit deren Spitznamen an, “dass T.K. sich gut um uns kümmert, denn immerhin besteht in dieser Woche keine Gefahr einer Lebensmittelvergiftung durch meine Mutter.” Ein breites Grinsen lag auf ihrem Gesicht.

Die anderen lachten laut, hatten doch schon alle von ihnen Erfahrung mit dem Essen von Yuuko Yagami und das nicht unbedingt im Guten, ganz im Gegenteil. Sogar von Daisuke, der immer noch mit verkniffenen Gesichtsausdruck am Ende der Gruppe lief, erklang ein zustimmendes Schnauben.

“Ich gebe mir Mühe, immerhin brauche ich die hier noch eine Weile.” Takeru schloss zu seiner besten Freundin auf, legte dieser seinen Arm um die Schultern und grinste sie von oben herab an.

“Ach, total uneigennützig.”

“Natürlich, Hika. Ich meine, wenn ich mir bei euch eine Lebensmittelvergiftung zuziehe, habe ich überhaupt nichts davon, bei dir zu wohnen und dich mehr oder weniger 24/7 um mich zu haben.”

“Na dann, schön weiter kochen, T.K.”, erklärte Cody schmunzelnd.

“Ich gebe mir Mühe.” Der Angesprochene nickte und sah ernst zu seinem besten Freund, ehe er ebenfalls schmunzeln musste.

“Na wunderbar”, knurrte Daisuke und ging einfach an ihnen vorbei.

Erstaunt sahen ihm die anderen vier hinterher, ehe sie ihm folgten. Er wartete jedoch nicht und so holten Takeru und Hikari, die sich von den anderen beiden verabschiedet hatten, erst in ihrem Klassenzimmer wieder ein, wo er bereits auf seinem Platz saß und zum Fenster hinaus sah.
 

“Hey Davis, ist alles in Ordnung?”, fragte Hikari ihn sanft, als sie sich auf ihren Platz schräg hinter ihm niederließ.

“Kumpel, alles okay?”, fragte auch Takeru, der direkt hinter Daisuke saß, neben Hikari.

“Klar.”

Mehr als dieses eine Wort folgte nicht als Antwort, woraufhin die beiden besten Freunde sich verwundert ansahen. Kurzerhand stand Hikari auf und beugte sich über ihren Pult, streckte sich so, dass sie an Daisukes Schulter kam, die sie festhielt.

“Was ist los, Davis? Du weißt doch, dass du immer mit uns reden kannst. Wir sind deine Freunde und immer für dich da.”

Auf den sanften Druck an seiner Schulter drehte sich der Angesprochene nun doch um und schluckte, als er die schönen braunen Augen direkt auf sich gerichtet sah.

“Ähm …”, murmelte er und wirkte, als hätte sie ihn durcheinander gebracht.

“Hast du wieder Ärger oder Streit mit deinen Eltern? Irgendwas mit oder wegen Jun?”, fragte nun Takeru, der ihn ernst ansah, ihm zeigen wollte, dass Daisuke offen mit ihm reden konnte, er ihm zuhören würde.

Daisuke blinzelte noch einen Augenblick, ehe er mit den Schultern zuckte. Er konnte es nicht offen sagen, wie sehr es ihn störte, dass Takeru schon wieder bei Hikari schlief und das sogar für eine ganze Woche. Warum immer der blonde Schönling? Sah Hikari ihn, Daisuke, überhaupt? War ihr klar, dass er sie mochte? Doch alles was von ihr zu hören war, war Takeru hier, Takeru da … Ach verdammt, das passte ihm überhaupt nicht und hatte seine Laune total vermisst. Nicht, dass diese an einem Montagmorgen auf dem Weg zur Schule besonders prickelnd gewesen war, aber als er die beiden an der Stelle hatte stehen sehen, an der er sich normalerweise allein mit Hikari traf, um gemeinsam in die Schule zu gehen, hatte das seine Laune endgültig in den Keller fahren lassen. Doch egal wie sehr er Takeru dafür hasste, dass dieser so wichtig für Hikari war und eine Stellung inne hatte, die er selbst gerne hätte, der Größere war sein Freund und das hatte er oft genug bewiesen und ihm immer geholfen und war für ihn dagewesen. Es war nicht fair, ihn nun dumm anzumachen, wegen Dingen, die er vermutlich nicht einmal ahnte. Und Hikari wollte er wirklich nicht traurig machen, daher:

“Passt schon, das Wochenende war schon ein bisschen doof … Ich hatte tatsächlich Streit mit Jun und meinen Eltern, eben wegen Jun … Noch dazu ist Montagmorgen, das ist einfach nicht mein Tag und nicht meine Zeit.” Und dann war da noch die Tatsache, dass Takeru Hikari so nahe stand, aber das hatte hier jetzt nichts zu suchen … “Tut mir leid, wenn ich euch so Sorgen gemacht habe.”

Er bekam eine Faust gegen die Schulter gestoßen. “Du weißt, dass du jederzeit mit uns reden kannst, nicht wahr?” Ein Nicken folgte auf Takerus Worte. Der ließ sich wieder auf seinen Stuhl zurücksinken und lehnte sich nach hinten. “Mensch Davis, auch wir haben Montagmorgen und du weißt doch, wie nervig das sowieso schon ist. Da brauchen wir nicht noch, dass du Morgen- und Montagsmuffel das für uns alle noch schlimmer machst. Leide lieber wie wir still vor dich hin.”

“Davis kann nicht still leiden”, erklärte Hikari, die sich ebenfalls wieder richtig hingesetzt hatte.

Ein Schmunzeln glitt über Daisukes Züge. Seine Freunde kannten ihn wohl zu gut. “Ihr habt recht alle beide … Und daher leide ich mal still für mich weiter. Weckt mich, wenn es notwendig ist.” Und damit verschränkte er seine Arme vor sich auf dem Pult und legte seinen Kopf mit geschlossenen Augen darauf ab.

“Ach, ich wünsche mir manchmal, so zu sein wie Davis”, seufzte Takeru, der diesen anblickte, “einfach überall schlafen zu können, das stelle ich mir toll vor.”

Ein schiefes Grinsen erschien auf Daisukes Lippen. Takeru wollte so sein wie er … ach, er selbst würde nur zu gerne mit ihm tauschen, wirklich nur zu gerne …
 

~~~
 

“Gut dass ihr hier seid! Ich habe eine Idee!”, wurden die drei Klassenkameraden von ihrer Freundin auf dem Schulhof empfangen.

“Und was für eine Idee ist das, Yolei?”, fragte Takeru, nachdem er einen fragenden Blick mit Cody getauscht hatte, der bereits bei der Älteren stand und mit dieser auf die restlichen drei gewartet hatte.

“Mir hat sie bisher auch noch nichts verraten, nur dass es eine super coole Idee sei”, erklärte dieser.

“Also wenn Yolei das sagt”, murmelte Takeru …

“... dann kann es nur eine total dämliche Idee sein”, unterbrach Daisuke ihn.

“Du bist so ein Depp!” Miyako funkelte diesen sofort wütend an.

“Davis, hör doch auf damit”, mischte Hikari sich ein, die zwischen diesem und Takeru gelaufen war. Sie legte ihre Hand auf Daisukes Unterarm. “Warten wir doch erstmal, was das für eine Idee ist.” Ihr Blick fiel auf ihre beste Freundin, die ihren auserkorenen Erzfeind noch einen Augenblick wütend anfunkelte, ehe sie sich auf die anderen konzentrierte.

“Okay, hört zu. Takeru, deine Mutter ist jetzt eine Woche nicht da, richtig?”

“Äh, ja”, antwortete dieser verwundert.

“Und das bedeutet, in eurer Wohnung wohnt gerade niemand?”

“Jaaaa?”, zog Takeru die Antwort in die Länge.

“Uh, ich glaube, ich weiß, worauf du hinaus willst, Yolei!”, erklang Daisukes Stimme begeistert und rieb sich die Hände.

Ein leises Kichern entkam Hikari, die von ihm zu ihrer besten Freundin blickte. Oh ja, die beiden stritten zwar, aber sie kannten sich wirklich gut, von wegen Feinde - die beiden waren eindeutig Freunde, auch wenn sie es verleugnen würden.

“Ich würde auch gerne wissen, worauf du hinaus willst”, gab Takeru von sich.

“Ich habe da so eine Befürchtung”, ließ auch Cody sich vernehmen.

“Wir machen bei dir eine Party!”

Auf Miyakos Aussage erklang laute Zustimmung von Daisuke, während Takeru sie nur fassungslos ansah, Cody seufzte, da er genau das vermutet, nein, eher befürchtet hatte und ein erneutes Kichern von Hikari, die über jede einzelne Reaktion von jedem einzelnen amüsiert war.

“Oh, geile Idee! Wir können unsere ganze Stufe einladen, das wird echt mega!” Daisuke war ganz aus dem Häuschen.

“Du sagst es. Dazu geile Musik und Essen, ich sags dir, das wird …”

“Nicht stattfinden.”

Sofort drehten sich beide Köpfe zu Takeru, der seine Arme vor seinem Oberkörper verschränkt hatte, den Kopf schüttelte und seine Größe ausnutzte, um sie von oben herab anzusehen.

“Aber T.K., die Chance müssen wir doch nutzen”, erklärte Miyako sofort.

“Yolei hat recht! So schnell werden wir so eine Chance nicht mehr haben”, unterstützte Daisuke sie.

“Das sollten wir rot im Kalender anstreichen. Daisuke, der Yolei recht gibt”, murmelte Cody in Hikaris Richtung, neben die er gerade getreten war. Diese kicherte wieder und nickte.

“Das stimmt. Das wird so schnell nicht mehr vorkommen. Zumindest wir beide wissen”, sie sah schmunzelnd zu ihrem besten Freund, der von den anderen beiden regelrecht bekniet wurde, “dass sie bei ihm keine Chance haben.”

“Und da bin ich ganz froh drüber.”

Die beiden Jüngsten sahen sich an und nickten sich zustimmend an, ehe sie sich zu einer Bank begaben und ihre Bento-Boxen auspackten, um etwas zu essen zu sich zu nehmen, während sie ihre Freunde bei der, aussichtslosen, Diskussion beobachteten.
 

“Und, auf was habt ihr euch geeinigt?”, fragte Hikari Takeru, als er und die anderen beiden zu ihr und Cody stießen. Der Angesprochene ließ sich neben sie auf die Bank sitzen, um sich etwas aus ihrer Box zu stibitzen.

“Wir machen keine Party in meiner Wohnung.”

“Ja, leider nicht”, stimmte Miyako traurig zu.

“Aber stattdessen treffen wir uns so und nutzen die Wohnung die Tage als Rückzugsort und dass wir Zeit zusammen verbringen können. Dann müssen wir unseren Familien nicht auf die Nerven gehen”, erklärte Daisuke, der mit dem Ausgang relativ zufrieden schien.

“Na dann.” Erneut wechselten Hikari und Cody einen Blick. Doch, mit dieser Einigung konnten sie gut klarkommen.

Kapitel 4

“Da sind wir. Entschuldigt bitte die Verspätung, aber ich habe unsere Verpflegung mitgebracht und Cody hat beim Tragen geholfen”, trällerte Miyako und schwenkte die Taschen, die sie in ihren Händen hielt und von denen auch Cody welche trug, kaum dass sie vor der Wohnungstüre von Takaishis ankamen.

“Oh wie geil! Doritos!”, rief Daisuke, der die Verpackung aus einer der Tasche blitzen sah. Gemeinsam mit Hikari, Takeru und Ken hatte er dort auf die zwei gerade Ankommenden gewartet.

“Ich weiß ja, dass du die magst.” Miyako zuckte mit ihren Schultern.

“Und dafür bedankst du dich jetzt, Davis. Noch besser wäre es, wenn du tragen hilfst!”, erklärte Ken sofort und trat zu seiner Freundin, um ihr die Taschen aus den Händen zu nehmen und diese Daisuke entgegen zu halten. Kaum dass dieser sie entgegen genommen hatte, zog Ken seine Freundin zu einem Begrüßungskuss in die Arme. Miyako kicherte mit roten Wangen.

“Ähm, danke Yolei”, murmelte Daisuke.

Wieder zuckte diese mit den Schultern. “Ich habe versucht die Lieblingsleckerei von jedem einzupacken. Meine Eltern haben erst heute eine neue Lieferung bekommen und ich habe die vorher in die Regale geräumt.”

“Dann hat sich das doch für uns gelohnt.” Hikari schmunzelte, zumindest bis …

“Sag mal, Cody, habt ihr vergessen, die Türe abzuschließen?”, fragte Takeru seinen besten Freund, der verwundert näher kam.

“Was meinst du? Natürlich habe ich abgeschlossen. Ich habe erst vorher eure Post unten vom Briefkasten mit nach oben genommen und die drinnen auf die Kommode im Flur gelegt. Ich bin mir zu einhundert Prozent sicher, dass ich dann wieder abgeschlossen habe!”

Codys Familie kümmerte sich immer darum den Briefkasten zu leeren, wenn Natsuko und Takeru nicht da waren.

“Wirklich, bist du dir sicher?”

“Natürlich. Warum fragst du, T.K.?”

“Die Türe war nicht abgeschlossen.” Takeru stieß die Türe auf. Sofort war von innen Musik und Stimmengewirr zu vernehmen.

“Ist bei euch jemand eingebrochen?”, fragte Ken und trat vor seine Freundin, um sie im Notfall beschützen zu können.

Hikari und Takeru wechselten einen Blick. Sie hatten mindestens zwei der Stimmen erkannt, die aus der Wohnung kamen.

“Ich glaube”, richtete Hikari an ihre Freunde, “wir hatten nicht als einzige die Idee, die verlassene Wohnung als Zufluchtsort zu nutzen.”

“Häh?”, fragte Daisuke, der kein Wort verstand.

“Kommt mit.” Takeru konnte sein Grinsen nicht unterdrücken, als durch den Wohnungsflur ins Wohnzimmer ging. “Hey”, grüßte er die dort Anwesenden.
 

“Kleiner Bruder”, rief Yamato und stand auf, um zu ihm zu kommen, “was machst du denn hier?”

“Das sollte wohl eher ich dich fragen, oder? Immerhin leben eigentlich Mama und ich hier.”

“Ach, weißt du, ich habe ja den Schlüssel und …” Der Ältere strich sich mit einem schiefen Grinsen durch die Haare.

“Eigentlich wollten wir hier ja eine Party feiern!”, rief Taichi vom Sofa aus.

Hikari hob ihre Augenbrauen, während sie ihren Bruder ansah. “In einer fremden Wohnung?”

“Ach, die ist doch nicht fremd”, winkte dieser ab.

“Und genau aus dem Grund, haben wir es ihnen verboten”, erklärte Sora, die ebenfalls nach vorne kam und gleich darauf Hikari umarmte. “Es ist wirklich schön, euch zu sehen.”

“Das finde ich auch”, erklärte Hikari lachend.

“Nicht nur ihr.” Takeru grinste, als er in die Wohnzimmermitte blickte, wo gerade Miyako und Mimi sich mit lautem Quietschen begrüßten.

“Schön, euch zu sehen.” Auch Koushiro erhob sich vom Sofa und kam zu den Ankömmlingen.

“Das finde ich, sicher wir alle, auch”, erwiderte Hikari einem der ältesten Freunde ihres Bruders.

“Ich hätte da trotzdem nochmal eine Frage, Matt”, wandte sich Takeru diesem zu.

“Und was für eine?”

“Wie kommst du auf die Idee, ausgerechnet hier eine Party zu feiern?”

“Ach, das war sicherlich nicht nur er.” Hikari hakte sich bei ihrem besten Freund an während ihr Blick zu Taichi wanderte, der sie breit angrinste.

“Ach, wäre doch eine Verschwendung, die Wohnung leer stehen zu lassen”, erklärte Yamato.

“Die Wohnung steht nicht leer, lieber Bruder.” Takeru hob seine Augenbrauen.

“Zumindest wohnt hier zur Zeit niemand. Was mich darauf braucht, was machst du hier?”

“Ähm … ich wohne hier? Zusammen mit Mama.”

“Soviel ich weiß, wohnst du zur Zeit bei uns, T.K.”, rief Taichi vom Sofa aus.

“Trotzdem ist das hier mein Zuhause.”

“Und ich dachte, das ist da, wo deine beste Freundin ist”, warf Yamato trocken ein und entlockte seinem Bruder ein Lachen.

“Das natürlich auch. Aber egal wie, ich habe jawohl mehr Rechte hier zu sein als du.”

“Hey, Mama hat gesagt, ich darf jederzeit hierher kommen, deshalb hat sie mir auch einen Schlüssel gegeben.”

“Sicherlich aber nicht, dass du hier eine Party veranstaltest. Wenn ich Mom jetzt anrufen würde, wüsste sie, dass du hier bist?”

“Aha.”

“Hey, wir feiern ja keine Party.”

“Nur weil Sora es dir verboten hat.”

“Sie ist halt eine Spaßbremse … Au! Mensch, Sora!” Vorwurfsvoll blickte Yamato seine Freundin an, die ihm ihren Ellenbogen in die Rippen gestoßen hatte und ihn nur mit hochgezogenen Augenbrauen musterte. “In Ordnung, du bist keine Spaßbremse. Nur … ähm …” Als Soras Augenbrauen noch höher wanderten, entschied ihr Freund, dass keine Aussage es nun wert wäre, sie zu verärgern, stattdessen zog er sie in die Arme und lächelte strahlend. “Du bist die beste und wundervollste Frau der Welt.”

“Würg, Schmusesänger!”, erklang es vom Sofa, kurz darauf ein Schmerzensschrei.

“Vollidiot! Matt ist wenigstens romantisch! Da könnten sich andere Anwesenden eine Scheibe von abschneiden!”

“Prinzessin, ich kann dir so viel Romantik geben, wie du nur willst. Vielleicht sollten wir uns dazu verziehen, nur du und ich.” Taichi zwinkerte Mimi zu, die mit in die Hüften gestemmten Hände vor ihm stand.

“Sex ist nicht romantisch, auch wenn du das immer denkst!”

“Ach, unser Sex ist immer romantisch oder zumindest ziemlich gut, das kannst du ruhig zugeben, Prinzessin.”

“AAAAHHHH! Das will ich nicht hören! Lalalalala!”, rief Hikari und drückte sich beide Hände flach auf die Ohren, erntete dafür ein lautes Lachen ihres Bruders und dessen besten Freundes.

“Okay, zurück zum Thema kommend”, unterbrach Takeru das Gespräch, während er seine Hände zusätzlich auf Hikaris drückte und dieser ein Lachen entlockte, “wie oft habt ihr das hier schon gemacht.” Mit seinem Kinn deutete er ins Wohnzimmer. “Und damit meine ich, dass ihr hier wart, wenn Mama und ich nicht Zuhause sind?”

“Ähm …” Immerhin sah Yamato ein wenig schuldbewusst aus.

“Das gibt es ja nicht!”

“Jetzt komm schon, Kleiner, wir haben noch nie etwas angestellt. Meistens verbringen wir einfach nur so Zeit hier, wir haben noch nie eine Party gefeiert.” Auf ein Schnauben seiner Freundin, knirschte Yamato einen kurzen Moment mit den Zähnen. “Gut, gut. Wir waren noch nie mehr als die Personen, die jetzt hier sind. Also von uns Älteren, jemand Fremden haben wir noch nie mitgebracht. Und ja, vielleicht haben wir ein wenig Party gemacht, aber noch nie so eine richtige Houseparty.”

“Was daran liegen könnte, dass das hier kein Haus sondern nur eine Wohnung ist!” Taichi war der einzige, der laut und gröhlend über seinen schlechten Witz lachte, alle anderen verdrehten nur die Augen.

“Mensch Matt, wenn Mama das rausbekommt, ist sie echt sauer!”

“Und genau deshalb sagst du ihr nichts, ja? Versprich es mir, Kleiner.” Bittend sah Yamato seinen Bruder an, von dem er wusste, dass dieser ihm nichts abschlagen konnte und so natürlich auch dieses Mal.

Takeru verdrehte seine Augen. “Okay, aber unter einer Abmachung.”

“Und die wäre?”

“Du gibst mir zukünftig Bescheid, wenn du hierher kommst, dass ich nicht wieder denken muss, es wurde eingebrochen, wenn ich auch herkomme.”

“Okay, das ist kein Problem.”

“Oh, und noch etwas?”, fiel Takeru etwas ein.

“Was denn noch?”

“Kein Sex in dieser Wohnung!”

Erneut kam ein lautes Lachen vom Sofa aus und sofort verzog sich Takerus Gesicht.

“Bitte sag mir, dass ihr hier noch keinen Sex hattet!”

“Ich sage nichts”, erwiderte Yamato sofort.

“Oh Gott …”

“Ach kleiner Bruder, denk einfach nicht dran. Und Kari?”

“Ja?” Diese sah Yamato fragend an.

“Du hast ihn gehört, kein Sex hier, sorry.”

“Äh …” Verwirrt sah sie ihn an, erst dann kam bei ihr wirklich an, was er damit sagen wollte und sofort wurden ihre Wangen rot.

“Yamato!”

“Matt!”

Sowohl Takeru als auch Sora sahen diesen mit blitzenden Blicken an.

“Mensch Matt, wir reden hier von Kari und T.K.! Die beiden sind so gute Freunde, eher schon Geschwister, da passiert so etwas nicht!”, rief Taichi vom Sofa aus. “Das ist ja auch der Grund, dass ich ihn so akzeptiere, bei ihm muss ich mir in dieser Hinsicht keine Gedanken machen.”

Die beiden, über die gerade gesprochen wurde, sahen sich an und seufzten. Warum war es für so viele anderen unvorstellbar, dass sie einfach nur beste Freunde waren? Aber gut, anders kannten sie es nicht. In dem Moment:

“Ach wie cool, Doritos! Boah, geil!” Und schon stürzte sich Taichi, zum Leidwesen von Daisuke, auf die Chips.

“Das sind meine!”, rief er laut und versuchte, seine extra für ihn mitgebrachten Lieblingssnacks vor seinem gefräßigen Vorbild zu retten.
 

