The wrong one? von Marron (Wer kann das schon sagen?) ================================================================================ Kapitel 11: ------------ Mit den wüstesten Flüchen in seinen Gedanken rannte Robert durch die Straßen. Er war viel zu spät dran. Nicht nur, dass er heute eigentlich eine riesigen Haufen an Hausaufgaben machen sollte und sein Vater beschlossen hatte, ihn zu gleich drei Feiern mitzunehmen, um ihn als baldigen Firmenchef vorzustellen, nein, er hatte auch ein Gespräch mit seinem Lehrer hinter sich, welcher sich Sorgen machte, ob seine Note stabil blieb. Nach ewig erscheinenden Argumenten, weshalb er besser ein Referat vorbereiten sollte, damit er nicht weiterhin zwischen zwei Notenstufen festhing, hatte er es einfach abgekürzt und schlicht nach dem Thema gefragt. Natürlich war es arbeitsintensiv. War ja klar, er erwischte es immer gleich im Ganzen. Die Turmuhr in der Nähe schlug und verkündete ihm gerade, dass er satte fünfzehn Minuten zu spät kommen würde. Er unterdrückte einen erneuten Fluch und hetzte über den halben Platz, weil Johnny natürlich auch am anderen Ende in der Nähe des Pubs stehen musste. Konnte nicht einmal was für ihn einfach sein? "Sorry", keuchte er, kaum, dass er nahe genug dran war, "Herr Schneider hat mich erwischt. Ich konnte nicht früher weg." Er stützte die Hände auf die Knie und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Zwar hatte er durch sein Training eine gute Ausdauer, aber die Strecke war nun doch zu lang gewesen. Er schnaufte leicht und rappelte sich wieder auf. Dass Johnny bisher noch nichts gesagt hatte, machte ihn stutzig. "Johnny?" Der Schotte drehte sich jetzt erst um. "Auch schon da?", fragte er. Großartig, er war sauer. Der Deutsche rollte mit den Augen, dann erst bemerkte er etwas. "Was trinkst du da?" Ein Schulterzucken. "Keine Ahnung, ich hab's da hinten gekauft, während ich hier gewartet hab. Schmeckt gut." In diesem Moment schlug ihm der Geruch entgegen. Alkohol. Ein weiterer Blick in das Gesicht des Rothaarigen und er war sich sicher. Johnny war betrunken - oder zumindest beschwipst. Was war nur mit diesem Tag los?! "Okay, ich denke, du hattest genug davon." Sein Tonfall geriet etwas harscher, als er vorgehabt hatte, aber seine Nerven machten nicht mehr viel mit. Die hellrote Flüssigkeit schwappte bedenklich aus der Dose, als Robert sie mit Schwung auf eine Mauer in der Nähe stellte. Johnny sprang auf und zog einen Schmollmund. Wäre die Situation eine andere, hätte er es direkt niedlich gefunden. Doch leider kannte er seine Freund so nicht, er hatte keine Ahnung, wie das jetzt laufen würde - Betrunkene konnten schließlich unberechenbar sein. "Du verschüttest noch alles!" "Und das wäre auch das Beste", kommentierte er trocken. Wie konnte man auch nur auf leeren Magen in der Sommerhitze Alkohol trinken? Johnny sollte schleunigst etwas in den Magen bekommen und am besten sogar noch ein paar Stunden schlafen. Zu seiner Verblüffung fin der Rothaarige an, leise zu kichern. "Dass du mal verschwndesrisch bist." Er schien sich nur schwer unter Kontrolle zu bekommen. Robert seufzte. "Ich hab dich noch nie berauscht gesehen. Bist du immer so albern, wenn du was trinkst?" Trotz allem fing das Verhalten seines Freundes an, ihn zu amüsieren. Wie auf Kommando zog Johnny erneut eine Schnute und zeitgleich die Augenbrauen denkend zusammen. "Ich bin...nicht berauscht. Überhaupt nich'. Ich bin nur...ange...heitert." Er lallte nicht, machte aber beim Sprechen immer wieder kleine oder gößere Pausen, als kosteten ihn die Worte Mühe. Außerdem machte der Satz keinen Sinn. Er grinste