~~~
 

Wieder fiel Daisukes Blick auf das Mädchen, das er so mochte. Gerade saß sie mit den anderen Mädchen zusammen und strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr, während sie Mimi lauschte.

“Du solltest sie endlich fragen. Irgendwann findet sie jemanden, sie wird nicht ewig allein bleiben.”

Sofort sah Daisuke neben sich, wo sein bester Freund aufgetaucht und seinem Blick gefolgt war. Ein Seufzen entkam ihm. “Sie hat T.K. Ich kann es drehen und wenden wie ich will, die beiden sind immer zusammen. Sicher, dass sie noch allein ist?”

Ken zuckte mit den Schultern. “Sie sagen es uns allen immer wieder - sie sind beste Freunde. Ja klar, sie sind wirklich sehr eng miteinander verbunden und so eine Freundschaft wie die beiden sie haben, haben wir nicht und du bist eindeutig mein bester Freund. Trotzdem, sie sind kein Paar.”

“Hmm …”

“Frag sie, Davis. Im schlimmsten Fall lehnt sie ab, dann weißt du Bescheid. Egal wie, sobald du sie um ein Date bittest, kannst du dir nicht irgendwann vorwerfen, es nie gemacht zu haben.” Aufmunternd klopfte Ken ihm auf die Schultern, dann drehte er sich herum und ging davon.

Daisuke sah wieder zu Hikari. Sein bester Freund hatte ja recht, wenn er sie jetzt nicht bald fragen würde, dann würde er sich über die verpatzte Möglichkeit in seinem Leben ärgern. Außerdem war sie für ihn doch seine absolute Traumfrau, sie hatte alles, was er sich wünschte. Sie war toll, lustig, hatte einen wundervollen Charakter und sie war die schönste Frau, die er kannte. Es gab nur einen Punkt an ihr, den er nicht sonderlich mochte … ihren besten Freund. Man durfte das nicht falsch verstehen, er mochte Takeru, sehr sogar, er war einer seiner engsten Freunde, aber er mochte ihn nicht in seiner Funktion als Hikaris bester Freund. Vermutlich aber nur, weil er es sich wünschte, dass er selbst es war, den Hikari einfach so in den Arm nahm, ihn auf die Wange küsste - schon wurden seine Wangen rot - und die sich so nahe standen. Takeru wusste alles über sie und das versetzte Daisuke die meisten Stiche, sie übernachteten auch beieinander, in einem Bett. Ihnen zu glauben, dass da nicht mehr war als nur Freundschaft, fiel oft sehr schwer.
 

~~~
 

“Hey Kari.”

Die Angesprochene drehte sich fragend herum und lächelte, als sie Daisuke erkannte, der zu ihr getreten war.

“Hey”, erwiderte sie lächelnd.

“Ich wollte dich etwas fragen.”

“Natürlich, du weißt ja, du kannst mich alles fragen.” Sie stieß ihm sanft ihren Ellenbogen zwischen die Rippen. Er blickte sie mit großen Augen und sagte nichts, woraufhin sie ihren Kopf schräg legte und ihn fragend ansah.

“Ähm”, brachte er endlich heraus und entlockte ihr ein weiteres Schmunzeln. Seit wann war er denn so nervös? So kannte sie ihn überhaupt nicht. Normalerweise war Daisuke nicht auf den Mund gefallen, etwas, wofür sie ihn auch ein wenig beneidete. Er kümmerte sich nicht darum, was andere von ihm dachten, er war er selbst, immer. Eine tolle Eigenschaft.

Er legte eine Hand in seinen Nacken und rieb sich diesen. “Ich wollte fragen, ob du vielleicht Lust hättest, einen Film im Kino anzusehen …”

“Oh, na klar.”

Auf ihre Antwort weiteten sich seine Augen und begannen zu leuchten, bis …

“An welchen Film hattest du denn gedacht? Wir können gleich die anderen fragen und nach einem Termin schauen, wann wir ins Kino können und …”

“Kari, nein, ich … ähm, ich dachte …”

Wieder sah sie ihn fragend an.

“Ich wollte nur mit dir gehen, nur du und ich. Als ein Date.”

Als Daisuke seinen Satz beendete, sah Hikari ihn mit großen Augen an. Auf ein Date?

“Bitte … sag doch was”, bat er sie unsicher, da von ihr nichts kam. Sie blinzelte, ehe sie sich auf die Unterlippe biss.

“Davis, ich …”

Er seufzte und ließ seinen Kopf hängen. “Schon gut, ich habe es mir ja gedacht und …” Als sich eine Hand auf seinen Unterarm legte, sah er auf.

“Nein, das ist es nicht. Ich …”, erneut blinzelte sie, “lass mir bitte etwas Zeit. Ich habe da noch nie drüber nachgedacht und ich will dir nicht irgendwelche Hoffnungen machen, um dich nachher im schlimmsten Fall zu verletzen. Das will ich wirklich nicht, denn du bist mir sehr wichtig.”

Sie wollte darüber nachdenken? Ihm nicht direkt einen Korb geben? Das machte ihm Hoffnung! Schnell nickte Daisuke. “Natürlich. Nimm dir Zeit und dann gib mir Bescheid, ob du mit mir ausgehen, nein, auf ein Date gehen willst.”

Sie lächelte. “Das werde ich, versprochen.”

Kapitel 5

“Und was hältst du davon?” Hikari saß an ihrem Bettrand und blickte zu ihrem besten Freund hinunter, der in ihrem Zimmer auf dem Boden saß und noch kein einziges Wort zu dem gesagt hatte, was sie ihm erzählt hatte.

“Hmm …”

“Es ist irgendwie komisch, oder?”

Sie begann auf ihrer Unterlippe zu kauen, woraufhin Takeru zu ihr krabbelte, sich mit einer Hand neben ihr auf dem Bettrand abstützte und mit den Fingern der anderen Hand ihre Unterlippe von ihren Zähnen befreite.

“Mach das nicht, Hika. Nachher blutest du nur.”

Mit großen Augen sah sie ihn an und ihr Herz nahm einen Schlag zu. Was war das denn jetzt? Schon ließ er sich neben ihr ebenfalls auf dem Bettrand nieder und ließ seinen Oberkörper nach hinten fallen, wo er seine Arme unter seinem Kopf verschränkte.

“Hmm …”

Mit ihrer Faust stieß ihm Hikari in die Rippen und erntete dafür ein lautes “Uff!”.

“Hör auf, immer nur mit Hmm zu antworten, so bist du mir keine Hilfe!”

“Was willst du denn von mir hören?”, fragte Takeru vom Bett aus.

“Was du davon hältst eben. Was sonst?”

“Willst du, dass ich dir sage, ob du ihm zu- oder ihm lieber absagen sollst?”

“Was? Nein, natürlich nicht … denke ich.” Hikari runzelte ihre Stirn. Anstatt auf ihrer Unterlippe herum zu kauen, fing sie nun an an der Nagelhaut ihrer Finger zu zuppeln.

“Hika, wenn du nach einer Woche, in der ich bei dir gewohnt habe, voller Blessuren rauskommst, darf ich vielleicht nie wieder hierher kommen geschweige denn bei dir übernachten.” Mit seiner Hand ergriff Takeru eine seiner besten Freundin und verflocht ihre Finger miteinander. “Gut, du willst eine Aussage von mir. Ich kann dir nicht abraten aber auch nicht dazu, denn das ist eine Entscheidung, die ganz allein du treffen musst. Tatsache ist, wir kennen Davis schon viele Jahre. Er ist ein guter Freund und eigentlich weißt du doch auch schon lange, dass er dich wirklich sehr mag.”

“Ja … aber er hat mich noch nie um ein Date gebeten, daher habe ich es als Schwärmerei abgetan.”

“Tja, scheint wohl doch nicht nur eine Schwärmerei zu sein.”

“Anscheinend nicht …”

“Willst du denn mit ihm ausgehen?”

“Ich weiß nicht …”

“Oh Hika, du solltest es aber wissen, ob du ihn so magst, dass du mit ihm auf ein Date gehen willst.”

“Aber Keru ...” Unsicher sah Hikari auf ihren besten Freund hinunter, der die Augen geschlossen hatten. Irgendwie wirkte sein Gesichtsausdruck angespannt. Verwundert darüber beugte sie sich zu ihm herunter, so nahe, dass sich fast ihre Nasen berührten. Die Anspannung von Takerus Gesicht verschwand, stattdessen machte sich ein breites Grinsen darauf breit und er öffnete seine Augen.

“Willst du etwa mich küssen? Das erklärt, dass du kein Interesse an Davis hast. Ich meine, wer will Davis, wenn er mich haben kann?”

Schon färbten sich Hikaris Wangen rot. Ihr Herz schlug sowieso schon so schnell, seit seine blauen Augen direkt auf ihre gerichtet waren, ihr bis auf die Seele zu blicken schienen.

“Natürlich nicht!” Schnell richtete sie sich auf und sah in eine andere Richtung.
 

Ein Schmunzeln lag auf Takerus Zügen, während er ihren Rücken betrachtete. Seine Hand hielt immer noch ihre, sie hatte sie nicht weggezogen, was ein gutes Zeichen war, sie schien ihm seine Aussage nicht übel genommen zu haben.

“Ach weißt du Keru, ich mag Davis ja, so ist es nicht. Er ist wirklich sein sehr guter Freund, da hast du recht. Aber ich habe ihn noch nie so gesehen. Ich meine … Davis ist halt …”

“Davis ist Davis.”

Kurz zögerte Hikari, dann nickte sie auf die Aussage des neben ihr Liegenden. “Richtig. Davis ist Davis …”

“Ein Taichi 2.0.”

Schon runzelte sie ihre Stirn und sah nun doch wieder zu ihrem besten Freund hinunter, der sie mit offenem Blick betrachtete. Ihr Gesicht verzog sich angewidert. “Ich liebe meinen Bruder, sehr, aber so will ich ihn nicht sehen.”

“Dann ist das doch eine Antwort auf deine Frage, oder? Wenn du nicht mit deinem Bruder ausgehen willst, dann darfst du nicht mit Davis ausgehen.”

“Ach komm schon.” Hikari ließ sich ebenfalls nach hinten auf ihr Bett fallen. “Das ist schon etwas gemein. Klar ist er Tai ein wenig ähnlich, aber er ist ja immer noch er selbst. Davis ist doch eigentlich cool.”

Takeru spannte sich wieder an. Er wusste nicht, warum, aber ihn störte es, dass sie sich darüber unterhielten, dass Hikari mit Davis auf ein Date gehen würde. Wobei, nein, allein die Vorstellung, dass sie überhaupt auf ein Date gehen würde, gefiel ihm nicht. Warum das bitte? Seine beste Freundin war wundervoll, er sollte sich freuen, wenn sie einen tollen Freund fand. Und Daisuke war ein cooler Typ, ihm sollte er sie doch anvertrauen können. Hatte er Angst, dass er dann nicht mehr so viel Zeit mit ihr verbringen könnte? Klar, natürlich würde das weniger werden, aber trotzdem würde sich ihre Freundschaft nicht ändern, davon war er überzeugt. Er schloss seine Augen und verdrängte das eigenartige Gefühl in sich.

“Mach es.”

“Wie?”

Als er seine Augen wieder öffnete und seinen Kopf zur Seite drehte, erkannte er, dass Hikari ihn aus großen Augen anstarrte.

“Ähm.” Er blinzelte, ehe er sich wieder sammelte. “Geh mit ihm aus, Hika. Davis ist ein cooler Typ, ein guter Kerl und er würde alles für dich tun. Du kannst mit ihm nichts falsch machen.”

“Meinst du wirklich?” Sie sah immer noch verunsichert aus.

Er nickte. “Ja. Ich bin dafür. Schreib ihm gleich und sag zu.”

“Ähm, okay, wenn du meinst.” Zögernd richtete sich Hikari auf, ehe sie aufstand und ihr Handy vom Schreibtisch nahm. Sie öffnete die Nachrichten und tippte eine Nachricht ein. “Soll ich wirklich?”, fragte sie noch einmal.

Schon stand auch Takeru auf und trat zu ihr. Kurzerhand nahm er ihr Handy aus den Händen und drückte die Senden-Taste. “Schon erledigt.”

“Was? Mensch Keru, du kannst das doch nicht einfach machen!” Entsetzt blickte Hikari auf ihr Handy. “Du kannst doch nicht einfach die Nachricht abschicken!”

“Tja, schon passiert.” Takeru zuckte mit seinen Schultern, während er über die Schulter seiner besten Freundin auf deren Bildschirm blickte, auf dem die Nachricht an Daisuke angezeigt wurde.
 

An: Davis

Von: Hikari

Hey Davis,

ich habe über deine Frage vorher nachgedacht und ja, ich würde gerne mit dir ausgehen.

Kari
 

~~~
 

Mit einem lauten Ton landete der Basketball, den Takeru gerade durch den Korb geworfen hatte, wieder auf dem Boden. Er trat zu diesem und wischte sich dabei den Schweiß von der Stirn, ehe er seinen Ball aufhob und wieder zum Dribbeln ansetzte, um ihn kurz darauf in den Korb zu werfen. Er musste sich ablenken und das dringend! Es war Samstag, seine Mutter war von ihrer Geschäftsreise wieder zurückgekommen und gemeinsam hatten sie mit Yagamis noch einen Kaffee getrunken und den von Natsuko mitgebrachten Kuchen verspeist, ehe Takeru sich von seiner besten Freundin und deren Familie, die für ihn inzwischen fast so etwas wie eine zweite Familie war, verabschiedet hatte und nach Hause gefahren waren. Dort hatte er jedoch keine Ruhe gefunden, woraufhin er sich nach dem Abendessen noch seinen Basketball geschnappt hatte und in den nahe gelegenen Park gefahren war, um dort auf dem Sportplatz ein paar Körbe zu werfen. Er zerbrach sich schon die ganze Zeit über den Kopf darüber, wie wohl das Date zwischen seiner besten Freundin und Daisuke ablaufen würde, das heute stattfand. Der Film musste bereits gestartet haben, was hatte sie noch gesagt? 19.30 Uhr? Jetzt war es 20.20 Uhr, also waren die beiden schon eine ganze Weile unterwegs, immerhin waren sie davor noch etwas essen gegangen. Daisuke hatte Hikari in sein Lieblings-Ramenrestaurant einladen wollen, zumindest hatte sie das erzählt. Ob sie wohl … Verdammt, nein, er wollte darüber nicht nachdenken! Er war es doch gewesen, der sie erstens dazu überredet und zweitens die Zusage an ihren gemeinsamen Freund abgeschickt hatte! Warum also störte es ihn so, dass die beiden nun miteinander auswaren? Takeru stockte, als er den Ball gerade werfen wollte. Erst jetzt wurde es ihm so richtig bewusst: Es störte ihn, dass die beiden miteinander ausgingen. Ja, ihm hatte die Idee nicht unbedingt gefallen, aber er hatte ihr doch gut zugeredet. Langsam ließ er seine Hände mit dem Ball sinken. Mensch, sollte er sich nicht darüber freuen, dass zwei Personen, die er sehr mochte, unter anderem seine beste Freundin, sich fanden? Warum war er nur so … eifersüchtig? Oh Gott, er war eifersüchtig. Und das nicht einmal darauf, dass Daisuke ihm seine beste Freundin wegnahm, nein, darauf dass er ihm Hikari wegnahm. Seine Hikari … Die, die ihm etwas bedeutete. Er wollte sie nicht teilen, mit niemanden! Sie gehörte doch zu ihm! Sein Ball fiel mit einem Klatschen auf den Boden, als ihm diese Gedanken, diese Gefühle bewusst wurden. Seine Beine wurden weich und er ließ sich an Ort und Stelle auf den Boden sinken. Mit weit aufgerissenen Augen sah er in die Luft vor sich, ohne wirklich etwas wahr zu nehmen. Was sollte er jetzt nur tun?

Kapitel 6

Takeru saß im Dunkeln auf seinem Schreibtischstuhl, vor sich auf dem Schreibtisch sein Laptop, auf dem er Youtube-Videos schaute. Er wollte sich einfach ablenken und nicht weiter über das nachdenken, was ihm vorher bewusst worden war. Er hatte sich in seine beste Freundin verliebt … Was für ein dummes Klischee! Und das war ihm ausgerechnet dann bewusst geworden, als sie ein Date mit einem anderen Typen hatte, bei dem es sich dummerweise auch noch um einen guten Freund handelte. Was sollte er nur tun? Es ihr sagen oder es doch lieber verschweigen? Vielleicht sollte er abwarten, wie ihr Date mit Daisuke verlaufen war. Wenn das nichts werden würde, hätte er doch eine Chance, oder? Dann könnte er es ihr sagen und sicherlich würde sie auch so empfinden wie er. … Wirklich? Sie waren jetzt schon so lange beste Freunde und sie hatte noch nie ein Wort darüber verloren, geschweige denn eine Andeutung gemacht. Wobei, vielleicht war es ihr ja auch noch nicht klar, was sie empfand. Ihm war es ja auch erst vor ein paar Stunden klar geworden. Aber … doch, sie musste einfach auch Gefühle für ihn haben, denn ansonsten war die Freundschaft zwischen ihnen doch eindeutig zum Scheitern verurteilt. Wie sollten sie noch so gute und beste Freunde bleiben, wenn einer von ihnen Gefühle hatte, die der andere nicht erwiderte? Das konnte doch nicht funktionieren. Und wie sollten sie zukünftig miteinander in einem Bett schlafen? Wie sollte er sie im Arm halten, ohne ständig daran zu denken, sie zu küssen und … Ach verdammt, ablenken funktionierte null! Frustriert schlug er seinen Laptop zu. Er würde jetzt ins Bett gehen, denn wenn er schlafen würde, müsste er nicht denken. Das klang doch nach einem guten Plan … auch wenn es erst 22 Uhr an einem Samstag war …
 

Er lag in seinem Bett und starrte im Dunkeln an die Decke. Das mit schlafen war eine gute Idee gewesen … wenn denn sein Kopf mitmachen würde, aber nein, Fehlanzeige. Er konnte an nichts anderes als an seine beste Freundin zu denken. Sich vorstellen, wie es wäre, wenn sie ein Paar werden würde. Würde sich überhaupt viel ändern? Sie verbrachten ja auch jetzt schon sehr viel Zeit zusammen. Wobei, sie würden sich dann küssen und … Aber nur, wenn sie auch so für ihn empfand, was ja auch voraussetzte, dass das Date mit Daisuke nicht gut laufen würde und sie … Als sein Handy auf dem Nachttisch vibrierte, wurde er aus seinen Gedankengängen geholt, was er dankbar annahm. Er wollte nicht weiter darüber nachdenken, was wäre, wenn. Doch kaum dass er den Namen seiner besten Freundin auf dem Bildschirm erkannte, zog sich alles in ihm zusammen. Was wollte sie? Ihm sagen, dass das Date schlecht gelaufen war? Sein Herz machte einen Satz. Oder das Gegenteil davon und dass sie und Daisuke nun ein Paar waren? Schon wurde es ihm anders. Das Vibrieren stoppte und ein Anruf in Abwesenheit wurde auf dem Display angezeigt. Gleich darauf ging der nächste Anruf ein.

“Hika?”, nahm er das Telefonat entgegen.

“Hey Keru.”

“Na, wie lief es?”, fragte er, auch wenn sich alles in ihm dagegen sträubte etwas von ihrem Date zu erfahren.

“Ähm, ganz gut denke ich.”

“Möchtest du”, Takeru stockte und runzelte seine Stirn, “darüber reden?” Bitte sag nein! Das würde er nicht ertragen!

“Das würde ich wirklich gerne und ehrlich gesagt”, ein leises Lachen klang aus dem Handy, “stehe ich vor deiner Haustüre. Würdest du mich reinlassen?”

“Du … Was?” Mit großen Augen setzte sich Takeru auf.

“Ich bin hier unten. Also? Oder soll ich lieber nach Hause gehen?”

“Nein, natürlich nicht. Einen Augenblick, ich mache dir auf!”
 

Und schon sprang er auf und lief zur Wohnungstür, von wo aus er die Haustüre öffnen konnte. Es dauerte noch kurz, dann öffnete sich der Aufzug am anderen Ende des Hausflurs und gleich darauf stand Hikari vor der geöffneten Wohnungstüre, wo Takeru auf sie wartete.

“Hey”, begrüßte sie ihn leise und legte ihre Arme um ihn, ihren Kopf an seine Brust.

Einen Moment war er wie erstarrt, ehe er seine Arme ebenfalls um sie legte und sie an sich drückte. War das schon immer so schön gewesen? Ja, vermutlich schon. Er wollte die Umarmung am liebsten nie wieder lösen. Doch da trat sie bereits einen Schritt zurück.

“Ich kann doch hier schlafen, oder?”, fragte sie und sah ihn aus ihren wunderschönen Augen an.

Bei ihm schlafen? Seine Gedanken von vorhin schossen ihm durch den Kopf. Mit ihr in einem Bett schlafen? Und das jetzt, wo ihm seine Gefühle klar waren? Aber … er wollte doch, dass es war wie bisher. Natürlich wäre es am schönsten, wenn sie die Beziehung auf eine andere Ebene heben würden, aber dazu musste er offen mit ihr reden. Warum also nicht diese Nacht nutzen? Seine Wangen wurden rot. Okay, warum klangen seine Gedanken plötzlich so zweideutig?

“Keru, alles in Ordnung bei dir? Wenn du nicht magst, kann ich natürlich auch wieder nach Hause gehen.”

Ihre Stimme klang verwundert, was Takeru verstehen konnte, immerhin schlief sie so oft bei ihm, warum sollte ihn das plötzlich stören.

“Nein, alles gut. Natürlich kannst du hier schlafen.”

“Gut, dann würde ich erst kurz ins Bad gehen, wenn es okay ist.”

“Natürlich, mache das. Ich hole kurz deinen Schlafanzug.”