leicht. "Das ist dasselbe", neckte er leicht. "Is' mir egal." Er grinste. "Genauso, wie deine Flirterei mit Sarah Müller!" Jetzt rutschte ihm seine gute Laune doch wieder aus dem Gesicht. Ungläubig starrte er ihn an. "Ich flirte? Bitte? Wieso sollte ich?" Johnny schnaubte und zog die Augenbrauen noch stärker zusammen. Scheinbar war es ihm im Moment egal, ob Robert sah, dass ihn sein wirren Ideen sichtlich mitnahmen. "Du lachst mit ihr. Du redest mit ihr anders, als mit mir. Und du hast sie noch nicht abgewiesen, obwohl sie eindeutig auf dich steht", fasste er zusammen, was ihn so störte. Langsam, ganz langsam, zählte Robert in Gedanken bis zehn. Es half nicht viel, er kam sich immer noch so vor, als könne er jeden Augenblick explodieren. Er wollte dieses Gespräch nicht heute führen, nicht, wenn Johnny betrunken war und ganz sicher nicht inmitten einer Stadt, in der jeder die Ohren spitzte, um sie zu verstehen. Tief einatmend schloss er die Augen. "Schon wieder dieses Thema? Hatten wir das nicht geklärt?" Die Antwort warf ihn kurz aus dem Konzept: "Und du hast natürlich nicht mit ihr herumgealbert, als ihr zur Sporthalle zurück kamt, hm? Ich hab gehört, wie sie dich gefragt hat, ob du mit ihr tanzt. Mensch, Rob, sie steht auf dich!" Er blinzelte verwirrt. Und er konnte nicht verhindern, dass ein kleiner, egoistischer Teil sich geschmeichelt fühlte. "Dann hast du hoffentlich auch mitbekommen, dass ich mir meine Tänze für dich aufsparen würde", erwiderte er gereizt. Der Schotte schnaubte. "Und das machst du auch?" Jetzt reichte es ihm. Er packte Johnny am Kragen, zog ihn weg von den neugierigen Ohren und ballte schnell die Hände zu Fäusten, um sich von weiterem Unsinn abzuhalten. "Sag mal, was denkst du eigentlich von mir?", fauchte er und blickte in überraschte Augen, "Dass ich mit der nächstbesten abhaue? Mensch, Johnny, ich bin mit dir zusammen, weil ich dich liebe! Ich werde daran festhalten, okay? Im Gegensatz zu dir, Oliver und Enrico sind die Mädchen an mir noch nie sonderlich interessiert gewesen, also entschuldige, wenn ich im ersten Moment verblüfft bin, falls sich doch mal eine zu mir verirrt!" Johnny schien gänzlich ernüchtert. Er blinzelte mehrmals, öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Dann lehnte er sich zurück. Solch ein Ausbruch war selten bei Robert. Das passierte nur, wenn er sich wirklich ärgerte. Naja, eher, wenn er kurz vorm Ausflippen stand. "Du...kannst mir nicht sagen, dass du nicht auch genügend Fangirls hast." Der Deutsche schnaubte leicht. "Vielleicht ein oder zwei, wo ihr an die fünfundzwanzig habt. Ich bin eben nur der steife Bücherwurm, nicht der Supersportler wie du. Oder der Italiener wie Enrico. Oder der geistvolle, kochende Franzose wie Oliver. Ich bin eben ich." Jetzt tat es ihm tatsächlich schon leid, etwas gesagt zu haben. Zwar war es die Wahrheit, dass die Mädchen, die ihn näher kennen lernen konnten, für eine Langweiler hielten, aber das musste der Schotte ja eigentlich nicht unbedingt wissen. Johnny fasste seine Hand und löste mit sanften Bewegungen seine Faust. "Bist du nicht", sagte er sanft. "Du bist intellektuell. Du bist super in Schach. Und wer das nicht sieht, der is' doof." Nach all den Fremdworten und dem sanften Tonfall schien sich Johnnys Vokabular zu verabschieden. Robert grinste leicht versöhnt. "Ach ja?" Ein bekräftigendes Nicken. "Denkst du, ich wär' mit dir zusammen...wenn du doof wärst?" Robert lachte und nahm Johnny in den Arm. "Komm her, du verrücktes Etwas. Ich bring dich besser zurück in dein Zimmer, damit du dich ausschläfst." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)