“Danke dir, Keru. Du bist der Beste!” Und schon stand sie auf ihren Zehenspitzen und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Eine Geste, die häufig stattfand, doch heute war es das erste Mal, dass ihm dabei fast das Herz aus dem Brustkorb sprang. Das war alles so seltsam und irgendwie auch überfordernd!
 

~~~
 

“Kommst du jetzt ins Bett oder nicht?”, fragte Hikari und tippte neben sich auf die Matratze. Sie selbst lag bereits fertig gerichtet in seinem Bett und wartete nur noch auf ihren besten Freund .

Takeru war selbst auch noch einmal ins Bad gegangen, mehr, um sich nochmal zusammenreißen zu können, sich Mut zuzusprechen und zu beruhigen. Sie durfte ihm nichts anmerken.

“Ähm …”

“Keru, alles okay?”

“Doch, doch. Einen Moment.” Und schon knipste er das Hauptlicht aus und schlüpfte gleich darauf zu ihr unter die Bettdecke. Kaum dass er lag, legte sie ihren Kopf auf seiner Schulter ab. Einen Moment herrschte noch Stille und Takeru musste ein Seufzen unterdrücken, ehe er die Frage stellte, deren Antwort er am liebsten gar nicht hören wollte.

“Also, wie war es?”

“Hmm …” Hikaris Finger legten sich auf seinen Oberkörper und ohne dass es ihr wirklich bewusst war, begann sie mit diesen kleine Kreise über seine Brust zu zeichnen, was sein Herz dazu brachte ein vermutlich ungesundes Tempo anzunehmen. Ihm wurde kalt und heiß zur gleichen Zeit, während sie ihm eine Gänsehaut verursachte. Sie war ihm so nahe, wie sie es schon tausende von Malen war, er würde es nicht mehr zählen können, doch es war das erste Mal, dass er sich dabei unwohl fühlte. Das durfte er sie nicht merken lassen, denn dann käme er in Erklärungsnot. Trotzdem legte er seinen Arm um sie und seine Hand auf ihren Oberarm.

“Es war”, ein leises Kichern entkam ihr, “wirklich schön. Davis war so lieb und zuvorkommend, das hätte ich gar nicht von ihm erwartet.” Ein Lächeln lag auf ihren Zügen, während sie sich noch ein wenig enger an Takeru schmiegte. “Weißt du, zu Beginn sind wir in dieses Ramenrestaurant gegangen, von dem er uns allen schon öfter erzählt hat. Du weißt ja, wie sehr er Ramen liebt, aber er liebt es wirklich.” Wieder kicherte sie. “Und er war sehr aufmerksam, die ganze Zeit über, trotzdem war er sehr nervös - und du kennst ihn, wenn er nervös ist, dann wird er total tollpatschig. Anschließend sind wir ins Kino. Der Film war übrigens ganz gut und auch wirklich lustig, falls du ihn noch sehen willst, es lohnt sich.”

Erneut versteifte sich Takeru. Ja, er hatte den Film eigentlich sehen wollen, mit ihr zusammen. Das hatte sich jetzt wohl erledigt, denn ein zweites Mal würde Hikari ihn sicher nicht sehen wollen.

“Und im Kino”, ihre Finger hielten in ihrer Bewegung inne, “hat er dann meine Hand genommen. Ich war erst total überfordert, aber es war irgendwie auch ganz schön. Wenn ich es nicht hätte wollen, hätte ich sie zurückziehen können, so fest hat er sie nicht gehalten. Aber da er sich getraut hatte, wollte ich das auch gar nicht. Ach, nicht nur deswegen, es war mir nicht unangenehm.” Hikaris Finger nahmen ihre Bewegungen wieder auf.

“Dann … hat es dir also gefallen?”, fragte Takeru zögerlich.

“Ich denke schon …”

“Heißt das”, er versteifte sich, “ihr seid jetzt zusammen?”

Sofort hob Hikari ihren Kopf und schüttelte diesen. “Nein, sind wir nicht. Jedenfalls haben wir nichts diesbezüglich besprochen.”

Erleichterung überkam Takeru. Sie und Daisuke waren kein Paar … Noch nicht. Und wieder überschwemmte ihn das schlechte Gefühl, das ihn schon den ganzen Tag im Griff hatte.

Sie legte ihren Kopf wieder auf seine Schulter. “Er … hat mich geküsst”, flüsterte sie leise.

Es fühlte sich an, als würde ihm jemand in den Magen schlagen. Daisuke hatte Hikari geküsst …

“Wie … wie war es?”, fragte er mit kratzender Stimme und wünschte sich im gleichen Atemzug, er hätte nicht gefragt.

“Irgendwie … seltsam.”

“Seltsam?” Diese Antwort verwirrte ihn.

“Ja … ich weiß nicht, ich dachte immer dass ein Kuss sich anders anfühlen müsste. Irgendwie, ich weiß wirklich nicht. Prickelnder vielleicht? Dass man Schmetterlinge im Bauch bekommt? Es einem warm und heiß wird und man genau weiß, das ist der Eine? So ungefähr …”

Wieder fühlte sich Takeru ein wenig leichter. “Das bedeutet, dass sich sein Kuss so nicht angefühlt hat?” Bitte sag ja, schoss ihm bei seiner Frage durch den Kopf. Er spürte, wie Hikari an seiner Seite nickte.

“Meinst du, dass ich mir da immer was falsches gedacht habe? Ich meine, ich wurde noch nie geküsst, ich kann das doch gar nicht wissen, ich habe keinerlei Erfahrung in der Hinsicht. Ich habe das alles nur aus Büchern und wer weiß, ob es da alles nur schön geredet wurde.”

“Hmm, meinst du wirklich?” Takerus Hand begann über ihren Oberarm zu streicheln.

“Ich habe keine Ahnung, Keru.” Hikari drehte ihren Kopf und legte sein Gesicht an seine Brust. “Ich meine, eigentlich wäre Davis doch ein toller Freund, oder?”, nuschelte sie gegen den neben ihr Liegenden. “Er scheint mich ja auf seinen Händen tragen zu wollen und wir kennen ihn beide, er ist ein toller Typ, eigentlich sollte ich mit ihm doch nichts falsch machen, was meinst du?”

Was? Sie wollte von ihm wissen, ob sie eine Beziehung mit einem anderen Kerl anfangen sollte? Am liebsten würde er laut Nein schreien, ihr sagen, dass er der einzig Richtige für sie wäre, kein anderer! Aber das traute er sich nicht. Er konnte aber … Er schob seine beste Freundin von sich und setzte sich auf.

“Was ist los?”, fragte sie und rappelte sich ebenfalls auf, sah ihn verwundert an. Als sich seine Hände um ihre Wangen legten, weiteten sich ihre Augen, noch mehr, als er ihr näher kam. “Keru, was tust du da?”, fragte sie verunsichert. Er war ihr so nahe.

“Ich küsse dich jetzt, Hika. Dann hast du einen weiteren Kuss als Vergleich und weißt vielleicht, was du willst”, erklärte Takeru. Vielleicht war das eine ganz dumme Idee, aber wenn sie bei seinem Kuss etwas anderes fühlen würde, dann wäre ihr hoffentlich klar, dass er der Richtige für sie wäre, nicht Daisuke!

“Keru …”

“Hika, das ist doch nur zu Überprüfungszwecken. Ich bin dein bester Freund, wenn du es nicht mit mir testen kannst, mit wem denn dann?”

Immer noch sah sie ihn verunsichert an, ehe sie leicht nickte. Das reichte Takeru schon aus. Seine Griffe an ihren Wangen verstärkten sich minimal um sie an sich zu ziehen und dann berührten seine Lippen auch schon die ihren.

Nein, das was sie in ihren Büchern gelesen hatte, dass der Kuss mit der richtigen Person Schmetterlinge im Bauch auslöste, dass es einem warm und heiß wurde, dass es einem klar war, die Person, die man da gerade küsste, das war die Eine, die Richtige, das war nicht gelogen gewesen! Im Gegenteil, die Bücher hatten Recht! Sie war es. Hikari war die eine Person, die immer die Richtige für ihn wäre, er bräuchte niemals jemand anderen, niemals! Sie war alles, heute und für immer und … Ihre Hände legten sich auf seine Brust und sie löste sich von ihm, senkte ihren Kopf ein wenig, wich seinem Blick aus. Panik kam in Takeru auf. War das gerade ein Fehler gewesen? Hätte er es nicht tun sollen? Was sollte er jetzt machen?

“Ähm”, er lachte schief und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, während er die andere neben sich in die Bettdecke krallte, “war … hat der Überprüfungszweck etwas ergeben?”

“Wir … sollten vielleicht schlafen, ich bin wirklich sehr müde”, flüsterte Hikari fast lautlos. Sie drehte sich zur Seite und legte sich ins Bett.

Takeru war wie erstarrt und es dauerte eine kleine Weile, bis er sich wieder regen konnte. “Okay”, murmelte er. “Schlaf gut, Hika.”

Nun war sie es, die nicht gleich reagierte, eine kurze Pause verging, ehe sie ihm antwortete. “Du auch, Keru.”

Hikari lag mit dem Rücken zu ihm, hatte auf einen gewissen Abstand zu ihm geachtet. Er streckte eine Hand aus, wollte seine beste Freundin berühren, sie fragen, was war, ob der Kuss ein Fehler gewesen war, für sie, denn für ihn war es eindeutig keiner gewesen, er hatte seine Gefühle ihr gegenüber nur bestätigt. Doch kaum bevor seine Finger sie erreichten, ballte er sie zu einer Faust und zog sie zurück. Hoffentlich hatte er damit nicht alles zwischen ihnen, ihre Freundschaft, kaputt gemacht.

Kapitel 7

Hikari lag im Bett ihres besten Freundes. Des besten Freundes, der sie vorher geküsst hatte! Und das, nach dem ein anderer guter Freund, wenn auch nicht ihr bester, sie heute auch schon geküsst hatte. Und auch wenn Takeru gesagt hatte, dass er das aus Überprüfungszwecken gemacht hatte, dass sie den Kuss vergleichen konnte, hatte ihr das ein wenig Angst eingejagt. Der Kuss mit Daisuke, der war, ja, er war schön gewesen. Er hatte sie nach Hause gebracht und sie dort auf den Mund geküsst. Es war ein angenehmer Kuss gewesen. Ein Kuss, der sich nicht im geringsten so angefühlt hatte, wie sie von einem Kuss erwartet hatte. Sie war sich schon sicher gewesen, dass sie sich einfach zu schöne Vorstellungen gemacht hatte, wie ein Kuss sein müsste. Doch dann … dann hatte Takeru sie gerade geküsst und dieser Kuss, der war genauso gewesen, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Er hatte alles in ihr zum prickeln gebracht, ihr Herz hatte so schnell geschlagen, am liebsten hätte sie ihn weiter geküsst. Und dann war ihr wieder eingefallen, dass der Junge, der sie gerade küsste, ihr bester Freund war und dass er das nur zu Überprüfungszwecken getan hatte! Kaum dass ihr das wieder eingefallen war, hatte sie ihn nicht weiter küssen können. Er war doch ihr bester Freund und das schon so lange! Er durfte diese Gefühle nicht in ihr auslösen! Wenn sie jetzt anfing, mehr für ihn als nur Freundschaft zu empfinden, dann würde doch ihre Freundschaft kaputt gehen, oder? Sie biss sich auf die Unterlippe und presste ihre Augen fest zusammen, um nicht zu weinen, trotzdem lief ihr eine Träne aus den Augenwinkeln. Sie wollte ihn nicht verlieren, niemals! Sie brauchte ihn doch in ihrem Leben! Es war stark zu bezweifeln, dass er mit dem Kuss mehr bezweckt hatte, als ihr klar zu machen, was Daisukes Kuss ihr bedeutete, immerhin hatte er ihr schon im Voraus klar gemacht, dass er ihr bester Freund war. Oh Gott, was sollte sie nur tun?
 

Es musste schon eine ganze Weile später sein, als sie hinter sich eine Bewegung spürte. Die Matratze hob sich ein Stück und auch die Geräusche, die an ihre Ohren gelangten, zeigten ihr, dass Takeru aufgestanden war und das Bett verlassen hatte. Konnte er etwa auch nicht schlafen? Vorsichtig drehte sie sich, versuchte so leise wie möglich zu sein und blickte ins Zimmer hinein. Sie konnte ihren besten Freund erkennen, der mit verschränkten Armen vor seinem Fenster stand und hinaus blickte. Machte er sich etwa Sorgen? Hatte er ebenso wie sie Angst, dass der Kuss ihrer Freundschaft schadete? Sie könnte es verstehen, immerhin hatte er sie geküsst und sie hatte ihn einfach von sich geschoben und ohne ein weiteres Wort schlafen gegangen. Okay, nein, sie hatte etwas gesagt, aber eben nur, dass sie schlafen wollte, weil sie so müde sei, dabei stimmte das überhaupt nicht. Sein Kuss hatte ihren Körper mit Adrenalin überflutet. Es war klar gewesen, bereits als sie gesagt hatte, dass sie schlafen wolle, dass sie genau das nicht würde können. Ihre Hände krallten sich in die Bettdecke. Nein, sie musste ihm klar machen, dass egal was war, sie immer seine Freundin, seine beste Freundin sein würde, er ihr bester Freund war. Diese Stelle würde niemals jemand anderes einnehmen können, er bedeutete ihr zu viel, als dass sie ihn jemals verlieren wollte. Und wenn er ihre Gefühle nicht erwiderte, die ja auch ihr erst durch seinen Kuss klar geworden waren, dann würde sie ihn lieber als besten Freund behalten als ihn nicht mehr an ihrer Seite zu haben. Das würde sie hinbekommen, auf jeden Fall! Kurzerhand schlug sie die Bettdecke zur Seite und rutschte zum Rand, um ihre Beine über diesen zu schwingen. Als ihre nackten Füße den kühlen Boden berührte, zuckte sie kurz zusammen, doch dann stand sie auf und trat hinter Takeru. Er schien sie nicht wahrgenommen, nicht gehört zu haben, denn als sie ihre Arme von hinten um ihn schlang, zuckte er zusammen.
 

~~~
 

Ach verdammt! Er konnte nicht weiter hier liegen bleiben, nicht, wenn sie ihm so nahe war. Im Normalfall kuschelte sie sich nachts immer an ihn, umarmte ihn, hielt ihn fest und diese Nächte waren es, in denen er am besten schlafen konnte. Doch heute, heute Nacht lag sie neben ihm, hatte sogar für einen gewissen Abstand gesorgt. Das sicher nur, weil er sie geküsst hatte. Er hätte es nicht tun dürfen! Er hätte sie nicht einfach küssen dürfe und erst recht nicht, als sie mit Daisuke ausgewesen war und es sogar schön gefunden hatte, sie diesen wirklich mochte. War sie vielleicht sogar in ihn verliebt? Alles in Takeru zog sich bei diesem Gedanken zusammen. Das wollte er nicht! Er wollte, dass sie so für ihn empfand. Er wollte, dass sie sich in ihn verliebte, ihn liebte. Er wollte, dass sie ihn immer wieder so küssen würde, wie gerade. Wie sollte er jemals eine andere Frau finden? Keine kam ihr doch jemals gleich, niemand war wie sie. Es gab nur eine Hikari, es würde nie eine andere geben. Oh verdammt, was hatte er nur getan? Er konnte hier nicht liegen bleiben, neben ihr. Er konnte nicht schlafen, sie löste zuviel in ihm aus. Kurzerhand schob er die Decke zur Seite und stieg aus seinem Bett aus. Er trat zum Fenster und schaute hinaus, auf die Lichter der anderen Häuser, die Straßenlaternen, die das Dunkel ein klein wenig erhellten. Er verschränkte seine Arme vor seinem Oberkörper und runzelte die Stirn. Wie sollte er das alles wieder gerade biegen können? Er musste Hikari zeigen, dass sie ihm wichtig war, dass er sie an seiner Seite behalten wollten, wenn schon nicht als feste, dann als beste Freundin. Er würde damit klar kommen, wenn sie mit Daisuke zusammen wäre, zudem mochte er diesen ja auch. Wenn schon nicht er an ihrer Seite sein konnte, dann ein Mann, dem er sie anvertrauen könnte und das wäre Daisuke auf jeden Fall!

Als sich plötzlich zwei Arme um ihn legten und sich jemand an seinen Rücken presste, zuckte er zusammen. In der Spiegelung des Fensters konnte er erkennen, dass Hikari nicht mehr in seinem Bett lag, doch wer sonst sollte ihn denn jetzt auch umarmen? Sein Herz machte einen Satz und ihm wurde wieder ganz warm. Es war schön, sie so bei sich zu wissen. Doch dann sagte sie etwas, was wieder alles in ihm sich zusammenziehen ließ und sein Herz auch ein klein wenig brach.

“Keru … ich … es tut mir leid. Du wirst immer mein bester Freund sein, diesen Platz wird dir niemals jemand streitig machen, das kannst du mir glauben. Es gibt niemanden, der dich ersetzen könnte.”

Takeru schloss seine Augen. Das sagte doch alles, oder? Er war für sie nicht mehr als ihr bester Freund und er würde niemals etwas anderes sein. Konnte er damit leben? Aber … er wollte sie in seinem Leben behalten, er wollte nichts tun, was das gefährden würde. Seine Augen öffneten sich wieder und er legte seine Hände auf ihre an seinem Bauch.

“Du wirst auch immer meine beste Freundin sein, Hika. Egal, wie es aussieht. Auch wenn du und Davis ein Paar seid, diesen Platz in meinem Leben kannst nur du einnehmen.”

Er spürte, wie sich ihre Stirn an seinen Rücken legte.

“Okay”, murmelte sie leise.

“Okay”, gab er ebenso leise von sich.

Einige Minuten blieben sie noch stehen, ehe Takeru seine Hände von ihren nahm und sich herum drehte, ihre Umarmung dadurch auch löste.

“Komm, gehen wir ins Bett und schlafen endlich, Hika.”

Sie sah ihn mit ihren wunderschönen Augen an und nickte langsam. “In Ordnung”, erwiderte sie und folgte ihm gleich darauf.
 

Kaum dass sie beide im Bett lagen, streckte er einen Arm einladend aus. Er wusste nicht, wie lange er das noch tun durfte, mit ihr in den Armen einzuschlafen, denn spätestens, wenn Hikari und Daisuke wirklich zusammen wären, was sicher nur noch eine Frage der Zeit war, würde sie vermutlich nicht mehr bei ihm im Bett, geschweige den in seinen Armen übernachten. Vielleicht war das hier ja auch schon das letzte Mal, er sollte es also genießen.

“Schlaf gut, Hika”, flüsterte er, kaum dass sie sich an ihn gekuschelt hatte. Er senkte seinen Kopf und hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Stirn, ehe er seine Augen schloss.

Hikari schlief schließlich ein, das konnte er ihren Atemzügen entnehmen, die immer tiefer wurden. Er senkte seinen Blick und betrachtete sie. Warum war es ihm noch nie aufgefallen, wie wunderschön sie eigentlich war? Ja doch, er hatte sie schon immer hübsch gefunden, sie sah gut aus. Aber warum wurde ihm erst jetzt klar, dass sie optisch genau seiner Traumfrau entsprach? Nein, vermutlich war es anders - sie war seine Traumfrau und er hatte alle anderen Mädchen vermutlich schon immer mit ihr verglichen, wenn auch unbewusst. Kein Wunder hatte er sich noch für kein Mädchen so interessiert, wie für sie. Sie war einfach die Eine. Er wünschte sich, dass ihm das schon so viel früher bewusst geworden wäre, vielleicht wären sie dann … Was? Was wären sie dann? Sie hatte ihm doch gerade eindeutig klar gemacht, dass er ihr bester Freund war und das auch immer bleiben würde. Immer … Sein Blick huschte zu seinen Lippen. So, wie sie gerade in seinen Armen lag … es wäre ein leichtes, seinen Kopf nur noch ein kleines Stück zu senken und sie nochmal zu küssen. Auf diese wundervollen Lippen, die so weich waren und sich auch genauso himmlisch anfühlten, wie sie aussahen, das wusste er jetzt ja. Sein Herz nahm einen Schlag zu und er ließ seinen Kopf in sein Kopfkissen fallen. Hoffentlich würde das wieder vorbeigehen. Es musste einfach! Wie sonst sollte er Zeit mit seiner besten Freundin verbringen und auch nichts anderes als das in ihr sehen? Er durfte nicht jedes Mal daran denken, wie es sich anfühlte, sie zu küssen, wenn sie zusammen waren. Er musste sich dringend zusammenreißen, sehr dringend!

Kapitel 8

“Hey T.K.” Daisuke schloss zu seinem Kumpel auf, als sie gemeinsam mit den anderen nach dem Ertönen des Schulgongs wieder ins Gebäude hinein gingen.

“Ja?”, fragte dieser.

“Hast du nachher vielleicht noch kurz Zeit für mich? Ich würde gerne über etwas mit dir sprechen.”

Alles in Takeru zog sich zusammen. Es war doch klar, über was Daisuke mit ihm sprechen wollte, aber wollte er selbst das auch? Sich anhören, wie sehr dieser das Mädchen mochte, für das er selbst, Takeru, Gefühle hatte. Nein, eigentlich nicht, aber er war sein Freund, also würde er natürlich nicht nein sagen, niemals.

“Klar.”

“Gut, dann nachher nach der Schule. Du hast doch Basketball-AG, oder? Dann hätten wir noch ne halbe Stunde, ehe die startet.”

“Richtig. Okay, passt gut.”

“Super, danke dir!” Und schon schlug Daisuke seine flache Hand voller Begeisterung auf die Schulter des Größeren, der sein Gesicht einen Augenblick vor Schmerz verzerrte.

“Was wird das da hinten denn?”, erklang vor ihnen Takerus Lieblingsstimme. “Davis, bitte lass meinen besten Freund ganz, den brauche ich noch.”

“Natürlich Kari. Ich gehe auch davon aus, dass wir ihn noch brauchen”, erklärte der Angesprochene und lief schnell nach vorne, um zu ihr aufzuschließen.

“Richtig. Zum Beispiel, wenn man was aus den obersten Regalen braucht. Für was sonst hat man solch hochgewachsenen Freunde?”, fragte Miyako und entlockte allen ein Lachen, auch Takeru konnte es nicht unterdrücken.

“Eben, ich bin eben sehr wichtig und unersetzlich”, erklärte er grinsend, als er ebenfalls zu seinen Freunden aufschloss. Schon hakte sich ein Arm in seinen ein und Hikari blickte zu ihm auf.

“Für mich sowieso.”

“Das ist gut, du für mich nämlich auch.” Takeru zog seinen Arm aus ihrem und legte ihn stattdessen um ihre Schultern, während sie gemeinsam mit Daisuke zu ihrem Klassenzimmer liefen, nachdem sie sich von Miyako und Cody verabschiedet hatten.
 

~~~
 

“Hier.”

Takeru wurde eine Dose mit Limonade entgegengehalten, die dieser erstaunt entgegennahm. “Oh, danke.”

“Kein Problem, immerhin verbringst du deine wohlverdiente Pause mit mir.” Daisuke ließ sich schulterzuckend neben seinem Kumpel auf der Bank im Freien nieder.

“Ach, ich würde da jetzt nicht als Strafe sehen”, erwiderte Takeru und streckte seine langen Beine aus, während er einen Schluck seiner Limonade zu sich nahm. Angespannt wartete er darauf, dass der neben ihm Sitzende etwas sagen würde.

“Ähm”, brachte dieser schließlich hervor schabte mit seinem Fuß über den Boden, “Kari hat dir ja sicherlich erzählt, dass …”

“Dass ihr beide ein Date hattet? Klar, hat sie mir gesagt.”

Ein leises Lachen entkam Daisuke, während er mit einer Hand durch seine abstehenden Haare fuhr. “Warum frag ich überhaupt? Wie als ob sie es ausgerechnet dir nicht gesagt hätte.”

“Ausgerechnet mir?” Erstaunt über diese Formulierung hob Takeru seinen Kopf.

Daisuke gestikulierte mit der Hand, mit der gerade noch durch die Haare gefahren war, die andere hielt eine Limodose fest. “Sie erzählt dir alles, das meinte ich damit.”

“Klar, wir haben keine Geheimnisse voreinander, sie ist meine beste Freundin, das weißt du ja.”

“Jap, weiß ich”, nuschelte es neben Takeru, der kein Wort verstand, da es so undeutlich erklang.

“Was?”, fragte er nach.

“Ach, nichts. Aber …”, und wieder wurde Daisuke unruhig, “hat sie … dir erzählt, also … wie sie es fand?”

Ein Seufzen unterdrückend schloss Takeru seine Augen. Er wollte darüber nicht reden, nicht mit Daisuke und erst recht nicht über das Mädchen, in das er selbst verliebt war. Aber, der neben ihm Sitzende war sein Freund und Hikari … sie war trotzdem der wichtigste Mensch in seinem Leben und wenn sie Gefühle für Daisuke hatte, dann sollte sie auch mit diesem glücklich werden, immerhin war ihr Glück das, was ihm am meisten am Herzen lag.

“Ja, hat sie.”

Sofort wurde Takeru mit großen Augen angestarrt.

“Und? Was hat sie gesagt? Wie fand sie es? Fand sie es gut? Oder war es schlecht? Hat ihr das Ramen geschmeckt? Ich habe sie mit in mein Lieblingsrestaurant genommen. Da sollten wir übrigens mal alle zusammen hin, dort schmeckt es so gut. Ken war auch schon mit mir dort und er hat es bestätigt. Glaub mir, T.K., das beste Ramen, dass du je gegessen hast. Ich kann dir auch eine Empfehlung geben. So lecker, du wirst noch Tage davon träumen.”

Ungläubig blinzelte Takeru, ehe er in schallendes Gelächter ausbrach. Das war doch so typisch Davis! Erst das nervöse Geplapper, Frage um Frage über Hikari, um anschließen von Ramen zu schwärmen.

Der neben ihm Sitzende wurde ruhiger, stoppte in seinem Redefall, ehe er in das Gelächter mit einstimmte. “Okay, okay, das war so eigentlich nicht gedacht. Ähm, ich wollte nur wissen, ob Kari das Date gefallen hatte.” Der Satz war zum Ende hin immer leiser geworden und nun starrte Daisuke wieder auf den Boden zwischen seinen Füßen, die Getränkedose wurde zwischen den Händen hin und her gedreht.
 

Auch Takeru starrte auf die Dose zwischen seinen Händen. Es war doch echt zum kotzen … Erst durch das Date, das Hikari mit Daisuke gehabt hatte, war ihm bewusst geworden, dass er sie inzwischen anders als nur als beste Freundin sah und dazu noch der Kuss, der ihm bestätigt hatte, dass sie die eine für ihn war.

“Sie”, er zögerte ehe er sich ein Grinsen aufzwang und seinen Kopf zu seinem Kumpel drehte, “fand es sehr schön. Sie hat davon geschwärmt, wie aufmerksam du gestern warst und dass du dir wirklich Mühe gegeben hast.”

“Wirklich?” Daisuke begann regelrecht zu strahlen.

“Und auch, dass du zu einem kompletten Tollpatsch mutiert bist, was mich nun nicht wirklich wundert.”

Und schon weiteten sich Daisukes Augen, ehe er eine Hand vors Gesicht schlug und nun Takerus Blick auswich. “Oh Gott, das ist ja so peinlich.”

“Warum denn?” Takeru richtete seinen Blick wieder vor sich. “Sie kennt dich doch auch schon sehr lange und wir wissen alle, zumindest ich weiß es, Kari weiß es, du weißt es, dass du eben manchmal so Phasen hast. Sie ist trotzdem mit dir ausgegangen, sollte das nicht schon alles aussagen?”

“Meinst du wirklich? Ich dachte”, ein Seufzen entkam Daisukes Lippen, “dass sie es irgendwie nur aus Mitleid gemacht. Oder vielleicht auch, weil sie mir nicht absagen wollte, immerhin sind wir ja auch Freunde …”

Der Gefragte setzte sich auf, beugte sich nach vorne und stützte die Ellenbogen auf seinen Knien ab. Was sollte er jetzt sagen? Tatsache war, dass Hikari sehr gezögert hatte, auf das Date zu gehen, schlussendlich war er es gewesen, der ihr gut zugeredet hatte … also war auch er selbst an seinem Dilemma schuld.

“Egal weshalb sie schlussendlich mit dir ausgegangen ist, es hat ihr gefallen, Davis.”

“Das erleichtert wirklich zu hören.” Und dass konnte man ihm auch ansehen. Es war, als würde eine große Anspannung von Daisuke abfallen.

“Sehr schön. Und wie geht es jetzt mit euch weiter?” Und auch wenn Takeru die Antwort auf der einen Seite nicht wissen wollte, musste er es auf der anderen.

“Hat Kari dir auch gesagt”, und schon erschien ein relativ dümmliches Lächeln auf Daisukes Gesicht, “dass wir uns geküsst haben?”

“Mhm.” Und am besten wäre gewesen, sie hätte es für sich behalten, denn immer noch fühlte es sich für Takeru an, als würde ihm jemand in den Bauch greifen, zupacken und dann die Hand herumdrehen. Kein angenehmes Gefühl.

“Es war so unglaublich.” Mit leuchteten Augen sah Daisuke auf. “Es war wirklich perfekt.”

“Aha.”

“Trotzdem”, nun ertönte wieder ein Seufzen, “wir sind nicht zusammen, glaube ich zumindest. Wir haben nicht darüber gesprochen. Ich habe sie halt geküsst, als ich mich von ihr verabschiedet habe. Ich habe sie zu sich nach Hause begleitet und dann bin ich sofort nach dem Kuss abgehauen.”

Und sie war anschließend direkt zu ihm gekommen, war gar nicht mehr nach Hause gegangen, aber das konnte Takeru nicht laut aussprechen, das wollte der neben ihm Sitzende sicherlich nicht hören.

“Wer weiß, vielleicht war es ja auch so”, hörte sich Takeru zu seiner eigenen Verwunderung selbst sagen, “aber sie hat euer Date trotzdem genossen, also solltest du dir da keine Gedanken mehr darüber machen.”

“Da hast du natürlich recht.”

“Habe ich öfter.”

“Ich weiß und das ist auch ein Grund, weshalb du mich oft nervst.”

“Und das weiß wiederum ich, Davis. Vielleicht macht es mir deshalb sogar noch mehr Spaß, recht zu haben.”

Wieder lachte der neben ihm Sitzende, ehe er seinen Kumpel anblickte. “Und was jetzt?”

“Was meinst du?”

“Wie geht es weiter?”

Nun runzelte Takeru seine Stirn. “Woher soll ich das wissen?”

“Hey, du bist Karis bester Freund, sie hat dir doch sicher irgendwas gesagt.”

“Nein, nicht wirklich.” Stattdessen hatte er sie ebenfalls geküsst. Takeru musste sich sehr zusammenreißen, sein Gesicht nicht zu einer missmutigen Grimasse zu verziehen und auch seine Hände nicht zu Fäusten zu ballen. Am liebsten würde er Daisuke ja sagen, dass er sich von Hikari fernhalten sollte … Aber dann fiel ihm wieder ein, was sie ihm gesagt hatte. Er war ihr bester Freund, würde das immer bleiben. Das was seine Stellung in ihrem Leben, damit musste er leben. Aber besser so, als alles andere.

“Du gehst wieder mit ihr aus, bittest sie um ein weiteres Date. Macht man das nicht so? Man datet sich und dann wird daraus eine Beziehung?” Takeru zuckte mit seinen Schultern.

“Meinst du, dass das werden wird?”

“Klar, ist doch nur eine Frage der Zeit, oder?”

“Das hoffe ich doch.”

“Na dann.”
 

Daisuke warf einen Blick auf die große Uhr, die an der Wand der Schule hing und sprang auf. “T.K., wir müssen los, dass wir nicht zu spät kommen.”

Auch dessen Blick hob sich. “Oh, du hast recht. Danke für die Limo.” Er hob die leere Getränkedose hoch.

“Nicht dafür. Danke dir, dass du Zeit für mich hattest.”

“Dafür sind Freunde da.”

“Sehr gut.” Daisuke schlug ihm auf die Schulter, während sie sich nebeneinander auf den Weg zu den Sporthallen machten. “Wenn du mal über was reden willst, dann komm zu mir.”

“Werde ich machen.” Von wegen. Über was sollte er auch mit Daisuke reden? Dass er für dasselbe Mädchen wie der andere Gefühle hatte? Dass er sich auch in Hikari verliebt hatte und mit ihr zusammen sein wollte? Sicherlich nicht.

“Oh, ich hätte noch eine Bitte”, riss ihn sein Kumpel aus den Gedanken.

“Und was für eine?”, fragte Takeru. Daisuke hatte seinen Kopf zur Seite gedreht und der Satz war ihm eher zögerlich über die Lippen gekommen.

“Ich weiß, du und Kari, ihr beide seid euch sehr, sehr nahe, sehr viel näher als jedem anderen. Aber, wenn sich zwischen ihr und mir wirklich mehr entwickeln sollte, könntest du dich dann vielleicht ein wenig zurücknehmen? Bitte nicht falsch verstehen, ich weiß, dass ihr beide beste Freunde seid, aber ich fände es einfach nicht so toll, wenn meine Freundin ständig so eng mit einem anderen Kerl zusammenhängt, auch wenn ich mir bei dir eigentlich keinen Kopf machen muss …”

Ungläubig starrte Takeru ihn daraufhin an. Er hätte mit allem möglichen gerechnet, aber nicht damit. Wobei, er konnte ihm diese Bitte nicht übel nehmen. Wäre es anders herum, dann würde er vermutlich genauso empfinden. Er zwang sich zu einem Lächeln und legte eine Hand auf Daisukes Schulter.

“Das kann ich verstehen, Davis. Daher klar, ich werde mein Bestes geben.” Er wurde ernst. “Aber ich werde meine Freundschaft zu Kari nicht einschränken oder gar aufgeben.”

Auf diese Aussage schüttelte sein Gesprächspartner seinen Kopf. “Das musst du nicht, würde ich nie verlangen, ich weiß doch, wie wichtig ihr beide euch seid.”

“Gut. Dann sollten wir jetzt zum Training gehen.” Takeru ließ seine Hand wieder sinken und trat einen Schritt zurück.

“Danke dir nochmal für das Gespräch, T.K. Bis morgen dann.” Daisuke hob eine Hand zum Abschied und verschwand dann in die Richtung der Umkleideräume des Fußballclubs.

Takeru sah ihm hinterher, während sich alles in ihm zusammenzog. Er wollte das hier nicht. Er wollte nicht, dass es da einen anderen Typen gab, der mit seiner Hikari zusammenkam, auch wenn dieser Typ auch sein Freund war. Alles was er wollte war, dass sie zu ihm gehörte. Dass sie nicht mehr nur seine beste Freundin war, sondern dass sie ihn genauso liebte, wie er sie. Doch das ging nicht … Es war einfach nicht möglich, denn für sie war er nur ihr bester Freund.

Kapitel 9

“Habt ihr alles verstanden? Wenn ja, dann passt alles, wenn nein, dann meldet euch bitte nochmal. Ah, sehr gut. Dann geht bitte mit eurem Partner zusammen.” Der Geschichtslehrer ließ seinen Blick noch einmal über die Schüler der zweiten Oberschulklasse gleiten, ehe er sich an seinen Platz setzte und seine Zeitung in die Hand nahm.

“Hey Davis, komm, wir tauschen.”

“Häh?” Der Angesprochene sah verwirrt hinter sich.

“Was?”, fragte auch Hikari und blickte ihren besten Freund ebenso an. Der grinste breit und trat an Hikari in den schmalen Gang zwischen ihrem und dem nächsten Pult hinaus.

“Ihr beide wollt doch sicher gerne Zeit miteinander verbringen, also los. Wir beide schaffen das auch, oder Hanamaki?”

Daisukes Nebensitzer nickte verwundert. Das war ja mal was ganz Neues. Hikari und Takeru trennten sich? Normalerweise machten die beiden doch immer alles zusammen. Aber gut, jedem das seine.

“Oh, mega. Danke T.K.”, rief Daisuke und drückte sich an seinem Nebensitzer vorbei, um in dem schmalen Gang seinem Kumpel auf die Schulter zu klopfen, ehe er sich zu Hikari setzte. “Hey”, richtete er an diese, die ihren verwirrten Blick nun von Takeru nahm und diesen stattdessen auf den nun neben ihr Sitzenden richtete.

“Hey”, erwiderte sie und lächelte ebenfalls.

“Dann fangen wir doch mal an.” Daisuke rieb sich die Hände.

Takeru beobachtete ihn noch kurz, ehe er sich auf Daisukes freigewordenen Stuhl setzte. Er war sich sicher, dass sein Kumpel sich vermutlich so sehr wie noch nie anstrengen würde. Oder er würde hoffnungslos versagen, weil er damit beschäftigt war, Hikari anzustarren. Ein Seufzen unterdrückend wandte er sich Hanamaki zu.

Er bemerkte nicht, dass Hikaris Blick durchgehend auf seinen Rücken gerichtet war, die dabei auf ihrer Unterlippe kaute und sich fragte, was das denn jetzt gewesen war.
 

~~~
 

“Und, hat bei euch alles geklappt?”, fragte Takeru später, als sie gemeinsam auf den Schulhof hinaus liefen, um dort die Pause zu verbringen.

“Ja, warum auch nicht. Und bei euch?”

“Ja, auch.”

“Mhm.”

Auf Hikaris seltsamen Tonfall runzelte Takeru seine Stirn. “Sag mal Hika, bist du mir böse?”

Sofort blieb sie stehen. “Warum sollte ich dir böse sein?”, fragte sie.

“Naja”, auch er blieb stehen und schob seine Hände in die Hosentaschen, “weil wir die Teamarbeit nicht wie sonst zusammen gemacht haben. Eigentlich dachte ich, du würdest dich freuen, wenn du mit Davis zusammenarbeiten und mit ihm Zeit verbringen kannst. Ich wollte dir den Gefallen einfach tun.”

Ihre Augen weiteten sich. Okay, sie hatte recht gehabt. Vorher hatte sie sich gedacht, dass er genau das bezweckt hatte, aber sie wollte das doch gar nicht. Sie wollte keine Zeit mit Daisuke verbringen, sie wollte mit Takeru zusammen sein. Auf diesen Gedanken färbten sich ihre Wangen rot. Mit ihm zusammen sein … das bedeutet noch so viel mehr.

“Mit dir klappt es besser”, murmelte sie und wich seinem Augenkontakt aus, “wir beide sind halt ein eingespieltes Team.”

“Sieh es so, Hika”, er trat zu ihr und legte einen Arm um ihre Schultern, “du und Davis, ihr könnt genauso ein eingespieltes Team werden.”

“Niemand ist so wie du, Keru.” Ihre Stimme war fast ein Flüstern.

“Ich weiß und ich verspreche, dass ich immer dein bester Freund sein werde, mach dir da keine Gedanken drüber. Nur weil du einen Freund hast, heißt das ja nicht, dass unsere Freundschaft darunter leiden muss.”

“Keru, du weißt, dass Davis und ich kein Paar sind.”

“Ach”, er winkte ab, “das ist nur noch eine Frage der Zeit. Und jetzt komm, er wartet sicher schon auf dich.” Und damit schob er sie einfach weiter in Richtung des Schulhofes und zu dem Jungen, der sicherlich bald eine Stellung in Hikaris Leben einnehmen würde, die er eigentlich gerne selbst hätte.
 

~~~
 

“Hey T.K.”

“Hey Davis, was gibt es?” Der Angesprochene drehte sich zu seinem Kumpel herum.

“Ich wollte dich was fragen.”

“Dann frag.” Innerlich wappnete sich Takeru, es war doch klar, was Daisuke von ihm wollte.

“Ich wollte Kari um ein zweites Date bitten. Was denkst du, worauf sie Lust hätte? Im Kino waren wir ja schon, daher will ich das nicht noch einmal machen. Soll ich sie vielleicht fragen, ob sie bei mir Zuhause einen Film anschauen will?”

Bei ihm Zuhause? Auf keinen Fall! Wenn die beiden allein waren, da würden vermutlich Dinge passieren, über die Takeru gar nicht nachdenken wollte.

“Ihr habt doch im Kino einen Film angeschaut, wollt ihr jetzt nochmal einen sehen?”, antwortete er daher mit hochgezogenen Augenbrauen.

Daisuke ließ seine Arme sinken. “Oh, stimmt. Hmm, was dann? Nochmal ins Ramen Restaurant gehen?”

“Auch das habt ihr schon gemacht.”

“Da hast du ja recht, aber was sollen wir dann machen? Was, T.K.? Sag es mir, bitte!”

Flehend presste Daisuke seine Handflächen zusammen, woraufhin der Angesprochene seine Stirn runzelte. Ernsthaft? Er sollte seinem Nebenbuhler Tipps geben? Takeru schloss seine Augen und rieb sich den Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger. Nein, sie waren keine Nebenbuhler, immer mochte Hikari Daisuke viel mehr als ihn, er war nur der beste Freund, das durfte er nicht vergessen.

“Geh mit ihr Waffeln essen, bei dem kleinen Café im Park, weißt du, welches ich meine? Das hat belgische Waffeln und die liebt sie. Später könnt ihr vielleicht auch noch im Park spazieren, so was mag sie”, antwortete er.

“Oh, das ist eine gute Idee, danke dir T.K., du bist der Beste!”

Wenn du wüsstest, dachte sich Takeru, als er dem davon Eilenden hinterher sah. Ach Mensch, warum war das alles nur so ein Mist?
 


 

~~~
 

An: Keru

Von: Hikari

Davis hat mich um ein weiteres Date gebeten …
 

Takerus Augen schmerzten regelrecht, als er auf den Bildschirm seines Handys starrte. Eigentlich wusste er das ja schon, aber trotzdem, es traf ihn. Während er auf seiner Unterlippe kaute, verharrten seine Finger über den Tasten. Was sollte er ihr antworten?
 

An: Hika

Von: Takeru

und was will er machen?
 

Es dauerte nur einen kleinen Augenblick, dann bekam er schon eine Antwort.
 

An: Keru

Von: Hikari

Waffeln essen gehen. Bei dem kleinen Café im Park, weißt du, da wo wir so gerne hingehen.
 

Daisuke hatte seinen Tipp also angenommen. Sehr schön … oder so ähnlich. Gerade fand er es ehrlich gesagt alles andere als schön, aber das konnte er seiner besten Freundin so nicht sagen.
 

An: Hika

Von: Takeru

Klingt doch gut. Wann geht ihr?
 

An: Keru

Von: Hikari

Er hat für morgen Mittag angefragt, nach der Schule. Aber soll ich wirklich gehen? Ich weiß nicht, ich bin hin und hergerissen. Was würdest du machen, Keru?
 

Was er machen würde? Ihr am liebsten schreiben, vergiss ihn, vergiss Davis und komm zu mir. Ich liebe dich, ich bin der Richtige für dich! Ich werde dich immer lieben, mein ganzes Leben, mehr als dich brauche ich nicht! Stattdessen tippte er etwas anderes ein.
 

An: Hika

Von: Takeru

Das letzte Date hat dir doch gut gefallen, das hast du mir erzählt. Du fandest es schön und du hast die Zeit mit Davis genossen. Also sag ihm zu. Ich bin mir sicher, du wirst die Zeit ebenfalls genießen!
 

Und obwohl er den Text am liebsten löschen würde, sendete er ihn schnell ab, ehe er doch noch etwas schreiben würde, das ihre Freundschaft zerstören würde.

Dieses Mal kam so schnell keine Antwort und langsam wurde er nervös. Er legte sein Handy vor sich auf die Tischfläche und starrte darauf. Als es piepste und der Bildschirm aufleuchtete, riss er es regelrecht an sich.
 

An: Keru

Von: Hikari

Du hast recht. Dann werde ich das tun.
 

Das Handy fiel ihm aus den Fingern und landete auf der Tischfläche vor sich. Er hatte etwas anderes erhofft, erwünscht. Doch was erwartete er auch? Er selbst hatte ihr doch geschrieben, dass sie auf das Date gehen sollte. Warum also traf es ihn jetzt doch so hart? Verzweifelt vergrub er sein Gesicht in seinen Händen. Verdammt, verdammt, verdammt!
 

~~~
 

Hikari ließ ihr Handy neben sich auf das Bett fallen und legte anschließend beide Hände auf ihr Gesicht, presste ihre Augen zusammen, um die Tränen zu unterdrücken, doch keine Chance, schon rollte die erste an ihrer Seite hinunter auf das Kopfkissen unter sich.

“Mist”, flüsterte sie leise und versuchte den weiteren Tränen Einhalt zu gebieten. Doch wie auch die erste, konnte sie sie nicht aufhalten. Ein leises Schluchzen entkam ihr und sie drehte sich auf die Seite, zog ihre Beine an. Seit Samstag weinte sie viel zu oft. Seit ihr klar geworden war, was sie inzwischen für ihren besten Freund empfand und auch, dass dieser nicht das Gleiche für sie empfand. Seit dem ersten Date mit Daisuke tat er alles dafür, sie mit diesem zu verkuppeln, so fühlte es sich zumindest an. Immer wieder fragte er danach, ob sie mit Daisuke gesprochen, geschrieben hatte. Er drängte sie dazu, Zeit mit diesem zu verbringen, in dem er sie beide zum Beispiel die Partnerarbeiten in der Schule zusammen machen ließ. Hätte er sie einmal gefragt, dann hätte sie ihm gesagt, dass sie das doch gar nicht wollte. Ja, sie mochte Daisuke, sehr gerne. Aber der Kuss, den sie mit diesem und auch der Kuss, den sie mit Takeru geteilt hatte, zeigte doch, dass Daisuke nicht der Junge war, mit dem sie zusammen sein sollte. Wieder verließ ein leises Schluchzen ihre Lippen. Was machte sie sich hier eigentlich für Gedanken? Er war ihr bester Freund, das hatte er ihr doch ganz klar gemacht. Sie sollte aufhören, sich Hoffnungen zu machen. Was war wohl besser? Ein Leben mit ihm als ihrem besten Freund an ihrer Seite oder ein Leben ohne ihn, weil sie ihm ihre Gefühle gestanden hatte? Wie als ob sie in letzterem Fall noch Freunde sein könnten. Nein, sie brauchte ihn, also musste sie eben in den sauren Apfel beißen.

Hikari drehte sich auf die andere Seite und griff erneut nach ihrem Handy.
 

An: Davis

Von: Hikari

Hey Davis, steht die Einladung zum Waffel essen für morgen noch? Wenn ja, dann würde ich gerne mitkommen.

Liebe Grüße

Kari
 

Es dauerte nur Sekunden, wie als ob er ihre Nachricht sehnsüchtig erwartet und sein Handy durchgehend in der Hand gehalten hätte.
 

An: Kari

Von: Daisuke

Natürlich! Oh, ich freue mich sehr darauf. Vor allem freue ich mich auf dich!
 

Die Wörter verschwammen vor Hikaris Augen, als wieder Tränen in diese traten. Sie schloss sie und machte sich erneut klein. Wie gerne würde sie jetzt bei ihrem besten Freund sein und von diesem in den Armen gehalten werden. Immer wenn es ihr schlecht ging, war er für sie da und munterte sie auf. Aber in diesem Fall … Nein, er konnte ihr nicht helfen, nicht hierbei, immerhin war er der Grund, weshalb es ihr so schlecht ging. Nein, nicht er war der Grund dafür, nur die Gefühle, die sie für ihn hatte …

Kapitel 10

“Oh, die sehen aber alle ziemlich gut aus, ich weiß gar nicht, für welche ich mich entscheiden soll. Welche nimmst du, Kari?” Daisuke ließ die Karte, die er in den Händen hielt sinken und sah über den Tisch zu der ihm Gegenübersitzenden.

“Oh, ich nehme die hier mit Schokolade und Himbeeren. Falls du Kirschen magst, dann kann ich die hier empfehlen.” Sie deutete auf die nun auf dem Tisch liegende Speisekarte. “Da ist auch Schokoladensoße dabei. Schmeckt ein bisschen wie Schwarzwälder Kirschtorte, wenn du so etwas schon einmal probiert hast. Meine Oma macht die sehr gerne, ist wohl ein deutsches Rezept.”

“Klingt wirklich gut. Dann nehme ich die. Und vielleicht kann ich ja auch mal diese Torte von deiner Oma probieren.” Mit leuchtenden Augen blickte Daisuke Hikari an, die schmunzeln musste.

“Sicher. Ich frage mal danach, wenn sie wieder zu Besuch ist. Sie backt die gerne. Tai liebt sie auch.”

“Das fände ich wirklich toll.” Schnell schob er seine Hände, die feucht wurden, unter den Tisch und wischte sie an seiner Hose ab. Dann würde er Hikaris Großeltern kennenlernen? Das bedeutete doch auch viel.

Kurz darauf stand der Kellner vor ihnen und sie beide bestellten die Waffeln und jeweils einen Tee. Als sie wieder allein waren, wandte sich Daisuke erneut seiner Begleitung zu.

“Bist du oft hier? Du scheinst ja viele der Waffeln schon probiert zu haben.”

Ein Schmunzeln erschien auf ihren Zügen. “Ja, so kann man es vielleicht sagen.” Sie kicherte leise. “T.K. und ich haben uns durch die Karte gegessen.” Und kaum dass sie den Namen ihres besten Freundes ausgesprochen hatte, huschte ein Schatten über ihr Gesicht.

“Alles okay, Kari?”, fragte ihr Gegenüber besorgt. Es war ihm nicht unbemerkt geblieben.

“Was? Nein, nein, alles okay.”

Hmm … Nachdenklich betrachtete Daisuke sie. Sie gab sich zwar Mühe zu verbergen, dass es ihr nicht gut ging, aber der Schatten, der ihr Gesicht einen Moment belegt hatte, war in ihren Augen hängen geblieben. Sie wirkte traurig … aber erst, seit sie Takeru erwähnt hatte. Lag es an diesem? Auf der einen Seite könnte er sie fragen, vielleicht würde sie sich auch freuen, dass er so aufmerksam war. Auf der anderen Seite machte er sie vielleicht noch trauriger, wenn er nach ihrem besten Freund fragen würde. Und was auch nicht unbeachtet bleiben durfte war, dass er gerade eigentlich gar nicht über ihn reden wollte. Das hier war das Date von Hikari und ihm, ihr zweites Date sogar schon. Takeru hatte sowieso schon so eine große und wichtige Rolle in ihrem Leben, es wäre schön, wenn er nun nicht auch bei dem Date eine Rolle spielen würde. Nein, er würde sie nicht fragen. Stattdessen versuchte er, ihr Gespräch auf ein anderes Thema zu sprechen zu bringen.

“Wir haben nächste Woche ein Fußballspiel. Kommst du zum zusehen?”

“Natürlich.” Es schien die richtige Entscheidung gewesen zu sein, denn ein Lächeln trat auf Hikaris Züge. “Wir wollten alle kommen. Yolei hat auch Ken gefragt, aber wie ich ihn kenne, kommt er sowieso. Warum sollte er auch ein Spiel seines besten Freundes verpassen wollen?”

“Das stimmt.” Ein breites Grinsen erschien auf Daisukes Zügen, ehe seine Augen aufleuchteten. “Oh, willst du vielleicht deinen Bruder fragen, ob er auch kommen mag? Dann könnten wir wieder was zusammen machen. Das demletzt war doch ganz toll, wo wir bei T.K. zuhause waren und die Älteren auch da waren.”

“Klar, kann ich machen. Die anderen auch?”

“Ja, sehr gerne. Vielleicht können wir danach auch was zusammen essen gehen?”

“Die Idee finde ich gut. Vielleicht in das Ramen-Restaurant, in dem wir beide gemeinsam waren? Das war nämlich echt lecker, da hattest du recht.”

Auf diese Aussage erstrahlte Daisuke noch viel mehr. Sie dorthin auszuführen schien genau die richtige Entscheidung gewesen zu sein.

“Das sage ich doch schon immer”, erklärte er grinsend.

“Wir sollte öfter auf dich hören.” Schmunzelnd zwinkerte Hikari ihm zu.

“Auch das sage ich immer.”

Nun lachte sie laut. “Da hätte auch schon viel schief gehen können.”

“Ach, so schlimm ist es nun wirklich nicht mit mir.”

Sie wurde ernst. “Schlimmer, Davis, schlimmer.”

Kurz entglitten seine Gesichtszüge, doch als sie lachte, musste auch er lachen.

“Nun gut, ich werde dir nicht widersprechen, vor allem, weil es gerade so schön mit dir ist.”

“Und dafür bin ich dankbar.” Hikari lächelte, ehe sie stockte. “Ähm, ich meine, dass du mir nicht widersprichst.” Ihre Wangen wurden rot, ehe sie ihre Hände unter den Tisch schob. “Und ähm … es ist auch schön mit dir.”

“Das freut mich.”

Und als Daisuke sie anlächelte, wurde auch Hikaris noch ein wenig strahlender.
 

~~~
 

Sie aßen ihre Waffeln, redeten, lachten, verbrachten eine schöne Zeit miteinander, als plötzlich …

“Ja wen treffen wir denn da?”

Erstaunt sahen die beiden auf.

“Oh Tai.” Hikari lächelte, als sie ihren Bruder erkannte, der plötzlich neben ihrem Tisch auftauchte.

“Tai. Und Matt, hey.” Daisuke hob begeistert seine Hand. Er mochte die beiden Älteren, Taichi war sogar so etwas wie sein großes Vorbild.

“Was macht ihr denn hier? Bist du sonst nicht mit Takeru hier?”, fragte Taichi seine Schwester. Noch ehe diese die Frage beantworten konnte, erklang Yamatos Stimme.

“Habt ihr beide etwa ein Date?” Fragend blickte er zwischen den beiden Jüngeren hin und her.

“Ehrlich gesagt”, wollte Hikari gerade zustimmen, als Taichis Stimme knurrend erklang.

“Ein Date? Wie? Meine kleiner Schwester ist viel zu jung und zu unschuldig, um ein Date zu haben.”

“Aber …” Daisuke war regelrecht zusammengeschrumpft, während Hikari ihre Augen wütend zu kleinen Schlitzen zusammen presste.

“Ich bin nicht zu klein, um ein Date zu haben, nur dass das klar ist! In meinem Alter warst du übrigens schon längst mit Mimi zusammen!”

“Damit hat sie nicht unrecht, Alter.” Yamato zuckte mit seinen Schultern. “Außerdem, wie oft war sie mit meinem kleine Bruder hier? Das waren ja auch mehr oder weniger Dates. Zudem schläft sie mit dem in einem Bett, also ist das hier”, er deutete auf Daisuke, “ja eigentlich nichts dagegen. Oder”, nun blickte er den Jüngeren auch direkt an, “willst du danach mit Hikari zu dir nach Hause und ins Bett?”

“Wage es ja nicht!”, knurrte Taichi und starrte Daisuke nieder, dessen Augen weit aufgerissen waren.

“Wir … nein … ich, ähm … also ich wollte … eigentlich nur …”

“Nur was?” Mit verschränkten Armen starrte Taichi ihn weiter von oben herab an. Daisuke sah hilfesuchend zu seiner Begleiterin.

“Mit Kari noch eine Runde im Park spazieren gehen.”

“Das klingt doch nett, was meinst du, Tai?” Yamato schlug seinem besten Freund die Hand auf die Schulter und drückte seine Finger gleich darauf schmerzhaft hinein, so dass dieser zusammen zuckte.

“Ähm, ja, klar. Spazieren gehen. Solange es dabei bleibt!” Und wieder landete ein tödlicher Blick auf Daisuke.

“Ja, ja! Nur spazieren gehen, genau.”

“Oh Mensch Tai, du bist so peinlich! Mach dass du wegkommst.” Hikari deutete in eine andere Richtung und wedelte gleich darauf mit ihrer Hand um ihrem Bruder anzudeuten, dass er verschwinden sollte.

“Wir gehen, ich sorge dafür. Euch noch ein schönes Date.” Yamato zwinkerte ihnen zu, packte Taichi an beiden Schultern, um ihn vor sich aus dem Café zu schieben. “Oh, und du schreibst oder telefonierst nachher sicher noch mit T.K.”, richtete er über seine Schulter noch an Hikari, “sag ihm einen Gruß von mir.”

“Natürlich”, stimmte Hikari nickend und dankbar zu. Ohne Takerus Bruder wäre ihr eigener sicherlich immer noch hier und würde sie nerven. Dessen Stimme drang nochmal an ihr Ohr, während er Taichi hinaus schob.

“Mensch, versau deiner Schwester nicht alles. Du hast doch auch keine Probleme damit, wenn sie mit T.K. hierher kommt.”

“Aber mit Takeru ist es etwas ganz anderes als mit Davis!”

“Wie als ob. Ich warte doch nur darauf, dass die beiden endlich miteinander ausgehen.”

“Ihm würde ich meine kleine Schwester auch sofort und problemlos anvertrauen!”

“Das müssen die beiden selbst hinbekommen. Du weißt doch, was …”

Und den Rest vernahm Hikari nicht mehr, denn in dem Augenblick waren die beiden Älteren aus dem Café getreten. Mit roten Wangen widmete sie ihre Aufmerksamkeit wieder der halb aufgegessenen Waffel vor sich.
 

“Ähm … darf ich dich etwas fragen”, brachte Daisukes leise Stimme sie wieder ins Hier und Jetzt zurück.

Yamatos und Taichis Aussagen hatten ihre Gedanken beschlagnahmt. Taichi würde sie Takeru jederzeit anvertrauen … und das war eindeutig nicht auf ihre Freundschaft bezogen gewesen. Und Yamato erwartete, dass zwischen ihr und Takeru etwas laufen würde? Was … warum …?

“Äh, ja, natürlich. Was willst du wissen?”, schreckte sie hoch und sah zu ihrem Gegenüber, dessen Blick auf seiner Waffel lag und der mit seiner Gabel darin herum stocherte.

“Das was Matt gerade gesagt hat”, er hob seinen Kopf, “schlafen du und T.K. tatsächlich in einem Bett, wenn ihr beieinander übernachtet?”

Und schon färbten sich Hikaris Wangen dunkel. Das hatten sie bisher nie jemanden erzählt, es wussten nur ihre Familien.

“Das …”, sie biss sich auf die Unterlippe. “Ja”, antwortete sie schließlich leise und wich Daisukes Blick aus. “Das hat aber einen bestimmten Grund, den ich dir so nicht sagen kann. Es betrifft halt auch T.K., ich kann es nicht einfach erzählen.” Nun sah sie doch auf.

“Hmm … okay. Aber”, Daisukes Augen waren direkt auf Hikaris gerichtet, “ist da mehr zwischen euch, als nur Freundschaft?” Als sich ihre Augen erschrocken weiteten und sie zusammen zuckte, war ihm die Antwort irgendwie schon klar. “Du, nein, ihr beide sagt immer, dass ihr beste Freunde seid, aber … Tai und Matt haben gerade noch so etwas gesagt. Tai hatte ein Problem damit, als er gehört hat, dass das hier ein Date ist. Nein, ich muss berichtigen, das Problem hatte er auch schon, als er nur davon ausgegangen ist, dass es ein Date sein könnte. T.K. würde er dich jedoch jederzeit anvertrauen. Also, was ist das tatsächlich zwischen dir und ihm?”

Und damit war es vorbei. Noch ehe Hikari irgendetwas tun konnte, schossen ihr Tränen in die Augen und ein Schluchzen verließ ihre Lippen. Sofort schlug sie ihre Hände vors Gesicht. Ein Klappern ertönte, als Daisuke seine Gabel auf seinen Teller legte. Anschließend griff er über den Tisch und zog Hikaris Hände zur Seite.

“Rede mit mir, bitte. Ich meine”, er verzog sein Gesicht, “wir beide sind hier doch auf einem Date. Ist das hier nur Zeitverschwendung für mich? Sag es mir bitte, Kari. Ich mag dich, ich mag dich wirklich sehr, aber … es wäre unfair, wenn ich doch sowieso keine Chance habe.”

Erneut entkam Hikari ein Schluchzen und sie senkte ihren Kopf, zog ihre Schultern hoch.

“Es … es tut mir leid, Davis. Ich mag dich auch, sehr sogar, aber … nicht so, wie es sein müsste. Nicht so, dass aus dem hier mehr wird. Es … es war wirklich nicht fair, dass ich mit dir auf die Dates gegangen bin, obwohl mir klar war …” Sie stockte. “Es tut mir wirklich sehr leid”, flüsterte sie dann.

“Aber du empfindest so für T.K.” Daisukes Stimme klang emotionslos.

Mit gesenktem Kopf nickte Hikari.

“Seit wann?”

“Erst seit … ein paar Tagen.”

“Erst seit ein paar Tagen?”

“Seit unserem ersten Date.”

Daisukes Augen weiteten sich. “Seit unserem ersten Date?”

“Ja. Erst danach ist mir klar geworden, dass ich für T.K. … dass ich für ihn mehr empfinde, als nur Freundschaft. Bis dahin war mir das nicht bewusst.”

Einen Augenblick herrschte Stille an ihrem Tisch, dann strich sich Daisuke mit der Hand über sein Gesicht. “Das ist hart. Es ist nicht nur hart zu hören, dass du tatsächlich mehr für T.K. als für mich empfindest, noch härter ist es, dass dir das erst durch unser Date bewusst wurde.”

“Es tut mir wirklich leid”, gab sie erneut leise von sich.

Er seufzte. “Bringt mir jetzt auch nicht wirklich etwas.” Als sie wieder schluchzte, hob er erschrocken seinen Kopf. Er hatte es wirklich nicht böse gemeint. Schnell griff er über den Tisch und nach ihrer Wange. “Kari, bitte weine nicht, das war von mir gerade nicht so gemeint. Es ist nur”, er zog einen Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen hoch, “dass ich natürlich enttäuscht bin, dass das mit dir und mir nichts werden wird. Ich hatte es mir wirklich gewünscht.”

“Es tut mir leid.”

“Hör auf dich zu entschuldigen, für Gefühle kann man nun mal nichts.” Er seufzte und zog seine Hand wieder zurück, stützte sein Kinn darauf und den Ellenbogen auf dem Tisch. “Was machen wir jetzt mit euch beiden?”

“Mit uns beiden?” Verwundert blickte Hikari auf.

“Mit T.K. und dir?”

Und wieder drehte sie ihren Kopf und wich dem auf sie gerichtete Blick aus. “Nichts. Da gibt es nichts, was man machen könnte”, flüsterte sie leise.

“Wie meinst du das?” Verwundert richtete sich Daisuke auf.

“Er”, sie lachte leise und falsch, “hat mir deutlich gemacht, dass er nur mein bester Freund ist und nicht mehr. Außerdem war er es, der mich zu den Dates mit dir überredet hat.”

“Was?” Ungläubig wurde sie angestarrt. “Überredet?”

“Ja.” Wieder zog Hikari ihren Kopf zwischen ihren Schultern ein. “Ich war mir unsicher, ob ich mit dir auf ein Date gehen soll, immerhin sind wir Freunde und ich habe dich bisher nie in einem anderen Licht gesehen.”

“Ah, okay.” Nun wirkte ihr Gegenüber noch enttäuschter.

“Aber es war wirklich sehr schön mit dir, es hat mir gefallen. Ich habe sowohl das letzte Date als auch dieses heute wirklich genossen, zumindest bis … mein Bruder aufgetaucht ist.”

“Schlussendlich ist es Takeru zu verdanken, dass du mit mir ausgegangen bist. Und es erklärt auch, warum er uns beide in letzter Zeit öfter sozusagen zusammengebracht hat.”

“Ja. Er meinte, er will uns gemeinsame Zeit verbringen lassen.”

“Was ihn ja ehrt. Es macht nur keinen Sinn, wenn du mich nicht so magst, wie ich dich. Und noch weniger, wenn du die Gefühle, die ich für dich habe, für ihn empfindest.”

“Genau.”

“Weißt du”, Daisuke streckte seine Arme über seinen Kopf, ehe er sie wieder senkte, “lieber weiß ich, dass du nichts für mich empfindest, als dass sich da doch mehr entwickelt. Eine Beziehung, in der nur einer etwas für den anderen empfindet, ist zum scheitern verurteilt.”

“Ich weiß. So ist es mit T.K. und mir schlussendlich auch. Ich empfinde etwas für ihn, er jedoch nur Freundschaft für mich.”

Daisuke griff erneut über den Tisch, legte seine Hand auf Hikaris, mit der sie inzwischen ihre Teetasse umgriffen hatte, um sich an etwas festzuhalten.

“Glaube mir Hikari, ich kann das vollkommen nachempfinden. Das Mädchen das ich mag, sieht mich auch nur als Freund.”

Ihre Augen weiteten sich. “Entschuldige bi…”

“Hör auf, dich ständig zu entschuldigen, Kari!”, unterbrach er sie. “Wie schon gesagt, für Gefühle kann man nichts tun. Und wir beide”, er grinste sie schief an, “gründen jetzt den Club für gebrochene Herzen.”

Auf dieses Aussage musste auch Hikari schmunzeln. “Das klingt gut.”

“Na siehst du?” Daisuke blinzelte ihr zu. “Und jetzt essen wir unsere Waffeln auf. Wäre schade um das gute Essen.” Und damit griff er wieder zu seiner Gabel. Kurz bevor er sich diese in den Mund schob, sah er zu Hikari auf. “Isst du deine Waffel noch? Wenn nein, dann schieb sie mir rüber. Wir lassen hier nichts übrig!”

Kapitel 11

Es war spät, als Hikari und Takeru ins Bett gingen. Heute war das Fußballspiel von Daisuke gewesen, das sie alle zusammen besucht hatten. Wie es sich ihr gemeinsamer Freund gewünscht hatte, waren sogar die Älteren dabei gewesen und anschließend waren sie in dessen Lieblings-Ramen-Restaurant gegangen und hatten noch ein paar gute Stunden miteinander verbracht.

“Das Essen war wirklich gut”, brachte Takeru hervor, als er sich zu seiner besten Freundin ins Bett legte.

“Ja, war es”, stimmte Hikari zu und runzelte ihre Stirn. Das hatte er ihr doch bereits gesagt, war es ihm nicht bewusst? Ein Seufzen entkam ihr. Sie war sich nicht sicher, ob das hier so eine gute Idee war. Takeru hatte bereits einige Zeit nicht mehr bei ihr übernachtet, genauer gesagt, seid ihr bewusst worden war, was sie für ihn empfand. Jedoch wäre es komisch gewesen, wenn es heute nicht so gewesen wäre. Wenn sie nun etwas abgelehnt hätte, was doch seit jeher zu ihrer Freundschaft dazu gehörte, dann wäre es auffällig gewesen. Sie wollte ihn doch nicht verlieren.

“Wie läuft es eigentlich zwischen Davis und dir?”, fragte er gleich darauf. “Ich sehe euch beide öfter zusammen, aber du hast gar nicht erzählt, wie das letzte Date lief. Ich meine, du hast gesagt, es war gut, aber mehr irgendwie nicht. Wir haben seitdem auch gar keine Zeit mehr nur zu zweit verbracht.”

Sie unterdrückte ein Schnauben. Klar, wann denn auch, wenn er sie ständig zu Daisuke schickte?

“Es war gut, wie gesagt”, erklärte sie und drehte sich zur Wand, zeigte ihm sozusagen ihren Rücken, um ihm damit klar zu machen, dass sie nicht weiter darüber reden wollte. Das schien ihm jedoch nicht klar zu sein.

“Und …”, er zögerte, “seid ihr denn inzwischen ein Paar? Vermutlich noch nicht, oder? Ich bin mir sicher, das hättest du mir doch schon längst gesagt. Ich meine”, erneut zögerte er, “ich bin dein bester Freund, nicht wahr?”

“Ja.”

“Ja.”

Beide schwiegen und Hikari bemerkte, dass er neben ihr hin und her rutschte, anscheinend versuchte, einen bequemen Platz zu finden.

“Du … du sagst es mir doch, wenn ihr zusammen kommt, oder?” Klang seine Stimme wirklich so zögerlich?

“Wir werden kein Paar werden”, erklärte sie auf seine Frage.
 

Sofort setzte sich Takeru auf und blickte im Dunkeln auf sie hinunter. “Was? Warum das denn nicht? Ihr würdet doch super zusammenpassen.”

“Weil …”, sie biss sich auf die Unterlippe, “weil ich nichts für ihn empfinde. Davis und ich, wir sind Freunde, das war es.”

“Aber … ihr beide …”

Nun setzte sich auch Hikari auf. “Warum ist es dir so wichtig, dass ich mit Davis zusammen komme, Keru? Ich mag ihn als Freund, sollte das nicht reichen? Warum ist es dir so wichtig, dass ich einen festen Freund habe?”

“Weil … vielleicht ist es ja gut, wenn du einen hast. Das ist sicher auch für uns beide besser …”

“Warum soll es für uns beide besser sein? Was bitte soll das bringen?”

“Unsere Freundschaft retten …”

Perplex blinzelte Hikari. Ihre Freundschaft retten? Was war das denn für eine dumme Aussage? Was hatte es mit ihrer Freundschaft zu tun, wenn sie einen festen Freund hätte?

“Keru, unsere Freundschaft ist doch gut. Die muss sich doch nicht ändern.”

“Aber sie ist schon verändert!”, platzte es da verzweifelt aus ihrem eigentlich besten Freund heraus. “Und daher wäre es gut, wenn du mit Davis zusammen wärst.”

“Was meinst du damit? Was ist anders an unserer Freundschaft? Ich will nicht, dass sich die Freundschaft ändert, was sie automatisch tun wird, wenn ich eine Beziehung hätte.”

“Hika! Sie ist verändert, sie kann nicht einfach wieder sein wie sie war!”

“Wie kommst du darauf? Ich verstehe es nicht, Keru. Wieso kann sie nicht mehr sein, wie sie ist?”

Auf einmal sprang er aus ihrem Bett. “Weil … weil ich mich in dich verliebt habe, Hika! Ich kann dich also nicht mehr so in den Arm nehmen, wie wir es bisher immer getan haben. Ich kann nicht einfach in deiner Nähe sein, ich kann nicht mehr hier bei dir in diesem Bett schlafen, nachts von dir umarmt werden und dabei wissen, dass du nie so für mich empfinden wirst! Und daher wäre es gut, wenn du mit Davis zusammen bist! Wenn du einen Freund hast, dann kann ich mich sicherlich zusammenreißen! Dann kann ich mich daran erinnern und dann wird alles werden! Also gib ihm eine Chance! Komm mit ihm zusammen, für mich! Vielleicht tut uns beiden auch ein wenig Abstand gut.”
 

Wie erstarrt saß Hikari in ihrem Bett, sah den Davorstehenden an, der ihr gerade seine Gefühle gestanden hatte und der von ihr verlangte, dass sie mit einem anderen Jungen zusammenkam, dass sie beide weiterhin Freunde bleiben konnten. Und in dem Augenblick explodierte etwas in ihr.

“Du … du hast sie ja nicht mehr alle!”, schrie sie und riss ihre Bettdecke zur Seite, um ihre Beine über den Bettrand und schwingen und ebenfalls aufzustehen. “Du bist total durchgeknallt, Takeru! Mir zu sagen, dass ich mit einem Typen zusammen kommen soll, nur dass du deine Gefühle unterdrücken kannst? Weißt du was, ich helfe dir dabei, über mich hinwegzukommen! Ich gebe dir deinen gewünschten Abstand!” Sie ging zu ihrer Zimmertüre und riss diese auf, ehe sie zu seinen Sachen ging, diese in die Hände nahm und damit erneut zur Zimmertüre trat. Im nächsten Augenblick warf sie sein Zeug in den Flur hinaus.

“Hika, was machst du da?”, fragte Takeru sie entsetzt.

“Dir helfen, über mich hinwegzukommen!” Sie griff nach seiner Tasche und warf diese ebenfalls aus ihrem Zimmer. Anschließend deutete sie in den Flur. “Verschwinde! Verschwinde aus meinem Zimmer und wenn es dir so wichtig ist, auch aus meinem Leben!”

“Hika, bitte”, versuchte Takeru sie zu besänftigen. Sicherlich hörte jeder sie brüllen, immerhin stand die Zimmertüre sperrangelweit offen. Das Zimmer ihres Bruders lag direkt neben ihrem und er war sich sicher, diesen gerade schon laufen zu hören. Genau da erklang bereits eine sich öffnende Türe, gleich darauf gefolgt von einer zweiten.

“Bitte Hika”, er griff nach ihrem Arm, “lass uns in Ruhe miteinander reden und …”

“Hau endlich ab! Verschwinde! Mach dass du wegkommst!”, schrie sie mit schriller Stimme, zog ihren Arm aus seinem Griff und begann mit ihren Fäusten auf seinen Oberkörper einzuschlagen. Stolpernd lief er rückwärts um ihr auszuweichen. Kaum dass er über die Türschwelle getreten war, schlug sie ihre Zimmertüre vor seiner Nase zu und sogleich hörte man, wie der Schlüssel im Schloss herumgedreht wurde.

“Hika, mach wieder auf”, brachte er hervor und klopfte mit der flachen Hand gegen die Türe.
 

“Was ist denn hier los?”, erklang eine perplexe Stimme.

Takeru hob seinen Kopf in die Richtung und erstarrte, als er Hikaris Eltern und auch ihren Bruder dort stehen sah.

“Ähm … Wir …” Er blickte wieder auf die geschlossenen Türe vor sich, während das Adrenalin langsam aus seinem Körper schwand. “Ich glaube”, Tränen traten in seine Augen, “dass wir einen Streit haben. Einen heftigen Streit … Wir … wir haben noch nie gestritten.” Zumindest nicht so, es war höchstens um Kleinigkeiten gegangen, etwas, das man nicht einmal streiten nennen konnte. Ihre Beziehung zueinander war immer sehr harmonisch gewesen. Gewesen … Bei diesem Gedanken zog sich alles in ihm zusammen. Als sich eine Hand auf seine Schulter legte, zuckte er zusammen.

“Das wird schon werden.” Susumo drückte seine Finger sanft zusammen. “Jetzt schlaf erstmal drüber und morgen wird alles schon wieder ganz anders aussehen, du wirst es schon sehen. Hikari hat sich morgen sicherlich wieder beruhigt.”

“Meinst du wirklich?”, fragte Takeru mit gebrochener Stimme.

“Ja, ich bin mir sicher.”

Er hingegen war nicht so sicher, wie Hikaris Vater. Er hatte ihr seine Gefühle gestanden, er hatte es wirklich getan. Er hatte ihr gesagt, dass er sich in sie verliebt hatte und damit hatte er ihre Freundschaft zerstört. Warum sonst hätte sie ihn hochkant aus ihrem Zimmer geworfen? Würde sie für ihn so empfinden, dann hätte sie ihn doch eher geküsst, oder?

“Hey T.K., komm, du kannst diese Nacht bei mir schlafen”, riss ihn Taichis Stimme aus den düsteren Gedanken.

“Danke Taichi.” Yuuko kam ebenfalls näher und lächelte ihren Sohn an, ehe sie sich Takeru zuwandte und diesem eine Hand auf die Wange legte. “Das wird werden, Takeru, du wirst schon sehen. Wie Susumo gesagt hat, morgen sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.”
 

Ein paar Minuten später lag Takeru in dem oberen Bett des Stockbettes, das in Taichis Zimmer stand. Darin hatten dieser und Hikari früher geschlafen, als sie noch ein gemeinsames Zimmer geteilt hatten. Schlafen konnte Takeru jedoch nicht. Seine Gedanken drehten sich unaufhaltsam darum, was gerade passiert war.

“Willst du mir sagen, was da eben los war?”, durchschnitt Taichis Stimme die Stille im Raum plötzlich.

“Was?”, fragte Takeru verunsichert.

“Was war gerade los, dass du und Kari sich so gestritten habt, dass sie dich aus ihrem Zimmer geworfen und dabei geschrien hat, dass du aus ihrem Leben verschwinden sollst?”

“Wir … wir haben …” Takeru brach ab. Was sollte er sagen?

“Ihr habt was? Ich kann dir nicht helfen, wenn ich nicht weiß, worum es ging, T.K.”

“Wir … wir hatten einfach unterschiedliche Ansichten”, murmelte der Gefragte.

“Verschiedene Ansichten? Entschuldige bitte, T.K., aber das waren nicht einfach nur verschiedene Ansichten! Hikari hat dich hochkant aus ihrem Zimmer geworfen, etwas, das ich nicht von ihr erwarten würde, niemals. Es ist noch nie etwas über dich gekommen. Du bist die wichtigste Person in ihrem Leben. Also, was ist da passiert, dass sie so reagiert? Was hast du angestellt?”

Und wieder zog sich alles in Takeru zusammen. Was hatte er angestellt? Das war genau die richtige Frage. Er hatte gerade ihre Freundschaft zerstört. Er war schuld daran, dass ihre Beziehung zueinander nie wieder die gleiche sein konnte. Ein Schluchzen entkam ihm, als diese Gewissheit über ihn einbrach.

“T.K.? Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Oder willst du deinen Bruder anrufen? Matt kann dir sicher auch …”

“Ich habe ihr gesagt, dass ich mich in sie verliebt habe.”

Taichi stoppte mitten in seinem Satz, als ihm bewusst wurde, was der über ihm Liegende gerade sagen konnte. Ein Lachen entkam ihm, das er erst noch unterdrücken wollte, aber keine Chance.

“Was soll das?”, erklang es fassungslos über ihm. “Ich habe dir gerade gesagt, was ich getan habe, was die Freundschaft zwischen Kari und mir zerstört hat und du lachst?”

“Es tut mir leid, aber ich kann nicht glauben, dass diese Tatsache eure Freundschaft zerstört haben soll.” Taichi legte seine Hände unter seinen Kopf, während er breit grinste und die Unterseite des Bettes über ihm im Dunkeln betrachtete.

“Tatsache? Was meinst du damit?”

“Na was wohl. Es war von vornherein klar, dass aus Kari und dir irgendwann mehr werden wird als nur Freunde. Ihr beide, ihr seid doch dazu vorherbestimmt, ein Paar zu sein, euch zu lieben.”

Es herrschte Stille. Takeru versuchte zu verarbeiten, was der Ältere gesagt hatte.

“Was?”, platzte schließlich aus ihm heraus.

“Du liebst sie, sie liebt dich. Auch wenn es euch jetzt erst bewusst wurde.”

“Sie soll mich auch lieben?” Perplex blinzelte Takeru, ehe er seinen Kopf schüttelte. “Es tut mir leid dich zu enttäuschen, Tai, aber sie hat mich rausgeworfen, kaum dass ich ihr gesagt habe, dass ich Gefühle für sie habe, die über Freundschaft hinaus gehen.”

“Warte einfach ab, T.K. Vielleicht sind ihr ihre Gefühle noch nicht klar, aber jetzt wo sie weiß, was du empfindest, wird es auch ihr klar werden. Und dann werdet ihr beide glücklich. Mach dir keinen Kopf, das wird sich alles zum Guten wenden.”

Erneut herrschte Stille.

“Dein Wort in Gottes Ohr”, murmelte Takeru, ehe er sich herum drehte und seine Augen schloss.

Kapitel 12

Takeru saß zusammengesunken am Esstisch von Yagamis und wartete sehnsüchtig darauf, dass seine beste Freundin - wenn sie es denn noch war - aus ihrem Zimmer kam. Er hatte diese Nacht kaum geschlafen. Wie denn auch? Das war alles zu viel gewesen. Aber was hatte er erwartet? Dass sie ihm in die Arme sinken und ihm sagen würde, dass sie ebenfalls in ihn verliebt war? Sein Herz schmerzte. Vielleicht hatte er nicht direkt diese Reaktion erwartet, aber er hatte es sich gewünscht. Stattdessen hatte sie ihn in hohem Bogen rausgeworfen. Aus ihrem Zimmer und vielleicht auch aus ihrem Leben? Zumindest hatte sie ihm doch an den Kopf geknallt, dass er aus diesem verschwinden sollte. Kaum dass sich ihre Türe öffnete und sie aus dem Zimmer kam, sprang er auf. Sie sah genauso aus, wie er sich fühlte. Ihre Haut war blass und sie hatte tiefe Augenringe, zudem waren ihre Augen rot und man konnte diesen entnehmen, dass sie viel geweint hatte.

“Hika”, krächzte er.

Da wandte sie ihren Blick schon ab.

“Mama?”, richtete sie an diese.

Yuuko hatte hinter Takeru in der offenen Küche gewerkelt. “Hikari, Schatz? Magst du nicht zu Takeru an den Esstisch sitzen und etwas frühstücken? Vielleicht könntet ihr auch …”

“Mama, haben wir irgendwo leere Kartons? Große?”, unterbrach die Angesprochene ihre Mutter mitten im Satz. Diese blinzelte perplex.

“Ähm ja, schau mal bei uns im Schlafzimmer. Im Kleiderschrank, hinter den Hemden deines Vaters an der Rückwand.”

“Danke.” Und schon verschwand Hikari in dem genannten Raum, um ein paar Minuten später mit einem großen, zusammengefalteten Karton wieder zurück zu kommen.

“Hika, können wir bitte reden?”, fragte Takeru verzweifelt, da sie ihn bis gerade ignoriert hatte. “Bitte. Über das, was …”

Der restliche Satz ging im Türknallen unter, als sie ihre Zimmertüre hinter sich zuschlug. Die Antwort auf seine Frage lautete wohl nein. Langsam ließ er sich auf den Stuhl zurück sinken und vergrub sein Gesicht in seinen Händen.

“Lass ihr noch einen Augenblick, Takeru. Sie wird sich nicht den ganzen Tag einschließen, sie kommt sicher gleich wieder heraus und dann könnt ihr miteinander reden.” Yuuko war aus der Küche herausgetreten und legte dem Jungen aufmunternd eine Hand auf den Rücken. Sie war sich sicher, dass sich alles geben würde.
 

Tatsächlich dauerte es noch eine kleine Weile, dann öffnete sich Hikaris Zimmertüre ein zweites Mal. Dieses Mal kam sie mit einem großen Karton heraus, den sie in den Flur stellte und gleich darauf im Badezimmer verschwand. Wieder ignorierte sie Takeru, der erneut aufgesprungen war. Als sie wieder in den Flur trat, warf sie weiteres Zeug in den Karton und schloss ihn anschließend. Da kam auch Taichi aus seinem Zimmer.

“Was machst du denn?”, fragte er und strich sich gähnend durch die abstehenden Haare. Verwirrt beobachtete er, wie sie anschließend in ihre Schuhe schlüpfte.

“Ich gehe”, erklärte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

“Häh?”

“Hika. Bitte bleib, rede mit mir, dass wir das klären können. Ich will nicht, dass wir streiten. Ich will nicht, dass das zwischen uns steht!” Takeru war ebenfalls in den Flur getreten. Er wirkte hilflos.

“Wir müssen nicht mehr reden!”, zischte Hikari.

“Hikari, was ist denn los?”, fragte Yuuko und blickte ihre Tochter verwundert an. So kannte sie diese nicht.

Hikari ignorierte jede Frage. Sie deutete auf den Karton, den sie vorher in den Flur getragen hatte. “Da ist dein Zeug drinnen, Takeru. Das kannst du nachher mitnehmen!” Ihre Stimme klang hart.

“Was?” Fassungslos starrte er sie an. “Hika, das ist doch nicht dein ernst!”

“Was ist hier eigentlich genau los? Warum gibst du ihm seine Sachen mit, Hikari? Ist das nicht etwas übertrieben?” Yuuko kam auch in den Flur.

“Das finde ich auch, Kari. Es ist wirklich etwas übertrieben", stimmte Taichi seiner Mutter zu.

“Übertrieben?” Mit großen Augen, in denen Tränen standen, blickte Hikari zwischen allen hin und her. “Er war es, der mir gestern erklärt hat, dass er Abstand braucht und über mich hinweg kommen muss! Ich erfülle ihm nur seine Wünsche. Ich gebe ihm den Abstand, den er braucht! Ich sorge dafür, dass er über mich hinwegkommt, in dem ich aus seinem Leben verschwinde! Er war es, der es so wollte! Er will es, er kriegt es, also darf er sich jetzt auch nicht beschweren!” Und damit riss sie ihre Jacke von der Garderobe und schlüpfte hinein.

“Wohin willst du, Hikari?”, fragte ihre Mutter.

“Dahin, wo er”, die Gefragte deutete auf Takeru, “mich haben will! Ich gehe zu Davis! Wartet nicht auf mich. Vor allem”, sie sah ihn an, “warte du nicht auf mich! Ich will dich nicht mehr sehen!” Damit drehte Hikari sich herum, riss die Wohnungstüre auf und floh in den Hausflur hinaus.

Die im Flur Stehenden starrten perplex auf die von ihr hinter ihr geschlossenen Wohnungstüre.

“Ähm, okay. T.K.”, wandte sich Taichi an diesen, “nimm die Kiste mit, wir stellen sie in mein Zimmer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das Zeug wieder brauchen wirst.”

“Das ist eine gute Idee”, stimmte Yuuko ihrem Sohn zu.

“Ich … ich glaube kaum”, erwiderte Takeru mit gebrochener Stimme. Erneut standen ihm Tränen in den Augen. Hikari hatte ihre Freundschaft gerade wirklich beendet, oder? Was sonst sollte das gewesen sein?
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